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Einen schweren Stand hatten Marcus Ahlm und seine Kollegen
in der Bördelandhalle.
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Der THW Kiel ist nach der
Europameisterschaft wieder gut aus den
Startlöchern in der TOYOTA Handball-Bundesliga gekommen. Bei den "jungen Wilden"
des SC Magdeburg gewannen die Zebras am Samstag Nachmittag verdient mit 33:30 (18:16).
Dabei machten es die Kieler nach zwischenzeitlicher Sieben-Tore-Führung gegen Ende
noch einmal spannend, als der SCM binnen einer Minute drei Treffer erzielen konnte und auf
zwei Tore heran kommen konnte. Ein Doppelschlag von
Ahlm
brachte dann jedoch die endgültige Entscheidung.
Beim THW waren
Kim Andersson
und
Vid Kavticnik mit je sieben Toren erfolgreich,
beim SCM traf Kabengele acht Mal. Rückkehrer
Filip Jicha zeigte sich nach
seiner langen Verletzungspause gut erholte und markierte vier Treffer.
Ungewissheit ob der eigenen Stärke plagte die Kieler vor dem Anpfiff. Schließlich hatten diese
erst ab Donnerstag wieder in normalem Rahmen trainieren können. In Magdeburg trafen sie
zudem nicht nur auf ein junges Team, das seinem Interims-Trainer Helmut Kurrat einen würdigen
Abschied bereiten wollte, sondern auch auf über 7.000 enthusiastische Fans, die ihren SCM
zu einem Sieg gegen den THW brüllen und damit ein Startsignal in eine verbesserte Zukunft setzen wollten.
 |
Silvio Heinevetter: Beispiel für die hochmotivierten und engagiert kämpfenden Gastgeber.
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Dementsprechend hektisch begann die Begegnung dann auch, wenngleich
Kavticnik
gleich den ersten Kieler Angriff zum 1:0 verwandeln konnte. Doch gegen die engagierten Gastgeber blieb
es weiter ausgeglichen, ehe ein Zwischenspurt den THW durch einen von
Lövgren
verwandelten Siebenmeter, ein
Kavticnik-Tempogegenstoß und
ein von Rechtsaußen verwandelter Ball die Kieler beim 6:4 (13.) erstmals mit zwei Toren in Fühgrung sah.
Die Gastgeber konnten postwendend allerdings wieder ausgleichen. Als
Lövgren
kurz zur Behandlung einer Blessur auf die Bank musste, durfte
Filip Jicha
auch im Angriff ran. Als Grafenhorst in Unterzahl jedoch das 12:11 für den SCM markierte, drohte
die Begegnung zu kippen. Heinevetters starke Phase schien diesen Eindruck zu verstärken, doch
der THW hielt zumindest kämpferisch gegen: Die Abwehr agierte stark, im Angriff jedoch wurden
zu viele Fehler produziert. Gut, dass
Jicha mit einem so genannten einfachen
Treffer das 13:12 für den THW markieren konnte, gut, dass
Jicha und
Kavticnik in der letzten Minute vor der Pause
wieder eine Zwei-Tore-Führung heraus werfen konnten: Das 16:14 zur Halbzeit war ein gehöriges Stück
Handball-Arbeit ...
Ein gehaltener Siebenmeter des immer stärker werdenden
Omeyer und ein
Doppelschlag von
Kim Andersson: Der THW startete besser als der Gastgeber
in Hälfte zwei. Die erste Drei-Tore-Führung für die Zebras schien allerdings keine Wirkung
auf Seiten der Gastgeber zu erzielen. Vor allem Kabengele machte aus dem Rückraum, was er wollte. Und
so verkürzten die Gastgeber unter dem frenetischen Jubel ihrer Fans wieder auf 17:18 (34.). Was der
THW in den folgenden Minuten aber zeigte, machte am heutigen Tag den Unterschied: Hinten wurden die
Wege zum Tor nun vollkommen dicht gestellt, die gewonnenen Bälle dann in schnelle Konter umgesetzt.
Vier Minuten dauerte es, bis die Kieler die bis dato laute Bördelandhalle in eine ruhige
Handball-Arena verwandelt hatten. Konsequent in der Chancenverwertung setzte es in diesen vier Minuten
fünf Treffer für Heinevetter, Kurrat zog ob dieses Kieler Angriffswirbels die Notbremse und brachte
nach dem Team-Time-Out Ersatz-Keeper Erevik. Indes: Die Ausgangslage für zwei Auswärtspunkte hatte
sich ob der 23:18-Führung deutlich verbessert. Jurecki hielt nun die Fahne des Gastgebers hoch doch auch
seine krachenden Tore konnten nicht verhindern, dass der THW durch den in der zweiten Hälfte kaum in
den Griff zu bekommenden
Ahlm und
Lundström
beim 26:19 gar auf sieben Tore enteilen konnte (43.).
 |
Viel versprechendes Comeback: Filip Jicha war vier Mal erfolgreich.
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Die Partie schien entschieden, da konnte man einen von
Jicha über
das Tor geworfenen Siebenmeter locker verschmerzen. Doch irgendwie schlich sich mit zunehmender
Müdigkeit und mit der Sicherheit einer klaren Führung der Schlendrian in die Kieler Reihen.
Tor um Tor robbten sich die Gastgeber heran, doch der THW hatte bis zur 56. Minute meist eine
postwendende Antwort, sodass eine Fünf-Tore-Führung Bestand hatte. Dann jedoch entfachten
Kabengele, van Olphen und Tönnesen mit drei Toren in nicht einmal 90 Sekunden wieder das Feuer
der Leidenschaft in der Bördelandhalle. Zwei Tore Rückstand, vier Minuten zu spielen, der
THW stand nach überlegen geführten 56 Minuten dicht vor einem Punktverlust. Doch 57 Sekunden später
sah die Welt wieder viel besser aus: Die Magdeburger Hoffnungen zerstörte
Ahlms Doppelschlag, die ersten Bundesligapunkte im Jahr 2008 waren eingesackt.
Viel Zeit, sich von dem intensiven Spiel zu erholen, bleibt den Zebras allerdings nicht. Denn bereits am
Dienstag kommt mit den Rhein-Neckar Löwen ein wirklich dicker Brocken in die Landeshauptstadt. Und
die durch die Verpflichtung von Tkaczyk und Bielecki noch einmal verstärkten Löwen wollen in
Kiel etwas reißen. Am Samstag gewannen sie ihr Auftaktspiel nach der
EM-Pause
mit 32:27 gegen Essen, das neue Rückraum-Duo erzielte dabei acht Tore. Ein heißer Tanz im Februar
wartet auf den THW. Doch nach der letztlich souveränen Leistung in Magdeburg zeigen sich die Kieler
rechtzeitig gerüstet für das Spitzenspiel ...
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Das einzig Schöne an diesem Spiel waren die zwei Punkte, mit allem
anderen bin ich nicht zufrieden. Wir haben uns 60 Minuten gequält.
Im Angriff haben wir nicht zu unserem Spiel gefunden und in der
Abwehr waren wir nicht bissig genug. Vielleicht lag es daran,
dass wir vier Wochen lang weder zusammen trainert noch gespielt haben.
SCM-Trainer Helmut Kurrat:
Wir haben auf die Müdigkeit der Kieler spekuliert und uns bravourös
der Übermacht entgegen geworfen. Wir haben gezeigt, dass wir mit
viel Kampfbereitschaft an die Spitzenmannschaften herankommen.
Man hat gesehen, dass die Mannschaft lebt. Das wird man auch
in den restlichen Spielen der Saison sehen.
SCM-Sportdirektor Stefan Kretzschmar:
Der THW hat verdient gewonnen. Manchmal macht es Spaß,
einem Gegner beim Spiel zuzuschauen, auch wenn man Fan des
SCM ist. Mein Dank an Helmut Kurrat für den Zusammenhalt der Mannschaft.
Wichtig war allein der Sieg. Groß ist die Freude
zudem über das gelungene Comeback von Jicha, denn
die kommenden Wochen werden ganz schwer, da brauchen wir jeden Spieler.
SCM-Spieler Stian Tönnesen gegenüber den KN:
Wir wusste, dass mit dem THW die beste
Mannschaft der Welt zu Gast ist, deswegen können
wir stolz darauf sein, solange so gut mitgehalten zu haben.
Den Anfang der zweiten Halbzeit haben wir verschlafen.
THW-Spielmacher Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Wichtig ist, dass wir die Punkte haben und alle
gesund geblieben sind. In Magdeburg muss man erst einmal gewinnen, egal, welche
Mannschaft der SCM aufbietet.
THW-Spieler Kim Andersson gegenüber den KN:
Es war nicht schwer, sich nach der EM wieder auf den THW
einzustellen. Man kommt nach Hause und freut sich
auf Kiel und seine Freunde in der Mannschaft. Der
THW ist Arbeit, Hobby und Spaß zugleich.
SC Magdeburg:-
Erevik (38.-60., 6 Paraden),
Heinevetter (1.-37., 8 Paraden);
Wiegert (n.e.),
Kabengele (8),
van Olphen (2),
Sprenger (5),
Theuerkauf (3/1),
Stiebler,
Grafenhorst (2),
Jungwirth (n.e.),
Tönnesen (4),
Jurecki (5),
Vasilakis (1);
Trainer: Kurrat
THW Kiel:-
Omeyer (1.-60., 16 Paraden),
M. Andersson (n.e.);
Lund (n.e.),
K. Andersson (7),
Lundström (3),
Kavticnik (7/1),
Anic (n.e.),
Lövgren (4/1),
Ahlm (5),
Szilagyi (n.e.),
Zeitz (n.e.),
Karabatic (3/1),
Klein,
Jicha (4);
Trainer: Serdarusic
- Schiedsrichter:
-
Holger Fleisch (Ostfildern) / Jürgen Rieber (Nürtingen)
- Zeitstrafen:
-
SCM: 4 (Vasilakis (24.), 2x van Olphen (25., 58.), Grafenhorst (44.)) ;
THW: 4 (Ahlm (26.), Lövgren (44.),
Jicha (44.), Karabatic (59.))
- Siebenmeter:
-
SCM: 3/1 (Omeyer hält Tönnesen (8.) und Sprenger (32.)) ;
THW: 5/3 (Heinevetter hält Kavticnik (24.), Jicha überweg (48.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1 (1.), 2:1 (2.), 2:2 (6.), 3:3 (8.), 4:4 (11.), 5:6 (13.), 5:7 (14.), 8:8 (17.),
9:9 (20.), 9:10 (21.), 10:11 (22.), 11:11 (24.), 12:11 (25.), 12:12 (26.), 13:13 (28.), 14:16;
2. Hz.: 15:17 (31.), 15:18 (32.), 17:19 (34.), 17:21 (36.), 17:22 (37.), 17:23 (38.), 18:23 (39.),
19:24 (40.), 19:25 (42.), 19:26 (43.), 23:28 (50.), 24:30 (53.), 25:30 (54.), 28:30 (57.), 28:31 (58.), 30:33 .
- Zuschauer:
-
7033 (Bördelandhalle, Magdeburg)
- Spielgraphik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 04.02.2008:
Kraftakt auf schweren Beinen
Müder THW nach 33:30-Sieg in Magdeburg Tabellenführer - Kavticnik und Andersson trafen sieben Mal
Magdeburg - Kurz vor dem Anpfiff
erreichte THW-Manager Uwe Schwenker in der Bördelandhalle
elektronische Post per SMS. Absender: sein ehemaliger Co-Trainer Klaus-Dieter Petersen,
seit Mitte Januar Chef-Coach beim Ligakonkurrenten
Wilhelmshavener HV. "Macht sie fertig. Pitti" lautete die kurze,
knackige Ansage mitten aus dem Petersen-Herzen, das weiterhin
schwarz-weiß schlägt. Seine ehemaligen Spieler enttäuschten
ihn nicht, gewannen 33:30 (16:14) und kehrten als neuer Tabellenführer
nach Kiel zurück.
Erfolgreich waren die "Zebras", pralles Handballvergnügen präsentierten
sie ihren rund 50 mitgereisten Fans nicht. Der Sieg kam vor allem
über Willen und Kampf auf schweren Beinen zustande. Sechs
Tage nach dem Europameisterschafts-Abpfiff in Norwegen, die
den meisten "Zebras" acht Spiele in elf Tagen als Liga-Ballast beschert
hatten, mühte sich der Rekordmeister zwar um Tempo und modernen
Handball, oft jedoch schnaubte der THW-Express ohne Raumgewinn.
"Doll war es nicht", bekannte auch Trainer Noka Serdarusic, "aber
meine Jungs haben vier Wochen lang in anderen Systemen gespielt,
das muss erst wieder zusammen wachsen." Zwei, drei Spiele
bräuchten seine Männer noch, um den Rhythmus wieder zu finden.
"Ich hoffe, wir überstehen diese Phase ohne Punktverluste."
Den Respekt vor Magdeburgs Bördelandhalle hatten besonders
Kiels etablierte Akteure in ihren Reisetaschen verstaut. Zu nachhaltig
waren die Erinnerungen an die letzten beiden Auftritte in Sachsen-Anhalt.
Am 27. Mai 2006 hatte es eine 36:37-Schlappe gegeben, unvergessen
ist jedoch die 24:39-Blamage
vom 20. Dezember 2006, der höchsten Bundesliga-Auswärtsniederlage
in der Vereins-Geschichte. Am Sonnabend nahmen die "Zebras"
Revanche. Dass diese gegen einen Gegner gelang, dem mittlerweile
die Stars abhanden gekommen sind, schmälerte den Erfolg aus
THW-Sicht nicht. "Egal, wer in den Magdeburger Trikots steckt, hier
muss man erst mal gewinnen, und das haben wir geschafft", freute
sich National-Linksaußen Dominik Klein.
Die "Zebras" benötigten einen langen Anlauf. Erst kurz vor der
Halbzeitpause lief es runder, die Abwehr packte fester zu, Torhüter
Thierry Omeyer bekam endlich Ballkontakte, und mit dem sechsten
Treffer von Vid Kavticnik zum 16:14 ging es in die Kabinen. Heraus kamen
dort zunächst hellwache THW-Köpfe und schlafmützige Magdeburger.
Omeyer mutierte zur undurchdringlichen
Wand, hinzu kamen eklatante Magdeburger Abschlussschwächen,
und als der THW in nur vier Minuten vom 18:17
(34.) auf 23:17 davonzog, war eine Vorentscheidung gefallen. Fortan
mühten sich die "Zebras", das dürftige EM-Niveau (Serdarusic:
"Handball aus der Vergangenheit, ohne Esprit und Tempo") aus der
Bundesligahalle zu vertreiben, Vieles aber blieb Stückwerk.
Was am besten war? Natürlich das Jicha-Comeback, oft das schnelle
Umschalten von Abwehr auf Angriff, außerdem die schnelle Mitte,
die den Magdeburgern mit Blitztoren Luft und Hoffnung raubten.
Auffällig zudem die gute Quote von Vid Kavticnik (insgesamt sieben
Tore) in der ersten Halbzeit, die bemerkenswerten Auftritte von Marcus Ahlm
(5 Tore) und Thierry Omeyer (16 Paraden) im zweiten
Abschnitt und die so genannten "leichten Tore" von Kim Andersson,
der den SCM sieben Mal ins Mark traf.
Bei Magdeburg gefielen Mittelmann Stian Tönnesen (4 Tore), der
schwer zu packende, weil sehr wendige Damien Kabengele (8) und
Kreisläufer Barthosz Jurecki (5). Und fast entglitten den Kielern die
sicher geglaubten Punkte sogar noch, als man die Zügel im Gefühl
des sicheren Sieges schleifen ließ. Kabengele, van Olphen und Tönnesen
entfachten mit drei Toren in nur 90 Sekunden neues Feuer unterm
Hallendach und führten den Gastgeber in der 57. Minute auf 30:28 heran.
Das beherzt herausgeworfene Tor von Marcus Ahlm, der zwei an
seinem Trikot hängende Gegenspieler einfach Huckepack mitnahm,
beruhigte die Gemüter wieder.
Serdarusic spendierte seinen
Spielern gestern "trainingsfrei", obwohl morgen die Mannheimer Löwen zur "superschweren Heimpartie"
(Schwenker) auflaufen.
"Entspannung ist jetzt wichtiger als Training", sagte der THW-Coach.
Derweil empfing Kiels Manager gleich nach dem Schlusspfiff
eine weitere SMS. "Super, Glückwunsch." Absender: Klaus-Dieter Petersen.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 04.02.2008)