26.01.2010 | EM 2010 |
Trotz der verloren gegangenen Medaillenchancen war Brand sehr gut gelaunt, nahm sich bei der Pressekonferenz im Team-Hotel "Grauer Bär" einen Kaffee im Vorbeigehen, schlug die Beine übereinander und begann entspannt zu dozieren. Er habe immer gesagt, dass mit dieser jungen Mannschaft eine Teilnahme an den Halbfinals unrealistisch sei, sagte der 57-Jährige. "Sie ist mit ganzem Herzen dabei und gibt alles. Deswegen bin ich auch nicht verärgert. Auch die so genannte goldene Generation, die EM- und WM-Titel gewonnen hat, musste sich erst finden. Die Erfolge stellten sich später ein."
An der Diskussion über Schiedsrichter wollte Brand sich nicht beteiligen. "Da bin ich in der falschen Position, vielleicht äußere ich mich zu passender Zeit." Das rumänische Gespann Din/Dinu war, gelinde ausgedrückt, gut für Frankreich. Warum die Europäische Handball-Föderation (EHF) den Deutschen dieses Paar zumutete, bleibt ihr Geheimnis. Din/Dinu hatten die DHB-Auswahl vor Jahresfrist im entscheidenden WM-Spiel gegen Dänemark aus dem Turnier gepfiffen. "Von denen träume ich noch ein ganzes Jahr", schimpfte damals ein wütender Torhüter Johannes Bitter. Am Sonntag fiel er aus allen Wolken. "So eine Ansetzung darf nicht sein. Das ist ja unglaublich."
Brand sprach lieber über Handball. Als EM-Gewinner nannte der Bundestrainer den Göppinger Mittelmann Michael Haaß. "Er hat sich in Abwehr und Angriff in den Vordergrund und in die Stammmannschaft gespielt." Ein Turnier-Verlierer war zweifellos Michael Kraus. Daniel Stephan, ehemaliger Sportchef des 26-jährigen Rückraumspielers vom TBV Lemgo, sieht den ehemaligen "Bravo-Boy" gar "am Scheideweg. Michael ist nach der WM 2007 unnötig hochgejubelt worden. Er hat alles, um ein großer Spieler zu sein, aber er macht zu wenig daraus." Die Fähigkeiten, eine Mannschaft zu führen, spricht Stephan Kraus ab. Das könne dieser nicht, "Michael muss seine wirkliche Rolle bald finden."
Der so Gescholtene hatte die aktuelle EM in einer anderen Ecke des Raumes bereits zu den Akten gelegt. Man werde im nächsten Jahr wieder angreifen, diktierte er Journalisten. Konfrontiert mit diesem Satz setzte Brand eine Miene nach süßsaurer Art auf. "Der sollte mal gegen Spanien angreifen", sagte der Bundestrainer und blickte vieldeutig in Richtung Kraus.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2010)
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