20.01.2009 | WM 2009 |
Heiner Brand hofft auf Ablenkung durch die WM, dass Glandorf auf andere Gedanken kommt. Der Bundestrainer setzt auf seinen rechten Rückraumspieler, er soll Entlastung bringen für Pascal Hens auf der anderen Seite. Der Hamburger braucht nach langer Verletzungspause Ruhezonen, kann die Last im Rückraum nicht allein tragen. Also wünschen sich alle im Team, dass endlich der Knoten platzt.
Im ersten Gruppenspiel gegen Russland, Glandorfs 100. Länderspiel, keimte nach gutem Start Hoffnung auf, aber bald wurde der Nordhorner zur Fehlerquelle, agierte zögerlich, ohne Mumm. Die Trefferquote lag bei kümmerlichen 27 Prozent. Michael Müller, 24 Jahre, 15 Länderspiele, kam vorübergehend. Am Ende schickte Heiner Brand Glandorf zurück ins Feuer, drei Sekunden vor Schluss übernahm er die Verantwortung zum finalen Wurf, Torhüter Kostygow hatte keine Mühe, es blieb beim 26:26. "Man ärgert sich", sagte Holger Glandorf, unzufrieden mit sich und seiner Leistung. "Ich muss Geduld mit Holger haben, aber ich kann nicht erwarten, dass junge Leute wie Michael Müller plötzlich einspringen", sagt Brand.
Gegen Tunesien machte Glandorf dort weiter, wo er gegen die Russen aufgehört hatte. Müller kam, musste fast eine halbe Stunde spielen. Dann geschah das kleine Wunder. Der Nordhorner war zurück - plötzlich mit Wucht und Selbstvertrauen, ging dorthin wo es wehtut, erzielte die Tore Nummer 22, 24 und 25, brachte Deutschland auf die Siegerstraße. Holger Glandorf strahlte, ballte die Fäuste, jubelte, das ganze Team feierte mit. "Das war wie eine Befreiung", stammelte er später, "diese Minuten stärken mein Selbstvertrauen."
Und die Hoffnung bei den Fans des Titelverteidigers auf eine Weltmeisterschaft mit größeren deutschen Akzenten. Manchmal kann im Mannschaftssport Handball eine einzige Figur viel bewirken. Kann Glandorf in den kommenden Partien den Faden aus dem Tunesien-Spiel aufnehmen, wird es einfacher für die deutsche Sieben, Heiner Brand wäre erleichtert, Pascal Hens würde sich freuen, der WM-Zug nähme richtig Fahrt auf.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2009)
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