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20.-22.05.2005 - Letzte Aktualisierung: 22.05.2005 Bundesliga

Das letzte Heimspiel der Saison - Am Sonntag ist TUSEM Essen zu Gast

Der EHF-Cup-Sieger will mit letztem Aufgebot in Kiel punkten

Update #2 Zebra-Vorberichte ergänzt; KN-Vorbericht ergänzt

Das Team des TUSEM Essen.
Klicken Sie für weitere Infos! Das Team des TUSEM Essen.
Eine lange Saison neigt sich dem Ende entgegen, dem THW Kiel fehlen noch 3 Punkte aus den letzten zwei Saisonspielen. Am Sonntag um 15.00 Uhr haben die Zebras ihren letzten Auftritt im "Wohnzimmer" Ostseehalle, Gegner ist der frischgebackene EHF-Cup-Sieger TUSEM Essen. Auf dem Weg zur elften Deutschen Meisterschaft darf sich der THW keinen Ausrutscher erlauben, denn die SG Flensburg-Handewitt sitzt den Kielern weiterhin im Nacken. Schiedsrichter der Partie sind Bernd und Harald Andler (Remseck/Stuttgart).
Nach einer durchwachsenen Hinrunde, die mit Platz 8 und 18:16 Punkten nicht den gesetzten Ansprüchen einer erneuten Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb entsprach, spielte TUSEM in der Rückrunde wie entfesselt auf: 8 Siege in Serie und nur eine einzige Niederlage bei der SG Wallau/Massenheim hievten das Team bis zum 28. Spieltag auf Platz 5, bei nur drei Punkten Rückstand auf den SC Magdeburg konnte gar noch von der Champions League-Qualifikation geträumt werden. Doch ein katastrophaler Auftritt in Düsseldorf ließ diesen Traum schnell wieder platzen. Die Qualifikation für den EHF-Cup hatte TUSEM dennoch wenig später bereits fest in der Tasche, als Essen im Finale des EHF-Pokals nach einer deutlichen Hinspielniederlage im rein deutschen Duell mit dem SC Magdeburg in Oberhausen doch noch das Unmögliche möglich machte und durch einen 31:22-Sieg (siehe Extrabericht) in letzter Sekunde den Bördeländern den Pokal entriss. Für den finanziell angeschlagenen Traditionsverein bedeutete dieser erste große Triumph seit 11 Jahren nicht nur sportliches Renomee, sondern vor allem auch Hoffnung auf neue Sponsoren.

Seit dem Europapokalsieg läuft es bei TUSEM allerdings sportlich gar nicht mehr rund: Eine große Verletztenmisere sorgte jüngst dafür, dass man zunächst bei den abstiegsbedrohten Mindenern sang- und klanglos unterlag und vier Tage drauf gegen den noch amtierenden Meister Flensburg nach der Pleite gegen den THW im Dezember die erst zweite Heimniederlage der Saison kassierte (siehe auch Kurve Essen und Bundesliga-Tabelle).

Gudjon Valur Sigurdsson ist mit 158 Toren bester Feldtorschütze bei TUSEM.
Gudjon Valur Sigurdsson ist mit 158 Toren bester Feldtorschütze bei TUSEM.
Den Kader von TUSEM Essen haben wir Ihnen bereits im Vorbericht zum Hinspiel ausführlich vorgestellt. Definitiv bis zum Saisonende ausfallen werden der russische Kreisläufer Dimitri Torgowanow (Schulter-OP), dessen letzte aktive Aktion dieser Saison sein Siegtreffer im Europapokalfinale war, sowie Nationalspieler Christian Rose (OP am Meniskus). Entwarnung gibt es im Fall Oliver Roggisch: Der Abwehrspezialist hat sich statt der befürchteten Ellbogenkopf-Splitterung "nur" eine Zerrung beim Spiel gegen Flensburg zugezogen, in der Ostseehalle wird Roggisch allerdings ebenfalls nicht zum Einsatz kommen können. Zumindest der österreichische Nationalspieler Viktor Szilagyi, gegen Flensburg mit 10 Treffern Alleinunterhalter, und Spielmacher Oleg Velyky werden trotz kleinerer Blessuren auflaufen können. Neben dem eingebürgerten Ukrainer, der mittlerweile für die deutsche Nationalmannschaft spielt und in dieser Saison bereits 193/61 Treffer erzielte, ist der isländische Linksaußen Gudjon Valur Sigurdsson mit 158 Feldtoren bester Ligaschütze bei TUSEM.

Oleg Velyky ist aus der deutschen Nationalmannschaft gar nicht mehr wegzudenken.
Oleg Velyky ist aus der deutschen Nationalmannschaft gar nicht mehr wegzudenken.
Essen konnte in der Bundesliga-Geschichte erst zweimal die Ostseehalle als Sieger verlassen, zuletzt am 5. Dezember 2001, als ein glänzend aufgelegter Velyky mit 10 Treffern maßgeblichen Anteil am 33:32-Sieg seines Teams hatte (Spielbericht). Die letzten zwei Heimspiele gewann der THW allerdings mit 34:27 (Spielbericht) und 30:28 (Spielbericht), auch auwärts hatten die Zebras zuletzt die Nase vorn: Im Dezember gewann der THW mit 28:21 vor rund 8000 Zuschauern in der Arena Oberhausen gegen zuvor daheim noch ungeschlagene Essener (Spielbericht). Siehe auch Gegnerdaten TUSEM Essen.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie auch den Vorbericht der Kieler Nachrichten...

Aktualisierung vom 21.05.

Aus den Kieler Nachrichten vom 21.05.2005:

Aus dem Vollen schöpfen

Beim THW sind gegen Essen alle Mann an Bord - Abschied von Boquist, Petersson, Preiß, Pungartnik
Kiel - Nur noch zwei: Der THW Kiel hat bei seiner Jagd auf die Meisterschale das Ziel vor Augen. Morgen um 15 Uhr steigt die Heimpartie gegen TuSEM Essen, am kommenden Sonntag das finale Spiel der Handball-Bundesliga in der Düsseldorfer Philipshalle bei Aufsteiger HSG. Drei Punkte reichen den Zebras zum Titelgewinn.

Gewinnt der THW gegen Essen, und patzt Konkurrent Flensburg gleichzeitig gegen Düsseldorf, könnte die Meistersause schon morgen starten. Daran glauben indes nur Kieler Superoptimisten, denn Flensburg dürfte sich vor eigener Kulisse gegen den Aufsteiger keinen Ausrutscher leisten. Und der THW? In Schwerin und Minden wurde das Nervenkostüm der mitgereisten Fans heftig in Falten gelegt. "Wir haben gezittert", bekennt auch Manager Uwe Schwenker. Für das Team spreche allerdings, dass es sich aus schwierigen Situationen jeweils selbst befreit habe. "Das schafft nur ein kommender Meister."

Die Saison war lang, Kräfte zehrend und ließ dem kleinen THW-Kader nur wenige Verschnaufpausen. Dass Noka Serdarusic ausgerechnet zum Saisonende aus dem Vollen schöpfen kann, ist willkommenes Glück und spricht ebenfalls für das Gelingen des Projekts Meisterschaft 2005. Kiels Trainer will sogar das Comeback von Torhüter Mattias Andersson nicht ausschließen. "Mattias hat einen Riesensprung nach vorn gemacht. Vielleicht klappt es mit Kurzeinsätzen."

Gegner TuSEM pfeift personell auf dem letzten Loch und sehnt nach dem Triumph über Magdeburg im EHF-Pokalfinale das Saisonende herbei. Trainer Juri Schewzow, der künftig Aufbauarbeit bei der SG Kronau-Östringen betreiben will, muss auf Leistungsträger wie Dimitri Torgowanow (Schulteroperation), Christian Rose (Knie-Arthroskopie) und Oliver Roggisch (Ellenborgen-Zerrung) ganz verzichten. Außerdem sind Viktor Szilagyi und Oleg Velyky angeschlagen. Die letzten Niederlagen gegen Flensburg und Minden führte Schewzow auf diesen Aderlass zurück. "Das konnten wir nicht kompensieren."

Erst gewinnen, dann Abschied nehmen vom Ostseehallenpublikum: Martin Boquist, Johan Petersson, Sebastian Preiß und Roman Pungartnik tragen morgen zum letzten Mal das weiße THW-Trikot in die eigene Halle. "Das ist etwas ganz Besonderes" sagt Pungartnik, der zum HSV wechselt. Zeit zum Nachdenken will er sich allerdings erst nach der Saison nehmen. "Jetzt geht es darum, die letzten Spiele zu gewinnen." Martin Boquist hat "nicht soviel überlegt, wann es vorbei sein könnte. Jetzt bin ich aber überrascht, dass es soweit ist." Der Schwede macht ab Juli Station in Kopenhagen und will als Meister gehen. "Wir haben noch 120 Minuten zu spielen. Wir wollen nicht viel darüber reden, sondern guten Handball bieten und erfolgreich sein."

Die Unterstützung der Fans sei in den letzten Auswärtsspielen enorm wichtig gewesen, sagt Johan Petersson. "Schön, dass gegen Essen sogar 10 000 dabei sind, die Ostseehalle werde ich sehr vermissen." Der Schwede kehrt in seine Heimat zurück und will "dort alles in Ruhe verarbeiten". Sebastian Preiß feierte als 20-Jähriger an der Seite von Magnus Wislander seine erste Meisterschaft mit dem THW. "Jetzt schließt sich der Kreis", sagt der Franke, der Stammspieler der Nationalmannschaft geworden ist und den es nach Lemgo zieht. Preiß' feste Absicht: "Ohne Schale gehe ich nicht."

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 21.05.2005)

 

Überlebens-Ängste

EHF-Pokalsieg gibt TuSEM Essen wieder Anlass zur Hoffnung
Sorgenkind TuSEM Essen hat den SC Magdeburg aus allen Träumen vom dritten EHF-Pokalsieg gerissen und die lebensnotwendige Suche nach neuen Sponsoren erheblich erleichtert. Unbeeindruckt von den negativen Schlagzeilen über die wachsende Finanznot und der deutlichen 22:30-Hinspielschlappe (siehe Bericht) sorgte der Revierclub beim 31:22 (16:11) im zweiten Finale (siehe Bericht) für ein kleines Handball-Wunder. Nach wochenlangem zermürbenden Krisenmanagement konnte selbst TuSEM- Allmacht Klaus Schorn wieder lächeln: "Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir haben bewiesen, dass wir ein lebendiger Verein sind."

Mit einer imposanten Aufholjagd verblüffte der Club seine Fans, die Fachwelt und den Gegner. Ausgerechnet Kreisläufer Dimitri Torgowanow, dem in der 3. Spielminute das Schultergelenk herausgesprungen und nur wenig später eingerenkt worden war, versetzte den wankenden Gästen mit seinem Treffer Sekunden vor Schluss den unerwarteten Knockout. Danach glich die mit knapp 6.000 Zuschauern gefüllte Arena Oberhausen einem Tollhaus. Der zum Saisonende scheidende TuSEM-Coach Juri Schewzow, der zukünftig die SG Kronau/Östringen trainieren wird, bekam zum Abschied den "Pott" überreicht und war den Tränen nahe: "Dass ich diesen Traum nach vier Jahren in Essen erleben darf, macht mich stolz und glücklich. Die Mannschaft hat bis zur letzten Minute um ihre kleine Chance gekämpft."

Ebenso hart kämpfen muss die Vereinsführung derzeit bekanntlich noch um das schlichte Überleben des frisch gebackenen Pokalsiegers. Eine kurze Zusammenfassung: Im August letzten Jahres schloss man mit dem Hauptsponsor Weinerplan einen Vertrag, in dem dieser den Essenern eine Summe im siebenstelligen Bereich zusagte - eine Summe, die bis heute nicht gezahlt wurde. Grund dafür scheinen eigene Finanzsorgen des Unternehmens zu sein. "Die Schwierigkeiten waren nicht absehbar, der Vertrag lupenrein. Dieser Vorgang ist für mich völlig unverständlich und auch gar nicht so richtig einzuordnen", sagte ein verbitterter Hans-Dieter Schmitz, sportlicher Leiter der Essener noch vor dem überraschenden Pokalsieg.

Rechtzeitig vor der Lizenzvergabe des Liga-Vorstandes am 25. Mai gibt es beim TuSEM nun aber endlich nicht nur im sportlichen Bereich Grund zur Zuversicht. Obwohl besagter Hauptsponsor auch die letzte Frist zur Zahlung der zugesicherten rund zwei Millionen Euro verstreichen ließ, scheint eine Lösung in Sicht. Noch während die Spieler das Handball-Wunder und den ersten Europacup-Triumph der Essener seit 1994 in der Kabine kräftig begossen, deutete der Manager einen Kompromiss an. Demnach will der zahlungsunfähige Hauptsponsor zwei andere Geldgeber für den TuSEM akquiriert haben. "Das habe ich schriftlich", so Schorn. Nach dem Erfolg über den SCM dürfte der TUSEM nun mehr denn je ein besseres Engagement des ausgerechnet in Oberhausen wohnhaften Geldgebers erwarten.

Während die Liga in ihre entscheidende Phase geht und der Titel zwischen dem THW und Flensburg ausgemacht wird, brauchen sich die Handballer von der Margarethenhöhe durch ihren Pokalsieg wenigstens nicht mehr um ihre Qualifikation für das europäische Geschäft zu sorgen und können so locker in der Ostseehalle auflaufen. "Der THW hat gute Chancen auf den Meistertitel, es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass wir sehr gerne in der Ostseehalle antreten. Es herrscht stets eine tolle Atmosphäre in der Halle, die unsere Mannschaft zu guten Leistungen anspornt", hofft Schmitz darauf, seinen Freunden aus Kiel auch ohne sportlichen Druck das letzte abverlangen zu können. Das letzte Mal in Punkten ausgezahlt hat sich dieser Ansporn für die Essener in der Ostseehalle im Jahre 2001 durch ein knappes 32:33. Erwähnt sei hierbei jedoch, dass die Zebras in dieser Saison dennoch den bislang letzten Deutschen Meistertitel nach Hause holten. Ein Titel, den sicherlich alle Anhänger des THW gerne wieder feiern würden - warum nicht schon heute, zum letzten Heimspiel der Saison...

(living sports, aus dem THW-Hallenmagazin Zebra)

TUSEM-Sportdirektor Hans-Dieter Schmitz im Interview: "Werden alles geben!"

Essens Sportlicher Leiter Schmitz zwischen Hoffen und Bangen
Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Sportlich gesehen lief es bei TuSEM Essen lange Zeit nicht besser, der überraschende Gewinn des EHF-Pokals stellt nach dem verkorksten Final-Hinspiel (22:30) (siehe Bericht) und dem beeindruckenden 31:22-Sieg (siehe Bericht) gegen Magdeburg den größten Erfolg nach dem letzten Europapokalsieg 1994 dar. Finanziell rast der TuSEM-Express hingegen nach dem Ausfall eines seiner Hauptsponsoren geradewegs mit hoher Geschwindigkeit auf eine Mauer zu - mit noch ungewissem Ausgang. Gemeinsam mit Hans-Dieter Schmitz, dem Verantwortlichen für die sportliche Leitung und Spielorganisation der Rot-Weißen, versuchten wir das Essener Kontrastprogramm zu durchleuchten.

Zebra:
Ihre Mannschaft hat sich während der gesamten Saison relativ konstant im oberen Drittel der Liga aufgehalten, ohne jedoch die oberste Spitze tatsächlich gefährden zu können. Wie lautet bis dato ihr Saison-Resume?
Hans-Dieter Schmitz:
Wir sind auf jeden Fall zufrieden. Was unsere beschränkten finanziellen Mittel hergegeben haben, konnten wir, so denke ich, sportlich recht erfolgreich abrufen. Die Platzierung im oberen Drittel, sowie allein das Erreichen des EHF-Pokal-Finales haben uns in der Zusammensetzung unseres Teams doch sehr positiv bestätigt.
Zebra:
Mit Ihrem fünften Tabellenplatz haben Sie auch Ihr Saisonziel, nicht schlechter als in der letzten Saison (siebter Tabellenplatz) abzuschneiden, schon so gut wie erreicht. Wonach strebt die Mannschaft nun in absehbarer Zeit?
Hans-Dieter Schmitz:
Ein realistisches Ziel ist es, sich hinter der Ligaspitze weiter zu etablieren, wozu ich neben Kiel und Flensburg noch Lemgo, Magdeburg und Gummersbach zähle. Mehr als eine Position in der zweiten Startreihe wird in näherer Zukunft vor allem vor dem finanziellen Hintergrund nicht realisierbar sein. Wir haben leider nicht das Geld, um uns fertige Spieler kaufen zu können, sondern müssen auf ausbaufähige, junge Spieler setzen.
Zebra:
Die Bundesliga gilt gemeinhin als die stärkste Liga der Welt. Nun könnte man bei einem Blick auf die Tabelle (Abstand vom Zweiten bis zum Dritten beträgt neun Punkte) an dieser Ansicht Zweifel bekommen. Ist die Spitze noch breit genug oder zeichnet sich ein gegensätzlicher Trend zu wenigen Top-Clubs ab?
Hans-Dieter Schmitz:
Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Bundesliga in der Breite die stärkste Liga der Welt ist. Auch anhand eigener Vergleiche mit in deren Liga etwa gleich platzierten spanischen Clubs macht sich dieser Qualitätsunterschied doch klar bemerkbar. Während es dort nur drei, vier absolute Top-Vereine gibt, muss in der Bundesliga noch wesentlich härter um die Punkte gekämpft werden. Für Barcelona wäre es ja z.B. undenkbar, gegen den Zehnt- oder Elftplazierten zu verlieren, was hier noch jederzeit möglich ist.
Zebra:
Dennoch machen Kiel und Flensburg die Meisterschaft deutlich unter sich aus...
Hans-Dieter Schmitz:
Diese beiden Mannschaften sind in diesem Jahr eindeutig überragend, das kann man nicht anders sagen. Allerdings ist es so, dass allein vom Spielermaterial andere Mannschaften wie beispielsweise Magdeburg durchaus das Zeug dazu haben, auch zwischen diesen Top-Teams mitzumischen - nur hat es rein spielerisch bislang noch nicht so gut geklappt. Auch Lemgo und Gummersbach haben zu häufig geschwächelt, so dass sie die Spitze vielleicht zu früh aus den Augen verloren haben.
Zebra:
Was zeichnet Ihre Mannschaft in dieser Saison besonders aus?
Hans-Dieter Schmitz:
Wir haben unsere Mannschaft ja nicht radikal verändert, so dass wir schon eine recht verschworene Gemeinschaft bilden, wie ich meine. Die Abgänge von unserem Torhüter Jesper Larsson, sowie von Christian Caillat konnten wir anständig kompensieren und unser Neuzugang Casanova hat sich im Rückraum beispielsweise sehr schnell gut eingefunden. Unser Spiel steigt und fällt allerdings vor allem mit unseren wichtigsten Spielern, Oleg Velyky und Dimitri Torgowanow. Velyky schätze ich in etwa so wichtig für uns ein, wie beim THW Lövgren und Ahlm zusammen - was man nach seinem Ausfall im ersten EHF-Finale deutlich gemerkt hat.
Zebra:
Kontrastprogramm zum sportlichen Erfolg bilden bei TUSEM seit einiger Zeit ernste Finanzsorgen. Waren diese Schwierigkeiten absehbar?
Hans-Dieter Schmitz:
Nein, absehbar war dies für uns keinesfalls. Wir haben im letzten Jahr mit einem neuen Hauptsponsor einen einwandfreien Vertrag über eine größere Summe abgeschlossen, die wir bislang noch nicht erhalten haben. Dieser Vorgang ist für mich ehrlich gesagt völlig unverständlich und auch gar nicht so richtig einzuordnen. Wir müssen sehen, dass diese Angelegenheit jetzt auf dem gerichtlichen Wege geklärt wird.
Zebra:
Wie hoch ist dieser Betrag einzuordnen?
Hans-Dieter Schmitz:
Mit genauen Zahlen bin ich zwar nicht vertraut, es handelt sich aber um eine Summe, die sicherlich die Hälfte unseres Saisonetats ausmacht.
Zebra:
Der Verlust von TuSEM Essen würde der Bundesliga einen herben Schlag verpassen. Ist dieses Szenario noch abwendbar?
Hans-Dieter Schmitz:
Ich hoffe natürlich darauf! Wenn Sie im August 2004 einen Vertrag über einen solch hohen Betrag abschließen und das Geld im Mai immer noch nicht da ist - da wird man allerdings schon skeptisch. Da ist man natürlich sehr enttäuscht und auch verbittert. Ich wage zu diesem Thema jedenfalls keine weiteren Prognosen mehr. Auch für die Bundesliga würde dies natürlich einen Rückschlag bedeuten, da der TUSEM immer noch einen gewissen Rang als Traditionsklub belegt, der vielfach die Hallen füllt.
Zebra:
Die finanziellen Probleme haben sich bislang noch nicht negativ auf die Leistung der Mannschaft ausgewirkt. Wie ist dies zu erklären?
Hans-Dieter Schmitz:
Ich glaube, unsere Mannschaft ist charakterlich unglaublich gefestigt. Die Spieler haben ein gutes Verhältnis untereinander und stellen sich völlig in den Dienst der Gemeinschaft. Die Jungs versuchen einfach das Beste aus der Situation zu machen - was sollten wir denn tun, wenn zu allen Problemen auch noch schlechte sportliche Leistungen kämen? Diese Einstellung hilft uns ungemein. Wenn der betreffende Sponsor nicht zahlt, muss eben Ersatz geschaffen werden, und diesen findet man eher mit sportlichen Erfolgen.
Zebra:
TuSEM hat sich mit dem Gewinn des EHF-Pokals bereits einen Europapokalplatz gesichert, der THW steht im Endspurt um die Meisterschaft. Mit welchem Tatendrang fahren Sie nach Kiel?
Hans-Dieter Schmitz:
Der THW wird in diesem Spiel mit Sicherheit Favorit sein - wir machen uns jedoch auch nicht auf den Weg nach Kiel, um zu verlieren. Der THW hat gute Chancen auf den Meistertitel, es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass wir sehr gerne in der Ostseehalle antreten. Es herrscht stets eine tolle Atmosphäre in der Halle, die unsere Mannschaft zu guten Leistungen anspornt. Keiner verliert gerne vor 10.000 Zuschauern. Wir werden alles geben!
(Das Interview führte Thomas Fischer für living sports, aus dem THW-Hallenmagazin Zebra)

 

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