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24.01.2011 WM 2011

Kieler Nachrichten: Dinart spielt Handball ohne Ball

Brand mutierte vom Kritiker zum Fan

Die Weltmeisterschaft 2011 findet vom 13. bis 30. Januar in Schweden statt.
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Aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2011:

Jönköping. Seine Mannschaft hatte eine der schlimmsten Demütigungen der jüngeren Vergangenheit erlitten und was machte Heiner Brand? Er plauschte, nur Sekunden nach dem 23:30 gegen Frankreich, mit dem, der maßgeblich dafür verantwortlich war - Didier Dinart, der tags zuvor seinen 34. Geburtstag gefeiert hatte.
Zum Abwehrchef des Weltmeisters hatte der Bundestrainer lange ein gespaltenes Verhältnis. "Ich bin Dinart-Fan geworden", sagte Brand über den dunkelhäutigen Koloss, der die Mittelinie nur noch beim Seitenwechsel überschreitet. "Er hat sich total verändert und macht kaum noch Fouls."

Der 58-Jährige, selbst einer der härtesten Abwehrspieler seiner Zeit, hat noch andere Bilder im Kopf, wenn er über Dinart spricht. Bilder aus dem Jahr 2004, als seine Mannschaft bei der Europameisterschaft in Slowenien in den letzten Minuten eine Drei-Tore-Führung (29:29) verspielte. "Der hat doch noch nie einen Ball in der Hand gehabt, der kann gar kein Handball", hatte Brand damals in Richtung der Schiedsrichter gerufen, von denen er sich grundsätzlich einen anderen Umgang mit dem viermaligen Champions-League-Sieger gewünscht hätte. "In einer 6:0-Deckung gibt es für Trikotzupfen schon eine Zeitstrafe, aber Dinart macht ungestraft alles, was man nicht machen darf."

Seine Mannschaft würde auch hart verteidigen, aber niemals absichtlich schlagen. Die Franzosen schon, Dinart insbesondere. "Ferme ta gueule" hatte Brand ihn seinerzeit angebrüllt. Was, sehr familienfreundlich übersetzt, so viel wie "Halt die Klappe" bedeutet. Sollte diese Deckung Schule machen, so seine Sorge, würde der Handball sich in eine unschöne Richtung entwickeln. Mit einem kleinen Bier in der Hand hatte Brand damals die Journalisten um den Gefallen gebeten, für ihn das Geburtsdatum von Dinart herausfinden. "Ich schenke ihm einen Ball, dann er kann ein bisschen damit spielen." Dinart, das stand für Schmerzen, für Anti-Handball, für Zerstörung. Christian Schwarzer sagte damals über den 104-Kilo-Klotz, der gerne Golf spielt und Gewaltfilme verabscheut, dass er von der ersten Sekunde an kneifen würde: "Er benutzt nur unfaire Mittel."

Heute, sieben Jahre später, adelt Brand den einst Gescholtenen und dessen vor Selbstvertrauen strotzende Nebenleute. "Die Franzosen spielen immer noch hart, aber nicht mehr unfair." Nur ganz selten schlägt der 336-malige Nationalspieler noch zu. So wie in der Vorrunde gegen Spanien, als er den Bruchteil einer Sekunde zu langsam war. Bitter für den sehr kräftigen Raul Entrerrios, der wie eine gefällte Eiche zu Boden stürzte. Dinart, beim spanischen Spitzenclub Ciudad Real angestellt, hob sofort entschuldigend die Hand, tätschelte den Getroffenen und ging vom Feld. Für die wenigen Fouls, die er noch macht, nimmt er seine Strafe gelassen hin.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2011)


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