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22./24.01.2011 - Letzte Aktualisierung: 24.01.2011 WM 2011

Deutschland besiegt Island: Beste Turnierleistung

Update #2 Spielbericht und KN-Bericht ergänzt ...

Dominik Klein hielt am Ende den Sieg fest.
Klicken Sie zum Vergrößern! Dominik Klein hielt am Ende den Sieg fest.
Die deutsche Handball-Nationalmannschaft ist mit einem Sieg in die Hauptrunde der Handball-Weltmeisterschaft in Schweden gestartet: Gegen Island zeigte die Mannschaft von Bundestrainer Heiner Brand in Jönköping ihre bisher beste Turnierleistung und gewann verdient mit 27:24 (15:13). Basis des Erfolgs war eine aufopferungsvoll kämpfende Abwehr, die vor allem den isländischen Rückraum zeitweise zur Verzweiflung trieb.
Großen Anteil am Sieg hatten die beiden Kieler Christian Sprenger und Dominik Klein: Sprenger erzielte fünf Treffer und war gemeinsam mit Sebastian Preiß bester Torschütze der deutschen Mannschaft. Klein kam 20 Minuten vor Schluss, rackerte in der Abwehr gegen Stefansson und den überragenden Isländer Petersson (7 Tore) und markierte in der spannenden Schlussphase drei der letzten vier Treffer der DHB-Auswahl. Die kann sich nun wieder berechtigte Hoffnungen auf die Teilnahme an der Olympia-Qualifikation machen, für die sie mindestens Platz sieben erreichen muss.

Aron Palmarsson setzte in der ersten Halbzeit Akzente für die isländische Aufholjagd und erzielte dabei zwei Tore. In der zweiten Hälfte war Palmarsson jedoch gegen die starke deutsche Abwehr chancenlos.

Starker Rückhalt: Silvio Heinevetter parierte 13 Bälle.
Klicken Sie zum Vergrößern! Starker Rückhalt: Silvio Heinevetter parierte 13 Bälle.
Mit Wurfpech startete die deutsche Mannschaft in dieses wichtige erste Spiel der Hauptrunde. Auf der Gegenseite bekam man Kreisläufer Gunnarsson nur schwer in den Griff - die Folge war ein 0:2-Rückstand. Mehr als vier Minuten dauerte es, bis das DHB-Team zum ersten Mal einnetzen konnte: Kraus verwandelte einen Siebenmeter sicher und gab damit das Startsignal für sechs ganz starke Minuten seiner Mannschaft. Auf einmal lief es rund, Heinevetter hielt, die Abwehr ackerte - und vorne wurde konsequent abgeschlossen. Der starke Preiß, Hens mit einem Hammer, nochmal Kraus von der Siebenmeterlinie, Pfahl und Sprenger per Tempogegenstoß: Mit 6:2 führten die Deutschen nach elf Minuten, eine Serie, die Sicherheit gab. Und die die Isländer so verunsicherte, dass sie bereits nach zehn Minuten die erste Auszeit nahmen. Sicherheit gab auch, dass Sprenger mit einem grandiosen Doppelschlag die aufkommenden Isländer auf Distanz hielt. Als Kraus nach 21 Minuten das 13:8 erzielte, schienen die Deutschen auf einem guten Weg. Doch Torhüter Gustavsson und einige Unkonzentriertheiten ließen Island herankommen: Nach Hens' Tor zum 15:11 (27.) traf Deutschland nicht mehr, Stefansson und Sigurdsson brachten dafür den Olympia-Zweiten und letztjährigen EM-Dritten beim 15:13-Halbzeitstand für Deutschland wieder in Schlagdistanz.

Sebastian Preiß zeigte in der Abwehr und im Angriff eine starke Leistung.
Klicken Sie zum Vergrößern! Sebastian Preiß zeigte in der Abwehr und im Angriff eine starke Leistung.
Die zweite Hälfte begannen die Deutschen nervös: Preiß scheiterte zweimal freistehend, und auch Sprenger konnte seinen ersten Wurf nicht an Gustavsson vorbei bringen. Doch auch die Isländer zeigten Nerven und konnten aus der deutschen Schwäche zunächst kein Kapital schlagen. Nach Sprengers 17:14 (36.) robbten sich die bisher stets siegreichen Isländer Tor um Tor heran: Vor allem Petersson war nun kaum zu bändigen, der für die Füchse Berlin spielende Rechtsaußen traf aus allen Lagen. Sigurdsson war es, der beim 17:18 den Anschluss herstellte. Brand reagierte und brachte Klein für Gensheimer und Glandorf für den müde werdenden Pfahl. Ein Schachzug, der sich auszahlen sollte. Nachdem Stefansson per Siebenmeter den 18:18-Ausgleich (42.) erzielt hatte, war es Glandorf, der sein Herz in die Hand nahm und für die anderen Rückraumspieler, die sich gegen die offensive Abwehr der Isländer aufgerieben hatten, in die Bresche sprang: Sein Hammer zum 19:18 und Sprengers Heber zum 20:18 brachten wieder Ruhe ins deutsche Spiel, mit Glück traf Glandorf dann nach torlosen vier Minuten zum 21:19 (47.). Haaß vergab freistehend vor Gustavsson die große Chance, den Vorsprung auf drei Tore auszubauen. Doch anders als gegen Spanien war das nicht der Bruch im Spiel.

Die deutsche Mannschaft kämpfte weiter, Glandorf erzielte das wichtige 22:19, und dann hatte Heinevetter seinen großen Auftritt: In Unterzahl kassierte er zwei freie von den Außen ein, erneut Glandorf erhöhte auf 23:19 (54.). Islands Coach Gudmundsson nahm die Auszeit, die von der deutschen Bank und den mit Adrenalin vollgepumpten Spielern bejubelt wurde. Als Klein vier Minuten vor dem Ende einen Tempogegenstoß sicher verwandelte, war dies der Auftakt für eine rasante Schlussphase mit Toren im Minutentakt. Glandorf traf mit seinem fünften Wurf zum ersten Mal nur den Pfosten, im Gegenzug verwarf Petersson freistehend. Gegen die offene Deckung der Isländer war es Klein, der die Schlusspunkte setzte: Zweimal lief er clever an den Kreis ein, zweimal traf der Kieler Linksaußen.

Spätestens nach dem 27:23 (59.) war nur noch Jubel in der deutschen Mannschaft. Auch Heiner Brand war die Freude ins Gesicht geschrieben. "Das war ein enges Spiel, bei uns hat vieles geklappt", analysierte der Bundestrainer. "Wir haben heute von Anfang an eine sensationelle Einstellung gezeigt, über 60 Minuten konzentriert gespielt, jeder hat für den anderen gekämpft. So kann es weiter gehen."

Am Montag spielt die deutsche Mannschaft in der Hauptrundengruppe I gegen Ungarn. Anwurf in Jönköping ist um 18.30 Uhr. Am Dienstag dann trifft das DHB-Team um 16.15 Uhr auf Norwegen. Beide Spiele werden auch beim Public Viewing in Deutschlands einzigem "Handballbahnhof" live und auf Großbildleinwand gezeigt.

(Christian Robohm)

 

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Gruppe I, 1. Spieltag: 22.01.11, Sa., 18.30: Deutschland - Island: 27:24 (15:13)

Flagge GER Deutschland:
Bitter (n.e.), Heinevetter (1.-60., 13 Paraden); Hens (2), Gensheimer, Roggisch, Klein (3), Pfahl (2), Preiß (5), Heinl, Glandorf (4), Christophersen (n.e.), Kraus (4/2), Sprenger (5), Kaufmann, Haaß (1), Groetzki; Trainer: Brand
Island:
Gustavsson (1.-60., 14 Paraden, H. Gudmundsson; Svarvarsson, Palmarsson (2), Ingimundarson, Hallgrimsson, Atlason (4), Olafsson, Sigurdsson (2), Gudjonsson, Stefansson (4/2), Petersson (7), Jakobsson, Gunnarsson (5), Sveinsson, Kristjansson; Trainer: G. Gundmundsson
Schiedsrichter:
Nikolic / Stojkovic (Serbien)
Zeitstrafen:
Deutschland: 3 (2x Haaß (22., 37.), Klein (52.));
Island: 2 (Hallgrimsson (29.), Jakobsson (34.))
Siebenmeter:
Deutschland: 3/2 (Gustavsson hält Kraus (41.));
Island: 2/2
Spielfilm:
1. Hz.: 0:2 (4.), 6:2 (11.), 6:4 (13.), 9:4 (15.), 10:7 (19.), 12:7 (20), 13:8 (21.), 13:10, 15:11 (27.), 15:13 (29.);
2. Hz.: 16:13, 17:14 (37.), 18:16 (38.), 18:18 (42.), 20:19 (44.), 24:19 (56.), 25:21 (57.), 26:22 (59.), 27:23.
Zuschauer:
7000 (Kinnarps Arena, Jönköping (SWE))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2011:

"Jetzt ist alles möglich"

Mit dem Sieg über Island feiert die deutsche Mannschaft ihre Rückkehr ins Turnier
Jönköping. Nach dem Zusammenstoß mit dem Weltmeister war die deutsche Nationalmannschaft in ihre Einzelteile zerfallen. Doch noch in der Nacht nach der 23:30-Lehrstunde gegen Frankreich setzten sich die Gedemütigten an einen Tisch und beschlossen, es noch einmal miteinander zu versuchen. Nach Tunesien (26:36) musste am Sonnabend auch Island (24:27) erfahren, dass die Deutschen nicht mehr länger das Kaninchen sein wollen.

Ob sie den Gegner unterschätzt hätten? Eine Frage, die Gudjon Valur Sigurdsson herzhaft lachen ließ. "Die ist gut, die merke ich mir." Der Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen war relativ fassungslos, derartiges beantworten zu müssen. "Island unterschätzt die Deutschen - das ist wirklich lustig." Sicher, sie hätten die Ereignisse mitbekommen. Aber Frankreich und Spanien seien zwei der vier weltbesten Teams, so überraschend wären die Niederlagen deshalb nicht.

Der Ruf, den die Mannschaft von Heiner Brand genießt, ist offenbar noch ein guter. Im ersten Spiel der Hauptrunde bewies sie in Jönköping nun, dass ihr Abschied aus der Weltspitze zumindest kein freier Fall ist. "Hätten wir vor dem Spanien-Spiel gewusst, zu was wir fähig sind, hätten wir das gewonnen", sagte Michael Kraus, der die jüngste Kritikwelle größtenteils als ungerecht empfunden hatte. "Das ist mir richtig auf den Zeiger gegangen." Aber: Ein richtiger Rückschlag könne auch positiv sein. "Wir haben kräftig Lehrgeld bezahlt, jetzt ist wieder alles möglich."

Nach einer Viertelstunde lagen die Isländer, mit vier Punkten in die zweite Gruppenphase gestartet, bereits 4:9 zurück. "Wir wollten schnell spielen", sagte Kiels Linksaußen Dominik Klein, der nach einem schönen Zuspiel seines Vereinskollegen Christian Sprenger mit dem 27:23 (59.) für die Entscheidung gesorgt hatte. "Immer wenn Heine den Ball nur um Sekundenbruchteile zu lang festgehalten hat, sprang sofort die ganze Bank auf." Heine - das ist Torhüter Silvio Heinevetter. Bank - darauf saßen die, die in diesem Moment nicht eingesetzt wurden, aber trotzdem mitfieberten. Die zuletzt so leblose Mannschaft hatte offensichtlich eine neue Energiequelle gefunden. Das Island-Spiel, so Sprenger, könnte eine Geburtsstunde gewesen sein. "Wir haben immer an den Sieg geglaubt und uns auch nach dem 18:18 nicht aus der Ruhe bringen lassen."

In der 40. Minute stand die Partie tatsächlich auf der Kippe. Olafur Stefansson ("Sie waren besser, der Sieg einigermaßen verdient") hatte ausgeglichen und die deutschen Fans befürchteten die Wende. Zu logisch schien sie, waren Kraus und Co zuletzt doch zu labil gewesen. Aber ausgerechnet Holger Glandorf, der nun eingewechselt wurde, beendete mit vier herrlichen Toren das Wanken. "Wir hatten uns vorgenommen, mit Spaß und Mut zu spielen. Weniger verbissen zu sein." Wie das Verbissene sich über Nacht abstreifen lässt, das verriet er nicht.

Brand lobte den schlaksigen Linkshänder. Er hätte gemacht, was er bisher nicht gemacht hätte. Den Sieg wollte der Bundestrainer trotz großer Zufriedenheit nicht überbewertet wissen. "Wir haben in diesem Spiel wahrscheinlich unsere Grenze erreicht. Aber es ist gut, das einmal geschafft zu haben." Ob seine Mannschaft in der Lage sei, diese Leistung zu wiederholen, werde die Zukunft zeigen. Die beginnt heute um 18.15 Uhr, Gegner ist Ungarn.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2011)


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