28.08.2012 | Bundesliga |
Das Team der SG Flensburg-Handewitt. |
Damit gehen ein größeres Renommee und mehr Einnahmen einher. Die Königsklasse kann aber auch ein Fluch sein. Diese Erfahrung machte Rechtsaußen Lasse Svan Hansen seit 2008, seit er in die Fördestadt gewechselt ist. Zweimal tummelte sich sein Club unter den Besten Europas, strandete dann aber in der Bundesliga nur auf den Rängen fünf und sechs. Die beiden anderen Male konnten es die Flensburger international gemächlicher angehen und stürmten auf Platz drei in 2010 und sogar zur Vize-Meisterschaft im Frühjahr. "Ich bin gespannt darauf, was wir in der nächsten Saison schaffen", sagt Hansen. "Mehr Spiele bedeuten eine zusätzliche Belastung, sind aber gleichzeitig eine tolle Herausforderung." Sein Trainer Ljubomir Vranjes formuliert es so: "Das ist für uns eine große Chance, um weitere Fortschritte zu machen."
Diesem Quantensprung entgegen stand zunächst eine eingeschränkte Vorbereitung. Gleich ein halbes Dutzend London-Fahrer stieg erst nach den Olympischen Spielen ein. Zudem muss sich Holger Glandorf noch zurückhalten. Der Weltmeister von 2007, der im April nach einem Länderspiel-Lehrgang eine Infektion im linken Fuß erlitt und drei Operationen überstehen musste, arbeitet zwar an seinem Comeback - aber wann es dazu kommen wird, konnte zuletzt niemand präzise beantworten.
Trost für Vranjes: Die beiden einzigen waschechten Neuzugänge hatte er in den letzten Wochen durchgehend zur Verfügung. Steffen Weinhold und Maik Machulla sollen das Potenzial im Rückraum erhöhen. "Mit der SG möchte ich oben angreifen", sagt Weinhold, der erstmals in der Champions League starten wird. "Diese Belastung wird eine neue Erfahrung für mich", weiß der Linkshänder, der auch als Spielmacher agieren kann. Machulla soll mit seiner Routine den etatmäßigen Mittelmann Thomas Mogensen entlasten.
Zudem erhielten zwei Nachwuchsspieler einen Profi-Vertrag. Morten Dibbert ist eigentlich ein Rückraumspieler, ist für Vranjes aber hauptsächlich wegen seiner Defensiv-Qualitäten interessant. Malte Voigt gilt als das Backup für Linksaußen Anders Eggert. Der junge Mann hatte schon in der letzten Saison einige freche Szenen. "Das nächste Jahr könnte für ihn ein Türöffner zur Profi-Karriere werden", glaubt Vranjes. "Es liegt an ihm."
Es ist kein Geheimnis im Norden: Die Latte hängt hoch. Geht vielleicht noch mehr? "Das ist fast unmöglich", wiegelt Vranjes ab und meidet es, von Platzierungen zu sprechen. "Wir wollen uns weiterentwickeln. Das ist das Ziel aller Spieler, jeder hat noch Potenzial." Auch Dierk Schmäschke lässt keine Kampfansage an den THW Kiel los. "Wir wollen das Niveau halten, dass wir in der letzten Saison erreicht haben", meint er. "Die Mannschaft hat sich nicht verschlechtert."
Parallel zur Euphorie auf dem Spielfeld musste die SG wirtschaftlich Schwerstarbeit verrichten. Im Sponsoren-Umfeld gab es größere Bewegungen. Die markanteste Änderung: Der Schriftzug eines österreichischen Wettanbieters strahlt auf der Trikot-Brust, während der bisherige Hauptsponsor ins zweite Glied rückte. Die Finanzen sind auf Konsolidierungskurs, was sich auch auf die Strukturen des Klubs niederschlug. Schmäschke ist nach dem Ausscheiden von Holger Kaiser (zur HBL) alleiniger Geschäftsführer. Dafür wurde der Posten eines Geschäftsstellen-Leiters installiert und mit Nils Geisler besetzt. Zudem schied Pressesprecherin Zita Newerla aus.
Eine Neuordnung gibt es zudem im medizinischen Bereich. Die langjährige Partnerschaft mit der "Damp AG" verpuffte mit der Übernahme des regionalen Krankenhaus-Unternehmen durch den Konzern "helios". Unabhängig davon hatten sich die Wege des langjährigen Mannschaftsarztes Dr. Hauke Mommsen und der SG im Frühjahr getrennt. Der Chirurg Dr. Thorsten Lange, der Allgemeinmediziner Dr. Torsten Ahnsel und der Orthopäde Dr. Ernst Dünnweber bilden die neue Mediziner-Troika.
Im Zentrum des sportlichen Konzepts befindet sich weiterhin Vranjes, dessen Kontrakt am Ende der letzten Saison bis 2017 verlängert wurde. "Er ist sehr gut vernetzt und verdrahtet", weiß Schmäschke. Der Schwede wird weiter ohne Assistenten auskommen müssen und auch in den Personal-Planungen eine wichtige Rolle einnehmen. Oben auf der Agenda stehen derzeit Vertragsverlängerungen mit Petar Djordjic und Mattias Andersson.
Das Trainingslager in seiner schwedischen Heimat hatte Vranjes fast im Alleingang geplant. Abschalten ist für ihn ein Fremdwort. "Ich denke immer über Handball nach, das ist ja mein Leben", sagt der 38-Jährige. Manchmal ergibt sich sogar aus dem Blick auf den Mittagstisch und einer zufälligen Anordnung der Kartoffeln ein neuer Spielzug. Wenn diese Geistesblitze gut genug sind, wird die Champions League auch im nächsten Jahr in Flensburg für eine Auflockerung der Saure-Gurken-Zeit sorgen.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012)
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