Aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2008:
- Kieler Nachrichten:
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Wie erklären Sie sich diesen
Auftritt? Hat dieses Spiel an ihrem
Fazit etwas verändert?
- Heiner Brand:
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Ja. Unter den gegebenen Umständen
war ich mit dem Erreichen des Halbfinals zufrieden.
Die Mannschaft hat sich sehr positiv präsentiert. Ein
schlechtes Spiel gegen Frankreich habe ich nach den Ausfällen von Florian Kehrmann
und Markus Baur befürchtet. Die Art und Weise dieser Niederlage
allerdings nicht. Ich habe Verständnis für die Spieler,
die eine hohe Belastung hatten. Aber die, die auf der
Platte stehen, müssen sich mindestens zehn Minuten
lang bemühen und die, die von der Bank kommen, Feuer zeigen.
- Kieler Nachrichten:
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Beides war nicht der Fall.
Darf ein Weltmeister sich so präsentieren?
- Heiner Brand:
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Das war am Ende doch gar nicht mehr der Weltmeister.
Das war nur noch die Nation, die Weltmeister geworden ist.
Mit wem haben wir am Ende auf dem Platz gestanden? Da
spielten Lars Kaufmann, Rolf Hermann und Stefan Schröder.
Bezeichnend, dass wir von den ersten sieben Tore
sechs als Gegenstöße bekommen haben. Für Tore muss
man arbeiten und nicht einfach nur versuchen, den Kreis
anzuspielen, als hätten die
Gegner Kreisliga-Format. Diese Mentalität hat uns
schon zu Beginn des Turniers Probleme bereitet.
- Kieler Nachrichten:
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Haben Sie als Trainer in diesem Spiel eine Ohnmacht verspürt?
- Heiner Brand:
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Irgendwann schon. Und als Markus Baur fehlte, wurde
deutlich, welche Bedeutung er für diese Mannschaft hat. Wer
noch immer Zweifel daran hat, dass er ins Team gehört,
sollte sie spätestens jetzt ablegen.
Wir sollten nicht über seine Trainertätigkeit in Lemgo
diskutieren, sondern über die Ersatzspieler, die immer Einsätze
verlangen, aber dann nicht überzeugen. Da ich einen oberbergischen Dickschädel
habe, werde ich das bis zu den Olympischen Spielen
auch nicht vergessen haben. Ich will da meine beste
Mannschaft präsentieren und hoffe, dass Baur dabei sein
kann.
- Kieler Nachrichten:
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Wie gut ist der Weltmeister für die Olympischen Spiele gerüstet?
- Heiner Brand:
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Wir haben in Norwegen gezeigt, dass wir mit den Spitzenmannschaften
mithalten können. Bei uns muss aber alles stimmen. Bis auf die Torhüterposition
haben wir überall größere und kleinere
Baustellen. Im kämpferischen Bereich war ich mit meiner
Mannschaft zufrieden. Ohne diesen Einsatz wären wir
nicht ins Halbfinale gekommen.
- Kieler Nachrichten:
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Wie empfanden Sie den Spielplan
und die Atmosphäre bei diesem Turnier?
- Heiner Brand:
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Die Belastung ist zu hoch, drei Hauptrundenspiele innerhalb
von drei Tagen sind viel zu viel. Da muss man sich ganz
schnell etwas überlegen. Ein bisschen erschüttert bin ich,
dass beim Halbfinale die Halle nur halb voll war. Das
spricht nicht dafür, dass Norwegen ein Handball-Land ist.
Für unseren Sport war die Außenwirkung bei dieser EM
nicht so positiv.
- Kieler Nachrichten:
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Was machen Sie nach diesem
Turnier? Urlaub?
- Heiner Brand:
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Ich mache doch fast immer
Urlaub. Nein, im Ernst, ich
brauche jetzt erst einmal ein
bisschen Ruhe. Dann lege ich
den Fokus auf Olympia.
(Das Interview führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.01.2008)