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13.03.2014 Champions League / Interview

Kieler Nachrichten: "Wir sind die Opfer der aktuellen Lage"

Präsident von Motor Saporoschje über Kiel-Spiel in Györ verärgert

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.03.2014:

Kiel/Saporoschje. Motor Saporoschje, erstmals ukrainischer Meister geworden, erreichte in der Champions League überraschend das Achtelfinale. Trotz widriger Umstände, muss das Team von Sergej Bebeshko doch im 300 Kilometer entfernten Charkow spielen. Angesichts der politischen Lage entschied die EHF nun, das Hinspiel gegen Handballmeister THW Kiel (20. März) sogar ins ungarische Györ zu verlegen. Sehr zum Unmut des Präsidenten Olimpy Pokatov.
Kieler Nachrichten:
Herr Pokatov, finden Sie, dass in den Medien fair über die politische Situation in der Ukraine berichtet wird?
Olimpy Pokatov:
Das möchte ich nicht bewerten, das sollen die Politiker übernehmen.
Kieler Nachrichten:
Das Spiel gegen den THW Kiel sollte ursprünglich in Charkow stattfinden, einer Region, von deren Besuch das Auswärtige Amt dringend abrät. Wäre die Reise gefährlich gewesen?
Olimpy Pokatov:
Nein. Unser Verein und die Menschen in Charkow hätten der deutschen Delegation einen komfortablen Aufenthalt in der Ukraine gewährleisten können.
Das Team von HC Motor Zaporozhye, Gegner des THW im Achtelfinale der Champions League.
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Kieler Nachrichten:
Warum tragen Sie die Heimspiele in Charkow aus? Fehlt Ihnen da nicht die Unterstützung der Fans?
Olimpy Pokatov:
Unsere Halle ist mittlerweile 35 Jahre alt, wir modernisieren sie gerade umfangreich. Charkow war eine gute Alternative, als wir dort die Ungarn besiegten (26:22 im letzten Gruppenspiel gegen Veszprem, d. Red.), wurden wir von unseren Fans unglaublich angetrieben. Diese Hilfe werden wir jetzt nicht bekommen.
Kieler Nachrichten:
Haben Sie Verständnis dafür, dass das Kiel-Spiel nun in Györ ausgetragen wird?
Olimpy Pokatov:
Die EHF zwingt uns, zweimal auswärts zu spielen. Wir haben Minsk als Kompromiss vorgeschlagen. Dort hat unser Hauptsponsor ein Büro, wir arbeiten mit vielen Unternehmen aus Minsk zusammen. Wir wären sehr willkommen gewesen und hätten auch eine entsprechende Unterstützung der Fans gehabt. Das wurde leider abgelehnt.
Kieler Nachrichten:
Ihr Verein ist erstmals in der Champions League dabei. Hat sich, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen, die Qualifikation gelohnt?
Olimpy Pokatov:
Auf jeden Fall. Die Freude darüber, sich bei dem Turnier in Serbien (Motor schlug Gastgeber Novi Sad im Finale mit 36:24, d. Red.) erstmals für die Gruppenphase qualifiziert zu haben, war unbeschreiblich groß. Dann durften wir hier zehn Spiele bestreiten - diese Erlebnisse haben sich für lange Zeit in unser Gedächtnis eingebrannt.
Kieler Nachrichten:
Saporoschje wurde als zweites Los gezogen, Kiel war das erste - ahnten Sie, dass es so kommen würde?
Olimpy Pokatov:
Ja, ich habe vor der Auslosung fest mit dem THW Kiel als Gegner gerechnet. Es ist für uns eine große Ehre. Wir hatten uns sehr darauf gefreut, gerade diese Mannschaft in der Ukraine zu sehen. Das hätte auch auf den Handball in unserem Land einen positiven Einfluss gehabt. Aus verschiedenen Gründen ist dieser Traum nun leider geplatzt.
Kieler Nachrichten:
Wie professionell wird Handball in Ihrem Verein betrieben?
Olimpy Pokatov:
Sehr. Mit "Motor Sich" (Fabrikant für Flugzeugmotoren und Gasturbinenkraftwerke, d. Red.), unserem Hauptsponsor, sind wir in der Lage, sehr professionell zu arbeiten. Was uns lediglich noch fehlt, sind weltberühmte Stars wie sie der THW Kiel hat. Aber: Wir haben beispielsweise mit Stochl, Onufrienko, Burka und Yevdokimow auch sehr gute Spieler.
Kieler Nachrichten:
Wie groß sind denn die Chancen, dass Saporoschje das Viertelfinale erreicht?
Olimpy Pokatov:
Da gibt es ja nur eine Möglichkeit: Wir müssen Kiel aus dem Wettbewerb werfen. Wir wollen es versuchen, unser Ziel ist nicht, den Deutschen nur einen großen Kampf zu bieten - wir wollen sie schlagen. Um das zu schaffen, bräuchten wir aber unsere Fans. Wir sind die Opfer der aktuellen Lage.
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 13.03.2014)


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