28./29.01.2010 - Letzte Aktualisierung: 29.01.2010 | EM 2010 |
Update #1 | KN-Bericht ergänzt ... |
Nach dem Seitenwechsel behauptete Deutschland zunächst die Führung, Sprenger von außen, Kaufmann mit seinen Treffern 6 und 7 in seinen Versuchen 8 und 9 sowie Michael Haaß trafen zum zwischenzeitlichen 20:17 (42.), während von Filip Jicha noch immer nicht viel zu sehen war. Dann aber begann eine lange Schwächephase im DHB-Team: Kaufmann verwarf viermal in Folge, Tschechien glich zum 20:20 aus. Hätten die norwegischen Schiedsrichter in dieser Phase nicht Filip und Hynek (zurecht!) für jeweils zwei Minuten auf die Bank geschickt - die Deutschen wären schon jetzt einem Rückstand hinterher gelaufen. So aber fand das DHB-Team in den vier Minuten Überzahl wieder etwas zurück in die Partie, ging durch Christophersen, Sprenger, zweimal Gensheimer und Theuerkauf jeweils wieder in Führung. Doch nun übernahm Filip Jicha bei Tschechien die Verantwortung, zimmerte die Bälle bei angezeigtem Zeitspiel in den von Johannes Bitter durchschnittlich gehüteten Kasten. So war es auch der THW-Spieler, der zwei Minuten vor Schluss das 25:26, die erste tschechische Führung seit der Anfangsphase, erzielte. Heiner Brand nahm seine Auszeit und die Mannschaft seine Worte zu Herzen. Christoph Theuerkauf glich zum 26:26 aus, doch noch war genügend Zeit für Tschechien. Nun nahm Liptak seine Auszeit, der geplante Kempatrick ging aber schief, so dass Deutschland noch einmal in Ballbesitz kam. Heiner Brand wechselte Johannes Bitter zugunsten eines siebten Feldspielers aus, ein technischer Fehler von Michael Haaß beendete eine Sekunde vor Schluss aber die Siegchancen Deutschlands. Zumindest hatten die Tschechen keine Zeit mehr, ihrerseits den Ball ins verwaiste deutsche Tor zu werfen.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2010:
Die DHB-Auswahl beendete das Turnier mit zwei Hauptrundenpunkten als Zehnter, einen Platz hinter Gastgeber Österreich, das in der Parallelgruppe 31:30 über Russland triumphierte. Viktor Szilagyi und Co., die ehemaligen Handball-Zwerge, haben die Hierarchie auf dem Kontinent für ein Jahr aus den Angeln gehoben. Österreich vor Deutschland: In der Sportwelt der Alpenrepublik herrscht Ausnahmezustand.
Zwei Männern platzte nach der Partie in Innsbruck fast der Kragen. Auf deutscher Seite tobte Heiner Brand, der in den letzten Sekunden einen siebten Feldspieler für Torhüter Bitter aufs Feld beordert hatte. Statt die Überzahl zu nutzen, agierte sein Team fahrig und unkonzentriert, verlor fünf Sekunden vor dem Ende sogar den Ball. "Da hatte ein Spieler nicht die taktische Disziplin, das war symptomatisch", schimpfte der Bundestrainer. Statt wie vereinbart, war Rhein-Neckar Löwe Michael Müller nicht auf die linke Seite gewechselt, sondern machte es in der Mitte eng. In diesem Chaos verpasste Theuerkauf das Anspiel. Filip Jicha schaltete am schnellsten, ein Blick aufs leere deutsche Tor, Wurf quer über das Spielfeld - und dann folgte das Frusterlebnis des THW-Rückraumspielers: Landsmann Karel Nocar fing jenen Ball ab, der siegbringend gewesen wäre. Schlusssirene, Remis statt Tschechen-Triumph. "Er ist eben der beste deutsche Torhüter", flachste der Kieler nach der Partie. Wenige Minuten zuvor wäre dem überragenden EM-Akteur fast der Kragen geplatzt, wutentbrannt ließ er seinen Ärger an einem Stuhl aus, um später schmunzelnd festzustellen: "Alles heil geblieben."
Filip Jicha erzielte noch einmal sechs Tore, erhöhte seine EM-Bilanz auf 53 und dürfte auch ohne Teilnahme an den Finalspielen Torschützenkönig des Turniers werden. Gestern lief die Partie trotzdem die meiste Zeit an dem Zwei-Meter-Mann vorbei. Heiner Brand hatte sich für Manndeckung gegen die tschechische Schaltzentrale entschieden. Christoph Theuerkauf habe gleich nach dem Anpfiff vor seiner Nase herumgetanzt, "und mich aus dem Spiel genommen."
Deutschland startete katastrophal, kam nach sechs Fehlversuchen erst in der achten Minute zum ersten Torerfolg. Brand reagierte, brachte den Göppinger Haaß für Kraus auf der Spielmacherposition, fortan bekam das Spiel mehr Konturen. Sogar der Sieg schien möglich, bis sich am Ende wieder Filip Jicha einschaltete. Von den letzten fünf Toren erzielte der Kieler vier, jeweils im Anschluss an Freiwürfe, als Schattenmann Theuerkauf Abstand halten musste. "Wir sind sehr zufrieden, haben die EM genossen", kommentierte Jicha. "Ein Sieg wäre schön gewesen", sagte Vereinskollege Christian Sprenger. Stattdessen wurde Geschichte geschrieben: Österreich vor Deutschland.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2010)
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