THW-Logo
24.01.2009 WM 2009

Kieler Nachrichten: Hart, aber nicht unfair

Serbien, Norwegen, Dänemark: In der Hauptrunde warten dicke Brocken auf das DHB-Team

Aus den Kieler Nachrichten:

Zadar - Die Vorrunde bei der Handball-WM ist beendet, ab heute kämpft das verbliebene Dutzend in den beiden Hauptgruppen um vier Halbfinal-Plätze. Das erste "Endspiel" bestreitet Deutschland in Zadar (17.30 Uhr, RTL) gegen Serbien. Morgen trifft das Brand-Team zur gleichen Zeit auf Norwegen.
Am Dienstag schließlich wartet im abschließenden Gruppenspiel mit Europameister Dänemark der schwerste Brocken auf den noch amtierenden Weltmeister. Es wird Ernst in Kroatien, aber Deutschlands Handballer sind nicht ans Meer gereist, um bei der WM baden zu gehen. Bis auf den Magdeburger Rechtsaußen Christian Sprenger, der die Heimreise mit einer Knieverletzung vorzeitig antreten musste, blieb Heiner Brand von Krankheiten und Verletzungen in seinem Kader weitestgehend verschont. Stattdessen hat es den Bundestrainer mit einer Grippe selbst erwischt. "Nicht so wichtig, ich halte durch", schwächte der 56-Jährige beim ersten Pressegespräch nach dem Umzug an die Adria ab.

Die Sonne lachte, als der deutsche Mannschaftsbus gegen 13 Uhr in die Urlaubsmetropole einrollte. Allerdings verfinsterten sich die Spieler-Mienen beim Betreten der Zimmer im Mannschaftshotel Kolovare. "Die Türen zu niedrig, die Betten zu weich, wir müssen umbauen", meckerte Torhüter Johannes Bitter vom Bundesliga-Tabellenzweiten HSV Hamburg. So packten die Auswahlspieler auf Kosten der Mittagsruhe selbst an. Bitters HSV-Kollege Pascal Hens, 203 Zentimeter lang, schläft in den kommenden Tagen mit der Matratze auf dem Fußboden. "Das ist besser für meinen Rücken." Undenkbar für Nationalspieler aus der Fraktion Fußball.

Viele Menschen im kroatischen Zadar leiden heute noch unter den Folgen des Balkankrieges. Sie mussten 1991 Luftangriffe und eine dreimonatige serbische Belagerung ertragen, es gab Tote und Verletzte, der Hass in vielen Familien auf den einstigen Feind löst sich nur langsam auf. So müssen die unerwünschten Gäste heute mit versteckten und vielleicht auch offenen Feindseligkeiten aus dem Publikum rechnen. Schlechte Voraussetzungen für ein sportliches Großereignis, das doch völkerverbindend sein soll und sich als erstes Gebot Fairness auf die Fahnen schreibt. Die Partie in dem 8000 Zuschauer fassenden Arena-Neubau von Zadar dürfte zum "Heimspiel" für Deutschlands Handballer werden. Kroatische Zuschauer wünschen sich nur eines: eine serbische Niederlage.

"Serbien hat hoch gegen Dänemark geführt und die starken Norweger geschlagen, das sagt alles über ihre Qualitäten", merkte Heiner Brand über den Gegner an, dessen Star Momir Ilic vom VfL Gummersbach ist. Können die deutschen Abwehrrecken um den Mittelblock Sebastian Preiß/Oliver Roggisch den Rückraumschützen neutralisieren, wäre viel gewonnen.

"Jedes Spiel wird umkämpfter, jedes Team will weiterkommen", bemerkte Löwen-Abwehrchef Roggisch und kündigte eine "harte, aber keine unfaire" Gangart an. Nehmen die Deutschen diese Hürde, wäre ein Riesenschritt Richtung Halbfinale gemacht, morgen könnte die Tür dazu mit einem Sieg über das abwehrstarke Norwegen (mit dem Flensburger Johnny Jensen) ganz geöffnet und das kleine Handball-Wunder wahr werden.

Die Fans in der Heimat scheinen jedenfalls schon wieder Feuer gefangen zu haben. 7,4 Millionen TV-Zuschauer verfolgten bei RTL den Sieg vom Donnerstag über Polen, ein Vorrunden-Wert, den nicht einmal die Heim-WM 2007 schaffte.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2009)


(24.01.2009) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite