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Seine sieben Tore reichten nicht zum Sieg: Filip Jicha war bester Torschütze
der Zebras.
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Es hat nicht gereicht: Im Finale des "
IHF Super Globe"
unterlag der THW Kiel seinem europäischen Dauerrivalen Atletico Madrid mit 23:28 (13:13) und kassierte
damit die erste Pflichtspielniederlage nach 328 Tagen oder rund elf Monaten. Zuletzt hatte am 9. Oktober 2011
Montpellier HB das Gefühl eines Sieges gegen die Zebras genießen können. "Das müssen andere
entscheiden, ob das ein Pflichtspiel
war oder nicht", meinten
Alfred Gislason und
Dominik Klein unisono. In einem Spiel,
das beide Mannschaften lange Zeit auf Augenhöhe sah, fiel die Entscheidung eine Viertelstunde
vor dem Ende: Während die Kieler nach dem 19:20-Anschluss im Angriff neun Minuten lang jede
Chance liegen ließen, nutzte Atletico Madrid die Gunst der Stunde, um vorentscheidend
auf 26:19 davon zu ziehen.
Damit revanchierten sich die Madrilenen für die
25:28-Vorjahresniederlage
und für das
21:26 im Finale der "VELUX EHF Champions League".
Bester Torschütze für die Kieler war
Filip Jicha mit 7/2 Toren.
Mariusz Jurkiewicz traf fünfmal für die Spanier,die den Titel dem
Vater ihres Rückraumspielers Kiril Lazarow widmeten,
der in der Nacht zum Sonnabend überraschend gestorben war,
Lazarow lief trotz der tragischen Nachricht auf und
erzielte vier Tore in der Neuauflage des Vorjahresfinales.
Nur dreimal in Führung
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45 Minuten lang war das Super-Globe-Finale ein Kampf auf Augenhöhe.
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Eine schwache zweite Halbzeit mit nur acht Feldtoren in 30 Minuten
hat den THW Kiel um die zweite Titelverteidigung der laufenden
Saison nach dem Erfolg beim deutschen Supercup gebracht.
Im Super-Globe-Finale gegen Atletico Madrid verlor
der THW am Samstagabend in Doha (Katar) mit 23:28 (13:13) - und
am Ende jubelten erstmals seit langem nicht die Kieler auf einem Podest.
Kiel war während der gesamten 60 Minuten nur dreimal
in Führung - beim 11:10, 12:11 und 13:12 gleich vor der Pause.
In der ausgeglichenen ersten Hälfte, in der THW-Neuzugang
Marko Vujin alle seine fünf Tore erzielte,
hatten sich beide Abwehrreihen neutralisiert. Beide Teams
spielten in ihrem fünften Spiel in sechs Tagen abwartend,
ohne Risiko, mit wenig Tempo - was dann auch der Halbzeitstand
von 13:13 wiederspiegelte.
Nur dreimal in Führung
Nach dem Seitenwechsel und einigen Wechseln auf THW-Seite vereitelte
Madrids Torhüter Jose Javier Hombrados, der auch zum besten
Torwart des Turniers gewählt wurde, zahlreiche Kieler Großchancen,
so dass die Spanier zunächst "nur" leicht die Oberhand
behielten. Die Kieler, die erneut auf Spielmacher
Aron Palmarsson (Hexenschuss) verzichten mussten,
hatten zudem Probleme mit dem spanischen Kreisläufer Julen Aguinagalde.
Und als ihnen dann auch im Angriff gegen die bärenstarke spanische
Abwehr nichts mehr gelang, setzten sich die Spanier vorentscheidend
auf 26:19 (50. Minute) ab.
Selbst zwei THW-Auszeiten innerhalb von fünf Minuten
konnten den Abwärtstrend nicht stoppen, Kiel erzielte
zwischen der 44. und 54. Minute kein Tor und traf in der
zweiten Hälfte insgesamt nur zehnmal.
Spannung in der Champions League
Die aktuelle Final-Niederlage des THW verspricht für
die "VELUX EHF Champions League" zusätzliche Spannung, denn der erste THW-Gegner ist
Ende September Atletico Madrid.
Mit traurigen Gesichtern nahmen indes
Marcus Ahlm und Co.
danach ihre Silbermedaillen und den symbolischen Scheck entgegen. Und für
Alfred Gislason
stand die Reise in die Wüste sowieso unter dem Motto: "Die Bilanz des Super
Globe ist das Endergebnis unseres nächsten Bundesligaspiels gegen Hannover-Burgdorf."
Trostpflaster von 200.000 Dollar
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Marko Vujins Pässe hatten eine dichte Abwehrwand zu durchdringen.
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Als Trostpflaster nach einem Finale, in dem die Zebras sich einfach zu viele Fehler erlaubten,
nehmen die Kieler ein Preisgeld von 200.000 US-Dollar mit auf die Heimreise.
Viel Zeit, sich über die Niederlage zu ärgern, bleibt indes nicht:
Bereits um
3.45 Uhr hebt der Flieger der Kieler in Doha ab, via Dubai geht es dann zurück nach
Hamburg, wo der THW Kiel am frühen Nachmittag erwartet wird. Ab Montag gilt dann die volle
Konzentration der kommenden Aufgabe in der DKB Handball-Bundesliga: Am Mittwoch
müssen die Zebras zur TSV Hannover-Burgdorf reisen - dann wird auch
Niclas Ekberg
dabei sein. Die Spielberechtigung für den fünften Neuzugang des THW Kiel, der
von AG Kopenhagen an die Förde wechselte, ist inzwischen
eingetroffen.
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
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Einen schweren Stand hatte Patrick Wiencek gegen die harte Atletico-Deckung.
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Wir haben kein gutes Spiel gemacht. In der ersten Hälfte
war es noch eine annähernd normale Leistung, aber nach der Pause
haben wir immer mehr nachgelassen. Wir haben verdient verloren.
Madrid hat den Sieg verdient, weil es Atletico die bessere Mannschaft war.
In der ersten Halbzeit haben wir noch ganz gut gespielt, aber ich war trotzdem
nicht zufrieden. In der zweiten Halbzeit haben wir zu viele Chancen ausgelassen.
Atletico-Torwart Jose Hombrados:
Es war ein hartes Match. Zunächst war es schwierig, gegen Kiel zu verteidigen. Später war
unsere Abwehr dann der Schlüssel zum Sieg. Es war ein starkes Turnier, genau die richtige
Vorbereitung auf die neue Saison. Unseren Pokal widmen wir
dem Vater von Kiril Lazarov.
Atletico-Trainer Talant Dujshebaev:
Nachdem wir in der vergangenen Nacht die tragische Nachricht vom Tod von Kiril Lazarovs Vater
erhalten haben, war es für uns besonders schwer, das Finale zu spielen. Aber meine Spieler haben
alles gegeben, und es ist immer großartig, den amtierenden Champions-League-Sieger zu schlagen.
Die Paraden von Jose Hombrados haben uns Stabilität gegeben, und wir konnten
die entscheidenden Tempogegenstöße setzen.
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-45., 10 Paraden),
Palicka (45.-60., 4 Paraden);
Toft Hansen (2),
Sigurdsson (1),
Sprenger (1),
Ahlm (4),
Wiencek (1),
Zeitz,
Narcisse,
Ilic (2),
Klein,
Jicha (7/2),
Vujin (5/2);
Trainer: Gislason
- BM Atletico Madrid (ESP ):
-
Hombrados (1.-60., 15 Paraden),
Diez (n.e.);
Sanchez (n.e.),
Fernandez (n.e.),
Källman (1),
Ferrer (3),
Romero (1),
Aguinagalde (3),
Davis,
Parrondo,
Barachet (3),
Canellas (4),
Jurkiewicz (5),
Masachs (4/1),
Lazarov (4/2);
Trainer: Dujshebaev
- Schiedsrichter:
-
Mansour Abdullah Al Suwaidi / Saleh Jamaan Bamutref (Quatar)
- Zeitstrafen:
-
THW: 5 (2x Zeitz, Wiencek, Ahlm
Toft Hansen);
Madrid: 5 (Ferrer, Romero, Aguinagalde, Barachet, Jurkiewicz)
- Siebenmeter:
-
THW: 5/4 (Hombrados hält Vujin);
Madrid: 3/3
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1, 1:1 (4.), 1:3 (5.), 3:3 (7.), 3:5 (9.), 5:5 (11.), 5:7 (13.), 7:7 (15.),
8:8, 8:10 (22.), 11:10 (24.), 12:11, 13:12 (29.), 13:13;
2. Hz.: 13:14, 14:14 (34.), 14:16, 16:16 (38.), 18:17 (42.), 18:20 (44.), 19:20 (45.), 19:26 (49.),
20:26 (54.), 21:27, 22:28 (58.), 23:28.
- Zuschauer:
-
2000 (Al Gharafa Sports Club Hall, Doha (QAT))
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 03.09.2012:
23:28 - THW-Fabelserie gerissen
Erste Kieler Niederlage nach elf Monaten im Super-Globe-Finale gegen Atletico - 200 000 Dollar als Trostpflaster
Doha. Ein Handball-Finale wird abgepfiffen, ein Pokal
überreicht, aber es bekommt ihn nicht der THW
Kiel. Was klingt wie ein modernes Märchen, ist am
Sonnabend in Doha geschehen. Beim Super Globe
verloren die "Zebras" gegen Atletico Madrid mit 23:28
(13:13). Es war die erste Niederlage nach knapp elf
Monaten. Das Turnier, das auch im nächsten Jahr in
Katar stattfinden wird, hatte reichlich Absurdes zu
bieten. Im Finale allerdings machten insbesondere die
Spanier Werbung für ihre Sportart.
Das Team von Talant Duschebajew spielte mit Trauerflor,
weil in der Nacht zuvor der Vater ihres Linkshänders Kiril
Lazarov verstorben war. "Das war eine schwierige Situation
für uns", sagte Duschebajew. "Deshalb bin ich sehr stolz darauf,
wie wir damit umgegangen sind."
Bis zur 44. Minute,
Madrid führte 20:19, war die Revanche für das vom THW gewonnene
Champions-League-Endspiel nicht absehbar. Doch
dann reihte sich bei den Kielern,
die erneut auf Aron Palmarsson
(Hexenschuss) verzichten mussten, ein Fehlwurf an den nächsten. Am Ende sollten
es 23 werden. Zehn Minuten blieb das Team von Alfred Gislason
("Wir haben verdient verloren") ohne Tor. Eine Phase,
die Madrid nutzte (26:19/54.). Während beim THW keiner
Normalform erreichte, konnten sich die Spanier auf ihre bärenstarke Deckung verlassen
und darauf, mit Jose Hombrados den besten Torhüter
hinter sich zu wissen. "Wir widmen den Sieg dem Vater
von Kiril Lazarov", sagte der mittlerweile 40-Jährige.
Auch dieses Finale war in erster Linie ein Testspiel. Verlieren
wollte es keiner, aber die Spanier investierten mehr.
Kein Wunder, stand für sie auch die eigene Zukunft auf
dem Spiel. Die Siegprämie von 400 000 Dollar lindert die ärgsten
Sorgen des in finanzielle Schieflage geratenen Clubs.
In der Wüste wurde bewiesen, dass auch der THW Kiel besiegbar ist. Beantwortet
wurde zudem die Frage, ob das zweifelhafte Konzept dieser
Vereins-WM noch einmal überdacht wird. Wird es nicht.
"Al Sadd und Zamalek haben die Lücke zu Clubs wie Kiel
und Madrid geschlossen", verkündete Hassan Moustafa,
Präsident des Weltverbandes. "Es gibt keine großen Unterschiede
mehr im Leistungsniveau." Dass der Afrikameister
im Halbfinale nur ein Trainingspartner
für die Kieler (34:24) war, blendete er gelassen
aus. Ebenso, dass Gastgeber Al Sadd nur Dritter werden
konnte, weil Profis aus Montpellier aushalfen.
Im Lager der THW-Spieler herrschte Einigkeit darüber,
dass es trotz klimatischer Widrigkeiten eine überwiegend
sinnvolle Reise gewesen sei, schließlich hätten sie sich einspielen
und ihr Verein 200 000 Dollar verdienen können.
Preisgeld, das bar ausgezahlt und von Manager Klaus Elwardt
in der Handtasche ausgeführt wurde. Trotz der fünf Spiele fiel auch der touristische
Aspekt nicht ganz aus. Zwar verhinderten Temperaturen
jenseits der 40 Grad den Stadtbummel. Aber am freien
Tag, dem Donnerstag, rasten die "Zebras" mit dem Jetski
über den Arabischen Golf.
Darüber, dass sich zwischen
den Kielern und ihren Gastgebern in der als Trainingslager
gedachten Katar-Woche sehr unterschiedliche Auffassungen
über Verlässlichkeit offenbarten, wollte Gislason sich
nicht öffentlich beschweren. "Gut war, dass wir hier viel
ausprobieren konnten", sagte er stattdessen. "Trotz einer katastrophalen
Halbzeit im Finale hoffe ich, dass unsere Baustellen
kleiner geworden sind", so der Isländer, der mit seinem
Team gestern Morgen um zwei Uhr abreiste. Die Kieler haben
keine Zeit zu verlieren, am Mittwoch werden sie von Hannover-Burgdorf erwartet.
"Was uns dieses Turnier gebracht hat, erfahren wir dort",
fasste Gislason sieben Wüsten-Tage in einem Satz zusammen.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 03.09.2012)
Aus den Kieler Nachrichten vom 03.09.2012:
Super-Globe-Splitter
- Sitzordnung
Die Funktionäre
des Weltverbandes haben ihr eigenes Verständnis von
Gemeinschaft. Auf ihren Ausweisen steht schlicht "IHF Family",
darunter eine gestolperte Acht, das mathematische
Zeichen für die Unendlichkeit. Eine Familie, die
aber intern klare Hierarchien hat. So sitzt in der Loge das
wichtigste Mitglied auf Höhe der Mittellinie. In den ersten
Tagen war dies Sandi Sola. Später musste der Schatzmeister
seinen Komfort-Sessel an den Präsidenten Hassan
Moustafa abgeben, das Oberhaupt der Familie.
- Rekord
Im ersten Gruppenspiel gegen Al Sadd
traute Alfred Gislason seinen Augen
nicht. Der THW-Trainer lässt jedes Tor, jeden Fehlwurf mitschreiben,
um die Zahlen als Entscheidungsgrundlage für
seine Auswechslungen zu nehmen. Gegen Al Sadd war
er trotzdem hilflos, fand doch kein einziger der 18 Würfe aus
dem Rückraum sein Ziel.
- Land und Leute I
Kat'r (das
zweite "a" wird bei der Aussprache verschluckt) kennt
keine Steuern, das Gesundheitssystem ist kostenlos, und wer als einer der lediglich
300 000 Kataris heiratet, dem wird von der Königsfamilie
ein Stück Land geschenkt und ein sehr günstiges Baudarlehen
gewährt. Aber: Wer bei Rot über die Ampel fährt,
zahlt 1200 Euro Strafe. Wer dabei einen Unfall verursacht,
muss mit drei Monaten Gefängnis rechnen.
- Land und Leute II
Müsste jeder
seinen Führerschein abgeben,
der mit dem Handy in der Hand auf einer dreispurigen
Straße rechts überholt, wäre Doha schnell eine autofreie
Zone. Dabei soll der Verkehr in diesen Tagen sehr entspannt
sein, enden die Ferien doch erst am 9. September.
- Schiedsrichter
Akpatsa Yawo
Mawusse und Assignon Agbeico Jacob (beide 36) sind
seit drei Jahren IHF-Schiedsrichter, die einzigen Togos. "In
unserer Heimat sind wir so bekannt, dass wir Interviews
ablehnen müssen, das wird sonst zu viel", sagt Sportlehrer
Mawusse, der Torwart war und als Linksaußen Nationalspieler
wurde. Handball kennt Jacob als Aktiver nur als Schüler. Für ihn, der in Lome
als Schuhverkäufer arbeitet, ist die Schiedsrichterei
deshalb die einzige Chance, seinen Traum von einer Teilnahme
an den Olympischen Spielen zu verwirklichen. "In
Brasilien bin ich dabei."
- Wäsche
Waschen muss Michael Menzel, der emsige Betreuer,
die komplette Ausstattung der "Zebras" zwar nicht,
aber jeden Tag auf ein Neues sortieren. Dabei wird ihm
vom Physiotherapeuten Dennis Missling und Osteopath
Jan Bock geholfen. Letzterer
hat ein doppeltes Interesse daran, türmt sich der Wäscheberg
doch in seinem Hotelzimmer.
- Geld
Spielt in Doha offenbar
keine Rolle. So liegt der Bau einer künstlichen Insel ("The
Pearl") in den letzten Zügen, die demnächst 40 000 Reiche
und ihre Luxusyachten beherbergen wird. Aber - die
kleinen Preise wehren sich. So gibt es das Abendmahl (Burger,
eine Flasche Wasser, zwei Gläser Tee, Wasserpfeife) im
Hafen noch für knapp drei
Euro.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 03.09.2012)