Super-Start für den THW Kiel in die
Hauprunde der Champions League: Beim ersatzgeschwächten
französischen Meister US Ivry gewannen die Zebras am Sonntag Abend locker mit 39:25 (17:10). Dabei
war die Partie beinahe schon zur Halbzeitpause entschieden, denn dem konsequenten Kieler
Spiel hatten die Gastgeber wenig entgegenzusetzen. Überragend: Torhüter
Thierry Omeyer,
der mit 28 Paraden die gegnerischen Angreifer zur Bedeutungslosigkeit degradierte, und
Filip Jicha mit zehn Toren, der den Wettbewerb um den erfolgreichsten
Torschützen in den Schlussminuten knapp gegen
Nikola Karabatic (8)
gewann.
Vor dem Spiel gab es von den Gastgeber Blumen für die farnzösischen Nationalspieler, die bei
der
Europameisterschaft Bronze gewannen - also auch für
Omeyer
und
Karabatic. Und die wollten offensichtlich zeigen, warum
sie geehrt wurden.
Omeyer knöpfte in den ersten Minuten gleich reihenweise
den Außen der Franzosen die Bälle ab, ließ sich auch aus dem Rückraum kaum bezwingen.
Karabatic
machte vor den Augen seines Bruders Luka beim 6:2 (9.) bereits seinen dritten Treffer - der THW hatte die Partie von Beginn an im Griff.
Gegen die offensive 4-2-Deckung, die
Stefan Lövgren und
Karabatic
auszuschalten versuchte, setzten die Kieler ein schnelles, direktes Spiel. Teilweise wurde
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Filip Jicha (zehn Tore) scheitert zunächst an
Francois Chapon, verwandelt dann aber den Nachwurf - sehr zum Unwillen
der Zuschauer, die auch den Nachwurf nicht hinter der Linie gesehen hatten.
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die gegnerische Deckung mit Doppelpässen schwindelig gespielt, so auch bei
Karabatics
Heber zum 10:5 und vor
Jichas Dreher zum 11:5 - US Ivry nahm nach zwanzig
Minuten bereits die Auszeit. Zu dominant die Kieler Deckung, in der
Jicha
für
Lövgren im Mittelblock deckte, zu gut
Omeyer
und das aus seinen Paraden entstehende Tempospiel zumeist über
Dominik Klein,
zu gut der Kieler Rückraum in Gestalt von
Karabatic und
Jicha -
Noka Serdarusic konnte früh durchschnaufen und brachte
Lund für
Lövgren und
Zeitz
für den bis dato abgemeldeten
Kim Andersson.
Zeitz
brachte mit einem kleinen Scharmützel mit Guilbert ein bisschen Stimmung in die triste, einer
Schulsporthalle ähnelnde, Arena, in der 1800 Zuschauer staunend ob der Kieler Stärke zumeist
still verharrten.
Hoffnung schöpften die Gastgeber in der ersten Hälfte nur aus dem sicheren Siebenmeterschützen
Hadjali und einige gelegentliche Hammer des wuchtigen Halblinken Martinovic - ansonsten dominierte
der THW selbst in Unterzahl. So auch in der 25. Minute, in der
Klein
sich den Ball schnappte und zum 14:7 traf. Oder vier Minuten später, als
Jicha
und
Klein die gegnerische Abwehr in Unterzahl zweimal düpierten: 17:8.
Ärgerlich nur, dass zwei Ballverluste den Franzosen in den letzten zwanzig Sekunden vor der Pause
noch zwei Tore durch Hadjali und Smajlagic schenkten... Dennoch: Zur Halbzeit war der THW beim 17:10 schon so gut wie
durch.
Schnell erhöhte der THW auch nach der Pause wieder das Tempo. Ein
Jicha-Doppelschlag
stellte die "alte" Neun-Tore-Führung wieder her (34.), jedoch konnte der Gastgeber durch den
Einsatz von Rechtsaußen Luc Abalo im rechten Rückraum ein wenig mehr Offensivdruck entfachen. Der sprunggewaltige
Abalo band zumeist zwei Abwehrspieler, in die Lücke stieß Martinovic. Da zudem
Omeyer
zwei unglückliche Gegentore kassierte, kam nach 43 Minuten doch noch so etwas wie Stimmung auf:
In Überzahl hatten die Gastgeber soeben auf 20:25 verkürzen können, Guilbert und Abalo ließen
die Franzosen hoffen. Diese Hoffnung keimte genau zwei Minuten, dann schien der THW wieder Ernst zu machen.
Omeyer machte seinen Kasten wieder zur uneinnehmbaren Festung,
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Der französische Nationalspieler Fabrice Guilbert traf
fünf Mal.
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und vorn spielten sich die Kieler beinahe in einen Rausch. Zweimal
Ahlm,
zweimal
Kim Andersson, einmal
Jicha und
Karabatic aus zwölf Metern: Sechs gegentorlose Minuten und die Zebras
hatten auch letzte Zweifel am klaren Erfolg in Paris beseitigt, waren von 26:21 in diesen sechs Minuten
auf 32:21 davon gezogen (51.). Die restlichen neun Minuten gerieten gegen resignierende Gastgeber
nun zum Schaulaufen, bei dem
Omeyer glänzte,
Anic
viermal erfolgreich war,
Jicha aus 13 Metern traf und am Ende gar
noch
Mattias Andersson einen Siebenmeter von Guilard parierte - der erste
Champions-League-Trip in der diesjährigen
Hauptrunde hätte
besser wohl kaum verlaufen können. Montag früh geht es für die THW-Reisegruppe mit dem Flugzeug
via Hamburg zurück in die Landeshauptstadt, wo bereits die Videos zur Vorbereitung auf das Bundesliga-Spiel
bei GWD Minden am Donnerstag warten...
Im zweiten Spiel der Hauptrunden-Gruppe 1 setzte sich
Chehovskie Medvedi Moskau (RUS) gegen Ademar leon (ESP) mit
30:28 (17:15, siehe Spielbericht) durch.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten und den
KN-Artikel von der Paris-Reise.
Ich hatte auf einen Sieg gehofft, einen so hohen Erfolg hatte ich jedoch nicht erwartet.
Dass der Sieg so hoch ausfiel, hatten wir vor allem Thierry
zu verdanken, fairerweise muss man aber auch erwähnen, dass Ivry heute viele
wichtige Spieler fehlten. Wir hätten nicht so souverän gewonnen, wenn Ivry in Bestbesetzung
angetreten wäre.
Ivry-Trainer Stephane Imbratia:
Heute konnte ich eine Stunde lang eine große Show einer großen Mannschaft miterleben.
Der THW hat ein sehr gutes Spiel gezeigt. Uns dient die zweite Gruppenphase jedoch mehr dazu, viel
zu lernen und viele Erfahrungen zu sammeln - gerade auch für unsere jungen Spieler.
Die Kieler sind sehr erfahren, trotzdem wollen und werden wir uns im Rückspiel besser verkaufen und
dem THW das Leben schwer machen.
THW-Manager Uwe Schwenker gegenüber den KN:
Ein souveräner Sieg von Beginn an. Wichtig ist
auch, dass fast alle Spieler eingesetzt wurden.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber den KN:
Ivry spielt eine sehr unangenehme Deckung
- das wussten wir. Aber wir haben von Anfang
an 100 Prozent gegeben. "Titi" Omeyer hatte einen bärenstarken
Tag.
THW-Torwart Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Es ist immer toll, in Frankreich zu spielen - in meinem Land. Da will ich
zeigen, wo ich jetzt bin, darum
war ich sehr motiviert. Ivry hatte eine gute erste
Sieben, doch am Ende wurde es immer schwerer für sie.
Ivry-Kapitän Fabrice Guilbert gegenüber den KN:
Ich bin enttäuscht, hatte aber mit allem gerechnet.
Wir wollten Spaß haben, doch die Kluft zwischen den beiden Teams ist zu
groß.
Alexander Buchmann (verletzter Norweger von US Ivry) gegenüber den KN:
Wenn man realistisch ist, hätte es für unsere Mannschaft
noch schlimmer aussehen können. Aber 14 Tore Rückstand ist eigentlich
auch ganz schön schlecht.
- US Ivry (FRA):
-
Pocuca (1.-20., 3 Paraden),
Chapon (20.-60., 6 Paraden);
Richard,
Guillard (2),
Sarni,
Martinovic (4),
Crepain,
Mokrani,
Abalo (3),
Tuzolana,
Hadjali (5/4),
Guilbert (5),
Smajlagic (3),
Petro (2),
Bonin,
Bataille (1);
Trainer: Imbratia
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 28 Paraden),
M. Andersson (1 Siebenmeter, 1 Parade);
Lund (1),
K. Andersson (2),
Lundström (1/1),
Kavticnik (1),
Anic (4),
Lövgren,
Ahlm (5),
Szilagyi (n.e.),
Zeitz (1),
Karabatic (8),
Klein (6),
Jicha (10);
Trainer: Serdarusic
- Schiedsrichter:
-
Martin Gjeding/Mads Hansen (DEN)
- Zeitstrafen:
-
Ivry: 2 (Tuzolana (36.), Petro (49.));
THW: 4 (Kavticnik (24.), Lund (28.),
Karabatic (33.), Zeitz (41.))
- Siebenmeter:
-
Ivry: 6/4 (Omeyer hält Hadjali (33.), Andersson hält Guillard (60.));
THW: 3/1 (Chapon hält Jicha (21.), Karabatic an den Pfosten (26.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:3 (4.), 1:5, 2:6 (9.), 4:6 (11.), 5:9 (19.), 5:12 (21.), 7:13, 7:15 (27.), 8:15, 8:17 (29.), 10:17 (30.);
2. Hz.: 10:18, 11:20 (33.), 13:20 (35.), 14:21, 15:22, 17:23 (39.), 18:25 (41.), 20:25 (43.),
21:26 (45.), 21:32 (51.), 23:34 (54.), 25:35 (57.), 25:39.
- Zuschauer:
-
1850 (ausverkauft) (Gymnase Charpy, Paris (FRA))
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Den "deutschen" Auftakt in die zweite
Gruppenphase der Champions League
machte der VfL Gummersbach am Samstag: Bei Montpellier HB (FRA) reichten 13 (!)
Pungartnik-Tore
den Rheinländern nicht. Montpellier gewann das Spiel in der in der
Hauptrunden-Gruppe 2
mit 41:37 (22:18).
Das heiß ersehnte deutsch-deutschen Duell in der Gruppe 3
zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem HSV Hamburg endete indes unentschieden. Beim
33:33 (17:13) nutzten die Gastgeber eine zwischenzeitliche Sechs-Tore-Führung nicht zum Erfolg.
Yoon konnte sechs Sekunden vor dem Ende per Siebenmeter für die Hansestädter ausgleichen.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Während die HSG Nordhorn gegen den russischen Vertreter SKIF Krasnodar bereits am Mittwoch
einen 35:25 (23:9)-Erfolg vorlegte und damit beinahe schon sicher in der nächsten Runde
des EHF-Pokals steht, unterlag der TBV Lemgo
am Freitag beim slowenischen Klub
RK Cimos Koper mit 29:35 (13:18) und muss um den Verbleib im Wettbewerb fürchten.
Im Pokalsieger-Cup treffen siegten die Rhein-Neckar Löwen am Samstag
in St. Leon-Rot gegen Staffan Olssons Verein Hammarby IF (SWE) nach
ausgeglichener erster Hälfte mit 36:26 (17:17).
Erst am Montag kann sich hingegen der SC Magdeburg eine gute Ausgangsposition für das
Rückspiel verschaffen: Um 19.30 Uhr beginnt das Spiel des SCM in der Bördelandhalle
gegen Frode Hagen und Glenn Solberg von Drammen HK (NOR).
Aus den Kieler Nachrichten vom 11.02.2008:
Nur die "Zebras" zelebrierten das "Savoir vivre"
THW Kiel feierte in Paris sicheren 39:25-Triumph
Paris - Was für ein Sonntag im Februar: Egal, wo einen die U-Bahn
gestern in Paris ausspuckte, herrschte fröhliches Gelächter vor
den Brasserien. Frühling wärmte mit zehn Grad und mehr. Die
Kunst, das (Handball-) Leben zu genießen, das französische Savoir
vivre, zelebrierte am Abend indes nur der THW Kiel. In der Champions
League starteten die "Zebras" mit einem 39:25 (17:10) gegen
Meister US Ivry in die lukrative Hauptrunde.
Dass das beste französische Team der vergangenen Saison dabei nur selten
Champions-League-Ansprüchen genügte, mag an der Verletztenmisere
der Mannschaft von Trainer Stephane Imbratta liegen. Insofern muss
der Mut an dieser Stelle unbedingt lobend erwähnt sein, mit dem das
junge Team von der Seine den Revolutionsplan ausheckte, der die Kieler
Bastille, die sich im 13. Arrondissement formiert hatte, jedoch nicht einmal
zum Wackeln brachte.
Schon die beste Sieben des Gastgebers mit dem jungen Guillaume
Crepain (21) in der Mitte sowie Luc Abalo (23) auf Rechtsaußen und Audray
Tuzolana (23) auf Linksaußen vermittelte den Eindruck einer körperlich
weit unterlegenen Jugend-Mix-Auswahl. "Baguette trifft Baum" - so lautete manches Mal das
Motto, wenn einer dieser schmalen Hüpfer an einem
Filip Jicha oder Nikola Karabatic
abprallte. In der Abwehr kämpften die Franzosen wie die
Löwen mit zwei weit auf Karabatic und Lövgren
vorgezogenen Spielern. Damit kam der THW anfangs nicht
immer sauber zurecht, führte trotzdem schnell mit 5:1 (7.) und 11:5 (20.).
Und als Börge Lund dann Lövgren in
der Rückraum-Mitte ablöste, gab der
Champions-League-Titelverteidiger bis zur Pause (17:10) endgültig die
Richtung vor.
THW-Trainer Noka Serdarusic zeigte sich später bescheiden: "Hätten
bei Ivry nicht wichtige Spieler gefehlt, hätten wir sicher nicht so souverän
ausgesehen." Dazu passt auch die Beobachtung von Ivrys Kapitän
Fabrice Guilbert: "Ich hatte keinen Respekt vor den Kielern, aber die
jungen Spieler hatten alle sehr sehr viel." Die gossen eine Mischung aus
Lebenslust und Handballkunst in eine Form, mit der jeder Gegner an diesem
Tag so seine Schwierigkeiten gehabt hätte. Mit einem Filip Jicha, der
zehnmal traf, anfangs nur in der Abwehr spielte und die ersten vier, fünf
Treffer "im Vorbeigehen" erzielte, wenn ihn das Tempospiel seiner Nebenleute
in den Angriff hineinsog. Mit den zahlreichen Ballgewinnen, flinken Gegenstößen, (fast) immer
kaltschnäuzigen Vollendungen. Und mit einem Thierry Omeyer. Der THW-Keeper
wurde ebenso wie Nikola Karabatic
bei der Begrüßung bejubelt wie ein Popstar, spielte sich in einen
Rausch mit 13 Paraden vor und noch einmal elf nach der Pause. Der 31-Jährige
strahlte nach der Partie in jedes Mikrofon, jede Kamera, jedes Gesicht.
Schließlich war er es, der auch die einzige Schwächephase seiner
Mannschaft zu überstehen half. Zwischen dem 13:21 (36.) und 20:25 (43.)
verkürzte Ivry noch einmal, agierte mit Luc Abalo auf Halbrechts druckvoller
als zuvor, was sich jedoch nur als Strohfeuer entpuppte.
Alle Kieler, die das Feld betraten, fügten sich sofort in das funktionierende
System ein. Kim Andersson, der von der Bank zurückkam und
schnell zwei wichtige Tore zum 32:21 (51.) für Kiel erzielte, und auch der
junge Kreisläufer Igor Anic, der in den letzten sieben
Minuten viermal traf. Mattias Andersson
kommt in der Schlusssekunde zwischen die Pfosten, entschärft einen
Siebenmeter von Romain Guillard - "Baguette trifft Baum".
So kann es aussehen, wenn es
auch in der Hauptrunde der Handball-"Königsklasse" noch eine
Zweiklassen-Gesellschaft gibt.
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 11.02.2008)
Aus den Kieler Nachrichten vom 11.02.2008:
Zebra-Splitter aus Paris
Hüft-Schreck:
THW-Kapitän
Stefan Lövgren musste sich
gestern im Abschlusstraining um 10 Uhr einer Hüft-Spezialbehandlung
von Physiotherapeut
Dennis Missling unterziehen. Grund zur Sorge? Der
37-Jährige winkte ab: "Nur eine Vorsichtsmaßnahme."
Propheten: Wie lange sein Gesichtshaar
noch sprießen soll? "Bis wir wieder ein Spiel verlieren",
sagt THW-Rechtsaußen
Vid Kavticnik, der sich
schon bald einem "Mann-in-den-Bergen"-Look nähern
könnte. Derweil hat sich
Stefan Lövgren - zuletzt Typ Burt
Reynolds - von seinem Bart getrennt. Ehefrau Ann-Sofie hatte dabei allerdings keineswegs
ihre Finger im Spiel. "Ich war einfach nur faul und
habe mich nicht rasiert. Aber jetzt wurde es Zeit."
Schatten-Champions: "Le
Grand Frisson" (Die große Gänsehaut)? Mit dem Duell
Ivry gegen den THW hatten diese Gefühlsausbrüche der "L'Equipe" nichts zu tun.
Sechs Seiten widmete die große französische Sportzeitung
in ihrer gestrigen Ausgabe der Sportart Rugby und dem Spiel Frankreichs gegen Irland
beim Sechs-Nationen-Turnier (26:21). Es folgten eine Seite Judo, Radsport, Fußball
(Ligue 1), Fußball (Bundesliga), Fußball (Afrika-Cup), Biathlon,
Skisport und schließlich auf Seite 18: ein bisschen
Handball.
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 11.02.2008)