20./21.01.2011 - Letzte Aktualisierung: 21.01.2011 | WM 2011 |
Update #2 | Spielbericht und KN-Bericht ergänzt ... |
Christian Sprenger machte aus vier Versuchen drei Tore, Dominik Klein kam nach einigen sporadischen Einsätzen in der ersten Hälfte als Sonderbewacher für den starken tunesischen Spielmacher Megannem nach der Pause. Klein nahm Megannem beinahe komplett aus dem Spiel und agierte im Angriff mit Übersicht und Kaltschnäuzigkeit. Vier Tore machte der Kieler Linksaußen in 30 Minuten und glänzte auch als Anspielstation sowie Passgeber.
Nach dem Frankreich-Debakel vom Vortag hatten sich Mannschaft und Trainer noch am Abend ausgesprochen. Ziel: Deutschland wollte sich gegen Tunesien die Chance auf Platz sieben und damit die Möglichkeit zur Olympia-Qualifikation nicht durch ein Vorrunden-Aus nehmen lassen. Und so spielte die deutsche Mannschaft von Beginn an konzentriert. Im Tor sorgte Johannes Bitter mit einigen schönen Paraden für die nötige Sicherheit in der Anfangsphase, im Angriff wurde variabel und beweglich agiert. Die Folge: Nach neun Minuten führten die Deutschen mit 6:3, Preiß hatte sich bis dato schon dreimal in die Torschützenliste eingetragen.
Die Tunesier, die ohne ihren Haupttorschützen Hmam nach Schweden reisen mussten, reagierten auf die deutsche Spielfreude mit einer Abwehrumstellung - Kraus wurde durch die 5-1-Deckung aus dem Spiel genommen, das Angriffsspiel der Brand-Mannschaft geriet merklich ins Stocken. Da auf der Gegenseite nun auch Megannem aufdrehte und das Spiel an sich riss, wurde es wieder eng in Kristianstad: Sechs Minuten blieben die Deutschen ohne Torerfolg, aus der komfortablen Drei-Tore-Führung wurde in dieser Zeit ein Zwei-Tore-Rückstand. Brand nahm eine Auszeit, forderte mehr Bewegung von seinen Mannen. Doch vorerst ohne Erfolg. Erst als Sprenger einen Bitter-Pass zum 9:10-Anschluss verwandelte, schien wieder ein Ruck durch die Brand-Sieben zu gehen. Die Tunesier kamen den Deutschen aber auch entgegen: Megannem brauchte ausgepumpt eine Pause, sein Stellvertreter auf der Spielmacher-Position, Saied, nahm sich verfrühte Würfe, die oftmals an den Pfosten oder die Latte klatschten oder eine sichere Beute von Bitter wurden. Aus diesen Fehlern schlugen die Deutschen endlich einmal konsequent Kapital: Pfahl, der an den Kreis eingelaufene Sprenger, Haaß, Kraus und Gensheimer brauchten sechs Minuten, um aus dem 9:11 eine 14:11-Führung zu machen (27.). Nach Megannems Anschluss verwandelte Kraus kurz vor der Pause einen Siebenmeter zur 15:12-Führung.
Nach dem Wechsel schienen die Tunesier noch einmal ihre letzte Chance auf den Hauptrundeneinzug nutzen zu wollen. Touati und Tej nach einem Fehlpass von Kraus verkürzten auf 14:15 (33.), was Klein vom Kreis mit dem 16:14 konterte. Nach Mrabrets erneutem Verkürzen schienen die Tunesier aber vom plötzlichen Fehlerteufel heimgesucht zu werden. Eine Vielzahl technischer Fehler gegen die nun beweglichere deutsche Abwehr brachte den Afrikameister um jede Chance, da das DHB-Team nun konsequent seine Möglichkeiten nutzte: Hens, Preiß mit einem Heber, Kraus, Klein mit einem per Heber abgeschlossenen Gegenstoß und Glandorf brachten die deutschen Farben mit sechs Toren in Führung (39.). Diese gute Phase gab der Mannschaft um den immer stärker werdenden Klein viel Selbstbewusstsein - die Tunesier schienen nun ihrem schnellen Spiel in der ersten Halbzeit Tribut zollen zu müssen. Megannem kam durch die Sonderbewachung nicht mehr zur Entfaltung, von den Halbpositionen kam nicht mehr viel Druck auf die deutsche Abwehr. Nachdem Klein von Touati mit einem Schlag in die Magengegend am Torferfolg gehindert wurde, verwandelte Kraus den Siebenmeter sicher zum 25:17. Eine Viertelstunde vor dem Ende war der Hauptrunden-Einzug nach nur fünf tunesischen Toren in der zweiten Hälfte nahezu perfekt.
Für Aufregung sorgten noch Gatfi, der den nach vorn eilenden Klein mit einem Griff ins Gesicht stoppte und dafür die Rote Karte erhielt (49.), das Zwei-Meter-Sprungwunder Jallouz mit drei Krachern in der Schlussphase, die im Minutentakt treffenden Deutschen und erneut Klein, der mit einem No-Look-Pass auf den am Kreis wartenden Groetzki zum 36:26-Endstand ein Ausrufezeichen hinter eine gute Leistung der deutschen Mannschaft setzte.
"Man hat heute von der ersten Minute an gespürt, dass das Team den Hauptrundeneinzug wollte", sagte ein im Vergleich zu den Vortagen zufriedener Heiner Brand. "Am Anfang hatten wir ein paar Probleme in der Abwehr, weshalb wir uns nicht frühzeitig absetzen konnten. Dann hat man aber die Spielfreude meiner Mannschaft gesehen. Darüber habe ich mich gefreut, das war nach der gestrigen Leistung gegen Frankreich aber auch nötig. Wir waren vor dem heutigen Spiel angeschlagen, aber meine Mannschaft hat die taktischen Dinge zum Großteil umgesetzt."
In der Hauptrundengruppe I treffen die Deutschen nun auf Island, Norwegen und Ungarn. Zum Auftakt am Sonnabend spielen die Deutschen zuerst gegen die isländische Auswahl um Aron Palmarsson.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 21.01.2011:
Die Erinnerung an die Polen, die bei der WM in Kroatien vor zwei Jahren ebenfalls mit 0:4 Punkten in die Hauptrunde rutschten und noch Bronze gewannen, dient im deutschen Lager nicht als Vorbild. Hier hat Bescheidenheit Einzug gehalten. "Das Halbfinale ist kein Thema", sagte Linkshänder Holger Glandorf, der gegen Tunesien als "man of the match" geehrt wurde. "Es geht darum, noch vier ordentliche Spiele abzuliefern."
Der Frankreich-Schock, das war bis unter die Decke der erneut nur halb gefüllten Kristianstad-Arena zu spüren, hatte die Schützlinge von Heiner Brand kräftig durchgerüttelt. In einer mitternächtlichen Sitzung im Hotel hatten sie sich ausgesprochen, das fehlende Feuer gesucht. Trotzdem begannen sie nervös, lagen nach einer Viertelstunde gar 6:8 zurück. Zu diesem Zeitpunkt wäre auch eine Vier-Tore-Niederlage zu verkraften gewesen, gingen doch alle davon aus, dass Ägypten den WM-Neuling Bahrain schlagen würde. Ein Irrtum. Die Paraden von Johannes Bitter sollten den flatternden Puls seiner Kollegen schließlich so beruhigen, dass sie die Pflichtaufgabe gegen einen schwachen Afrikameister letztlich entspannt lösen konnten.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 21.01.2011)
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