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04.05.2012 DHB-Pokal / Geschichte

Zebra-Journal: Hamburg, der Zweitwohnsitz

THW ließ erstem Pokalsieg vom 5. April 1998 mittlerweile sechs weitere folgen

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 04.05.2012:

Das "Lufthansa Final Four" findet in diesem Jahr am 5./6. Mai in Hamburg statt.
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Der THW Kiel gewann den DHB-Pokal siebenmal und ist damit auch in dieser Kategorie das Maß aller Dinge. 1979 und 1995, als Kay Germann im Halbfinale gegen den TVB Lemgo den möglichen Siegtreffer an die Latte knallte, verpassten die "Zebras" den Pokalsieg. Doch im dritten Anlauf nahmen die Kieler am 5. April 1998 den "Pott" erstmals mit. Anschließend richtete sich auch diese Trophäe in Kiel häuslich ein. Ein Rückblick auf die sieben Pokal-Triumphe.
5. April 1998:
Es war eine Sternstunde, die die Kieler an diesem Tag in der Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg erwischen sollten. Im Finale setzte sich der THW mit 30:15 (11:6) gegen den TV Niederwürzbach durch, dessen Trikot damals Stars wie Christian Schwarzer, Nedeljko Jovanovic und Markus Baur trugen. Eine Sensation, hatten die "Zebras" sich doch zuvor mit einem 28:24-Erfolg gegen den Zweitligisten TuS Schutterwald ins Endspiel gezittert und Niederwürzbach den Titelverteidiger, den TBV Lemgo, aus dem Wettbewerb geworfen (29:26). Doch der Wille versetzte Berge. Und Schmerzen: Klaus-Dieter Petersen (Daumen) und Staffan Olsson (kleiner Finger) ließen Stauchungen in der Wurfhand mit Spritzen betäuben. Und Wolfgang Schwenke (Magen-Darm-Virus), der nach dem Halbfinale im Mannschaftsbus kollabiert war, ließ sich mit Infusionen aufpäppeln. "Man spielt ja nicht alle Tage ein Finale", sagte "Wolle", der damals noch nicht wissen konnte, dass für die Kieler eines Tages Endspiel-Teilnahmen die Regel werden sollten. Mit "Wir-haben-noch-nicht-ganz-fertig-Trikots" tanzten sie schließlich im "Velvet" durch die Nacht und erfüllten mit dem Pokal-Rückenwind in den kommenden Wochen tatsächlich ihre Vision: Sie wurden Meister und gewannen den EHF-Pokal - das erste THW-Triple war perfekt.
28. März 1999:
Ein bitterer Tag für den TBV Lemgo und seinen Welthandballer Daniel Stephan: Im Endspiel kamen die Ostwestfalen gegen einen wie entfesselt aufspielenden THW (28:19/14:6, siehe Bericht) nie über eine Statistenrolle hinaus. Zu Beginn der zweiten Halbzeit lag das Team von Juri Schewzow bereits chancenlos mit 6:15 zurück, wenige Minuten später (8:20/39.) drohte gar eine Demütigung. Einer der Matchwinner war Goran Stojanovic, der wie sein jugoslawischer Landsmann Nenad Perunicic (6 Tore) überlegt hatte, angesichts der sich zuspitzenden Krise im Kosovo auf eine Teilnahme zu verzichten. Stojanovic ist in Belgrad (Serbien) aufgewachsen, Perunicic in Brac (Montenegro). "Ich befürchte, dass sie nach Hause fliegen", sagte THW-Trainer Noka Serdarusic, selbst gebürtiger Kroate, vor der Pokal-Endrunde. "Ich verstehe meine Spieler, Handball ist nicht mehr wichtig." Sie spielten doch, mit Trauerflor und vollem Einsatz. Das bekam auch der SC Magdeburg zu spüren, der im Halbfinale (20:29) chancenlos bleiben sollte. Als Stojanovic bei der Siegerehrung schließlich den "Pott" in Händen hielt, flossen beim sonst so coolen Torhüter die Tränen. "Er war besser als Weltklasse", lobte Serdarusic. "Weltklasse wäre noch eine Beleidigung."
2. April 2000:
Der dritte Titelgewinn war der, den sich die Kieler am härtesten verdienen mussten. Im Halbfinale besiegten die Serdarusic-Schützlinge die von Martin Schwalb trainierte SG Wallau/Massenheim erst in der Verlängerung (28:27, siehe Bericht), und auch im Endspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt mussten die "Zebras" zehn zusätzliche Minuten bangen, ehe sie mit 26:25 (23:21/20:20/11:11, siehe Bericht) gewonnen hatten. Vor mehr als 1000 Fans war die dänische Zaubermaus Nikolaj Jacobsen der Held der Schwarz-Weißen. Der Linksaußen warf 19 der 54 Tore, allein gegen die Flensburger, die als Spitzenreiter angereist waren, traf Jacobsen 13-mal. Matchwinner gegen die Hessen war einer, der insgesamt einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte: Nenad Perunicic. Kiels Wurfturm hatte vorher neun Fehlversuche angesammelt, nahm sich 40 Sekunden vor dem Abpfiff aber noch einmal ein Herz und traf zum vorentscheidenden 28:26. Für die SG sollte der THW-Albtraum weitergehen. Mit dem anschließenden 32:25-Heimsieg in der Liga gegen den Erzrivalen stellten die Kieler auch in der Meisterschaft noch die Weichen auf Titelgewinn. Kiel Erster, Flensburg Zweiter - das war in diesen Tagen eine zementierte Reihenfolge.
15. April 2007:
Titel Nummer vier, der erste in der Color-Line-Arena, die mittlerweile O2-World heißt. Die "Zebras" besiegten im Finale die SG Kronau/Östringen, mittlerweile in Rhein-Neckar Löwen umbenannt, mit 33:31 (15:19) - siehe Spielbericht. In der vergangenen Pokalsaison hatten die Badener den THW im Halbfinale gestoppt, diesmal hatten die Kieler das bessere Ende für sich. Vor rund 3000 THW-Fans wurde der zwölfmalige Torschütze Nikola Karabatic zum Turm in der Schlacht. Der Franzose, der auch im Halbfinale gegen die SG Flensburg (34:33, siehe Spielbericht) mit 13 Treffern der überragende Spieler gewesen war. Im Derby hatten die Kieler mit 19:12 geführt, ehe sie dann den Faden und den reaktivierten Barcelona-Helden Andrej Xepkin verloren, der nach einem Foul an Joachim Boldsen (39.) die Rote Karte gesehen hatte.

Fünf Minuten vor dem Abpfiff fiel zudem die Hallenuhr aus, die Zeit wurde per Hand gestoppt und die Verwirrung auf dem Feld perfekt. Den 34. THW-Treffer erzielte schließlich Pelle Linders, die SG-Chance auf den Ausgleich verhinderte Thierry Omeyer mit einer Doppelparade gegen Blazenko Lackovic und Johnny Jensen. Gegen die SG Kronau/Östringen, die im Halbfinale überraschend den HSV Hamburg (29:28) gestoppt hatte, lagen die personell schwer dezimierten Kieler bereits aussichtslos mit 9:15 zurück. Der THW musste auf die dauerverletzten Marcus Ahlm, Lars Krogh Jeppesen, Henning Fritz und Viktor Szilagyi verzichten. Und in der 41. Minute musste dann auch Stefan Lövgren aufgeben. Doch das letzte THW-Hemd war ebenfalls ein besonderes: Als Omeyer bei einer 31:29-Führung für die Kieler einen Siebenmeter von Mariusz Jurasik parierte (57.), gaben die "Kröstis" auf.

30. März 2008:
Im Final Four treffen die Kieler in der Regel auf bekannte Gesichter. Das war diesmal nicht anders. Im Halbfinale gewannen die "Zebras" relativ souverän mit 38:30 (24:19) gegen die Rhein-Neckar Löwen, die ein guter Gegner waren, aber anschließend ein schlechter Verlierer. Das Spiel um Platz drei gegen die HSG Nordhorn sagten die Badener ab, so dass es am Sonntag nur ein Spiel gab. Eines, das es in sich hatte. In einem dramatischen Finale setzte sich der THW gegen den Hausherrn, den HSV Hamburg, mit 32:29 (17:18) durch. Die Kieler, die anschließend mit Rekordhalter VfL Gummersbach (fünf Pokalsiege) gleichzogen, hatten einmal mehr in den Franzosen Thierry Omeyer und Nikola Karabatic (9 Tore) ihre Matchwinner. Ohne Marcus Ahlm, der in der 43. Minute die dritte Zeitstrafe kassierte, überstanden die Kieler zudem eine kritische Phase, die ihnen Noka Serdarusic eingebrockt hatte. Der erregte Trainer kassierte eine Zeitstrafe, die Stefan Lövgren für ihn ableisten musste. Doch der HSV, in dessen Reihen der großartige Südkoreaner Kyung-Shin Yoon sein letztes DHB-Pokalspiel bestritt, konnte aus der doppelten Überzahl kein Kapital schlagen. Im Gegenteil - Vid Kavticnik traf sogar zum 26:23. Am Ende konnte auch Serdarusic wieder lachen. "Es heißt immer, dass ich wie ein Stück Holz an der Seite stehe. Da wollte ich mal zeigen, dass auch ich Emotionen habe."
10. April 2009:
Der VfL Gummersbach und der THW Kiel hatten den "Pott" jeweils fünfmal gewonnen. Nach dem 30:24 (15:12)-Sieg im Endspiel gegen die Oberbergischen wurde der Rekordmeister auch alleiniger Rekordpokalsieger. Das Final Four war auch diesmal eine Begegnungsstätte der besonderen Art. Trainer der Sieger war mittlerweile Alfred Gislason, den der THW den Gummersbachern im Sommer zuvor für eine Ablöse von 750.000 Euro abgekauft hatte. Und Trainer der Rhein-Neckar Löwen, die im Halbfinale an den Kielern (35:36) gescheitert waren, war Wolfgang Schwenke. Ein Ur-"Zebra", das den ersten Pokaltriumph des THW am 5. April 1998 noch in Schwarz-Weiß erlebt hatte. Dieses Mal war Schwenke Trainer von Christian Schwarzer, der damals mit Niederwürzbach gegen Kiel verloren hatte.

Vid Kavticnik (10) und Christian Zeitz (9) trafen am häufigsten in einer Partie, die zehn Sekunden vor dem Abpfiff auf der Kippe stand, als Schwarzer zum 35:35 ausglich. Doch Thierry Omeyer fischte den Ball gedankenschnell aus dem Netz, warf ihn zu Nikola Karabatic und der sah Filip Jicha. Der Tscheche, später zum wertvollsten Spieler des Turniers gekürt, hämmerte den Ball schließlich aus zwölf Metern durch die Beine von Slawomir Szmal ins Netz.

Der VfL, mit den Ex-Kielern Viktor Szilagyi und Adrian Wagner, hatte im Halbfinale überraschend den HSV mit 35:27 zerpflückt. Doch im Endspiel konnten sich die Gummersbacher nicht noch einmal zu einer solchen Energieleistung aufraffen. Zwar führten sie nach 22 Minuten mit 10:7, dann aber warf der THW innerhalb von sieben Minuten sieben Tore - die Vorentscheidung.

5. Mai 2011:
Im Endspiel besiegte der THW Kiel einmal mehr die SG Flensburg-Handewitt (30:24/16:13) und einen alten Bekannten: Viktor Szilagyi, in der vergangenen Saison noch Finalgegner mit Gummersbach. Die Flensburger hatten den "Pott" 2003, 2004 und 2005 gewinnen können, doch der vierte Streich blieb ihnen, die im Halbfinale die Rhein-Neckar Löwen mit 22:20 bezwungen hatten, verwehrt. Das Team von Ljubomir Vranjes traf zum falschen Zeitpunkt auf die Kieler, die kurz zuvor in der Liga beim SC Magdeburg (24:30) verloren und den Tiefpunkt einer aus ihrer Sicht verkorksten Saison erreicht hatten. Sie hatten sich in einem Kieler Restaurant zur Aussprache getroffen. Hamburg, so der Beschluss, sollte der Wendepunkt werden. Und das wurde er eindrucksvoll. "Als wir aus Magdeburg zurückgefahren sind, saßen Handballer im Bus, die einige Wochen zuvor noch großartigen Sport geboten hatten", sagte Filip Jicha. "Wir mussten uns nur befreien."

Im Halbfinale gegen FA Göppingen (28:23) spielte noch der Zweifel mit. Im Endspiel lösten die Kieler die Bremse. Zum besten Spieler wurde Christian Zeitz gewählt, der mit elf Toren auch erfolgreichster Schütze des Turniers war. Bei der Siegerehrung fehlte Alfred Gislason. Warum? "Ich war in der Kabine, lag mit einem Bier auf dem Bauch auf der Liege und habe mir das im Fernsehen angesehen."

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 04.05.2012)


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