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07.03.2009 Bundesliga

Kieler-Nachrichten-Apfiff: Gefühlte Temperatur: Noch nicht abgekühlt?

Von KN-Redakteur Gerhard Müller

Aus den Kieler Nachrichten vom 07.03.2009:

Es war einmal in Mode, in Wetterberichten regelmäßig von "gefühlter Temperatur" zu reden. Diese zeitgeistige Erscheinung ist vergangen, wenn auch nicht vergessen. So ähnlich wird es nach aktuellem Stand der Dinge auch der seltsamen Geschichte um den angeblichen Bestechungsskandal rund um den THW Kiel ergehen.
Schuld daran sind alle Beteiligten, in erster Linie jene Herrschaften, die im Präsidium und Aufsichtsrat der Handball-Bundesliga (HBL) sitzen. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann bestätigte gestern gegenüber dieser Zeitung, dass er für "maximale Transparenz" votiert habe, um damit zu verhindern, dass etwas hängen bleibe, doch die entscheidenden Gremien hätten anders entschieden. Die gefühlte Wahrnehmung zu Beginn der Woche hat sich damit bestätigt. In diesem wahrlich nicht unspektakulären Fall wird nicht mit offenen Karten gespielt und dies ausgerechnet von denjenigen, die sie in der Hand halten.

Hinzu kommen unverantwortliche Äußerungen wie von HBL-Aufsichtsratschef Manfred Werner ("Ich wünsche mir, dass diese Sache jetzt ein Ende hat, aber wer weiß, vielleicht kocht da irgendwann doch noch etwas hoch"), das - rein formelle Interesse der Kieler Staatsanwaltschaft sowie die defensive Öffentlichkeitsarbeit des THW. Die Saat der unangemessen wirkenden Zurückhaltung ging am Mittwochabend beispielsweise beim Jahresempfang im Kieler Rathaus auf. Auf dem Nährboden der Vermutungen gediehen bei Sportlern und Politikern Zweifel, ob die Weste des deutschen Rekordmeisters wirklich so weiß ist die Farbe zwischen seinen schwarzen Zebrastreifen. Uwe Schwenkers sarkastischer Fingerzeig ("Das haben wir wirklich prima hingekriegt") auf die "Leute, die dem Handball mit unbedachten Vorwürfen so etwas antun", in allen Ehren - doch auch die sparsame Informationspolitik des THW-Managers und seiner Gesellschafter hat verhindert, die vorhandene Skepsis der Bürger restlos auszuräumen. Es nutzt nichts, am Ende einer Pressemitteilung zu verkünden, man behalte sich rechtliche Schritte vor. Der THW hätte sie gehen sollen, auch wenn Verleumdungsklagen bei Juristen den Ruf genießen, nur zeitlich, aber nicht inhaltlich ergiebig zu sein.

Für die Öffentlichkeit jedoch wäre ein solches Vorgehen ein wichtiges Signal gewesen. Aber vielleicht ist es ja auch nur aufgeschoben, bis der Verursacher der Bestechungsvorwürfe enttarnt ist. Die HBL soll den Brandstifter kennen, doch sie spielt nicht Feuerwehr. Das lässt den Schluss zu, dass der Löschtrupp im Dachverband des deutschen Handballs aus zu vielen Amateuren besteht. Wer Anschuldigungen, bevor sie intern diskutiert sind, öffentlich macht und dann glaubt, Hintergründe und Hintermänner vertuschen zu müssen, hat den Nachweis seiner Unfähigkeit erbracht. Doch wenn sogar der Chef des Aufsichtsrats das Feuer weiter schürt, ist mit Konsequenzen nicht zu rechnen. Auch deshalb ist am Ende einer turbulenten Woche der Imageschaden für den Handball groß. Fazit: Viel heiße Luft und die gefühlte Temperatur besagt: völlig abgekühlt hat sie sich noch nicht.

(Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 07.03.2009)


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