Der THW Kiel hat in der "VELUX EHF Champions League"
auch sein Heimspiel gegen US Dunkerque gewonnen. Nur drei Tage nach dem
29:21-Auswärtserfolg beim französischen Vizemeister
siegten die "Zebras" am Mittwochabend in der Sparkassen-Arena mit
28:25 (15:12). Dabei entpuppten sich die Gäste aber als ein unangenehmer
Gegner, der bis in die Schlussphase auf seine ersten Königsklassenpunkte
hoffen konnte. Doch der THW behielt die Ruhe und kletterte mit dem
fünften Sieg im sechsten Spiel vorübergehend an die Tabellenspitze
der Gruppe B.
Erfolgreichste Torschützen der Partie, bei der die Nachwuchsspieler
Tjark Müller und Fynn Ranke ihr
Champions-League-Debüt feierten, waren Dominik Klein
auf Kieler Seite sowie Espen Lie Hansen und Theophile Causse mit
jeweils fünf Treffern.
Dunkerque mit besserem Start
Vor rund 7.800 Zuschauern in der Kieler Sparkassen-Arena
gelang den Franzosen bereits in der ersten Spielminute, was
ihnen im Hinspiel nicht glücken wollte:
Sie gingen in Führung. Da Torhüter Gerard zudem den ersten
Versuch Vujins festhalten konnte
und Kornel Nagy ein zweites Mal Andreas Palicka
im Kieler Tor überwand, legte Dunkerque sogar ein 2:0 vor.
Erst nach etwas mehr als drei Spielminuten, nachdem
Aron Palmarsson einen Siebenmeter
herausgeholt und Filip Jicha
diesen verwandelt hatte, bekamen die Kieler Fans etwas zum
Jubeln.
Christian Sprenger spielte
über die gesamten 60 Minuten und erzielte vier Treffer.
Doch Dunkerque spielte weiterhin clever: Nagy, Guillard und
Soudry im Rückraum der Gäste hatten es allesamt nicht eilig,
spielten lange Angriffe aus und lullten die Kieler 6:0-Deckung
- wie gewohnt mit Toft Hansen und
den diesmal auch im Angriff beginnenden
Wiencek - ein wenig ein, ehe sie
dann oftmals doch zum Torerfolg kamen. Elf der zwölf Gästetreffer
im ersten Durchgang gingen auf das Konto des Rückraumtrios,
das die gesamten 30 Minuten durchspielen durfte. So sorgte
Soudry per Sprungwurf für das 3:1 aus Gästesicht, und Guillard
konterte mit einem Schlagwurf einen Wiencek-Treffer
zum 4:2. Zwar gelang dem THW durch Jicha
und Sprenger nach einem schnellen Spielzug
über Jicha und Vujin
beim 4:4 erstmals der Ausgleich, doch der französische Vizemeister
legte bis zum 7:5 weiter vor. Andreas Palicka
bekam bis dahin kaum einen Ball zu fassen, und vorne sorgten
Marko Vujin und Aron Palmarsson
für einige Fahrkarten.
4:0-Lauf für den THW
Alfred Gislason nahm daher in der
12. Minute seine erste Auszeit, beorderte Christian Zeitz
auch für die Offensive aufs Parkett und stellte in der Deckung
nach kurzzeitigem Versuch mit einer 3:2:1-Variante wieder zurück
auf die 6:0. Diese Schachzüge verfehlten ihre Wirkung nicht.
Zwar scheiterte Zeitz mit seinem
ersten Versuch noch an Gerard, doch nach einem Steal des
Linkshänders schloss der gut aufgelegte Dominik Klein
einen Gegenstoß zum 6:7 ab. Dann warf der diesmal blasse
Baptiste Butto, im Hinspiel noch erfolgreichster Schütze
seines Teams, einen Siebenmeter auf die Latte, bevor
Zeitz sich zum Ausgleich durchtankte.
Doch damit nicht genug: Palicka war
gegen Nagy zur Stelle, und Klein brachte
seine Farben mit einem erneuten Konter beim 8:7 erstmals in
Führung, die der glänzend von Zeitz
bediente Toft Hansen sogleich ausbaute.
Dunkerque bleibt dran
Christian Zeitz läuft
nach einem erfolgreichen Steal aufs gegnerische Tor zu.
Indes: Abschütteln lassen wollten sich die Gäste nach diesem
Kieler 4:0-Lauf nicht. Soudry und Nagy - bei angezeigter
Passivspiel-Vorwarnung - sorgten für den Ausgleich.
Immerhin schnappte sich Klein
den Abpraller nach einer Gerard-Parade gegen Zeitz
und sorgte so für das 10:9. Immerhin legte Zeitz
nach einem weiteren Steal das 11:9 nach, und immerhin stieg
der frisch in die Partie gekommene Jallouz
auf unnachahmliche Weise hoch und sorgte mit seinem krachigen
Geschoss für das 12:10. Doch Dunkerque egalisierte erneut
durch Soudry und Guillard und hatte nach einer weiteren Gerard-Parade
gegen Palmarsson gar die Chance zur
Führung.
Starke Kieler Schlussminuten in Halbzeit eins
Doch den Gästen unterlief im nächsten Angriff ein technischer
Fehler, und in der Abwehr kam Benjamin Afgour gegen Christian Zeitz
zu spät. Der 22-jährige Kreisläufer musste für zwei Minuten auf
die Bank, und die nutzte der THW zum Endspurt im ersten Durchgang:
In Überzahl bediente JichaChristian Sprenger, der zum 13:12 traf.
Dann entschärfte Palicka einen
Wurf Touatis vom Kreis, und auf der Gegenseite war erneut
Sprenger zur Stelle. Einen Verlegenheitswurf
Nagys lenkte Palicka über seinen Kasten,
anschließend sorgte Christian Zeitz
nach seinem bereits vierten Steal per Gegenstoß eigenhändig für
den 15:12-Pausenstand.
Jallouz-Doppelpack zur Fünf-Tore-Führung
Marko Vujin erzielte seine
vier Treffer allesamt im zweiten Durchgang.
Zum zweiten Durchgang wurden nicht nur die Seiten gewechselt,
sondern besonders bei den Gästen auch das Personal auf dem
Parkett. Im Rückraum zog nun Bastien Lamon die Fäden, auf den
Halbpositionen sollten der Norweger Espen Lie Hansen und der
etatmäßige Rechtsaußen Theophile Causse für Gefahr sorgen.
Den besseren Start aber hatten die personell unveränderten
"Zebras": Nach zwei Jallouz-Krachern
hatte sich der THW beim 17:12 vermeintlich vorentscheidend
abgesetzt - zumal nach Lie Hansens Treffer
Rene Toft Hansen nach erneut
toller Vorabeit von Zeitz postwendend
auf 18:13 stellte. Dies allerdings sollte der letzte Kieler Treffer
für acht Minuten bleiben.
Lie Hansen und Causse bereiten Kieler Deckung Kopfzerbrechen
Die "Zebras" gingen nun etwas fahrlässig mit ihren Chancen
um, Sprenger und Toft Hansen
scheiterten mit ihren Würfen an Gerard. Und bei den Franzosen
waren es vor allem Lie Hansen und der pfeilschnelle und
sprunggewaltige Causse, die ihr Team wieder in Schlagdistanz
brachten. Mit drei Treffern in Serie kam US Dunkerque bis
auf 16:18 wieder heran, ehe Sprenger
nach einem Ballgewinn von Klein in der
Abwehr den erlösenden 19. Kieler Treffer markierte und
Klein nach einem Fehlwurf Lamons
gar das 20:16 nachlegte.
Fortan pendelte sich der Vorsprung für den THW ein wenig
ein. Dafür sorgte auf schwarz-weißer Seite vor allem der
zurückgekehrte Marko Vujin, der
von den nächsten vier Treffern für die Kieler drei selbst
erzielte und den vierten durch Wiencek
vorbereitete. Auf der anderen Seite waren es weiterhin
Causse und Lie Hansen, der sich auch aus zehn Metern Entfernung
traute.
Doch nach Vujins 24:19 wurde
es plötzlich doch noch einmal eng: Dem Serben unterliefen
im Angriff einige Missgeschicke, und auch
Wael Jallouz scheiterte
nun am mittlerweile eingewechselten Annotel. Mit drei Treffern
in Folge sorgte das Duo Lie Hansen/Causse für das 24:22,
Alfred Gislason nahm seine Auszeit
und brachte Aron Palmarsson zurück.
Doch auch Vujins vierter Treffer
brachte noch keine Vorentscheidung. Erneut Lie Hansen und
Causse schafften den Anschluss, und nachdem der ansonsten
tadellose Dominik Klein an
Annotel scheiterte und Vujin
bei einem Durchbruch das Tor verfehlte, bekamen die Franzosen
sogar die Chance zum Ausgleich. Butto tauchte frei vorm kurz
zuvor eingewechselten Sjöstrand
auf - und scheiterte am Schweden. Palmarsson
sorgte mit seinem einzigen Treffer für das wichtige 26:24, bevor
Jicha einen Causse-Wurf blockte
und im Angriff das 27:24 nachlegte.
Als Sjöstrand schließlich einen
Hüftwurf Causses entschärfte, war die Gegenwehr der Gäste
endgültig erloschen. So konnte Alfred Gislason
in der 59. Spielminute noch die beiden Nachwuchsspieler
Tjark Müller (THW II) und
Kreisläufer Fynn Ranke (TSV Altenholz) aufs Parkett schicken.
Rückraumspieler Müller sorgte
letztlich sogar für den letzten Kieler Treffer und besondere
Jubelstürme bei den Fans.
76. Nordderby am Sonntag
Mit nun 10:2 Punkten belegt der THW vorerst den
ersten Platz in der Gruppe B.
Am Sonntag allerdings kann der Sieger des Duells Kielce gegen
Kolding-Kopenhagen mit den "Zebras" an Punkten gleich- und in
der Tabelle vorbeiziehen. Die Kieler legen ihren Fokus aber
zunächst wieder auf die DKB Handball-Bundesliga, wo sie ebenfalls
am Sonntag ihre Tabellenführung verteidigen wollen. Um 15.00 Uhr
steht in der Flens-Arena dann das insgesamt 76. Landesderby und
absolute Spitzenspiel zwischen der SG Flensburg-Handewitt (23:5 Punkte)
und dem THW (24:2) an. Sport1 überträgt den Klassiker live.
Ich bin zufrieden, dass wir gewonnen haben. Uns war klar,
dass Dunkerque heute besser als am Sonntag spielen würde.
Deshalb wollten wir es vermeiden, zu locker an die Sache
heran zu gehen. Wir wollten uns auf die heutige Partie
konzentrieren und nicht schon auf das Flensburg-Spiel am
Sonntag schauen. Das ist uns weitestgehend gelungen. Aber:
Wir haben nicht die Aggressivität in der Abwehr gehabt wie
am Sonntag. Deshalb hatten wir die ersten 20 Minuten
Probleme. Danach wurde es besser und besser, weshalb wir
verdient gewonnen haben. Aber man hat wieder gesehen: Wenn
man in der Champions League nicht immer Vollgas gibt, kann
man gegen jeden Gegner verlieren.
Dunkerques Trainer Patrick Cazal:
Ich bin glücklich, dass meine Mannschaft hier heute so
couragiert gespielt hat. Das hätte sie bereits am Sonntag
tun sollen, aber im Gegensatz zum Hinspiel hat mein Team
heute befreit aufgespielt und das umgesetzt, was ich von
ihm gefordert hatte. Für uns ist es toll, uns mit den Besten
messen zu können. Deshalb bin ich mit unserem Spiel zufrieden.
Für uns ist eine Saison, um zu lernen.
Flensburg war noch nicht in unseren Köpfen, mit der SG
beschäftigen wir uns erst ab morgen. Bis heute war nur
Dunkerque das Thema innerhalb der Mannschaft. Es ist
ungewöhnlich, innerhalb von drei Tagen zweimal gegen
den gleichen Gegner zu spielen. Vielleicht hat uns
deshalb anfangs auch ein wenig die Aggressivität gefehlt.
Dunkerques Rückraumspieler Pierre Soudry:
Natürlich haben wir heute verloren, aber viel an Erfahrung
gewonnen. Wir sind froh, dass wir überhaupt gegen solche
Gegner antreten können - auch wenn wir einige Probleme haben.
Das war ein komisches Spiel, in dem wir nicht unser
normales Niveau gezeigt haben. Das waren heute
höchstens 80 Prozent, wahrscheinlich hatten wir doch
schon das Flensburg-Spiel im Hinterkopf. Wichtig war,
dass sich keiner verletzt hat.
Wir haben uns heute schwer getan, das lag wohl auch an
dem deutlichen Sieg im Hinspiel. Ich hatte in den letzten
Minuten Glück, manchmal klappt dann alles, manchmal nicht
- diesmal lief es gut.
Alle Ergebnisse der 3. Qualifikationsrunde im EHF-Pokal
finden Sie hier.
Die Füchse Berlin und die TSV Hannover-Burgdorf greifen im EHF-Pokal
in dieser Woche erstmals ins Spielgeschehen ein. Am Mittwochabend legten die
Bundeshauptstädter im Hinspiel gegen HC Meshkov Brest in heimischer
Halle nur ein knappes 22:20 (8:10) vor, beim Rückspiel in Weißrussland
am 30. November (14.00 Uhr MEZ) müssen sich die Füchse daher steigern
. Die TSV Hannover-Burgdorf bestreitet ihr erstes
Europapokalspiel der Vereinsgeschichte am Sonnabend um 19.30 Uhr
bei den Kadetten Schaffhausen in der Schweiz. Das Rückspiel in
der niedersächsischen Hauptstadt steigt am 30. November ab 19.00 Uhr.
In der Champions-League-Gruppe A wollen
die Rhein-Neckar Löwen am Samstag mit einem Auswärtssieg beim kroatischen
Meister RK Zagreb den zweiten Platz hinter MKB Veszprem weiter
festigen. Angeworfen wird die Partie um 18.00 Uhr, Eurosport überträgt
live.
Alle Spieltermine, Ergebnisse und Tabellen der
CL-Gruppenphase finden Sie hier.
In der Gruppe D steht am Donnerstag
das dritte Duell zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem HSV Hamburg
innerhalb von 11 Tagen an. Nachdem sich die SG in der Liga durchsetzen
konnte, revanchierte sich Hamburg in der Champions League zuletzt und baute
den Vorsprung dort auf drei Punkte aus. Angepfiffen wird das Nordderby
in der Flens-Arena um 19.00 Uhr, Eurosport ist erneut live dabei.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Deutscher Handballmeister erklimmt dennoch mit 28:25-Sieg die CL-Gruppenspitze
Kiel. Nach einer Partie der europäischen Königsklasse,
die das Niveau eines Freundschaftsspiels in der
Saisonvorbereitung entwickelte, hat sich der THW Kiel
an die Spitze seiner Champions-League-Gruppe gesetzt. Die
Gäste von US Dunkerque mussten sich nach zähem Spielverlauf
lediglich 25:28 (12:15) geschlagen geben.
Zum Einstieg in die Partie ließen die Kieler wenig von der
Ernsthaftigkeit erkennen, mit der sie die Gegner aus
Nordfrankreich noch im Hinspiel auseinandergenommen hatten.
Die Abwehr fand kaum Zugriff, experimentierte in der
6:0- und 5:1-Variante, ließ Andreas Palicka
im Tor aber immer wieder im Stich, der erst in der zehnten
Minute seine erste Parade notieren lassen durfte. So konnten
die Dünkirchener zunächst fast nach Belieben agieren und in
der Startphase immer wieder eine Führung genießen.
Bis zur 16. Minute dauerte es schließlich, bevor
Dominik Klein zum 8:7 das erste Mal
die Heimmannschaft nach vorn brachte. Der 29-Jährige genoss
seinen Auftritt über die vollen 60 Minuten: "Es macht einfach
Spaß, im eigenen Wohnzimmer auflaufen zu dürfen." Mit fünf
Treffern war der Linksaußen Kiels erfolgreichster Werfer.
Damit war er allerdings einer der wenigen, der gestern
Normalform erreichte. So plätscherte die Partie weiter
vor sich hin, ohne dauerhaft Feuer entfachen zu können.
Gute Aktionen wie die Steals und blitzschnellen Gegenstöße
von Christian Zeitz vor der
Pause und die wuchtigen Treffer von
Wael Jallouz nach Wiederanpfiff
wechselten mit überhasteten Aktionen und vertändelten Bällen.
Dieser zerfahrenen Spielweise passten sich auch die Gäste
an, so dass USDK-Trainer Patrik Cazal seine Spieler
lautstark in die zwischenzeitliche Museumsstille der Arena
hinein zur Ordnung rief. Mit diesem Weckruf erntete er zwar
reichlich Lacher in der Halle, fand aber offenbar wenig
Gehör bei seinen Spielern.
Die gerieten kurz nach der Pause schnell mit fünf Toren
ins Hintertreffen, kamen aber mit Einzelaktionen noch mal
zurück in die Partie.
Vor allem der wieselflinke USDK-Halbrechte Theophile Causse
stürzte sich ins Geschehen. Mit dem Mute der Verzweiflung
prallte der 72-kg-Floh dabei entweder am Arm von Kiels
Rene Toft Hansen ab wie von
einem Baum oder schlängelte sich durch das Kieler
Abwehr-Geäst, um mit immerhin fünf Treffern in der zweiten
Halbzeit sein Team noch einmal auf 24:25 heran zu bringen (55.).
Aron Palmarsson und
Filip Jicha waren es schließlich,
die alle Humorlosigkeit ablegten und die Kieler mit wuchtigen
Treffern aus dem Rückraum endgültig den siegbringenden
Vorsprung sicherten.
Das gab THW-Trainer Alfred Gislason
die Gelegenheit, die Nachwuchskräfte Tjark Müller
und Fynn Ranke auf das Feld zu
schicken. Müller gestand, "eine
Gänsehaut" gehabt zu haben, bedankte sich dafür mit dem
Treffer zum 28:24. Ranke, der
am Abend zuvor vom Einsatz erfahren, aber trotzdem gut
geschlafen hatte, war dagegen mit einer Zeitstrafe schnell
wieder vom Feld. "Alfred hatte
noch gewarnt, dass Dünkirchen Eins-gegen-Eins spielen und
eine Strafe provozieren würde. Ich wollte keinen Fehler
machen. Aber es kam genauso."
(von Ralf Abratis und Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 21.11.2013)