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29./31.05.2010 - Letzte Aktualisierung: 31.05.2010 Champions League

EHF Final4: THW bezwingt Ciudad Real und zieht ins Endspiel ein

CL, Halbfinale: 29.05.2010, Sa., 18.00: BM Ciudad Real - THW Kiel: 27:29 (15:12)
Update #3 KN-Spielbericht ergänzt...

Riesiger Jubel nach dem Schlusspfiff: Der THW Kiel hat den Titelverteidiger entthront und ist in das Finale der Champions League eingezogen!
Klicken Sie zum Vergrößern! Riesiger Jubel nach dem Schlusspfiff: Der THW Kiel hat den Titelverteidiger entthront und ist in das Finale der Champions League eingezogen!
Der THW Kiel ist nach einer unglaublich dramatischen und hart umkämpften Partie in das Finale der Champions League eingezogen. Vor der Rekordkulisse von 18.679 völlig begeisterten Zuschauern in der Kölner Lanxess arena sahen die Kieler gegen den Titelverteidiger Ciudad Real lange Zeit wie der zweite Sieger in diesem Halbfinale aus. Zwischenzeitlich lagen die Zebras sogar mit vier Toren zurück. Doch eine unglaubliche Energieleistung in den letzten 20 Minuten der Partie, in denen der THW zudem meist in Unterzahl agieren musste, ein in den wichtigen Szenen überragender Omeyer und ein Palmarsson-Tor vier Sekunden vor Schluss sicherten letztlich den 29:27 (12:15)-Erfolg der Kieler, die nun morgen um 18 Uhr gegen den FC Barcelona nach der europäischen Krone greifen.
Beste Torschützen in der unglaublich intensiven Partie waren "Mister 100 Prozent" Christian Sprenger, der sich nicht einen Fehlwurf erlaubte, und Filip Jicha mit je sechs Treffern.

Die Kölner Lanxess arena war bei dieser ersten Auflage des europäischen Finalturniers fest in Kieler Hand: rund 10.000 Fans aus der Landeshauptstadt und dem gesamten Bundesgebiet hatten sich auf den Weg ins Rheinland gemacht, um ihrem THW den Rücken zu stärken. In Kiel verfolgten hunderte Anhänger beim Public Viewing im Vereinsheim des FT Vorwärts an der Moorteichwiese, im CinemaxX und in der Forstbaumschule das mit Spannung erwartete Duell der Vorjahres-Finalisten. Und die Zebras legten los,
Intensive Duelle lieferten sich auch Christian Zeitz und Didier Dinart.
Klicken Sie zum Vergrößern! Intensive Duelle lieferten sich auch Christian Zeitz und Didier Dinart.
als wollten sie von Beginn an unmissverständlich klar machen, dass sie sich auch als Hausherren in der fremden Arena fühlen: Jicha schnappte sich nach einem Metlicic-Block den Abpraller und traf zum 1:0, Sprenger überwand Arpad Sterbik per Heber zum 2:0. Doch dann begannen die Probleme im Kieler Angriff: Die Ciudad-Abwehr hatte sich perfekt auf den wurfgewaltigen Rückraum des THW eingestellt, rückt weit heraus und ließ einige Fragezeichen auf den schwarz-weißen Gesichtern entstehen. Auf der Gegenseite fehlte der THW-Abwehr zunächst der richtige Antwort auf die immer neuen Formationen der Spanier. Die Folge: Ciudad glich aus und nahm langsam aber sich die Zügel in die Hand. Zwar konnte der THW lange Zeit gegenhalten - auch, weil sich Marcus Ahlm ein ums andere Mal spektakulär in Szene setzen konnte und Christian Zeitz erneut aufmerksam agierte - aber vor allem Chema Rodriguez sorgte mit seiner Schnelligkeit für Aufruhr in der Kieler Deckung.

Jonas Källmann war mit sechs Toren erfolgreichster Werfer bei Ciudad Real.
Klicken Sie zum Vergrößern! Jonas Källmann war mit sechs Toren erfolgreichster Werfer bei Ciudad Real.
Er war es auch, der seine Farben beim 4:3 (10.) erstmals in Führung brachte. Doch die Kieler ließen sich nicht abschütteln, kamen mit einem enormen Kraftaufwand immer wieder zurück. Gislason setzte zeitweilig sogar auf vier Rückraumspieler, nahm Lundström von der Platte und brachte Momir Ilic. Filip Jicha erzielte von Linksaußen (!) das 8:7, Ilic setzte sich kraftvoll zum 9:9 durch, ehe Canellas und der starke Källmann per Tempogegenstoß die erste Zwei-Tore-Führung für Ciudad Real markieren konnten (23.). Gislason nahm eine Auszeit, brachte Gentzel für Omeyer - doch ohne nachhaltigen Erfolg. Zwar blieben die Kieler durch Sprenger und Jicha in Schlagdistanz (11:12, 26.), doch in Unterzahl profitierten die Spanier von den erzwungenen Fehlern im Kieler Angriff: Aguinagalde und Rodriguez erzielten das 14:11, Eric Gull markierte nach Jichas 12:14 den Halbzeitstand. Mit einem verdienten Drei-Tore-Rückstand mussten die Kieler in die Pause.

Comeback mit zwei ganz wichtigen Toren vor der Pause: Momir Ilic.
Klicken Sie zum Vergrößern! Comeback mit zwei ganz wichtigen Toren vor der Pause: Momir Ilic.
Für die zweiten dreißig Minuten hatten sich Filip Jicha und Co. offensichtlich eine Menge vorgenommen: Zeitz stiebitzte sich den Ball und traf zum Anschluss, Narcisse tanzte die Abwehr zum 14:16 aus, und Omeyer zeigte gegen seinen Freund aus der französischen Nationalmannschaft, Jerome Fernandez, Zähne und parierte dessen freien Wurf. Jicha nutzte dies zum 15:16 - nach drei Minuten in der zweiten Halbzeit war der THW Kiel wieder dran. Dominik Klein war auf die Platte beordert worden, um die Kreise von Chema Rodriguez einzuengen - offenbar ein guter Schachzug. Doch Ciudad Real ließ sich auch von diesem Kieler Zwischenspurt und der aufkommenden Euphorie unter den zahlreichen THW-Fans nicht beirren: Källmann, Abalo und erneut Källmann ließen die Hoffnungen auf einen Kieler Finaleinzug innerhalb von drei Minuten beim 19:15 für den Titelverteidiger auf ein Minimum sinken - zumal die Zebras fortan oft mit einem Mann weniger auf der Platte stehen mussten.

Emotional ging es auf den Rängen und auf der Platte zu: Ein ums andere Mal bildeten sich kleine "Rudel".
Klicken Sie zum Vergrößern! Emotional ging es auf den Rängen und auf der Platte zu: Ein ums andere Mal bildeten sich kleine "Rudel".
Als Omeyer sich erneut zu großen Taten aufschwang und die THW-Defensive aufmerksam um jeden Ball fightete, kamen die Kieler zurück in die Partie. Ahlm zirkelte einen Wurf an Dinart vorbei, Sprenger verwandelte einen Tempogegenstoß, Klein eroberte sich den Ball und verwandelte, Narcisse suchte und fand in der Eins-gegen-Eins-Situation den Wurf - vier Tore in drei Minuten verwandelten die Lanxess arena in ein Tollhaus. Der THW glich zum 20:20 aus - zwanzig Minuten vor dem Ende wurde faktisch wieder bei null angefangen. Das galt allerdings nicht für die Akteure - die waren längst heißgelaufen. So parierte Omeyer einen Källmann-Wurf und hechtete dem Abpraller hinterher - doch ohne Erfolg. Zwei individuelle Fehler im Angriff ließen talant Dujshebaev und die wenigen Ciudad-Anhänger in Köln wieder jubeln: Fernandez und Metlicic erzielten das 22:20 für die Spanier. Doch die Kieler ließen sich nun ihrerseits nicht mehr abschütteln: Erneut Narcisse und der traumwandlerisch sichere Sprenger, der selbst schlechte Anspiele zu verwerten wusste, brachten den erneuten Ausgleich (47.) - Ciudad nahm die Auszeit, die Zuschauer hielt längst nichts mehr auf ihren Sitzen.

Leicht hatte es Filip Jicha gegen Ciudad Real wirklich nicht.
Klicken Sie zum Vergrößern! Leicht hatte es Filip Jicha gegen Ciudad Real wirklich nicht.
Eine Kieler Führung sollten sie zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht bejubeln dürfen: Erst traf Aguinagalde im Sitzen, dann musste Börge Lund für zwei Minuten auf die Bank (48.). Doch der an den Kreis eingelaufene Sprenger scherte sich nicht um die numerische Unterzahl - ebenso wie Christian Zeitz, der den Ball zum 24:23 in die Maschen hämmerte. Dann wurde es tatsächlich noch übersichtlicher in den THW-Reihen: Kurz nacheinander wurden Jicha und Klein verbannt, zudem nutzte Fernandez die Siebenmeter-Chance zum Ausgleich. Der THW in doppelter Unterzahl wankte - aber er fiel nicht. Omeyer packte gegen Abalo seine Weltklasse in eine Parade, und als Zeitz mit seiner unnachahmlichen Art in doppelter Unterzahl die Kieler erneut in Führung bringen konnte, war die Lanxess arena längst zur Sparkassen-Arena mutiert: Frenetisch feuerten die Fans den THW an, peitschten ihn nach vorn. Eine Situation, in der offenbar Jerome Fernandez die Übersicht verlor: Ein Wechselfehler brachte ihm Zwei Minutne ein, eine Entscheidung, die Talant Dujshebaev richtig auf die Palme brachte. Derweil spielte die Hallenregie "Ole, hier kommt der THW" ein - und die Zebras hielten sich an die musikalische Steilvorlage: Sprenger traf zum 26:24, Jicha erhöhte drei Minuten vor dem Ende auf 27:24, was Källmann postwendend konterte. Längst war die Begegnung zu einem offenen Schlagabtausch geworden, in dem der THW aber nicht einen Siebenmeter zugesprochen bekam. Strafwürfe braucht ein Club auch nicht, wenn man einen Marcus Ahlm hat, der bedrängt in dieser engen Spielsituation mit dem Rücken zum Tor das 28:25 warf - unglaublich! Doch auch dieser Treffer war noch längst nicht die Entscheidung in diesem wahrlich intensiven Spiel. Ciudad Real kam noch einmal zurück, nutzte einen Palmarsson-Schrittfehler zum 27:28 durch Entrerrios - warum Börge Lund im Gegenzug für zwei siebenmeter- und zeitstrafenwürdgie Fouls keinen Pfiff bekam, wird wohl immer ein Geheimnis der Unparteiischen bleiben.

Völlig losgelöst: Filip Jicha holte Thierry Omeyer zum Jubeln ab.
Klicken Sie zum Vergrößern! Völlig losgelöst: Filip Jicha holte Thierry Omeyer zum Jubeln ab.
Die schickten dafür Jicha auf die Bank - in überzahl blieben 65 Sekunden für den Titelverteidiger zum Ausgleich. Der spielte Entrerrios frei, doch Omeyer ließ die Muskeln spielen - 18 Sekunden verblieben auf der Uhr. 18 lange Sekunden bis zum Finaleinzug, den gegen die offene Manndeckung der Spanier letztlich Aron Palmarsson vier Sekunden vor der Sirene perfekt machte. Der Rest war Jubel: Auf der Platte spielten sich Szenen wie vor Wochenfrist in Hamburg ab, auf den Rängen fielen sich wildfremde Menschen in die Arme. Währenddessen "verabschiedete" sich Talant Dujshebaev mit dem gestreckten Mittelfinger vom Publikum - auch verlieren will gelernt sein. "Wir feiern die ganze Nacht", schallte durch das riesige Rund - ein Motto, was vielleicht für die THW-Fans gelten dürfte. Die Spieler müssen indes nach einem unglaublich Kraft raubenden Spiel Ruhe tanken für das große Finale. Am Sonntag um 18 Uhr greift der THW Kiel wieder nach der europäischen Krone!

(Christian Robohm)

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Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Daniel Narcisse wurde von Krämpfen geplagt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Daniel Narcisse wurde von Krämpfen geplagt.
Ich bin sehr zufrieden, wir haben es geschafft, die beste Mansnchaft der Welt zu besiegen. In der ersten Halbzeit haben wir schlecht ins Spiel gefunden, obwohl die Abwehr phasenweise gut stand. Aber die Torwarte fanden nicht richtig in die Partie, und im Angriff hatten wir Probleme mit der Ciudad-Abwehr und Arpad Sterbik.

In der zweiten Halbzeit haben wir Chema Rodriguez in Manndeckung genommen, das hat gut funktioniert. Und auch Titi hat wieder sehr gut ins Spiel gefunden. Letztlich haben wir verdient gewonnen.

Christian Sprenger und Daniel Narcisse waren in den letzten Minuten von Krämpfen geplagt, natürlich hätte ich mir ein wenig mehr Pause gewünscht. Barcelona hatte den einfacheren Weg und konnte die ganze Bank einsetzen, weil Barca auf allen Positionen doppelt gut besetzt ist. Wir sind auf einigen Positionen nur einfach besetzt, das könnte ein kleiner Nachteil sein. Mal sehen, was morgen so bringt.

Ciudad Reals Trainer Talant Dujshebaev:
Zeigte den Handball-Fans beim Verlassen der Halle den Mittelfinger: Talant Dujshebaev.
Klicken Sie zum Vergrößern! Zeigte den Handball-Fans beim Verlassen der Halle den Mittelfinger: Talant Dujshebaev.
Es war ein spannendes Spiel, wir haben am Ende verloren und spielen morgen um Platz drei. Ich möchte nicht viel sagen, weil ich ein bis zwei Tage Zeit brauche, um das alles in Ruhe in meinen Kopf zu bekommen. Außerdem will ich nicht "nicht gesunde" Worte sagen.
Ciudads Julen Aguinagalde:
Unglücklicherweise gibt es für uns jetzt nicht mehr viel, worüber wir reden können. Es bleibt uns nur noch, uns auf das morgige Spiel um Platz drei zu konzentrieren.
Kiels Linksaußen Dominik Klein:
Wir waren in der zweiten Halbzeit eine andere Mannschaft mit einer anderen Körpersprache, und wir konnten die Stimmung, die die Fans draußen gemacht haben, mitnehmen. In der ersten Halbzeit haben wir schlecht gespielt, Ciudad hat uns das Spiel aufgezwängt. In der Kabine haben wir uns das gesagt und sind in der zweiten Halbzeit mit stärkerer Präsenz und mehr Power aufgetreten.
Top-Torschütze Filip Jicha:
Das war ein Kraftakt, das war klar. Wer vorher etwas anderes geglaubt hat, ist verrückt. Es ist sehr schwer, gegen solch eine Deckung von Ciudad Real 6 gegen 6 zu spielen.

Jetzt müssen wir unsere Euphorie etwas bremsen. Wir sind hier nach Köln gekommen, um ins Finale einzuziehen und den Titel zu holen. Wir müssen jetzt in weniger als 24 Stunden noch eine Klasse-Leistung abliefern. Morgen ist alles drin, wir freuen uns riesig auf das Endspiel vor 20000 Zuschauern gegen Barcelona.

Kim Andersson:
Normalerweise ist es hart, auf der Bank zu sitzen, aber heute habe ich das gern getan. Es war eine unglaubliche Stimmung. Wir haben über 60 Minuten unglaublich gekämpft. Heute haben zwei der besten Mannschaften Europas gegeneinander spielt, ein tolles Spiel.

Jetzt müssen wir Ruhe bewahren, gut essen und ins Bett gehen. Morgen müssen wir dann 60 Minuten noch einmal Gas geben, das ist das einzige, was zwischen uns und dem Titel steht.

 


Champions League, Halbfinale: 29.05.10, Sa., 18.00: BM Ciudad Real (ESP) - THW Kiel: 27:29 (15:12)

Logo Ciudad BM Ciudad Real (ESP Flagge ESP):
Hombrados (n.e.), Sterbik (1.-60., 14 Paraden); Källman (6), Fernandez (5/5), Evdokimov, Gull (2), Aguinagalde (3), Davis, Garcia Parrondo (1), Abalo (2), Metlicic (3), Rodriguez (2), Canellas (1), Entrerrios (2), Morros, Dinart; Trainer: Dujshebaev
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-24., 29.-60., 11 Paraden), Palicka (n.e.), Gentzel (24.-29. und 1 Siebenmeter, 0 Paraden); Lund, Andersson (n.e.), Lundström, Anic (n.e.), Sprenger (6), Ahlm (5), Reichmann (n.e.), Zeitz (4), Palmarsson (1), Narcisse (3), Ilic (2) Klein (2), Jicha (6); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Sorin-Laurentiu Dinu / Constantin Din (Rumänien)
Zeitstrafen:
Ciudad Real: 3 (Canellas (26.), Dinart (41.), Fernandez (54.));
THW: 7 (Ilic (25.), Zeitz (35.), 2x Klein (42., 51.), Lund (48.), 2x Jicha (51., 58.))
Siebenmeter:
Ciudad: 5/5;
THW: 0
Spielfilm:
1. Hz.: 0:2 (2.), 2:2 (7.), 4:4 (10.), 4:5 (12.), 6:5 (15.), 6:7 (17.), 7:8, 9:8 (22.), 9:9, 11:9 (24.), 12:11 (26.), 14:11 (28.), 15:12;
2. Hz.: 15:13, 16:13, 16:15 (33.), 19:15 (37.), 20:16 (38.), 20:20 (41.), 22:20, 22:22 (47.), 24:24 (51.), 24:27 (57.), 25:28 (58.), 27:28 (59.), 27:29 (60.).
Zuschauer:
18.679 (LANXESS arena, Köln)
Spielgrafik:
Spielgrafik
Spielberichtsbogen:
Offizieller Spielberichtsbogen der EHF

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

 

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010:

Charaktertest Halbfinale

Duschebajew wieder einmal schlechter Verlierer - Krämpfe konnten THW nicht stoppen
Köln. Zweites Halbfinale, 38. Minute, Ciudad Real führte gegen Kiel mit 20:16. Nichts deutete darauf hin, dass der Titelverteidiger in einer dramatischen Schlussphase beim 27:29 (15:12) den Finaleinzug verpassen und Trainer Talant Duschebajew völlig die Nerven verlieren würde.

Fünf Minuten vor dem Abpfiff hatten die katastrophal pfeifenden Unparteiischen Din/Dinu Ciudad-Rückraumspieler Jerome Fernandez wegen eines angeblichen Wechselfehlers auf die Strafbank beordert. Eine Szene, die bei Duschebajew Sicherungen durchbrennen ließen. Der 41-Jährige witterte offensichtlich eine Verschwörung, legte sich mit den Zuschauern an und als aus den Rängen eine Papierkugel in seine Richtung flog, musste er von seinen Spielern gestoppt werden.

Der gebürtige Kirgise wollte die Tribüne stürmen, beließ es aber dabei, die Halle nach dem Abpfiff mit gestrecktem Mittelfinger zu verlassen. Auf der Pressekonferenz gab sich der zweimalige Welthandballer jovial, lobte die Veranstaltung, den Gegner. Nur den spanischen Kollegen erlaubte er Einblicke in sein Seelenheil. "Wir wissen, wo wir hier sind", sagte er. "Und wir wissen deshalb, wer ins Finale kommen sollte."

Offensichtlich hatte er zu diesem Zeitpunkt vergessen, dass seine Mannschaft sportlich an einem THW gescheitert war, der in der zweiten Halbzeit sein wahres Gesicht gezeigt hatte.

"Uns fehlte vor der Pause die körperliche Präsenz", meinte Kiels Linksaußen Dominik Klein. "Wir haben das Spiel gespielt, das Ciudad gefällt - ohne Tempo." In der Kabine hatten die "Zebras" sich zusammengerauft, sich auf eine Antwort eingeschworen. "Wenn dies die letzten 30 Minuten Champions League sein sollten, dann wollten wir wenigstens noch einmal alles geben", meinte der sechsmalige Torschütze Filip Jicha. "Wir hatten nach diesem Rückstand nichts mehr zu verlieren."

In Durchgang zwei boten die Kieler Tempohandball und zeigten Charakter. Obwohl Christian Sprenger und Daniel Narcisse von Krämpfen geplagt wurden, war der THW-Express nicht mehr zu stoppen. Auch, als Ciudad bei doppelter Überzahl zum 24:24 (50.) ausglich. Die Antwort? Christian Zeitz hämmerte den Ball zum 25:24 ins Netz, der starke Sprenger machte im sechsten Versuch sein sechstes Tor (26:24), Luc Abalo scheiterte am aufgewachten Thierry Omeyer, und Jicha traf mit einer energischen Einzelleistung zum 27:24 (57.) - die Vorentscheidung. Ganz ohne Mithilfe von Din/Dinu.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010)


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