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09.03.2009 Bundesliga

Kieler Nachrichten: Eiszeit bei den "Zebras"

Aus den Kieler Nachrichten vom 09.03.2009:

Der Deutsche Handballmeister gerade auf dem Weg nach Spanien, als in der Heimat die Gerüchteküche wieder angeheizt wurde. Alles nichts Neues in der Bestechungsaffäre, verkündete Manager Uwe Schwenker. Doch die Gerüchte bleiben.
Schon im Flughafengebäude von Palma de Mallorca trommelte Manager Uwe Schwenker seine kleine THW-Gesellschaftergruppe zusammen, die sich mit auf den Weg zum Champions-League-Spiel nach Ciudad Real gemacht hatte. Beim Zwischenstopp auf der Ferieninsel hatte Schwenker erfahren, dass es mit der angekündigten Ruhe im sogenannten Bestechungsfall schnell wieder vorbei sein könnte. Ihm sei gesteckt worden, dass ein Presseorgan die Bestechungsgeschichte wieder aufrollen, aufwärmen und, mit Details versehen, veröffentlichen wolle. "Sonntag oder Montag wird es passieren. Wer es ist, weiß ich noch nicht", erzählte Kiels Geschäftsführer seinen beiden Gesellschaftern Dr. Hubertus Grote und Dr. Georg Wegner.

Der trügerische Friede im THW-Tross und auch bei den rund 50 mitgereisten Fans verabschiedete sich dann viel schneller als gedacht. Nämlich bereits am Sonnabend, wenige Stunden vor der Partie gegen Ciudad Real. Eiszeit bei den "Zebras" mitten im spanischen Frühling, 20 Plusgraden und blühenden Kirschbäumen.

"Spiegel Online" richtete den Fokus mit Wortmeldungen von Löwen-Gesellschafter Dieter Matheis erneut auf den THW. Im Halbkreis, um einen Laptop in der Lobby des Mannschaftshotels versammelt, blickten Schwenker, Grote und Co. ungläubig auf den Bildschirm, der "Neuigkeiten" in der Affäre um den deutschen Rekordmeister abbildete. Das Nachrichtenmagazin wiederholte bereits bekannte Vorwürfe, präzisierte diese aber mit neuen Aussagen von Löwen-Beiratsvorstand Dieter Matheis. Demnach hätten Löwen-Gesellschafter und Manager Thorsten Storm im Hause von Noka Serdarusic in Kiel Einblicke in Bestechungsunterlagen erhalten. Außerdem sei ihm bestätigt worden, dass der THW in mindestens zehn Fällen seit 2000 in Manipulationen verstrickt gewesen sei. Auch das Finale 2007, das die Kieler gegen die SG Flensburg-Handewitt gewonnen hatte, sei erkauft gewesen. Von insgesamt 96000 Euro war die Rede. Und: Matheis behauptete, dass Uwe Schwenker gegenüber seinem Gesellschafter Jesper Nielsen Manipulationen eingestanden habe.

Die THW-Verantwortlichen zeigten sich geschockt, und unter dem Eindruck der Anschuldigungen veranlasste Schwenker sofort eine Pressemitteilung. Längst war zu diesem Zeitpunkt das bevorstehende "Spiel der Giganten" in der spanischen Provinz "La Mancha" für die Offiziellen zur Randerscheinung geworden. Man habe versucht, die Meldungen so gut wie möglich von der Mannschaft fernzuhalten, erklärte Co-Trainer Ole Viken, "aber wer etwas wissen will, der kann sich natürlich über das Internet schlau machen." Rückraum-Ass Nikola Karabatic hatte die jüngsten Meldungen noch nicht erfahren, sagte aber, dass es schwer falle, sich dieser Geschichten zu entziehen. "Wir müssen nicht nur gegen den Gegner, sondern auch gegen diese Gerüchte anspielen." Kapitän Stefan Lövgren ist "einfach nur noch genervt von diesem Thema. Das einzige, was wir Spieler tun können, ist gut Handball zu spielen."

Uwe Schwenker wirkte noch kurz vor dem Anpfiff wie benommen. Es sei hochgradig unglaubwürdig, zu behaupten, dass er, Schwenker, Manipulationen gegenüber dem Löwen-Gesellschafter eingestanden habe, "auch die anderen Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen", beteuerte Kiels Manager. Wichtig sei für ihn zunächst, die ganzen Vorgänge von der Mannschaft fernzuhalten. "Ich werde persönlich nicht mit zu den kommenden Auswärtsspielen fahren, der Auflauf um meine Person würde die Mannschaft vom Wesentlichen, dem Sport, ablenken." Heute findet in Wien, einen Tag früher als geplant, die Viertelfinal-Auslosung in der Champions League statt. Der THW ist mit im Pott, Schwenker aber nicht dabei: "In Kiel gibt es für mich genug zu tun."

Auch gestern Abend stellte THW-Gesellschafter Wegner erneut klar, es handele sich bei den "Spiegel"-Veröffentlichungen nur um eine Zusammenstellung von Gerüchten, Unterstellungen und Vermutungen, für die es keinerlei Beweise und Belege gebe. Als Sofortmaßnahme habe er mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Schwab in Kiel telefoniert und diesen gebeten, alle erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten.

"Der THW Kiel wird alles zur Unterstützung der Ermittlungen Notwendige beitragen." Wegner erklärte weiter, dass Schwenker darum gebeten habe, ab sofort Urlaub nehmen zu dürfen. Er wolle Gelegenheit haben, sich in vollem Umfang gegen die Anschuldigungen zu wehren. "Dem haben wir natürlich zugestimmt", sagte der Kieler Rechtsanwalt. Ferner berichtete Wegner, dass er und Uwe Schwenker mit der Mannschaft über die Angelegenheit gesprochen und diese informiert habe. "Das waren wir dem Trainer und dem Team schuldig." Weitere Erklärungen zu den Vorwürfen in den Spiegel-Artikeln wolle der THW vorläufig mit Rücksicht auf die laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht abgeben. Für heute Abend kündigte Georg Wegner eine Sitzung der THW-Gesellschafter und des Beirates an.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 09.03.2009)


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