THW-Logo
21./22.11.2010 - Letzte Aktualisierung: 22.11.2010 Champions League

Champions League: Zebras ringen die Löwen nieder

CL, Gruppe A, 6. Spieltag: 21.11.2010, So., 17.15: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen: 30:27 (17:9)
Update #2 KN-Bericht, weitere Stimmen, Spielbericht und Fotos ergänzt ...

Jerome Fernandez vertrat erneut Christian Zeitz und erzielte vier Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Jerome Fernandez vertrat erneut Christian Zeitz und erzielte vier Tore.
Der THW Kiel hat die Tabellenführung in der Champions-League-Gruppe A verteidigt: Am Sonntagabend gewannen die Kieler nach einer furiosen ersten Halbzeit am Ende knapp mit 30:27 (17:9) gegen die Rhein-Neckar Löwen. Nach einer zeitweiligen Neun-Tore-Führung ließen die Zebras die Gäste in den Schlussminuten noch einmal heran kommen. Der mit 9/2 Toren erneut überragende Filip Jicha machte gemeinsam mit Momir Ilic kurz vor Schluss alles klar.
Was mit einem Feuerwerk beim Einlaufen der Zebras begann, sollte sich später zu einem etwas stockenden Abend entwickeln. Dsa Spiel hatte noch gar nicht begonnen, da war es schon unterbrochen, weil der Zeitnehmertisch mit Uhr und Hallenanzeige nicht zurecht kam. Dann entwickelte das schwache schwedische Schiedsrichtergespann Rickard Cambro / Mikael Claesson einen ausgeprägten Hang zu Diskussionen mit den Spielern und zum Wischen, ehe später der THW nach furiosen, aber kraftraubenden 50 Minuten durch technische Fehler die Gäste noch einmal ins Spiel brachte. Doch am Ende war es wie so oft, wenn es gegen die Löwen ging: Die Zebras feierten mit ihren 10.250 Fans einen wichtigen Sieg.

Hielt zwei Siebenmeter in Halbzeit eins: Thierry Omeyer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Hielt zwei Siebenmeter in Halbzeit eins: Thierry Omeyer.
Dabei hatte Alfred Gislason erneut auf die Hilfe von Christian Zeitz verzichten müssen, Jerome Fernandez rückte dafür in die Startformation. Auf Linksaußen durfte dieses Mal Henrik Lundström von Beginn an ran, im Angriff setzte Gislason zudem auf die Variante mit Jicha auf Halblinks und Aron Palmarsson auf der Mitte. Und der junge Isländer war es auch, der in der Defensive gegen den alten Fuchs Olafur Stefansson und in der Offensive Akzente setzte. Mit 120 Kilometern pro Stunde drosch er das Spielgerät am verdutzten Welthandballer Szmal vorbei zum 2:1 in die Maschen (3.), wenig später erzielte er auch das 4:2 durch die Beine von Szmal. Und auch als Anspieler glänzte Palmarsson: Sein Doppelpass mit dem Gegner landete schließlich beim bärenstarken Marcus Ahlm, der die Zebras beim 6:2 (8.) erstmals mit vier Toren in Führung brachte. Die Halle hatte da schon längst Betriebstemperatur, die sich auch durch die grandiosen Paraden von Omeyer zur Hitze steigerte: Erst parierte Kiels Keeper einen Tempogegenstoß von Uwe Gensheimer, dann kaufte er dem jungen Nationallinksaußen auch noch einen Siebenmeter ab. Die Steilvorlagen nutzten seine Vorderleute: Jicha legte mit einem Aufsetzer nach.

Die Gäste waren bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht in der Partie. Sie mühten sich, doch Zählbares entsprang beinahe nur dem Zusammenspiel von Börge Lund und Kreisläufer Bjarte Myrhol: Die Löwen verkürzten auf 5:8 (14.). Doch nun kam der THW-Express richtig ins Rollen: Omeyer machte hinter einer enorm arbeitenden Abwehr dicht, vorne setzte sich Fernandez in Unterzahl vom Kreis durch, Jicha erzielte das 10:5, Fernandez netzte nach Schneller Mitte, Jicha verwandelte einen Siebenmeter gegen den inzwischen ins Tor gekommenen Henning Fritz, und Christian Sprenger nutzte eine kurze Traum-Phase der Löwen-Abwehr eiskalt mit dem 13:6 aus (20.) - den Mannheimern schien ein erneutes Debakel zu drohen. Groetzki brachte seine Farben jedoch mit einem Doppelschlag heran, und Fritz zeichnete sich einige Male aus, doch als Ahlm mit dem 14:8 die sechsminütige Kieler Torflaute beendete, setzten die Zebras noch einmal richtig zum Sprung an. Von 14:9 (26.) zogen sie bis zum Pausentee noch durch Treffer von Jicha, Ahlm per Tempogegenstoß nach eigenem Steal und Sprengers Heber auf 17:9 davon. Das riss die Fans von den Sitzen: Mit stehenden Ovationen verabschiedeten sie die Schwarz-Weißen in die Kabine.

Börge Lund führte die Löwen wieder heran.
Klicken Sie zum Vergrößern! Börge Lund führte die Löwen wieder heran.
Die Pause schien den Löwen zunächst gut getan zu haben. Fritz konnte einen Sprenger-Wurf festhalten, und im Angriff sorgten Gensheimer per Strafwurf und Lund für die 17:11-Ergebniskosmetik - diese konterten die Kieler in ihrer unnach"ahlm"lichen Art: Der Kreisläufer tankte sich zum 18:11 durch und markierte wenig später auch das 19:11. Als Jicha seinen Tempogegenstoß zum 20:11 (36.) verwandelte, schien die Messe entgültig gelesen. Zwei schnelle Tore von Myrhol ließen die Hoffnungen auf der Löwen-Bank steigen - zumindest ein Debakel wollten die Mannheimer nun verhindern. Dabei halfen ihnen nun auch die Zebras, bei denen munter durchgewechselt wurde. Da spielte Palmarsson auch schon mal auf Rechtsaußen, Jicha ging auf die halbrechte Position, einen Angriff lang durfte Ahlm den Regisseur auf der Mitte geben, dann wieder bekam er Unterstützung von Milutin Dragicevic am Kreis. Doch leider schlichen sich dabei auch Fehler in das bis dato so sichere Offensivspiel der Zebras ein: Lund und Stefansson verkürzten in Unterzahl, und als Myrhol ohne Gegenwehr zum 16:21 aus Sicht der Löwen einschießen durfte, kam kurzfristig Unruhe auf. Diese zerstreute Ilic wenig später mit einem Doppelschlag, doch selbst das 23:16 (43.) war noch nicht die entgültige Entscheidung. Löwen-Coach Gudmundsson beorderte Szmal für Fritz in den Kasten, und dann wurde es übersichtlich: Innerhalb von wenigen Sekunden schickte die schwedischen Unparteiischen Oliver Roggisch, Daniel Kubes und Momir Ilic auf die Bank (49.), der Schaden durch die numerische Unterzahl hielt sich allerdings in Grenzen: Gensheimer und Ahlm trafen, mit 26:19 ging es in die letzten zehn Minuten.

Erneut in überragender Form: Filip Jicha.
Klicken Sie zum Vergrößern! Erneut in überragender Form: Filip Jicha.
Und die hatten es in sich: Sie begannen mit einem Fehler-Festival der Kieler im Angriff - zweimal Myrhol und Gensheimer verkürzten innerhalb weniger Sekunden auf 22:26 (53.), nach Fernandez' Tor zum 27:22 (53.) machten Tkaczyk und Groetzki mit einem Tempogegenstoß sechs Minuten vor dem Ende beim Stand von 27:24 für den THW die Sache wieder spannend. Die Kieler schienen erneut ihrem kfratraubenden Spiel Tribut zollen zu müssen, doch anders als unter der Woche in Hamburg stemmten sie sich mit aller Macht den nun wild anstürmenden Gästen entgegen. Fünf Minuten vor dem Ende schickte Gislason Andreas Palicka ins Tor: Der junge Schwede dankte seinem Trainer für dessen Vertrauen mit zwei starken Paraden gegen Tkaczyk und Gensheimer, dennoch blieben die Löwen nun vor allem durch ihre Außen und den starken Börge Lund dran: Dieser düpierte die Kieler Abwehr in der Schlussminute per Kempatrick zum 27:29 aus Mannheimer Sicht, doch Jicha machte mit seinem insgesamt neunten Tor 20 Sekunden vor dem Schlusspfiff alles klar.

Doch das 30:27 gegen die Rhein-Neckar Löwen dürften die Zebras nicht lange gefeiert haben. Erholung für die müden Beine war nach dem eindrucksvollen Triumph angesagt, denn bereits am Mittwoch stellt sich mit dem SC Magdeburg ein unangenehmer Gegner in der Sparkassen-Arena vor. Die Terminhatz hat dann nur zwei Tage später einen weiteren Höhepunkt erreicht, wenn der THW in Mannheimer das Rückspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen bestreiten muss. Es ist wieder Zebra-Zeit!

Im zweiten Spiel der Gruppe A verlor KS Vive Kielce gegen den FC Barcelona mit 26:33 (11:18). Chambery Savoie schlug RG Celje mit 30:24 (13:11).

(Christian Robohm)

Lesen Sie auch


Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
In der ersten Halbzeit haben wir überragend gespielt, da passte bei uns fast alles. In der Abwehr standen wir sehr gut, Titi hatte gut gehalten, und vorne haben wir sehr diszipliniert gespielt. Bei so einer klaren Pausenführung hat man immer ein bisschen Angst, dass die Konzentration dann nachlässt. Dies war aber nicht der Fall, allerdings haben die Löwen dann gezeigt, was sie können. Von der rechten Seite kam nicht mehr so viel Druck, zudem haben wir sieben technische Fehler gemacht - das ist ungewöhnlich viel. Auch war die Abwehr nicht mehr ganz so konsequent, wodurch wir einige leichte Tore kassierten. Aber insgesamt möchte ich ein Riesenkompliment an meine Mannschaft aussprechen. Wir haben ein gutes Spiel abgeliefert und verdient gewonnen.

Zu Christian Zeitz:
Ich habe mich zwei Stunden vor dem Spiel dagegen entschieden, Christian heute einzusetzen. Wir wollten nichts riskieren. Er hatte es gestern im Abschlusstraining versucht, aber nur ganz kurz. Am Mittwoch gegen Magdeburg wird er sicherlich auch noch nicht wieder spielen.

Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson:
Wir haben schlecht angefangen, die gesamte erste Halbzeit sowohl nach vorne als auch hinten schlecht gespielt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann eine ganz andere Mannschaft gesehen. Wir haben viel aggressiver gespielt. Es war die ganze Zeit über eine Aufholjagd, aber das 18:13 reichte nicht. Dennoch bin ich stolz auf die Jungs. Die erste Halbzeit war zu schwach, deswegen haben wir verloren.
THW-Torjäger Filip Jicha:
Wir haben in kurzer Zeit zwei sehr ähnliche Spiele gezeigt. In Hamburg hatten wir 50 Minuten lang sehr guten Handball gespielt. Heute war es ähnlich, am Ende hatten wir wieder ein bisschen den Kopf verloren. Ich kann es nicht erklären, warum wir so viele Fehler gemacht haben und eine starke Mannschaft wie die Löwen wieder ins Spiel kommen ließen. Dies haben wir vorhin in der Kabine bereits angesprochen und werden versuchen, dies in den kommenden Tagen und Wochen zu verbessern.

Wir haben aber heute ohne Linkshänder im Rückraum gewonnen und können daher zufrieden sein.

Löwen-Spielmacher Börge Lund:
Die ersten 30 Minuten haben wir uns von unserer schlechtesten Seite gezeigt. Danach aber haben wir Charakter gezeigt und gekämpft bis zur letzten Sekunde. Wir haben gezeigt, wie wir spielen können.

Es ist schön, wieder in Kiel zu sein. Ich hatte hier drei schöne Jahre, aber habe jetzt ein neues Kapitel angefangen.

THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Das war ein schweres Stück Arbeit. Die Halbzeiten hätten unterschiedlicher nicht sein können. Wir sind trotz des Sieges nicht zufrieden, weil wir zu viele Fehler gemacht haben und nun wieder reichlich Material haben, das wir analysieren können. Gegen Magdeburg erwartet uns ein schwerer Gegner. Trainer Frank Carstens hat eine super Mannschaft zusammen und motiviert die Jungs gut.
THW-Abwehrass Daniel Kubes gegenüber den KN:
Wir haben in der zweiten Halbzeit 18 Tore bekommen, das ist zu viel. Sicher, die Löwen haben eine starke Mannschaft. Aber für den THW darf eine solche Schwächephase nicht normal werden. Es ist am Ende ähnlich gelaufen wie in Hamburg, wir müssen cooler werden. An den Schiedsrichtern hat mir gefallen, dass sie viel mit uns gesprochen haben.
Löwen-Außen Patrick Groetzki gegenüber den KN:
Wir haben die erste Halbzeit verpennt. Ob wir zu viel Respekt hatten? Das glaube ich nicht. Kiel hat in der Deckung gut gestanden, Omeyer toll gehalten, und wir waren nicht in der Lage, Bielecki in Position zu bringen. Wenn wir es schaffen, unsere Leistung nach der Pause über 60 Minuten zu bringen, können wir am Freitag gegen den THW Kiel gewinnen.
Löwen-Linksaußen "Goggi" Sigurdsson gegenüber den KN:
In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir in der Lage sind, eine Mannschaft wie Kiel zu schlagen. In der ersten Halbzeit haben wir in Kiel immer Probleme, das ist sehr schade.

 


Champions League, Gruppe A, 6. Spieltag: 22.11.10, So., 17.15: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen (GER): 30:27 (17:9)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-55., 13 Paraden), Palicka (55.-60., 2 Paraden); Lundström, Dragicevic, Sprenger (3), Ahlm (7), Kubes, Reichmann (n.e.), Palmarsson (3), Ilic (4/3), Klein, Jicha (9/2), Fernandez (4); Trainer: Gislason
Logo Rhein-Neckar Löwen (GER Flagge GER):
Szmal (1.-18., 45.-60., 6 Paraden), Fritz (18.-45., 8 Paraden); Schmid, Gensheimer (7/3), Roggisch, Sesum, Tkaczyk (1), Bielecki (1), Lund (4), Gunnarsson, Stefansson (3), Russ (n.e.), Myrhol (7), Groetzki (4); Trainer: Gudmundsson
Schiedsrichter:
Rickard Cambro / Mikael Claesson (SWE)
Zeitstrafen:
THW: 5 (2x Kubes (14., 49.), 2x Sprenger (35., 45.), Ilic (49.));
RNL: 4 (2x Gensheimer (20., 38.), Tkaczyk (33.), Roggisch (48.))
Siebenmeter:
THW: 6/5 (Jicha wirft gegen Fritz an den Pfosten (34.));
RNL: 5/3 (Omeyer hält Gensheimer (8.) und Stefansson (16.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 3:1 (5.), 3:2, 7:2 (10.), 7:4 (13.), 8:5, 10:5 (17.), 10:6, 13:6 (20.), 13:8 (25.), 14:9 (26.), 17:9;
2. Hz.: 17:11 (33.), 20:11 (36.), 21:13 (38.), 21:16 (40.), 23:16 (43.), 25:17 (45.), 26:19 (51.), 26:22 (53.), 27:24 (54.), 28:25 (55.), 29:26 (58.), 30:27 (60.).
Zuschauer:
10.250 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

 

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Der HSV Hamburg machte am Sonnabend den Königsklassen-Auftakt an diesem Wochenende. In der Gruppe B hatten die Hansestädter beim 35:23 (17:11) gegen Tatran Presov (SVK) keine Probleme.

Am Sonntag bezwang die SG Flensburg-Handewitt in der Gruppe D RK Zagreb aus Kroatien mit 32:29 (19:15).

Aber nicht nur auf die Königsklasse richten sich in diesen Tagen die Blicke der handballbegeisterten Deutschen: Auch im Pokal der Pokalsieger und im EHF-Pokal gehen die deutschen Mannschaften jetzt an den Start. Am Sonnabend gewann der TV Großwallstadt das EHF-Pokal-Hinspiel gegen den isländischen Top-Club Haukar Hafnarfjördur nur denkbar knapp mit 26:24 (12:13) und verpasste damit eine bessere Ausgangssituation für das. Rückspiel am kommenden Sonnabend auf Island. Der TBV Lemgo siegte am Sonntag gegen die Holländer aus Volendam mit 45:29 (23:16), am darauf folgenden Sonntag geht es für die Lipperländer zum Rückspiel in die Niederlande. Die Schweden von Alingsas HK verloren am Sonntag gegen Frisch Auf Göppingen mit 25:33 (9:16), am 28. November steigt das Rückspiel dann in Süddeutschland.

In den Wettbewerb der Pokalsieger greift der VfL Gummersbach erst am nächsten Wochenende ein: Gegen die Kosovaren von KH Besa Famiglia wird zweimal auf deutschem Boden gespielt. Das Hinspiel findet am 27. November in Kierpse statt, das Rückspiel einen Tag später in der Eugen-Haas-Halle in Gummersbach.

 

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.11.2010:

Der "Zehn-Minuten-Fluch"

THW Kiel hadert beim 30:27-Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen mit einem Einbruch in der zweiten Halbzeit
Kiel. Verkehrte Welt: Nach dem 30:27 (17:9)-Sieg des THW Kiel gegen die Rhein-Neckar Löwen freuten sich gestern Abend nur die Verlierer. Während die Gastgeber, nun mit 9:1 Punkten klarer Tabellenführer in der Champions-League-Gruppe A, mit dem "Zehn-Minuten- Fluch" haderten, trösteten sich die Löwen damit, nach einer katastrophalen ersten Halbzeit in der ausverkauften Arena doch noch Zähne gezeigt zu haben.

"Das ist kein Zufall", meinte Filip Jicha, mit neun Toren bester Werfer der Kieler. "Wir müssen lernen, diesen Zehn-Minuten-Fluch zu besiegen." Das fünfte Vorrundenspiel in der Königsklasse sei ähnlich verlaufen wie der Bundesliga-Gipfel am Dienstag in Hamburg (25:26), meinte der Tscheche. "Beim HSV hat es bitter geendet, diesmal konnten wir uns noch retten." Entsprechend gedrückt war die Stimmung der Sieger, die zur Halbzeit noch allen Grund zur Freude gehabt hatten. Mit einer bärenstarken Vorstellung hatte der Titelverteidiger einen Acht-Tore-Vorsprung zementiert (17:9). Die Abwehr aus Granit, Thierry Omeyer mit einem Sahnetag - stimmen beim THW diese Koordinaten, gibt es keine Mannschaft auf dem Globus, die diesen Riegel knacken kann. Auch die Badener nicht, obwohl sie in der Gruppenphase bereits in Barcelona und Celje gewonnen hatten. Nach 30 Minuten hatten Olafur Stefansson und Co drei Tore aus dem Rückraum geworfen - eine erschütternde Zahl für diese erlesen besetzte Weltauswahl.

Völlig aus dem Bild fiel Karol Bielecki, der von dem Kieler Publikum einen sehr warmen Empfang bekommen hatte. Dass er, erblindet auf einem Auge, weiterhin Weltklasse-Leistungen abliefert, nötigt allen Respekt ab. Gestern fand der Pole aber überhaupt nicht ins Spiel, warf nur ein Tor, blieb nach dem Seitenwechsel gar ganz auf der Bank sitzen. Wie zuletzt bei der 31:32-Niederlage in Flensburg suchte auch Welthandballer Slawomir Szmal vergeblich die Eingangstür. Gut für die Mannheimer, dass diesmal Henning Fritz nach seinem auskurierten Muskelfaserriss als Alternative zur Verfügung stand.

Nach KN-Informationen hält sich beim Bundesliga-Vierten die Zufriedenheit mit dem Torhüterduo in Grenzen. Angeblich soll noch in der laufenden Saison Mirko Alilovic verpflichtet werden. Der Kroate wechselte im Sommer aus dem spanischen Leon ins slowenische Celje, um bei Noka Serdarusic in die Schule gehen zu dürfen. Doch der Lehrmeister ist inzwischen abgereist und Celje in der Champions League weit vom Achtelfinale entfernt. Gegen Kiel zeigte aber zumindest Fritz, dass er nichts verlernt hat. Mit gewohnt sparsamen Bewegungen, aber starken Reflexen, bewahrte er nach seiner Einwechslung in der 18. Minute die Löwen vor einem Desaster.

"Er hat sehr gut gehalten", lobte Jerome Fernandez, der in der Schlussphase mit wichtigen Treffern dafür sorgte, dass der zwischenzeitliche Neun-Tore-Vorsprung nicht gänzlich wie Butter in der Sonne schmolz. Fernandez, der nach Monaten der Trennung seit drei Tagen mit der Familie ein Appartement in Melsdorf bewohnt, traf in Unterzahl mit einem beherzten Hammer zum 26:19 (49.) und später zum 27:22 (52.). "Ich merke, dass ich mich in der Mannschaft immer besser zurechtfinde", sagt der Franzose. Als Ersatz für den verletzten Kim Andersson verpflichtet, hofft er trotzdem darauf, im Verlauf der Saison noch einmal auf der Position spielen zu dürfen, die dem Rechtshänder besser liegt - im linken Rückraum.

Im Bundesliga-Heimspiel gegen Magdeburg wird Fernandez erneut auf der ungewohnten Seite aushelfen müssen, weil Christian Zeitz nach seinem Außenbandriss noch immer nicht einsatzfähig sein wird. Im Abschlusstraining am Sonnabend wurde deutlich, dass die Schmerzen im linken Knöchel einen Einsatz des 166-fachen Nationalspielers wohl erst am Freitag ermöglichen werden. Dann, wenn die Kieler zum Champions-League-Rückspiel in Mannheim antreten (19.15 Uhr). "Weil wir nur vier Rückraumspieler haben, ist es für uns schwer, 60 Minuten auf höchstem Niveau zu spielen", sagte Fernandez in gutem Deutsch. "Aber gegen Magdeburg wird es uns helfen, dass wir zu Hause spielen können."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.11.2010)


(21./22.11.2010) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite