22./23.01.2010 - Letzte Aktualisierung: 23.01.2010 | EM 2010 |
Update #1 | Fotos und KN-Bericht ergänzt ... |
Jubel bei der deutschen Mannschaft nach dem Schlusspfiff. |
Wusste erstmals zu gefallen: Spielmacher Michael Kraus. |
Nach dem Seitenwechsel schien die Partie den selben Gang zu nehmen, Michael Kraus erhöhte in der 33. Spielminute auf 23:19. Dann aber gab es einen Bruch im deutschen Spiel. Mit einigen halbherzigen Versuchen warf man Mattias Andersson warm, der sich anschließend zu einer Galaform aufschwang und sogar einen Gegenstoß von Torsten Jansen entschärfte. In der 40. Spielminute war Schweden wieder bis auf einen Treffer dran und ließ sich nun auch nicht noch einmal abschütteln. Die deutsche Mannschaft traf zwar nun endlich wieder das Tor, wurde aber zunehmend nervöser, zumal Michael Kraus mit Adduktorenproblemen behandelt werden musste und Oliver Roggisch nach seiner dritten Zeitstrafe die rote Karte kassierte. Als Lukas Karlsson in der resultierenden Überzahl den Ausgleichstreffer zum 27:27 markierte, schien das Spiel endgültig zu kippen.
Doch nun wusste auch Silvio Heinevetter, der bei seiner Einwechslung nach 18 Spielminuten bereits einige tolle Paraden zeigte, endlich wieder zu überzeugen und entschärfte mehrere schwedische Würfe. Bei Deutschland übernahm Holger Glandorf in den Schlussminuten die Verantwortung und traf zum 28:27 und zum 30:28. Als Ekdahl du Rietz verkürzte, waren noch über drei Minuten zu spielen, aber in einer zerfahrenen Schlussphase, in der die Schweden noch zwei Tore zum Weiterkommen benötigten, fiel kein Treffer mehr.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 23.01.2010:
Grundsätzlich sei die Qualifikation in die zweite Gruppenphase ein Erfolg, sagte Bundestrainer Heiner Brand nach den 60 aufwühlenden Minuten in der mit 8200 Zuschauern erneut ausverkauften Olympiahalle von Innsbruck. "Nach den zwei schwachen Spielen zuvor aber besonders." Die Spiele der Hauptrunde starten morgen ebenfalls in Innsbruck, Deutschland nimmt zwar nur einen Zähler mit, kann das Halbfinale aber aus eigener Kraft erreichen, weil sich die EM-Favoriten Frankreich und Spanien in der Parallelgruppe mit einem Remis trennten. Dritter deutscher Gegner ist Tschechien, morgen um 16.30 Uhr (ARD) trifft die DHB-Auswahl zuerst auf Frankreich. Wer jetzt vom Halbfinale rede, habe keine Ahnung, sagte Brand und trat noch gestern Abend auf die Euphoriebremse. Seinen Spielern genehmigte er nach dem Kraftakt dennoch "ein, zwei Bier, das haben sich die Jungs verdient."
Zeuge der von hohem Tempo und großem Kampf geprägten Partie war auch Magnus Wislander, der schwedische Welthandballer des Jahrhunderts. Kaum einen Cent wollte der ehemalige THW-Kapitän vor dem Spiel auf seine Landsleute verwetten. Deutschland habe die Spieler mit der besseren Physis, außerdem gingen seine Schweden zu schludrig mit ihren Torchancen um. "Nein", erklärte Wislander mit fester Stimme, "Deutschland wird diese Partie gewinnen." Er sollte Recht behalten, korrigierte aber seine Meinung über das eigene Team. "Da war endlich Geist und Willen zu spüren, ich habe heute eine ganz andere Mannschaft gesehen als in den Spielen zuvor. Respekt."
Es herrschte eine großartige Handballstimmung in der Olympiahalle. Geschätzte 5000 Fans feierten, stärkten dem jungen deutschen Team den Rücken. Brand setzte von Beginn an auf seine bisher enttäuschenden Leistungsträger Michael Kraus und Holger Glandorf. Sein Vertrauen wurde belohnt, die beiden Lemgoer nahmen das Heft im Angriff in die Hand, glänzten mit Übersicht, Torgefahr und führten das Team zu einem mitreißenden Angriffsspiel. Tore fielen im Minutentakt, der Knoten in der Offensive ist geplatzt, Deutschland im dritten Spiel endlich im EM-Turnier angekommen.
Weil aber die Abwehr dem Angriffsschwung nicht folgen konnte, blieben die Schweden stets auf Tuchfühlung. Deren bester Akteur war THW-Linkshänder Kim Andersson, der als Anspieler und Vollstrecker glänzte. In der zweiten Halbzeit erlebten die Fans ein komplett anderes Spiel, jetzt verdienten sich die Abwehrreihen ihren Namen, Silvio Heinevetter im deutschen und Mattias Andersson im schwedischen Tor stopften reaktionsschnell letzte Lücken. Als die Deutschen auch eine zehnminütige Torflaute ohne großen Schaden überstanden hatten, Glandorf wieder traf und Jansen vier Minuten vor dem Ende mit einem "geklauten Ball" zum 29:27 vollendete, war die Vorentscheidung gefallen, die Olympiahalle versank in einem Meer aus "Schwarz-Rot-Gold."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 23.01.2010)
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