11.03.2009 | Bundesliga |
Auf dem Prüfstand steht das System, und zwar jenes der Schiedsrichterbetreuung im Handball. "Unabhängige Schiedsrichter" haben gestern Vertreter führender europäischer Klubs immerhin gefordert. Und auch darauf gedrungen, die Kontakte der Vereine zu den Referees im Vorfeld der Spiele zu reduzieren. Auf einer Champions-League-Tagung der EHF am Montag wurde sogar die Einführung von Profi-Schiedsrichtern gefordert und gleich kürzere Ansetzungsfristen mitdiskutiert.
Immerhin zwei bis drei Wochen vor einem Bundesligaspiel wird nach Aussage von HBL-Pressesprecher Oliver Lücke derzeit die entsprechende Schiedsrichteransetzung bekannt gegeben. Zudem herrscht das Gastgeberprinzip, wonach der entsprechende Heimverein einen Schiedsrichterbetreuer bestellt, der sich um "normale Dinge" (Lücke) wie den Transfer vom Bahnhof zum Hotel oder zur Spielstätte kümmert. Nach der Begegnung haben Unparteiische zudem Zugang zum VIP-Bereich, sind allerdings nach Aussage des HBL-Spreches angehalten, sich dort "möglichst kurz" aufzuhalten. Lücke sagt auch, dass man durchaus aus dem "Fall Hoyzer" gelernt habe und verweist auf die "zunehmend eigenverantwortliche Reiseplanung der Schiedsrichtergespanne".
Für Jens Staudenmayer reicht dies nicht aus. Als der ehemalige Unparteiische und heutige Schiedsrichterverantwortliche der Basketball-Bundesliga einmal in einem Hotelzimmer einen vom Verein an ihn adressierten Brief fand, beschloss er, das System zu ändern. Das Ergebnis: Seit vier Jahren gibt es im Basketball keine festen Schiri-Gespanne mehr. Die Nominierungen werden nur äußerst kurzfristig bekannt gegeben. Alle Reise- und Hotel-Buchungen erfolgen anonymisiert direkt über die Liga. Der Zugang zum VIP-Bereich bleibt den Unparteiischen vollständig verwehrt. "Und Geschenke gab es ohnehin noch nie." Staudenmayer: "Der Schiri kommt, pfeift und reist wieder ab. Vielleicht etwas anonym das Ganze, aber uns ist wohler dabei."
Einzig beim Gehalt bewegt man sich mit 330 Euro für eine Bundesligabegegnung weiterhin auf Handball-Niveau. Dort erhält ein Schiedsrichter 500 Euro in der Bundesliga und 400 Euro in der Champions-League pro Spiel - plus Spesen. Frank Bohmann, Geschäftsführer der HBL, glaubt allerdings ohnehin nicht, "dass eine bessere Entlohnung die potenzielle Bestechlichkeit reduzieren könnte". Denn: "Ein Lump bleibt trotzdem anfällig." So würden also auch "Fußball-Verhältnisse" mit 3600 Euro pro Spiel für den Unparteiischen nicht unbedingt die große Lösung bedeuten.
Der Handball-Spitzenschiedsrichter Frank Lemme (Magdeburg) würde aber den Bruch mit dem Gastgeberprinzip begrüßen: "Das ist eine tolle Idee." Seit einigen Jahren erfüllen die Schiedsrichterbetreuer der Heimvereine im Fußball allenfalls noch Randaufgaben.
(Von Patrick Tiede, aus den Kieler Nachrichten vom 11.03.2009)
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