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30.01.2010 EM 2010

Kieler Nachrichten: Angriff ist die Problemzone

Handball-Bundestrainer Brand lobt Haaß und stellt Glandorf, Kraus und Müller ein schlechtes Zeugnis aus

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.01.2010:

Innsbruck - Österreichs Handballer feierten die ganze Nacht, der 31:30-Sieg über Russland ließ die Herzen der EM-Gastgeber noch einmal höher schlagen. Erst recht, weil der ehemalige "Zwerg" auch an seinem großen Nachbarn Deutschland vorbeigezogen war.
Auf Schmäh' oder Häme verzichtete die heimische Presse, auch wenn "Die Kleine Zeitung" noch einmal die historische deutsche WM-Fußballschmach "Cordoba 78" hervorkramte. Österreich schloss die Hauptrundengruppe 1 mit drei Zählern und Platz fünf ab, Deutschland wurde in der Parallelgruppe ebenfalls Fünfter, brachte aber nur zwei Pluspunkte zusammen. So landete der Gastgeber auf Rang neun, und während sich heute in den Halbfinals in Wien Polen und Kroatien (14 Uhr) sowie Frankreich (ohne den angeschlagenen Hamburger Bertrand Gille) und Island (16.30 Uhr) gegenüberstehen, bilanzierte Deutschland als Zehnter sein schlechtestes EM-Abscheiden überhaupt.

Ob er sich die Finalspiele anschauen wolle, wurde Heiner Brand gefragt. Der Bundestrainer antwortete mit einem angewiderten: "Näääähhh!" Das tue er sich nicht an. "Ich ertrage keine Endspiele ohne deutsche Beteiligung. Irgendwann werde ich mir ein Video besorgen."

Ansonsten richtete Brand den Blick nach vorn. "Ich werde unsere Spiele in einigen Tagen analysieren und Entscheidungen treffen", sagte der 57-jährige Gummersbacher. Mit Engagement und Einsatzbereitschaft zeigte er sich einverstanden. "Wir sind schon jetzt in der Lage, den einen oder anderen Großen zu ärgern, aber bei einem Turnier ist Konstanz gefragt, die fehlte bei uns." Eine Suspendierung einzelner Akteure, wie nach der EM 2008 geschehen, schloss Brand aus. "Das war damals eine andere Situation, heute sind alle mit Spaß und Engagement dabei."

In die Einzelkritik wollte er nicht gehen, hob aber die Leistung des 26-jährigen Göppingers Michael Haaß heraus. "Da sieht man die Arbeit von Trainer Petkovic, Michael hat mich sehr zufrieden gestellt. Er hat auf der Mittelposition einen großen Schritt nach vorn gemacht und darf wiederkommen." Wiederkommen darf trotz enttäuschender Leistungen auch Kapitän Michael Kraus. Ob erneut als Führungsspieler und Kapitän oder in einer anderen Rolle, wird sich zeigen. Der Lemgoer war angeschlagen zur EM gereist und will Konsequenzen ziehen. "Das mache ich nicht noch einmal."

Seine Fähigkeiten als Leitfigur zweifelt Kraus selbst nicht an. Diese Rolle traue er sich absolut zu, betonte er. Brand sah das anders. "Michael war nicht fit, aber ich hatte sicher mehr erwartet." Pluspunkte sammelte Linksaußen Uwe Gensheimer. Das sei sehr ordentlich gewesen, urteilte der Bundestrainer.

Das Hauptproblem lag im Angriff. Neben Kraus enttäuschten vor allem Holger Glandorf (Lemgo) und Michael Müller (Rhein-Neckar Löwen), die entweder nicht topfit angereist waren oder wie Müller in der Liga kaum Einsatzzeiten zu verzeichnen haben. Brand: "Sein Wechsel nach Mannheim hat ihm nicht gut getan."

Müde bestieg THW-Spieler Christian Sprenger gestern das Flugzeug nach Hamburg. Er freue sich auf sein Zuhause, sagte der Kieler Rechtsaußen. Es komme Familien-Besuch, bis Dienstag dürfe er seine Beine hochlegen und ausruhen: "Alfred Gislason hat mir frei gegeben." Filip Jicha nahm den Umweg im Kreise seiner Tschechen nach Prag. "Ob und wie lange ich ausruhen darf, weiß ich noch nicht, aber ich werde mal mit Sprengi reden."

Interessieren wird "Sprengi" sicherlich, wie morgen die Auslosung zur Qualifikation für die WM 2011 in Schweden ausgeht. Neben dem Gastgeber sind die drei EM-Medaillengewinner dabei, Deutschland rutschte gerade noch in den Topf der gesetzten sieben Teams. Gespielt wird am 12./13. und 19./20. Juni - dann wieder mit den Leistungsträgern Pascal Hens (HSV) und Sebastian Preiß (Lemgo).

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 30.01.2010)


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