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25./26.01.2009 - Letzte Aktualisierung: 26.01.2009 WM 2009

Erste Niederlage für Deutschland: 24:25 gegen Norwegen

Update #1 KN-Bericht, KN-Splitter und Stimmen ergänzt ...

Der erstmals im Turnier eingesetzte Silvio Heinevetter zeigte im deutschen Tor eine starke Leistung.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der erstmals im Turnier eingesetzte Silvio Heinevetter zeigte im deutschen Tor eine starke Leistung.
Die deutsche Handballnationalmannschaft muss um den Einzug ins Halbfinale bei der Weltmeisterschaft in Kroatien bangen. In einer dramatischen Partie verlor das DHB-Team im zweiten Spiel der Hauptrunde gegen Norwegen mit 24:25 (12:12) und zudem Spielmacher Michael Kraus, der sich Mitte der zweiten Halbzeit eine Außenbandverletzung zuzog. Mit einem Sieg im abschließenden Spiel am Dienstag gegen Europameister Dänemark kann die deutsche Auswahl dennoch den Halbfinaleinzug und sogar den Gruppensieg perfekt machen.
Nach den schwachen Torhüterleistungen vom Vortag setzte Heiner Brand diesmal erstmals auf den zur Hauptrunde nachnominierten Silvio Heinevetter. Dieser dankte es ihm von Beginn an mit gewohnt spektakulären Paraden und vielen Emotionen. Da auf der anderen Seite aber auch Ex-Zebra Steinar Ege einen glänzenden Tag hatte, entwickelte sich zwar ein schnelles, aber dennoch torarmes Spiel. Die Skandinavier legten dabei stets vor, konnten ihre Führung aber nie auf mehr als zwei Tore ausbauen.

Holger Glandorf war mit sechs Toren bester deutscher Schütze.
Klicken Sie zum Vergrößern! Holger Glandorf war mit sechs Toren bester deutscher Schütze.
Immer wieder konnte die deutsche Mannschaft ausgleichen, jedoch wurden die Sorgenfalten in Heiner Brands Gesicht immer größer. Dies lag zum Einen an einer Oberschenkelverletzung, die sich Rückraumshooter Pascal Hens zuzog. Zum Anderen an der fragwürdigen zweiten Zeitstrafe gegen Abwehrchef Oliver Roggisch in der 28. Spielminute. Doch die deutsche Mannschaft zeigte in Unterzahl beim Stand von 10:12 Moral: Zunächst parierte Heinevetter einen Gegenstoß von Tvedten, dann verkürzte Schöne gar auf 11:12. Wieder vollzählig konnte Hens-Ersatz Kaufmann bis zum Pausenpfiff sogar noch ausgleichen.

Nachdem Samdahl nach dem Seitenwechsel Norwegen schnell mit 13:12 in Führung brachte, begann das DHB-Team seine stärkste Phase: Glandorf glich mit seinem dritten von insgesamt sechs Treffern aus, Preiß brachte Deutschland nach schönem Glandorf-Pass dann erstmals in Führung. Als Schöne und Kaufmann mit einem 106km/h-Geschoss das Ergebnis sogar auf 16:13 schraubten, winkte bereits das Halbfinal-Ticket.

Michael Kraus zog sich nach einer  ersten Diagnose möglicherweise  einen Außenbandriss zu und musste vom Spielfeld  ins Krankenhaus gebracht werden.
Klicken Sie zum Vergrößern! Michael Kraus zog sich nach einer ersten Diagnose möglicherweise einen Außenbandriss zu und musste vom Spielfeld ins Krankenhaus gebracht werden.
Doch offensive Fehler von Kaufmann und Strobel brachten Norwegen schnell wieder ins Spiel zurück, zweimal Tvedten und Samdahl glichen wieder aus. Heiner Brand brachte nun Michael Kraus für Kaufmann, doch der Spielmacher knickte beim Stand von 18:19 in der 44. Minute nach einem Schubser von Vatne böse um. An ein Weiterspielen des Lemgoers, der sofort ins Krankenhaus gefahren wurde, war nicht mehr zu denken, für ihn kehrte der angeschlagene Pascal Hens zurück.

Das DHB-Team ließ sich aber auch von diesem Schicksalsschlag nicht aus der Bahn werfen: Sieben Minuten lang kassierte es keinen Gegentreffer und ging seinerseits durch zwei Glandorf-Kracher wieder in Front. Auch die rote Karte gegen Tiedtke nach einem Ellenbogencheck gegen Jensen und den Ausgleich des nun aufdrehenden Kristian Kjelling steckte der Titelverteidiger weg und war durch einen Rückraumtreffer von Hens und einen schönen Dreher von Dominik Klein beim 22:20 noch immer im Soll.

Nach einem vermeintlichen Ellenbogencheck gegen Johnny Jensen sah Kreisläufer Jens Tiedtke die rote Karte.
Nach einem vermeintlichen Ellenbogencheck gegen Johnny Jensen sah Kreisläufer Jens Tiedtke die rote Karte.
Doch gelang nun im Angriff wieder gar nichts mehr: Torsten Jansen traf auch mit seinem Strafwurf nur das Gebälk, Preiß, Schöne und Klein scheiterten am in der Schlussphase gegenüber Heinevetter stärkeren Ege. Der Noch-Magdeburger Torhüter hingegen fasste nun keinen Ball mehr an, insbesondere der stets am Rande eines Schrittfehlers (oder darüber hinaus) agierende Kristian Kjelling, der fünf der letzten sechs norwegischen Tore markierte, war nicht mehr zu stoppen. So stand es nach 58 Minuten plötzlich 24:22 für die Skandinavier.

Hoffnung keimte noch einmal auf, als Samdahl ein technischer Fehler unterlief, Dominik Klein per Gegenstoß verkürzte und Norwegens Coach Robert Hedin nach verbaler Entgleisung seine Mannschaft auf fünf Feldspieler dezimierte. Doch wieder war es Kristian Kjelling, der auf der Gegenseite zum 25:23 erfolgreich war. Heiner Brand nahm 55 Sekunden vor Schluss eine Auszeit, sein Team brauchte zwei Tore. Die Partie schien aber verloren, als wenig später die Würfe von Kaufmann und Strobel geblockt wurden.

DHB-Trainer Heiner Brand war außer sich  über die Leistung der slowenischen Unparteiischen Krstic / Ljubic.
Klicken Sie zum Vergrößern! DHB-Trainer Heiner Brand war außer sich über die Leistung der slowenischen Unparteiischen Krstic / Ljubic.
Mit offensiver Deckung gelang den Deutschen ein schneller Ballgewinn, das 24:25 durch Kaufmann 16 Sekunden vor Schluss und zugleich eine weitere Zeitstrafe gegen Jensen. Die vier verbliebenen Norweger verloren zehn Sekunden vor dem Schlusspfiff noch einmal den Ball, die Chance auf den Ausgleich fürs DHB-Team war urplötzlich wieder da. Doch die auch zuvor umstrittene Entscheidungen treffenden Schiedsrichter Krstic/Ljubic aus Slowenien pfiffen die Freiwürfe Deutschlands dreimal zurück, ein letzter richtiger Angriff fand so nicht mehr statt. So feierten am Ende die Norweger ihren zweiten Hauptrundensieg, während Heiner Brand noch lange nach dem Schlusspfiff erbost über die letzten Entscheidungen der Unparteiischen war.

Im zweiten Spiel der Gruppe II besiegte Polen die Mannschaft Serbiens souverän mit 35:23 (21:7). Im dritten Spiel des Tages schlug Dänemark Mazedonien erwartungsgemäß mit 32:24 (13:12). Am Dienstag trifft Deutschland im entscheidenden letzten Gruppenspiel auf Dänemark, RTL überträgt die Partie (Anwurf: 17.30 Uhr) live.

(Sascha Krokowski)

 

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

 


Stimmen zum Spiel:

Heiner Brand gegenüber den KN:
Es war das erwartet enge Spiel, uns fehlten später mit den verletzten Kraus und Hens zwei wichtige Eckpfeiler. Wir hatten genau wie die Norweger einen starken Torhüter und eine starke Defensive. Aber wir haben verloren, das ist der Unterschied.
Norwegens Trainer Robert Hedin gegenüber den KN:
Wir sind sehr, sehr froh, gewonnen zu haben gegen diesen starken Weltmeister. Mein Team hat super in der Abwehr gespielt und hatte mit Ege einen tollen Torwart.
Norwegens Kreisläufer Frank Loke gegenüber den KN:
Wir starteten mit 0 Punkten in die Hauptrunde, haben uns aber nie aufgegeben und jetzt die Chance, doch noch ins Halbfinale einzuziehen.
Lars Kaufmann gegenüber den KN:
Wir waren einfach nicht clever genug, unseren knappen Vorsprung über die Zeit zu retten, haben dann vorne zu viele Chancen ausgelassen.
Silvio Heinevetter gegenüber den KN:
Ein Sieg hätte drin sein können, uns fehlte ein Quäntchen Glück.
Dominik Klein gegenüber den KN:
Die umstrittene Szene drehte sich wohl darum, ob es einen Freiwurf oder Einwurf geben sollte. Die Schiris wollten wohl einen Einwurf haben. Dabei muss ein Fuß auf der Linie stehen, das war wohl nicht der Fall. Der Tag Ruhe wird uns helfen, alles zu verarbeiten. Gegen Dänemark geht es von vorne los.

Gruppe II, 2. Spieltag: 25.01.09, So., 17.30: Norwegen - Deutschland: 25:24 (12:12)

Flagge NOR Norwegen:
Ege (1.-60., 19 Paraden), Medhus (n.e.); Jensen (1), Vatne, Drange (2), Löke (4), Björnsen, Myrhol (n.e.), Tvedten (7/5), Mamelund (1), Rambo (n.e.), Kjelling (7), Samdahl (3), Skoglund (n.e.); Trainer: Hedin
Deutschland:
Bitter (bei einem Siebenmeter, keine Parade), Heinevetter (1.-60., 17 Paraden); Hens (2), Roggisch, Klein (2), Müller (1), Strobel, Preiß (4), Tiedtke, Glandorf (6), Jansen (1), Kraus (2/1), Schöne (3), Kaufmann (3); Trainer: Brand
Schiedsrichter:
Krstic / Ljubic (Slowenien)
Zeitstrafen:
Norwegen: 5 (Kjelling (17.,20.), Vatne (44.), Hedin (59.), Jensen (60.));
Deutschland: 5 (Roggisch (10.,28.), Glandorf (13.), Preiß (35.), Müller (56.))
Rote Karten:
Deutschland: Tiedtke (49., Tätlichkeit)
Siebenmeter:
Norwegen: 5/5;
Deutschland: 3/1 (Jansen an Latte (25.) und Pfosten (56.))
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 3:1 (6.), 3:3, 4:3, 4:4 (11.), 5:4, 5:5, 6:5, 6:6 (15.), 7:6, 7:7, 9:7 (19.), 9:9 (22.), 11:9, 11:10, 12:10, 12:12;
2. Hz.: 13:12, 13:16 (36.), 16:16 (40.), 16:17, 18:17, 18:18, 19:18 (44.), 19:20, 20:20 (51.), 20:22 (54.), 24:22 (58.), 24:23, 25:23, 25:24.
Zuschauer:
4500 (Sports Center Visnjik, Zadar (CRO))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009:

Bundestrainer Brand außer Rand und Band

Deutsche Mannschaft wütend auf die Schiedsrichter - Hens gegen Dänemark fraglich
Zadar - Der Einzug ins Halbfinale war für Deutschland greifbar nahe, schon ein Unentschieden gegen Norwegen hätte gestern für die Runde der letzten Vier gereicht. Das Spiel gegen die Skandinavier aber endete mit einer 24:25 (12:12)-Niederlage, vor allem aber in einem Eklat.

Bereits am Sonnabend ließ die DHB-Auswahl gegen Serbien fünf Sekunden vor Schluss den Ausgleichstreffer zum 35:35 zu, einen Zähler unnötig liegen. Die Niederlage gegen Norwegen aber tat richtig weh. Heute ist Ruhetag in Zadar, morgen will die DHB-Auswahl mit einem Sieg (17.30 Uhr, RTL) ihre zweite Chance gegen Dänemark nutzen. Allerdings: Heiner Brand muss auf den mit Außenbandriss im Sprunggelenk ausgeschiedenen Spielmacher Michael Kraus ganz verzichten, Rückraum-Riese Pascal Hens zog sich eine Muskelverhärtung im linken Oberschenkel zu. "Es hat geknallt, da wusste ich gleich, das war's", sagte Kraus über die Szene in der 44. Minute, als ihn Stian Vatne bei einem Wurfversuch gestoßen hatte. Der Einsatz des Hamburgers Hens steht in den Sternen, erst nach Abschluss der Hauptrunde könnte Brand zwei Spieler nachnominieren. "Wir haben gegen Norwegen verloren, Dänemark interessiert mich einen Scheiß", polterte der angeschlagene Torjäger, den es nach 19 Minuten erwischte.

Hens' Zorn war nachvollziehbar, sein Chef machte dem aufgestauten Ärger mit Furcht erregender Pose Luft. So aufgeregt hat wohl noch niemand den Bundestrainer erlebt. Wutentbrannt stapfte Heiner Brand auf das Spielfeld, hängte sich als Schattenmann mit erhobener Faust und der Mimik eines bitterbösen Waldschrates an die Fersen der Auslöser der Szenen, die Schiedsrichter. Dann besann er sich, trottete total enttäuscht zur Bank zurück. Er habe noch nie in seinem Leben jemanden geschlagen, sagte Brand später. "Das wollte ich natürlich auch heute nicht. Aber ich musste mich irgendwie abreagieren."

19 Sekunden Restspielzeit zeigte die Hallenuhr, als die Norweger nach dem Anschlusstreffer von Lars Kaufmann den Ball ins Spiel zurückbrachten - in der sicheren Annahme, die Partie gewonnen zu haben. Gegen die aufgerückte deutsche Abwehr aber rutschte Linksaußen Havard Tvedten an der Seitenlinie aus. Der Ball trudelte über die Linie, es blieben elf Sekunden. Was folgte, wirkte bizarr, unverständlich. Die slowenischen Schiedsrichter Krstic/Ljubic griffen ein und spielten Schicksal. Christian Schöne wollte den Ball, in der Annahme eines gepfiffenen Freiwurfes, schnell nach vorne bringen. Er wurde zurückgepfiffen. Zweiter Versuch, die Uhr lief weiter, noch ein Pfiff. Schöne versuchte es erneut, noch aufgeregter. Dritter Pfiff, drei, zwei, eins, Schluss! Entsetzen in den deutschen Gesichtern, die Norweger bejubelten ihren Sieg über den Weltmeister.

"Einwurf oder Freiwurf, keiner wusste es. Die Schiris hätten mindestens Time Out geben müssen, ich verstehe gar nichts", wunderte sich Rechtsaußen Schöne. Man müsse sich schämen, so etwas zu pfeifen, "das zeugt nicht von sportlichem Verhalten", sagte Brand. "Ich glaube schon, dass es Schiebung war", zürnte Torhüter Carsten Lichtlein. "Ich weiß nicht, was das war, die haben uns verarscht, wollten uns nicht im Halbfinale sehen", schimpfte Hens. TV-Experte Markus Baur merkte an: "Wenn man an so vielen Abenden in der Kneipe gesehen wird wie die beiden, dann kann man auch nicht mehr erwarten." Verrat witterte gar Vlado Stenzel, kroatischer Weltmeistertrainer der deutschen Mannschaft von 1978. "Die Slowenen sind bei uns bekannt dafür, dass sie bescheißen. Heute haben wir es wieder gesehen."

Es wurde auch Handball gespielt zwischen den beiden Teams, die über die gesamte Spielzeit absolut auf Augenhöhe agierten. Die Brand-Maßnahme, Silvio Heinevetter erstmals ins Tor zu stellen, machte sich bezahlt. 17 Bälle stoppte der Magdeburger, sein Gegenüber, der Ex-Kieler Steinar Ege brachte es sogar auf 19 Rettungstaten, vor allem in der Schlussphase steigerte sich der 36-Jährige zum Matchwinner. Beim 20:22 stoppte er Preiß vom Kreis, Jansen vom Siebenmeterpunkt und Kleins Konter. Die Norweger zogen auf 24:22 davon. Paraden, die den Unterschied zwischen Jubel und Trauer ausmachten.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009:

KN-WM-Splitter

  • Videobeweis - Bjarte Myrhol, norwegischer Kreisläufer von der HSG Nordhorn-Lingen, sah gegen Mazedonien wegen einer angeblichen Tätlichkeit "Rot" mit Verspätung. Das unerfahrene portugiesische Gespann Cacador/Nikolau hatte zunächst gar nicht reagiert, dann aber mit Blick auf die Zeitlupe, die auf dem Videowürfel an der Hallendecke gezeigt wurde, die Karte gezogen. Im Prinzip ein Regelverstoß, weil Videobeweise im Handball verboten sind. Das Verhalten der Schiedsrichter könnte ein Nachspiel haben.

  • Rekordquote - RTL freut sich weiter über hohe Einschaltquoten. In der Partie gegen Serbien schalteten sich in der Spitze 8,52 Millionen Menschen zu, das entsprach einem Marktanteil von 34,8 Prozent. Die Programmmacher verweisen zudem stolz darauf, dass vor allem die RTL-Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen Stammgast ist.

    (Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.01.2009)


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