THW-Logo
24./26.01.2009 - Letzte Aktualisierung: 26.01.2009 WM 2009

Deutschland mit Punkteteilung gegen Serbien

Update #1 KN-Bericht ergänzt ...

Torsten Jansen war mit 10 Toren bester deutscher Schütze.
Torsten Jansen war mit 10 Toren bester deutscher Schütze.
Die deutsche Handballnationalmannschaft ist bei der Weltmeisterschaft in Kroatien mit einem Unentschieden in die Hauptrunde gestartet. Nach einer Leistungssteigerung im zweiten Durchgang erkämpfte sich die DHB-Auswahl gegen Serbien ein leistungsgerechtes 35:35 (16:19)-Remis und kann somit weiterhin vom Halbfinaleinzug träumen. Bester Torschütze beim Titelverteidiger war Torsten Jansen mit 10/1 Treffern, Dominik Klein war zweimal erfolgreich.
Nach ausgeglichener Anfangsphase konnten sich die Serben schnell einen kleinen Vorsprung herauswerfen. Während das deutsche Angriffsspiel durch die Manndeckung
Michael Kraus erzielte sechs Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Michael Kraus erzielte sechs Tore.
gegen Pascal Hens ein wenig stockte, zeigte Serbien, dass das Team mehr als nur Gummersbachs Momir Ilic zu bieten hatte: Alle Rückraumspieler strahlten gegen eine allerdings unaufmerksame deutsche Deckung Torgefahr aus, zudem bekamen auch die bislang starken Keeper kaum eine Hand an den Ball. Als der nachnominierte und gegen Mazedonien und Polen stark auftrumpfende Rechtsaußen Christian Schöne einige Male scheiterte und selbst einen Gegenstoß nicht ins Tor unterbrachte, konnte Serbien Mitte des ersten Durchgangs durch konsequente Chancenausnutzung den Vorsprung sogar bis auf sechs Treffer (8:14, 18.) ausbauen.

Momir Ilic erzielte für Serbien 5/2 Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Momir Ilic erzielte für Serbien 5/2 Tore.
Heiner Brand reagierte nun und stellte seine Abwehr um: Lars Kaufmann rückte neben den Mittelblock, später versuchte sich Dominik Klein kurzzeitig als Zerstörer im serbischen Aufbauspiel. Tatsächlich stockte das Spiel der Serben nun, während Deutschland vor allem durch den starken Torsten Jansen und den in dieser Phase für den enttäuschenden Holger Glandorf spielenden Michael Müller bis auf drei Treffer verkürzen konnte. Auch Johannes Bitter, der früh durch den ebenfalls glücklosen Carsten Lichtlein ersetzt wurde, konnte sich endlich einmal auszeichnen, entschärfte gleich zwei Gegenstöße und verhinderte somit das 20. Gegentor vor der Pausensirene.

Dominik Klein im Kampf um den Ball.
Klicken Sie zum Vergrößern! Dominik Klein im Kampf um den Ball.
Nach dem Seitenwechsel sollte erneut die deutsche Aufholjagd starten, doch bis zur 37. Minute konnte Serbien den Titelverteidiger noch auf Distanz halten. Torsten Jansen und Michael Kraus rissen nun aber die Partie an sich, verkürzten durch je einen Treffer auf 21:22 - und als Holger Glandorf kurz darauf endlich sein zweites Tor erzielte, war der Gegner endlich gestellt. Die deutschen und auch die kroatischen Handballfans in der nur halb gefüllten Halle peitschten das Team von Heiner Brand nun nach vorne, und nachdem Preiß die erste deutsche Führung gelang, Martin Strobel mit zwei schönen Treffern nachlegte und auch Unglücksrabe Christian Schöne endlich sein Tor gelang, schien Deutschland nach 44 Minuten beim Stand von 27:25 dem fünften Sieg im Folge entgegen zu eilen.

Es war eine harte Partie: Hier erhält Lars Kaufmann einen Schlag ins Gesicht.
Es war eine harte Partie: Hier erhält Lars Kaufmann einen Schlag ins Gesicht.
Jedoch verfiel die deutsche Deckung nun wieder in die Lethargie des ersten Durchgangs und ermöglichte einfache Tore durch Sesum, Vujin und zweimal Markovic. Kraus, Schöne und Glandorf hingegen vergaben vorne, so dass Serbien wieder die Führung übernahm. Wieder war es Martin Strobel, der Deutschland mit seinem dritten Treffer ins Spiel zurückbrachte, ehe Dominik Klein nach einem Steal per Gegenstoß den erneuten Ausgleich zum 32:32 herstellte. In einer dramatischen Schlussphase ließ nun bei beiden Teams ein wenig die Konzentration nach, die rasanten 55 Minuten zuvor forderten via Ballverlusten und technischen Fehlern ihren Tribut. Dennoch sicherte sich Deutschland einen großen Vorteil: Michael Kraus brachte seine Mannschaft mit seinem sechsten Treffer mit 34:33 in Führung, Serbiens Kreisläufer Nikolic kassierte eine fragwürdige Zeitstrafe, Torsten Jansen verwandelte einen Strafwurf zum 35:33. Doch Vujin und Bojinovic schafften doch noch die nicht unverdiente Punkteteilung.

Im zweiten Spiel der Gruppe II besiegte Norwegen die Mannschaft Mazedoniens mit 29:27 (16:13). Im dritten Spiel des Tages schlug Polen Europameister Dänemark mit 32:28 (20:12). Die deutsche Mannschaft trifft am Sonntag auf Norwegen, RTL überträgt ab 17.30 Uhr live. Mit einem Sieg gegen die Skandinavier könnte man vorzeitig den Halbfinaleinzug perfekt machen.

(Sascha Krokowski)

Gruppe II, 1. Spieltag: 24.01.09, Sa., 17.30: Deutschland - Serbien: 35:35 (16:19)

Deutschland:
Bitter (1.-10., 24.-47., 6 Paraden), Lichtlein (10.-24., 47.-60., 4 Parade); Hens (2), Roggisch, Klein (2), Müller (3), Strobel (3), Preiß (3), Tiedtke (1), Glandorf (4), Jansen (10/1), Kraus (6), Schöne (1), Kaufmann; Trainer: Brand
Serbien:
Stanic (18 Minuten, 5/1 Paraden), Pejanovic (42 Minuten, 13/1 Paraden); Kojic, Curuvcija, Sesum (5), Vujin (4), Vuckovic, Stojanovic (4), Toskic (3), Ilic (5/2), Bojinovic (8/1), Markovic (5), Prodanovic, Nikolic (1)
Schiedsrichter:
Lazaar / Reveret (Frankreich)
Zeitstrafen:
Deutschland: 4 (Glandorf (12.), 2x Roggisch (16.,60.), Preiß (36.));
Serbien: 4 (2x Kojic (4.,21.), Toskic (31.), Nikolic (58.));
Rote Karten:
Serbien: Nikolic (60.)
Siebenmeter:
Deutschland: 3/1 (Jansen (34.) und Kraus (46.) gehalten);
Serbien: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2, 2:5 (6.), 3:5, 3:6, 4:6, 4:7, 5:7, 5:8, 6:8, 6:10 (13.), 7:10, 7:12, 8:12, 8:14 (18.), 9:14, 9:15, 10:15, 10:16 (22.), 13:16 (25.), 13:17, 14:17, 14:18, 15:18, 15:19, 16:19;
2. Hz.: 17:19, 17:20, 18:20, 18:21, 19:21, 19:22 (37.), 22:22 (40.), 22:23, 24:23, 24:24, 26:24, 26:25, 27:25 (44.), 27:29 (48.), 28:29, 28:30, 29:30, 29:31, 31:31 (52.), 31:32, 33:32, 33:33, 35:33 (59.), 35:35.
Zuschauer:
4500 (Sports Center Visnjik, Zadar (CRO))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009:

WM als politisches Pulverfass

In der nationalistischen Hochburg Zadar wird die Anwesenheit des serbischen Teams zum Problem
Zadar - Das kroatische Zadar, in eine Halbinsel der Adria eingebettet, gilt als Hochburg des heimischen Nationalismus. Hintergrund sind die Kriegshandlungen zu Beginn der 90er Jahre, die Stadt wurde monatelang von Serben belagert, ausgehungert und beschossen, viele Menschen fanden den Tod. So hat sich hier der Hass gegen den Nachbarn angesiedelt und ist längst nicht verraucht. Dass der Handball-Weltverband (IHF) den serbischen Handballern trotzdem zumutet, in dieser Stadt zu spielen, zeugt von wenig Fingerspitzengefühl.

Das hat Folgen. So sind im Vorfeld der Partie gegen Deutschland (35:35) sämtliche Fahnen aller 24 Teilnehmer aus dem Stadtbild entfernt worden - nicht vom Mob, sondern auf Anweisung des Bürgermeisters. Die Bewohner wollten keine serbischen Farben sehen, also ließ das Stadtoberhaupt die offiziellen Nationalsymbole aller Länder entfernen.

Der Spießrutenlauf für die Handballer begann in der Nacht zu Sonnabend. Zunächst verunsicherte eine Bombendrohung nicht nur das serbische Team, sondern sämtliche sechs Hauptgruppen-Mannschaften, die im Spieler-Hotel untergebracht sind. Man sei sehr beunruhigt gewesen, erzählte Momir Ilic, serbischer Torjäger vom Bundesligisten VfL Gummersbach. In den Schlaf wäre er ohnehin kaum gekommen, weil vor den Hotelfenstern Krachmacher einen extrem hohen Lärmpegel angezettelt hätten. Weitere Unannehmlichkeiten: Den Spielern sei es, laut Ilic, während des gesamten Aufenthalts verboten, ihr Hotel alleine zu verlassen. Dafür bringt der Gummersbacher Verständnis auf. "Wenn wir auf der Straße erkannt werden, weiß keiner, was geschieht." Raus kommen die Handballer nur mit aufwendiger Begleitung von Sicherheitskräften. Sind sie mit dem Bus unterwegs, werden sie stets von sechs Polizeiwagen eskortiert.

Miserable Voraussetzungen also, um ein "normales" WM-Spiel zu bestreiten. Trotzdem hatten sich rund 30 serbische Schlachtenbummler in die von Medien und kroatischen Fans angekündigte "Hölle" der Sporthalle von Zadar getraut, um das Team gegen Deutschland anzufeuern. Sie waren hinter dem rechten Tor unters Hallendach zusammengepfercht worden, eingerahmt von mindestens ebenso vielen Ordnungskräften. Vier Fahnen wurden geschwenkt, eine kleine Blaskapelle mühte sich, der Mannschaft den Marsch im ersten Hauptrundenspiel gegen Deutschland zu blasen.

Es war ein verlorenes, kleines Häufchen, 4500 gegnerische Fans bildeten das Gegengewicht, darunter 400 "echte" deutsche. Aber es kam anders: Der deutsche Fehlstart ins Spiel ließ die ungewohnte kroatische Unterstützung verstummen, serbische Fangesänge füllten die Arena. Sechs Tore hatten die Serben bis zum 16:10 in der 23. Minute vorgelegt, Sand im Getriebe gab es nur im deutschen Spiel, die Abwehr stand Spalier, kaum Torhüterparaden, Rechtsaußen Christian Schöne erwischte mit einer 1/12-Quote einen rabenschwarzen Tag, und bis auf Torsten Jansen (10 Tore) versagten fast alle Systeme. "Der Druck auf uns hat uns nur noch stärker gemacht", erklärte Momir Ilic. Und: "Wir wollten für unsere Fans und für unser Vaterland kämpfen. Wir sind sehr stolz darauf."

Der zähe Gegner aber besann sich auf seine Kampfkraft und Unbeugsamkeit, robbte sich heran und führte fünf Sekunden vor dem Abpfiff sogar mit 35:34. Den deutschen Sieg vereitelte dann Mladen Bojinovic mit einem Wurf in die rechte untere Ecke. Auch diesem Torschützen wurde die Anerkennung durch den Hallensprecher verweigert, sein Name wurde wie der aller serbischen Torschützen verschwiegen.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009)


(24./26.01.2009) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite