Von Dr. Oliver Schulz
Die Bären von Chehov haben ihr Fell im Palacio de los
Deportes teuer verkauft. Nach klarem 17:12-Rückstand zur
Pause kamen sie gegen Ademar Leon in Durchgang zwei
zurück und boten ihnen bis zur Schlusssirene einen
packenden Kampf. So war das Spiel, in dem die dänischen
Schiedsrichter sage und schreibe 25 Siebenmeter verhängten,
für die Kastilier alles andere als Honig schlecken. Nicht
zuletzt dank sieben vergebener russischer Strafwürfe
konnten sie das 28:27 über die Zeit retten und so den
ersten von zwei notwendigen Siegen einfahren. Damit
erhält Leons Gastspiel bei Tabellenführer THW Kiel am
Donnerstag in der Tat finalen Charakter. Schon vor Wochen
sprach die Zeitung "El Mundo - La Cronica" vom "D-Day".
Leon vor der Pause überlegen
Die Spanier erwischten vor eigenem Publikum den besseren
Start. Nach ausgeglichenen zehn Anfangsminuten (5:4) ergriff
Ademar die Initiative und zog nach einer guten Viertelstunde
auf fünf Tore davon (10:5; 18.). Zwei Minuten später waren
die Mannen von Jordi Ribera gar auf sieben Treffer enteilt
(12:5). Sie kontrollierten die Partie klar und nahmen nach
einem von Urdiales verwandelten Siebenmeter einen beruhigenden
17:12 Vorsprung mit in die Kabine. War hier bereits eine
Vorentscheidung gefallen?
Bären starten besser in zweite Hälfte
Direkt nach Wiederanpfiff durch die dänischen Schiedsrichter
Olesen/Pedersen gelangen Chehov vier Tore in Folge, die
den Vorsprung Ademars auf ein mageres Törchen schmelzen
ließen. Die Spanier schienen in der Kabine kein Zielwasser
getrunken zu haben, und so mussten die Zuschauer geschlagene
acht Minuten und 17 Sekunden auf den ersten Treffer ihrer
Spieler warten. Auch in den folgenden sieben Minuten glückten
den physisch erschöpft wirkenden Hausherren nur drei Tore,
allesamt vom Siebenmeterstrich. Die Gäste setzten indes auf
eine harte Deckung und zeigten sich auch zwischen den Pfosten
verbessert.
Chehov gleicht mehrmals aus
Mit dieser Deckung hatte Leon fortan Probleme und musste mit
ansehen, wie sich die Bären herankämpften. Die Überlegenheit
und komfortable Führung aus den ersten 30 Minuten hatte sich
in ein Hauen und Stechen verwandelt, in dem sich die Gäste
bis zum Schluss nicht mehr abschütteln ließen. Mehrmals gelang
den Russen der Ausgleich, so etwa durch Chipurin zum 20:20
zu Beginn der Schlussviertelstunde oder durch Igropulos 23:23
zehn Minuten vor dem Ende. Chipurin war es erneut, der knapp
fünf Minuten vor der Sirene zum 25:25 egalisierte. Eine
eigene Führung blieb seinen Mitstreitern jedoch versagt.
Alilovic hält vier Siebenmeter
Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt völlig offen. Wer weiß,
was geschehen wäre, wäre nicht Torhüter Mirko Alilovic
in den folgenden Minuten über sich hinausgewachsen. Der
junge Kroate wehrte ganze vier von sechs Siebenmetern ab
und zog den Männern aus dem Moskauer Umland zudem bei zwei
Gegenstößen den Zahn. Er verhinderte damit praktisch im
Alleingang, dass die Gäste in Führung gingen und das Ruder
herumrissen.
Stranovsky eiskalt vom Siebenmeterstrich
Als sich bei Leon die Müdigkeit einschlich, konnte sich die
Mannschaft außerdem weiter auf Youngster Martin Stranovsky
verlassen. Der slowakische Nationallinksaußen, der Trainer
Riberas Vorgänger Manolo Cadenas schon vor Jahren als überaus
torgefährlicher Jungspund in Nove Zamky aufgefallen war,
erwies sich einmal mehr als Segen für die Kastilier.
Seine Kaltschnäuzigkeit vom Siebenmeterstrich war es, die
Ademar gegen die harten Bären die Oberhand behalten ließ.
Zehn Tore standen am Ende für Stranovsky zu Buche, davon
ganze acht vom Punkt. Wie Linksaußen Santi Urdiales scheiterte
auch er nur bei einem Siebenmeter.
Chehov hingegen konnte von seinen 14 (!) Strafwürfen nur
die Hälfte im gegnerischen Netz unterbringen. Eine Tatsache,
die Trainerlegende Vladimir Maximov als unverzeihlich bewertete
und für die Niederlage mitverantwortlich machte. Nur einer
ihrer sieben Fehlwürfe ging am Tor vorbei, die anderen sechs
wurden Beute der Torhüter: Saric entschärfte zwei, der
angesprochene "Held des Abends" Alilovic gar vier.
So überstanden die Spanier, bei denen sich neben Stranovsky
und Alilovic auch Kreisläufer Hector Castresana Bestnoten
verdiente, auch die letzten Angriffe der Gäste und dürfen
weiter vom ersten Halbfinaleinzug in der Königsklasse träumen.
Gegen den THW müssen sie nun am Donnerstag Abend alles auf
eine Karte setzen, um diesen Traum vielleicht doch noch wahr
werden zu lassen.
Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt den verletzungsgeplagten
Spaniern allerdings nicht: bereits am Montag Abend gastiert
mit dem FC Barcelona ein weiterer Hochkaräter und direkter
Konkurrent um einen Champions-League Platz in Leon. Nach
Lage der Dinge wird neben dem dänischen Spielmacher Claus
Möller Jakobsen auch der erfahrene Halbrechte Mateo
Garralda gegen Kiel fehlen.
(von Dr. Oliver Schulz)
- Ademar Leon (ESP ):
-
Saric, Alilovic; Laluska (5), Sarmiento (2), Aguinagalde (2),
Krivoschlykov (2), Stranovsky (10/8), Valcic, Castresana (2),
Aguirrezabalaga (2), Urdiales (3/1), da Costa
- Chehovski Medvedi Moskau (RUS ):
-
Kostigov, Grams; Ivanov (1), Rastvortsev (1), Kamanin (3),
Dibirov (3/1), Chipurin (4), Igropulo (5/2), Aslanjan (4/4),
Chernoivanov, Filipov (4), Jevdokimov, Kovaljov (2)
- Schiedsrichter:
-
Per Olesen / Lars Ejby Pedersen (DEN)
- Zeitstrafen:
-
Leon: 5 (2x Valcic (20.,48.), Stranovsky (21.), Aguinagalde (55.), Castresana (56.));
Moskau: 8 (2x Igropulo (2.,12.), 2x Jevdokinov (36.,51.), Kamanin (39.), Chernoivanov (42.), Dibirov (48.), Chipurin (56.))
- Rote Karte:
-
Moskau: Kamanin (59.)
- Siebenmeter:
-
Leon: 11/9;
Moskau: 14/7
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 2:1, 5:4 (10.), 6:4, 7:5 (14.), 10:5 (18.), 12:5 (20.),
12:7 (23.), 13:9 (26.), 14:11 (28.), 15:11, 16:12, 17:12;
2. Hz.: 17:14 (32.), 17:16 (38.), 19:17 (40.), 19:19 (42.), 20:20 (44.),
21:21 (46.), 23:22 (49.), 23:23 (50.), 25:23 (54.), 25:24 (55.),
25:25 (56.), 26:25 (57.), 27:25 (58.), 27:26 (59.), 28:27.
- Zuschauer:
-
4800 (Palacio de los Deportes, Leon (ESP))