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11./12./13.05.2008 - Letzte Aktualisierung: 13.05.2008 Champions League

Es hat nicht gereicht: Ciudad Real gewinnt die Champions League

CL, Finale: 11.05.2008, So., 18.00: THW Kiel - BM Ciudad Real: 25:31 (13:15)
Update #5 KN-Berichte, Stimmen, Fotos, Spielbericht und Statistik ergänzt ...

Nikola Karabatic fehlte gegen die spanische Wand am Ende die Kraft.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic fehlte gegen die spanische Wand am Ende die Kraft.
Es hat nicht gereicht: Der THW Kiel hat am Sonntag Abend die Titelverteidigung in der Champions League verpasst. Nach sechzig hoch emotionalen Minuten siegten die Gäste aus Ciudad Real verdient mit 31:25 (15:13), nutzten dabei clever die sich bietenden Möglichkeiten und hatten in Torhüter Arpad Sterbik, Regisseur Olafur Stefansson und Jonas Källman die überragenden Individualisten. Die Zebras hingegen wirkten trotz der gigantischen Unterstützung ihrer Fans gegen das Abwehrbollwerk der Spanier müde und ausgelaugt. Vid Kavticnik war mit 8/6 Toren erfolgreichstes Zebra, Olafur Stefansson erzielte 12/5 Tore bei der ersten THW-Heimniederlage in der Champions League nach 803 unbesiegten Tagen.
Die ganze Stadt schien am Sonntag in Schwarz-Weiß zu erstrahlen - die Fans und der THW Kiel waren heiß auf dieses zweite Spiel der Giganten. Auch, weil sich die Kieler mit dem 29:27-Erfolg in Ciudad Real eine glänzende Ausgangsposition für das Rückspiel in eigener Halle erkämpft hatten. Diese war mit ohrenbetäubendem Lärm gewillt, die Zebras auch über diese eine Ziellinie zu tragen - doch es kam anders.

Hoffnung keimte auf, als Thierry Omeyer einen Siebenmeter von Uros Zorman hielt (16.).
Klicken Sie zum Vergrößern! Hoffnung keimte auf, als Thierry Omeyer einen Siebenmeter von Uros Zorman hielt (16.).
Die Spanier, bei denen weder David Davis noch Siarhei Rutenka zum Einsatz kommen konnten, hatten aus dem Hinspiel die Konsequenz gezogen, mit einer stabilen 5-1-Abwehr dem Kieler Angriffswirbel entgegen zu treten. Jonas Källman sollte dabei den Schatten Nikola Karabatics spielen, wich dem Kieler Rückraum-Ass fortan nicht mehr von der Seite. Diese Abwehrformation hatte, sehr zum Leidwesen des Kieler Anhangs, von Beginn an Erfolg. Kein Durchkommen für die Zebras, die offensichtlich überrascht von dieser taktischen Variante waren und nicht zu ihrem Angriffsspiel fanden. Stefansson und Parrondo nutzten die hektische Anfangsphase, um Ciudad Real mit 2:0 in Führung zu bringen.

Geschlagene 5.05 Minuten dauerte es, bis Nikola Karabatic erstmals die Lücke im gegnerischen Deckungsverband fand und auch Arpad Sterbik im Gäste-Tor überwinden konnte. Doch die Spanier ließen sich weder von den frenetischen Fans, noch von diesem Treffer beeindrucken. Vor allem Olafur Stefansson war nicht in den Griff zu bekommen, wackelte ein ums andere Mal die Kieler Deckung aus und erzielte so einfache Treffer für die Spanier - oder holte Siebenmeter heraus. Er und Källman waren es, die Ciudad Real beim 4:1 (7.) erstmals in Gesamt-Führung brachten.

Kein Durchkommen für Christian Zeitz gegen den überragenden Jonas Källman.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kein Durchkommen für Christian Zeitz gegen den überragenden Jonas Källman.
Die Kieler fighteten indes zurück, ließen sich auch von einigen merkwürdigen Pfiffen des Schiedsrichtergespanns nicht daran hindern, endlich Linie ins eigene Angriffsspiel zu bringen. Als Noka Serdarusic bereits nach 14 Minuten die erste Auszeit nahm, schien dies die richtigen Folgen zu haben. Filip Jicha, Vid Kavticnik vom Siebenmeterstrich und Lund, der ein Karabatic-Anspiel artistisch mit einem "eingedrehten Kempa" verwandelte, glichen beim 7:7 erstmals aus (18.). Doch wieder konterten die Gäste mit einem blitzschnellen Stefansson-Doppelpack, Ahlm reagierte ebenfalls mit zwei Treffern - 9:9. Als Christian Zeitz, frühzeitig für den erneut blassen Kim Andersson gekommen, den Ball mit 101 km/h in die Maschen drosch und Karabatic bei einem Tempogegenstoß endlich einmal der Sonderbewachung Källmans entkommen war, stand die Halle förmlich Kopf. 11:10 (25.), die erste THW-Führung der Partie schien Kräfte freizusetzen. Jicha knallte den Ball mit der Lattenunterkante zum 12:10 ins Tor, wenig später vollstreckte der sichere Kavticnik zum 13:11 (28.) - die Kieler schienen auf einem guten Weg, mit einer hauchdünnen Führung in die Pause gehen zu können. Doch weit gefehlt. Symptomatisch für den heutigen Tag die folgenden bitteren zwei Minuten: Stefansson per Siebenmeter und Tempogegenstoß nach einem technischen Fehler, Källman per Tempogegenstoß nach einem angeblichen Schrittfehler Karabatics und erneut Källman - 120 Sekunden reichten Ciudad Reals Duo Stefansson/Källman, um vier Treffer zu erzielen und den Spaniern damit eine nicht mehr für möglich gehaltene 15:13-Pausenführung zu bescheren. Viel Einsatz - wenig Ertrag: Der THW hatte die "dritte Halbzeit" des Champions-League-Finales durch unachtsame zwei Minuten vor dem Pausenpfiff verloren.

Enttäuschung: Filip Jicha vergräbt seinen Kopf im schwarz-weißen Trikot.
Klicken Sie zum Vergrößern! Enttäuschung: Filip Jicha vergräbt seinen Kopf im schwarz-weißen Trikot.
Der Beginn der zweiten glich dem Start der ersten Halbzeit. Wieder regierte die Hektik in der Sparkassen-Arena-Kiel, wieder erzielte Ciudad Real durch Stefansson das erste Tor, wieder liefen sich die Kieler fünf Minuten lang in der Abwehr der Gäste fest - Kavticniks Siebenmeter zum 14:16 (36.) nährte dennoch die Hoffnung unter den THW-Anhängern. Doch Ciudad Real reagierte eiskalt, nutzte die sich bietenden Möglichkeiten und Kieler Fehler, Källman erhöhte auf 18:14 (39.) für die Gäste. Die spielten das eigentliche THW-Spiel, kamen aus einer sicheren Deckung zu vielen Gegenstößen. Trotzdem rackerten sich die Zebras wieder in Schlagdistanz. So nach Kavticniks Heber zum 17:19, dem allerdings wieder zwei schnelle Ciudad-Real-Tore folgten. So nach Ahlms 22:25 (52.) - dem nach der Auszeit Serdarusics Laen und Källman wieder zwei schnelle Gegentore folgen ließen. Egal, was auch passierte: Ciudad Real hatte in seinen Einzelkönnern die bessere Antwort. Auch, weil Arpad Sterbik die gute Vorarbeit seiner Vorderleute in zahlreiche Paraden umsetzen konnte, auch, weil dem Kieler Rückraum die Durchschlagskraft und die Ideen fehlten, um das spanische Abwehr-Bollwerk zu überwinden. Auch, weil dem THW Kiel eine Vielzahl an technischen Fehlern unterlief. Ciudad Real versäumte es seinerseits, den Sack frühzeitig zuzumachen - indes: Der THW Kiel kam einfach nicht mehr heran, vergaß es, die Big Points zu setzen.

Die Fans feierten dennoch die große Leistung ihres THW.
Klicken Sie zum Vergrößern! Die Fans feierten dennoch die große Leistung ihres THW.
Die Hoffnung auf eine erfolgreiche Titelverteidigung hatten weder Fans noch Spieler aufgegeben - gegen die individuelle Klasse und das clevere Spiel der Spanier kamen die Zebras jedoch nicht mehr gegenan. Als Källman zum 28:23 verwandelte (56.) und Kavticnik beim Tempogegenstoß an Sterbik scheiterte, war die Partie entschieden. Unschön dann die Szenen, die sich kurz vor dem Abpfiff abspielten, wohl aber eine Folge des intensiven, zu oft ungeahndeten Schlagabtauschs beider Teams war. Zeitz und Alberto Entrerrios gerieten am Boden aneinander, Rudelbildung und unschöne Provokationen der Ciudad-Spieler waren die Folge. Talant Dujshebaev beförderte seinen provozierenden Uros Zorman unsanft auf die Bank, Ales Pajovic sah für seine Gesten in Richtung Publikum ebenfalls die Rote Karte wie Zeitz und der hinzugekommene Didier Dinart für das Handgemenge. Ein unschönes Ende zweier Begegnungen, die letztlich mit Ciudad Real einen verdienten Sieger gefunden hatten.

Für die Kieler bleibt nicht viel Zeit, der vergebenen Chance hinterher zu trauern. Denn noch sind sie aussichtsreich im Rennen um die 14. Deutsche Meisterschaft, die einer bisher sensationellen Saison die Krone aufsetzen würde - zwar nicht die europäische, aber immerhin die nationale. Hierfür muss aus den verbleibenden Spielen bei Frisch Auf! Göppingen (Mittwoch) und gegen die HSG Wetzlar am kommenden Samstag unbedingt ein Sieg heraus springen. Zebras, jetzt holt Euch die Meisterschaft!

(Christian Robohm)

 

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Ich gratuliere Ciudad Real zum Sieg und zum Gewinn des Champions League Pokals - neidlos zu sagen verdient. Bei Ciudad Real hatten wir verdient gewonnen. Aber ich wusste und warnte meine Spieler auch davor, dass es hier ganz ganz schwer werden würde. Diese zwei Tore Vorsprung waren eine Riesenbelastung. Mir ist es vor dem Spiel leider nicht gelungen, die Spieler aufzulockern. Wir hatten zu viele verlorene Bälle, zu viele technische Fehler, die Ciudad Real heute konsequent bestraft hatte. Aber ich werde meine Jungs nicht kritisieren, jeder von ihnen hat alles gegeben.

[auf die Frage, ob Stefan Lövgren verletzt war:]
Talant hat heute nicht seine Standard-5:1-Verteidgung gespielt, sondern mannbezogen auf Nikola Karabatic. So hätten aus dem Rückraum nur noch Stefan Lövgren und Kim Andersson schießen können. Deshalb hab ich Filip Jicha gebracht, von ihm hatte ich mir mehr Druck auf die Abwehr erhofft. Leider hatte er heute nicht seinen besten Tag. Im Angriff war heute von der ersten Sekunde an nichts drin. Man hat gesehen, wie sehr die Mannschaft unter Druck stand. Ihre Gesichter waren so, als würden sie zu einer Beerdigung gehen. Meine Spieler haben zwar mit Herz und Überzeugung gespielt, aber leider nicht mit Freude.

[zur letzten Minute:]
Es war eine absolute Dummheit von Christian Zeitz. Aber natürlich ist es immer leicht, von außen zu kritisieren. Aber wenn der Puls auf 180 ist, so viel Adrenalin im Spiel ist und man dann den Traum vom Champins League Sieg vorbeiziehen sieht, dann kann so etwas mal passieren - besonders bei jungen Menschen. Dennoch war es eine Dummheit.

[auf die Frage, ob die Schiedsrichter durch härteres Durchgreifen während des Spiels die Rudelbildung in der 60. Minute hätten verhindern können:]
Talant hat eigentlich alles dazu gesagt. Ich sage immer, Handball ist kein Nonnenballett. Außerdem werde ich die Schiedsrichter nicht kritisieren, besonders weil sie auch Landsleute von Vid sind.

[auf die Frage, ob eine Niederlage im Hinspiel vielleicht besser gewesen wäre:]
Ich bin kein Journalist, ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, wenn wir das Hinspiel mit fünf Toren verloren hätten, dann wären meine Spieler nicht mit solchen Gipsgesichtern aufgelaufen.

Ciudads Trainer Talant Dujshebaev:
Ich bin sehr stolz auf meine Jungs, wir haben gegen die beste Mannschaft der Welt gewonnen und heute das Unmögliche möglich gemacht. Übers gesamte Jahr war der THW die beste Mannschaft, von heute an bis zum nächsten Jahr sind wir es.

[auf die Frage, was sie nach dem Hinspiel verändert haben:]
Wir hatten in den zehn Tagen vor dem ersten Finale zwei schwere Spiele gegen den FC Barcelona in Liga und Pokal. Das ist dann natürlich zu wenig Zeit, um sich gegen eine so starke Mannschaft wie Kiel vorzubereiten. Die Spiele gegen Barcelona hatten auch viel Kraft gekostet. Heute waren wir wesentlich besser vorbereitet, weil wir diese Woche nur dieses eine Spiel hatten.

[auf die Frage, ob die Schiedsrichter durch härteres Durchgreifen während des Spiels die Rudelbildung in der 60. Minute hätten verhindern können:]
Es war keine unfaire Partie. Beide Spiele waren hart, wie es in einem Champions-League-Finale sein soll, aber beide Mannschaften spielten absolut korrekt.

THW-Rechtsaußen Vid Kavticnik:
Ich gratuliere Ciudad Real, sie haben heute wirklich gut gespielt. Wir haben gekämpft bis zum Ende und waren mit Herz dabei, aber das war leider diesmal nicht genug.

[gegenüber den KN:]
Ciudad ist nicht besser als wir. Aber in einem Spiel, in dem beide Mannschaften auf Augenhöhe sind, entscheiden Kleinigkeiten. Außerdem hat ihr Torhüter Sterbik unglaubliche Würfe gehalten. Ein Dank an dieser Stelle an alle Fans - sie haben uns die Stimme gegeben. Ich werde jetzt keinen Selbstmord begehen, nächstes Jahr greifen wir wieder an.

Ciudad Reals Alberto Entrerrios:
Wir hatten heute ein sehr starkes Spiel gespielt. Letzte Woche hatten wir nie dieses Niveau erreicht, diesmal durchgängig von der ersten Minute an.

[zur letzten Minute:]
Ich glaube, dass diese Geschehnisse einfach das Resultat dieses sehr intensiven Spiels waren. Es ist zwar ein schwarzer Fleck auf dieser ansonsten ansehnlichen und fairen Begegnung, aber nun auch schon Vergangenheit.

[gegenüber den KN:]
Wir haben ein sehr starkes Spiel gemacht. Leider haben wir am vergangenen Sonntag diese Form nie erreicht. Ich möchte trotzdem dem THW gratulieren, sie waren ein großartiger Final-Gegner.

THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber Eurosport:
Ich weiß nicht, ob es der richtige Zeitpunkt ist, eine Analyse abzugeben. Aber ganz klar ist, dass wir heute viele Chancen erarbeitet haben, aber Sterbik hat sehr gut gehalten, und wir haben auch allzu hektisch gespielt. Wir kamen überhaupt nicht zu unserem taktischen Konzept und Ciudad Real war einfach viel, viel besser. Glückwunsch! Es war mehr Kampf als taktisches Konzept, und das reicht gegen eine solche Mannschaft einfach nicht. Die Fans haben uns fantastisch unterstützt.
THW-Rückraumspieler Nikola Karabatic gegenüber den KN:
Wir haben einfach nicht gut gespielt und nicht zu unserem Rhythmus gefunden. Es war sehr schwer gegen diese Abwehr, dafür fehlte uns die Lösung. Ciudad hat das Spiel sehr langsam gemacht.
THW-Torhüter Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Es war schade, dass wir zur Halbzeit zwei Tore im Rückstand waren. Aber da stand es immer noch 0:0. Dann haben wir leider viel zu viele Bälle verloren und sind in Gegenstöße gelaufen. Wahrscheinlich ist der Sieg verdient.
THW-Rückraumspieler Viktor Szilagyi gegenüber den KN:
Ciudad hat mit einer sehr starken Deckung aufgetrumpft. Es wäre sicherlich psychologisch sehr wichtig gewesen, mit einem Vorsprung in die Kabine zu gehen. Es herrschte eine große Anspannung in der Mannschaft, der Druck der Zuschauer war enorm. Aber damit muss man auch umgehen können. Entscheidend war wohl, dass wir viele technische Fehler gemacht haben. So wie wir gemeinsam feiern, werden wir als Mannschaft wieder aufstehen. Die Party, die wir heute feiern wollten, feiern wir jetzt nächste Woche.

[gegenüber Eurosport:]
Mit einem Sieg rechnen kann man nicht, aber wir hatten uns heute natürlich etwas erhofft. Wir hatten eine gute Ausgangsposition gehabt, aber mehr nicht. Hier hat Ciudad Real viel besser in der Abwehr gestanden, und das hat uns über 60 Minuten Probleme bereitet. Es ist sehr sehr traurig, wenn man den Gegner in der eigenen Halle feiern sieht ...

Ciudad-Rückraumspieler Olafur Stefansson gegenüber den KN:
Ab der 40. Minute haben wir es nicht mehr zugelassen, dass Kiel Handball spielen konnte. Wir haben ihnen das Selbstvertrauen genommen. Ich möchte mich für meine Mannschaft für die Vorkommnisse in der letzten Minute entschuldigen. Es ist ja bekannt, dass Zeitz gerne provoziert. Aber damit hätten wir besser umgehen müssen.

[gegenüber Eurosport:]
Wir haben heute wahrscheinlich so gut gespielt, weil wir eine gute Mannschaft sind, aber trotzdem ist es kaum zu glauben, es ist einfach fantastisch, ich bin einfach im Himmel, das ist einfach unglaublich.

[War die Defensive der Schlüssel zum Erfolg?]
Wir sind heute einfach besser zurückgelaufen als zu Hause. Wir hatten Probleme im Angriff, aber haben fast die ganze Zeit konzentriert gespielt, mehr aus dem Rückraum geworfen als versucht, eins gegen eins zu gegen wie zu Hause. Wir haben uns in der vergangenen Woche einfach gut vorbereitet, sehr konzentriert, und unser schlechtes Hinspiel studiert.

THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber den KN:
Wir haben nicht zu unserem Spiel gefunden, außerdem war Olafur Stefansson großartig. Der hätte heute aus der Kabine werfen können. Er hätte ins Tor getroffen.

Champions League, Finale: 11.05.08, So., 18.00: THW Kiel - BM Ciudad Real (ESP): 25:31 (13:15)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 13 Paraden), M. Andersson (2 Siebenmeter, 0 Paraden); Lund (1), K. Andersson, Lundström (n.e.), Kavticnik (8/6), Anic (n.e), Lövgren, Ahlm (6), Szilagyi, Zeitz (2), Karabatic (4), Klein (2), Jicha (2); Trainer: Serdarusic
Logo Ciudad BM Ciudad Real (ESP Flagge ESP):
Hombrados (2 Siebenmeter, 0 Paraden), Sterbik (1.-60., 22 Paraden); Laen (2), Källman (11), Pajovic (2), Stefansson (12/5), Parrondo (1), Urios, Metlicic, Zorman (1), Entrerrios (2), Morros, Dinart, Masachs; Trainer: Dujshebaev
Schiedsrichter:
Darko Repensek / Janko Pozeznik (SLO)
Zeitstrafen:
THW: 1 (Lund (36.));
Ciudad: 5 (2x Stefansson (11., 57.), Parrondo (37.), 2 x Zorman (49., 59.))
Rote Karten:
THW: Zeitz (Unsportlichkeit, 60.);
Ciudad: Dinart und Pajovic (Unsportlichkeit, 60.))
Siebenmeter:
THW: 7/6 (Jicha an die Latte (5.));
Ciudad: 6/5 (Omeyer hält Zorman (16.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:2, 1:3 (6.), 1:4, 2:5, 3:6 (10.), 4:7 (14.), 7:7 (18.), 7:9, 9:9 (22.), 10:10, 12:10 (26.), 13:11 (28.), 13:15;
2. Hz.: 13:16, 14:16 (36.), 14:18 (38.), 15:19 (40.), 17:19 (42.), 17:21 (45.), 18:23 (47.), 19:24, 20:25 (50.), 22:25 (52.), 22:27 (55.), 23:27 (56.), 23:29 (58.), 24:30 (60.), 25:31
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)

 

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Die Rhein-Neckar Löwen haben es im Pokalsieger-Cup nicht geschafft: Bei ihrer ersten Teilnahme an einem europäischen Finale reichte den Löwen in der heimischen SAP-Arena ein 28:28 (14:14) gegen den ungarischen Spitzenklub MKB Veszprem nicht, um den Fünf-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel aufzuholen.

Im EHF-Pokal muss jubelte hingegen die HSG Nordhorn nach dem 29:30 gegen den dänischen Spitzenclub FCK Handbold A/S Kopenhagen. Mit diesem Resultat verteidigten die Nordhorner den 31:27-Vorsprung aus dem Hinspiel und holten den ersten internationalen Titel in die Grafschaft Bentheim.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.05.2008:

THW ein Opfer seiner Nerven

Ciudad Real triumphiert dank Stefansson und Torwart Sterbik
Kiel - Der große Traum des THW Kiel von der Titelverteidigung in der Champions League ist geplatzt. In einem hochemotionalen Final-Rückspiel unterlagen die "Zebras" dem spanische Spitzenklub Ciudad Real in eigener Halle mit 25:31 (13:15). Der 29:27-Sieg im Hinspiel war am Ende als Polster zu dünn.

Ausgerechnet Ales Pajovic, der von Oktober bis Dezember 2007 auf Leihbasis beim THW Kiel ausgeholfen hatte, warf in der Schlussphase die entscheidenden Tore zum 23:29 und 24:30 für die Spanier, die sich mit ihrem unglaublichen Torhüter Arpad Sterbik (22 Paraden) und einer aufopferungsvollen Abwehrarbeit den zweiten Triumph nach 2006 redlich verdient hatten. In der letzten Minute eines Endspiels, das mit höchster Leidenschaft geführt worden war, entluden sich nach einer Rangelei zwischen Kiels Christian Zeitz und Alberto Entrerrios schließlich die aufgestauten Emotionen.

Von der Öffentlichkeit zum Außenseiter abgestempelt, zeigte das Team von Talant Duschebajew im Rückspiel tatsächlich seine ganze Klasse. Auch ohne die verletzten Siarhei Rutenka, David Davis und "Chema" Rodriguez. Vor allem der Isländer Olafur Stefansson spielte eine unglaubliche Partie. Der Linkshänder warf 12 Tore und traf immer dann, wenn Ciudad seine Treffer brauchte. Nicht zu stoppen auch der famose Linksaußen Jonas Källman (elf Tore), der in 40. Minute mit einer Wadenzerrung vom Feld gehumpelt war, nach einer intensiven Behandlungspause sein Comeback gab und noch fünf Mal traf.

Unbeeindruckt von der Gänsehaut-Kulisse sorgten die Spanier bereits Ende der ersten Halbzeit für die Vorentscheidung. 11:13 lagen sie zurück, als sie innerhalb von zwei Minuten den Spieß umdrehten und mit einer 15:13-Führung in die Kabine gingen.

Der Schock saß den Kielern, die zuvor 14 Heimspiele in der Champions League gewonnen hatten, offensichtlich tief in den Gliedern. Hatten sie sich nach einem verkrampften Start mühsam diese 13:11-Führung erkämpft, bekamen sie nach dem Wiederanpfiff ihre Nerven nicht mehr in den Griff. Außer Torhüter Thierry Omeyer, Kreisläufer Marcus Ahlm sowie den Außen Vid Kavticnik und Dominik Klein erreichte keiner seine Normalform. Katastrophal die Bilanz der Kieler Rückraumspieler. So kam Nikola Karabatic (4 Tore), von Källman erfolgreich in Manndeckung genommen, nicht zur Geltung. Filip Jicha (2) war in seinem ersten Champions-League-Finale ein Nervenbündel, Kim Andersson wirkte seltsam gehemmt und Chistian Zeitz (2), der sich wie so häufig in Einzelaktionen verzettelte, fand keine Bindung zu seinen Kollegen. Auch Noka Serdarusic wirkte am Ende ratlos. Überraschend wechselte der THW-Trainer mit Mattias Andersson seinen zweiten Torhüter auch dann nicht ein, als Omeyer zwischen der 35. und 50. Minute in einem Tief steckte. In der hektischen Schlussphase verzichtete er zudem auf die ruhige Hand seines Kapitäns Stefan Lövgren und gebot dem Kieler Brechstangen-Handball keinen Einhalt. "Wir sind es gewohnt, dass von der Bank Hilfe kommt", meinte der am Ende eingewechselte Viktor Szilagyi, "heute gab es keine Impulse."

Von Beginn an ließen die "Zebras" ihre gewohnte Souveränität vermissen. Offenbar hatte die Kulisse, die bereits Minuten vor dem Anpfiff für einen höllischen Lärmpegel gesorgt hatte, sich in einen Bumerang verwandelt. Die Gastgeber wirkten fahrig, ließen im Angriff jegliche Harmonie vermissen, produzierten Fehler am Fließband und rieben sich in Zweikämpfen mit den Spaniern auf, die lediglich auf die Fehler des THW Kiel warten mussten, um über Jonas Källman zu leichten Toren zu kommen. Der schnelle Schwede sorgte mit dem Schlusspfiff auch für den 31:25-Endstand und löste Jubelorgien in den Reihen seiner Kollegen aus, die sich mit einer bärenstarken Vorstellung den Sieg redlich verdient hatten.

Die Kieler haben wenig Zeit, um sich die Wunden zu lecken. Bereits am Mittwoch werden sie in der Stuttgarter Porsche-Arena von FA Göppingen erwartet. Ein Sieg im Schwabenland, und dem THW bleibt nach dem DHB-Pokal auch der 14. Meistertitel als Trostpflaster.

(von Wolf Paarmann und Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 13.05.2008)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.05.2008:

Zeitz-Foul ließ die Dämme brechen

Nach Tumulten in der 60. Minute sahen auch Dinart und Pajovic die Rote Karte
Kiel - Es war die hässlichste Szene eines emotionalen Endspiels: In der 60. Minute zog Alberto Entrerrios den Kieler Christian Zeitz im Klammergriff zu Boden und der rammte dem Spanier den Ellenbogen ins Gesicht.

Sofort stürzte sich Ciudad-Abwehrchef Didier Dinart auf den Kieler Linkshänder und löste Tumulte auf dem Spielfeld aus. Ordner und Polizisten mussten einschreiten, um die Gemüter zu beruhigen. Ungewohnte Bilder im Handball. Zudem verloren die Zuschauer, die bis dahin eine phänomenale Kulisse abgegeben hatten, die Nerven und den Anstand. Auch, weil Uros Zorman (Ciudad Real) sie zuvor mit eindeutig obszönen Gesten provoziert hatte.

Wütend bewarfen die Kieler Dinart mit ihren Fächern, mit denen sie zuvor für eine einzigartige Atmosphäre gesorgt hatten. Dinart, der wie Teamkollege Ales Pajovic (er zerriss im Handgemenge das Trikot von Zeitz) und Zeitz die Rote Karte sah, schritt anschließend im Stile eines Kriegers an den völlig aufgebrachten Kieler Fans vorbei. Für den französischen Abwehrchef waren die geröteten Gesichter der THW-Anhänger Balsam auf die Wunde. Die 27:29-Pleite im Hinspiel hatte die Weltauswahl aus der spanischen Provinz schwer gekränkt. Zeitz, Kiels Sportler des Jahres 2005, kassierte neben der Rote Karte auch eine kräftige Rüge seines Trainers. "Das war eine absolute Dummheit von ihm", meinte Noka Serdarusic, "es ist aber leicht, jemand zu kritisieren. Aber wenn man einen Traum verliert, liegen die Nerven blank. Das kann mal passieren - besonders bei jungen Menschen."

Zeitz, der auf und neben dem Spielfeld zunehmend wie ein Fremdkörper im THW-Team wirkt, sorgte nach seinem Foul allerdings noch für einen weiteren Eklat: Während die Kollegen zwar mit Tränen in den Augen, aber sportlich vorbildlich, der Ehrung der Sieger beiwohnten, verweigerte der Weltmeister den Spaniern den Respekt und verschwand stattdessen in die Kabinengängen.

(von Wolf Paarmann und Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 13.05.2008)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.05.2008:

CL-Splitter

  • Stimmungsmacher

  • Wie versprochen: Klaus-Dieter Petersen, Ex-"Zebra" und jetzt Cheftrainer beim Bundesliga-Konkurrenten Wilhelmshavener HV, stand nach dem Spiel auf der Party-Bühne des Europaplatzes und gab sich alle Mühe, die Fans in Stimmung zu bringen. "Pitti" machte allerdings gute Laune zum schlechten Spiel. Nach der 27:33-Niederlage seines WHV in Magdeburg, stehen seine Wilhelmshavener als Absteiger so gut wie fest.

  • Aufsteiger

  • Thomas Knorr, THW-Torjäger in der 90-er Jahren, beendete seine Bundesliga-Karriere 2007 beim HSV. "Knorre" kam, um mit den "Zebras" den Pokaltriumph zu feiern. Vergeblich, wie bekannt ist. Er strahlte trotzdem, schließlich schaffte Knorr in seinem Premieren-Jahr als Spielertrainer beim VfL Bad Schwartau die Rückkehr in die Zweite Bundesliga. Nicht das Ende der Fahnenstange: "Wir haben eine Mannschaft mit großen Perspektiven."

  • Schnäppchen

  • THW-Sonderangebote vor der Sparkassen-Arena. Dieser Fan-Artikel-Verkäufer hatte sich vor dem Spiel mit hunderten von Schals eingedeckt, in der Hoffnung das große Geschäft machen zu können. "Champions League Sieger 2008 Kiel" stand drauf. Aber Fehlanzeige. Auf seinen Artikeln blieb der Mann trotzdem nicht sitzen. Zum Sonderpreis von zwei Euro gingen alle Schals weg. 15 Euro habe er im letzten Jahr beim CL-Sieg über Flensburg pro Schal eingenommen. "Heute habe ich Pech gehabt", sagte er, "so ist das im Geschäftsleben."

    (von Wolf Paarmann und Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.05.2008)


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