Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2006:
Drei Jahre trug
Adrian Wagner das Trikot
des THW Kiel und feierte zweimal auf dem Rathausplatz eine deutsche
Meisterschaft. Der Ex-Nationalspieler spielte zuvor beim VfL Bad Schwartau
und dem HSV Hamburg. Nach drei Stationen im Norden zog es den Linksaußen
nun in den Westen. Der 28-jährige unterschrieb beim Zweitligisten
Bayer Dormagen. Für das Zebra-Journal nahm "
Addi"
die Erste Liga noch einmal unter die Lupe.
- THW Kiel:
-
Wir sind am Ende der letzten Saison souverän Meister geworden und die Mannschaft
wurde noch einmal verstärkt. Damit ist für mich der Fall klar: Kiel ist klarer Topfavorit
auf die Meisterschaft. Spannend wird für alle sein, wie sich die Situation mit den drei
Torhütern entwickeln wird. Die haben alle Weltklasse-Format.
Lars Krogh Jeppesen hat in Flensburg bombastisch gespielt.
Er wird auch die Kieler Abwehr noch einmal nach vorne bringen.
Der THW hat eine junge Mannschaft, von der auch während der Saison noch eine Steigerung
zu erwarten ist.
Tipp: Kiel wird auch ohne mich wieder deutscher Meister.
- SG Flensburg-Handewitt:
-
Die SG hat immer noch eine Top-Mannschaft. Aber der Verein hat, besonders im
Vergleich zum THW Kiel, ein bisschen die Zeit verschlafen. Jeppesen
fehlt ihnen an allen Ecken und Enden. Skeptisch bin ich, wie die beiden Neuzugänge
Frank von Behren und Ljubomir Vranjes den Flensburgern helfen werden. Von Behren
hat in Gummersbach zuletzt nur in der Abwehr gespielt. Vranjes ist zwar ein toller
Handballer. Aber der Schwede ist keine 24 mehr und oft verletzt. Er spielt auf hohem
Niveau, eine weitere Steigerung ist nicht zu erwarten.
Tipp:
Ein Meisterschaftskandidat, aber die Tendenz geht nach unten.
- SC Magdeburg:
-
Die Ansprüche sind bei diesem Klub zu hoch. Sie haben zwar starke Spieler, aber
keine Mannschaft. Der neue Trainer Bogdan Wenta wird viel Feingefühl benötigen. Mit Stefan Kretzschmar
haben sie eine Ausnahmeperson, die entsprechend behandelt werden muss. Dazu kommen viele Polen,
die Wenta auch noch in der Nationalmannschaft trainiert. Das wird nicht leicht für ihn. Zumal die
Bundesliga einen hauptamtlichen Trainer Wenta ja auch noch nicht erlebt hat. Ziel muss in dieser Saison sein,
sich als Mannschaft zu finden. Dann haben sie schon viel gewonnen.
Tipp:
Der SCM qualifiziert sich für den EHF-Pokal.
- TBV Lemgo:
-
Hier bricht die Zeit nach dem "Mister Lemgo" Volker Zerbe an. Das kann
eine Chance für andere sein, sich zu entwickeln. Der TBV hat eine junge Mannschaft,
die schon in der letzten Saison stark aufgespielt hat. Sie werden jetzt noch ein
bisschen stärker sein.
Tipp:
Sie laufen hinter Flensburg, aber vor Magdeburg ins Ziel.
- VfL Gummersbach:
-
In unserem letzten Heimspiel haben wir gegen Gummersbach gespielt. Die Videos,
die wir uns vorher angesehen haben, waren die längste Abschiedszeremonie, an
die ich mich erinnern kann. Unglaublich, wie viele Spieler diesen Klub verlassen haben.
Mit Alfred Gislason haben sie nun aber einen guten Trainer. Einen, von dem sich
sogar Weltklasse-Leute etwas sagen lassen. Für Gummersbach kann es nur darum gehen,
eine Mannschaft aufzubauen, die mittelfristig Erfolg hat. Dazu passt aber nicht
der Anspruch, den das Umfeld hat. Der ist nach dem Erreichen der Champions League riesig.
In der Kölnarena zählen nur Siege.
Tipp:
Der VfL wurde zuletzt Dritter. Ich glaube nicht, dass sie das wiederholen können.
- HSV Hamburg:
-
Der HSV ist in der gleichen Situation wie Gummersbach. Mit dem Umzug in
die großen Hallen sind auch die Erwartungen gewachsen. Im ersten Jahr gibt das
Publikum in einer Großstadt noch einen Bonus, danach nicht mehr. Sportlich ist
die Mannschaft schwer einzuschätzen. Sie haben viele Nationalitäten in ihrem Team.
Das ist ein wilder Mix. Bei den Neuzugängen hat der Verein in erster Linie auf Namen geschaut,
und die sind alle klangvoll. Aber es besteht die Gefahr, dass jeder Einzelne das Spiel
auch alleine gewinnen will.
Tipp:
Um den Titel spielen die Hamburger nicht mit. Dazu haben sie noch zu viele
Baustellen. Ein Platz im EHF-Cup sollte das Ziel sein. Aber auch das wird schwer.
- HSG Nordhorn:
-
Die werden es schwer haben, das Niveau der letzten Saison zu halten.
Das liegt nicht in erster Linie daran, dass Vranjes weg ist. Der fehlte
auch schon früher häufiger wegen Verletzungen. Ihr Konzept ist es, mit
starken Torhütern und schnellen Außen zu spielen. Doch das reicht in
der immer stärker werdenden Bundesliga nicht mehr. Im Positionsspiel haben sie
angesichts begrenzter Finanzen zu wenig Möglichkeiten. Alle rüsten auf, aber
Nordhorn kann nicht mithalten. Die Halle ist zwar eine der schönsten in
der Liga, aber einfach zu klein.
Tipp:
Die Entwicklung in Nordhorn ist rückläufig, aber ein einstelliger Platz ist drin.
- Frisch Auf Göppingen:
-
Sie haben zwei Schlüsselspieler verloren. Das wird eine schwere Saison für sie.
Walther, der seine Karriere beendete, hat die Abwehr zusammengehalten. Stelmokas,
der nach Berlin wechselte, stand hier auch seinen Mann, war zudem ein guter
Kreisläufer. Die Mannschaft ist jung und wird mit ihrem Publikum in der
Hohenstaufenhalle auch ihre Punkte holen. Auswärts werden sie Schwierigkeiten haben,
den Großen die Stirn zu bieten.
Tipp:
Einstellig, aber für den EHF-Cup reicht es nicht.
- TuS N-Lübbecke:
-
Schröder, van Olphen, Kubes und vor allem der starke Torhüter Fazekas haben
den Verein verlassen. Das können sie nicht kompensieren. Die gute Figur, die
sie in den ersten beiden Jahren nach dem Aufstieg gemacht haben, werden sie
diesmal nicht abgeben. Bei Nettelstedt stellt sich die Frage, wohin die Reise
gehen soll. Wollen sie ihren Platz im Mittelfeld verwalten, oder haben sie doch
mehr vor? Ich kann im Moment nicht sehen, welches Ziel sie haben.
Tipp:
Zu Hause sammeln sie genug Punkte, um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben.
- Wilhelmshavener HV:
-
Ich habe beide Relegationsspiele der Wilhelmshavener gegen meinen neuen Klub Bayer
Dormagen gesehen. Ist das mit 32:22 gewonnene Hinspiel ein Maßstab für
ihr Potential, dann werden sie locker im Mittelfeld landen. Nehme ich aber das
mit 24:34 verlorene Rückspiel in Dormagen als Grundlage, kann ich sie nur als
Abstiegskandidat Nummer eins einsortieren. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in
der Mitte. Von ihrem Neuzugang Tobias Schröder halte ich viel. Der wird ihnen
mehr helfen als Bennet Wiegert.
Tipp:
Das wird eine glatte Saison ohne Abstiegsangst.
- TV Großwallstadt:
-
Der Wechsel von Klein nach Kiel wiegt schwer. Fraglich ist, ob die
beiden Rückraumspieler Lochmann und Immel nach ihren schweren Verletzungen wieder fit werden.
Wenn ja, dann haben sie eine Top-Mannschaft. Für den Verein ist die Situation
schwierig. Sie können keine neuen Spieler als Ersatz verpflichten. Kommen die beiden
wieder, wird dann das Geld knapp. Die Mannschaft ist jung und geht immer
an ihre Grenzen. Ein Verdienst ihres Trainers. Außerdem haben sie in der
letzten Saison gesehen, dass sie gut mithalten können. Das schafft Selbstbewusstsein.
Tipp:
Mit Lochmann und Immel ist der EHF-Cup drin.
- SG Kronau/Östringen:
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Verein und Trainer haben ein Konzept. Juri Schewzow hat von der Pleite
des TuSEM Essen profitiert und viele Spieler geholt, die er dort schon trainiert
hat. Essen hat damals immer oben mitgespielt, das wird Kronau auch. Zudem haben sie
sich an die neue Halle in Mannheim gewöhnt. So können sie sich nun mehr auf den Handball
konzentrieren. Allerdings sind Spieler wie Torgowanow oder Klimowets auch schon etwas
in die Jahre gekommen.
Tipp:
Im letzten Jahr wurden sie Sechster, diesmal nur Siebter.
- HSG D/M Wetzlar:
-
Alvanos hinterlässt hier eine große Lücke. Außerdem ist die Stimmung in
der Mittelhessen-Arena nicht gut genug, um einen echten Heimvorteil auszumachen.
Im Verein kehrt zudem einfach keine Ruhe ein.
Tipp:Ein
Wetzlar spielt gegen den Abstieg. Der 16. Platz, der zu Relegationsspielen berechtigt,
ist ein realistisches Ziel.
- HSG Düsseldorf:
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Ein klarer Abstiegskandidat. In der neuen Sporthalle kommt einfach kein Spaß
auf. Das war eine der wenigen Arenen, die in der letzten Saison bei unseren Auswärtsspielen
nicht ausverkauft war. Das ist ein echter Nachteil. Mit dem Griechen Vasilakis haben sie außerdem
einen Typen in ihren Reihen, der alles auf eigene Faust versucht. Über eine ganze Saison
betrachtet, verliert so ein Spieler mehr Punkte als er gewinnt. Außerdem können sie
den Abgang von Michael Haaß nicht kompensieren.
Tipp:
Düsseldorf, Baiingen oder Hildesheim - zwei dieser Mannschaften steigen auf jeden Fall ab.
- GWD Minden:
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Die haben mit einer starken Rückrunde in der letzten Saison bewiesen, dass
sie mithalten können. Der Sieg gegen uns war keine Eintagsfliege. Die können Handball
spielen. Die Verletzung von Niemeyer muss kein Handicap sein. Er hat
viele Freiheiten und nimmt sich viele Würfe. Fehlt er, könnte das
eine Chance für Buschmann werden. Das ist im Vergleich der viel komplettere
Handballer. Zwischen Niemeyer und Just ist er bislang untergegangen.
Tipp:
Ein klarer Nicht-Abstiegskandidat.
- MT Melsungen:
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Eine Mannschaft mit Gesicht. Für einen vorderen Platz wird es zwar nicht reichen.
Aber Melsungen wird schnell einen deutlichen Abstand zu den Abstiegsplätzen haben.
Von ihrem Neuzugang Balomenos halte ich sehr viel. Mit diesem Halblinken und
dem Linksaußen Goran Sprem haben sie sich wirklich verstärkt. Klasse ist auch
Spielmacher Petr Hazl. Von dem schwärmt heute noch die ganze Zweite Liga Süd.
Tipp:
Keine Top-Mannschaft, aber eine, die an guten Tagen auch die Großen schlagen kann.
- Eintracht Hildesheim:
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Mein Abstiegskandidat Nummer eins. Sie haben ihren Kader zwar aufgestockt, aber
die Qualität nicht erhöht. Mit diesem Spielermaterial kann Hildesheim nicht überraschen.
Das wird schon nach den ersten Spieltagen deutlich werden.
Tipp:
Hildesheim spielt nur ein Jahr in der Ersten Liga mit.
- HBW Balingen-Weilstetten:
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Eine unglaublich junge Mannschaft. Das wird schon daran deutlich,
dass mein Kumpel Christoph Schindler (23) beim Fußballspielen
im Training zu den "Alten" gehört. Die Jungs kämpfen bis zum Umfallen,
der Trainer lässt sich immer etwas Neues einfallen - das wird gegen
den THW nicht reichen. Aber eine Mannschaft aus dem Mittelfeld können sie
zu Hause schlagen.
Tipp:
Sie könnten es schaffen. Und wenn nicht, ist für Christoph vorgesorgt.
Dann kommt er zu uns und bleibt so in der Ersten Liga.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2006)