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30./31.05.2010 - Letzte Aktualisierung: 31.05.2010 Champions League

EHF Final4: Der THW Kiel holt nach unglaublicher Aufholjagd den zweiten Champions-League-Titel

CL, Finale: 30.05.2010, So., 18.00: THW Kiel - FC Barcelona: 36:34 (17:20)
Update #3 KN-Spielbericht, Stimmen und Fotos ergänzt ...

Der THW Kiel ist Champions-League-Sieger 2010!
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Der THW Kiel ist zum zweiten Mal nach 2007 Champions-League-Sieger! In einem unglaublichen Finale, in dem die Zebras bis zehn Minuten vor Schluss immer in Rückstand lagen, besiegten die Kieler dank eines unfassbaren Thierry Omeyer in der zweiten Halbzeit, des elffachen Torschützen Filip Jicha und einer insgesamt tollen Mannschaftsleistung den FC Barcelona mit 36:34 (17:20). Zwischenzeitlich hatte der THW bereits mit sechs Toren in Rückstand gelegen - am Ende sicherten sich die Zebras den Eintrag in die Geschichtsbücher und die neue futuristische Trophäe.
Nichts hatte 45 Minuten lang darauf hingedeutet, dass die Schwarz-Weißen am Ende eines aufregenden Tages im Konfettiregen auf der Bühne stehen würden. Der THW vertraute von Beginn an auf die Mannschaft, die gestern den Titelverteidiger Ciudad Real mit 29:27 (12:15) entthront hatte. Doch so richtig in die Partie wollten die Zebras nicht finden. In der Abwehr haderte man mit zu wenig
Probleme hatte die THW-Defensive auch mit Jesper Nöddesbo, der sechs Tore erzielte.
Klicken Sie zum Vergrößern! Probleme hatte die THW-Defensive auch mit Jesper Nöddesbo, der sechs Tore erzielte.
Aggressivität und einigen strittigen Schiedsrichterentscheidungen, im Angriff produzierten die Zebras viel zu viele Fehler. Und auch die Torhüter kamen überhaupt nicht in die Partie. Die Folge: Der sichere Siebenmeter- und Gegenstoßschütze Garcia und der wild ackernde Rutenka machten mit der Kieler Defensive, was sie wollten. Die Katalanen setzen sich nach zehn Minuten erstmals mit drei Toren ab, erhöhten diesen Vorsprung mit drei schnellen Toren zwischen der 18. und 20. Minute sogar auf fünf Treffer. Der THW hingegen wirkte ratlos in der Offensive - lediglich Filip Jicha fand mit seiner unnachahmlichen Art immer wieder Lücken im Barcelona-Deckungsverband. Gut nur, dass die Kieler in Überzahl mit Toren durch Ahlm, Klein und Sprenger sowie einen Jicha-Hammer noch vor der Pause den Rückstand auf ein erträgliches Maß schrumpfen ließen. Mit 17:20 wurden die Seiten gewechselt.

Ausdruck unbändigen Siegeswillens: Dominik Klein erzielte fünf Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Ausdruck unbändigen Siegeswillens: Dominik Klein erzielte fünf Tore.
Mit dem Willen, die Partie noch zu drehen, kehrten die Zebras aus den Kabinen zurück. Vor allem Thierry Omeyer schien einen großen Schluck aus der Selbstbewusstseins-Pulle genommen zu haben, der französische Weltklasse-Keeper kam wie verwandelt wieder auf die Platte. Reihenweise entschärfte er nun die Würfe der katalanischen Angreifen - indes: Seine Vorderleute vermochten die Steilvorlage ihres Schlussmannes nicht zu verwerten. Ausgerechnet Filip Jicha schloss übermotiviert einige Male zu früh ab, aber auch Zeitz und Palmarsson machten mit ihren Fahrkarten die vielen tausend THW-Fans im Publikum nicht glücklicher. Immer dann, wenn der THW dichter an den FC Barcelona heranzurücken schien, vereitelten technische Fehler oder David Barrufet in seinem letzten Spiel seiner Karriere die Aufholjagd. Schlimmer noch: Nach Kleins 18:20 in Unterzahl zogen die Katalanen durch zwei Siebenmeter und einen Gegenstoß von Garcia wieder auf 23:18 davon (38.), nach Nöddesbos 24:19 (40.) zog Gislason die grüne Auszeit-Karte. Die Schwarz-Weißen schienen den Glauben an die eigene Stärke verloren zu haben - mit hängenden Köpfen schlichen die Zebras an die Seitenlinie.

Die Härte der katalanischen Abwehr bekam nicht nur Daniel Narcisse zu spüren.
Klicken Sie zum Vergrößern! Die Härte der katalanischen Abwehr bekam nicht nur Daniel Narcisse zu spüren.
Gislason griff nun ganz tief in die Taktikkiste, brachte für den nahezu abgemeldeten Marcus Ahlm Igor Anic mit der Aufgabe, in der Defensive den Wirkungsgrad des linken spanischen Rückraums einzuengen. Auf Außen setzte Gislason auf Lundström, der den guten Klein ersetzte. Und im Rückraum durfte fortan auch Börge Lund ein wenig Ruhe ins Spiel bringen. Alles Maßnahmen, die zwar nicht sofort, aber doch langsam griffen. Spätestens als der immer stärker werdende Zeitz, der das Scharfschuss-Visier justierende Daniel Narcisse und nicht zuletzt Lundström, der eine Omeyer-Parade an der Mittellinie kurz vor dem Aus aufkratzte und sicher verwandelte, den THW Kiel beim 22:25 wieder in Reichweite gebracht hatten, wurde das Publikum zum zusätzlichen Feldspieler. Unermüdlich peitschten die rund 20.000 Fans den THW nach vorn - der musste trotz eines immer stärker werdenden Omeyer aber erneut Rückschläge verkraften: Immer wieder konterten die Katalanen die Kieler Anschlussversuche, das Champions-League-Finale glich nun einem offenen Scheibenschießen. Sieben Tore fielen allein in der 47., 48. und 49. Minute, an deren Ende der FC Barcelona noch immer mit 29:27 führte.

Der große Moment: Marcus Ahlm reckt den riesigen Pokal in die Höhe.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der große Moment: Marcus Ahlm reckt den riesigen Pokal in die Höhe.
Aber der THW Kiel war längst wieder drin in dieser Partie, die von Omeyer initiierte Aufholjagd hatte längst wieder das Titel-Feuer in den Zebras geweckt. Nun wurde gefightet, nun wurde kein Ball mehr verloren gegeben. Barcelona - das offenbar schon einen Gang zurück geschaltet hatte - geriet in Bedrängnis. Als dann Anic ein Traumanspiel von Zeitz versenkte, stand die Halle Kopf. Einem Tollhaus glich sie wenig später, als Zeitz nach einem Foulspiel den fälligen Freiwurf reaktionsschnell ohne Barcelona-Gegenwehr in den Kasten drosch - der Ausgleich in der 52. Minute setzte weitere Kräfte frei - daran änderte auch die Auszeit von Barca-Trainer Xavi Pascual nichts. Lundström verwandelte einen Tempogegenstoß zur ersten Kieler Führung des Spiels (50.), den Sarmiento mit dem 30:30 konterte. Dann aber regierten nur noch Omeyer und der THW die Lanxess arena: Die Paraden des Kieler Keepers machten den FC nervös, der sich nun seinerseits technische Fehler erlaubte. Die Konsequenz: Ilic verwandelte einen Siebenmeter, Narcisse klaute sich in der Abwehr einen Ball und ließ sich bis zum 32:30 nicht mehr stoppen, Omeyer entschärfte einen Romero-Wurf, und Zeitz ließ die THW-Fans von den Sitzen springen: Beim 33:30 war die nach dem Spielverlauf zu klassifizierende Sensation für den THW zum Greifen nahe. Doch noch waren vier Minuten zu spielen - und die sollten verdammt lang werden.

Henrik Lundström drehte eine Jubel-Ehrenrunde mit dem neuen Pokal.
Klicken Sie zum Vergrößern! Henrik Lundström drehte eine Jubel-Ehrenrunde mit dem neuen Pokal.
Der überragende Garcia brachte Barcelona mit zwei Toren wieder heran, Jicha erzielte mit seinem neunten Tor das 34:32 - im Gegenzug verursachte der Tscheche einen Siebenmeter. Peter Gentzel stellte sich in der 58. Minute dem zuvor neunmal von der Siebenmeterlinie erfolgreichen Garcia entgegen, wartete lange und tauchte zur richtigen Zeit ab: Gehalten! Doch noch war lange nicht Schluss: Tomas verkürzte auf 33:34, Narcisse sorgte wieder für die Zwei-Tore-Führung, doch Romeros wuchtiger Wurf zum 34:35 ließ Barcelona wieder hoffen. Der THW aber ließ sich nun nicht mehr beirren: Jicha tankte sich durch die Defensive und drosch den Ball zum 36:34 ins Tor - der Rest war zunächst kein Jubel. Die aufgestauten Emotionen brachen sich ihren Bann, wild wurde nach dem Schlusspfiff geschubst und geschimpft. Einige Minuten dauerte es, bis sich die Gemüter beruhigt hatten - dann griff das allgemeine Wohlsein lautstark um sich in der Lanxess arena. Spätestens, als Ex-Kapitän Stefan Lövgren die neue Trophäe an den EHF-Generalsekretär Michael Wiederer und den EHF-Präsidenten Tor Lian überreicht hatte, näherten sich die Feierlichkeiten ihrem ersten Höhepunkt: um kurz nach 20 Uhr reckte Ahlm die Trophäe in die Höhe - der Rest war Konfetti, Jubel, Sektdusche und Gesang.

Der 30. Mai 2010 wird also als einer der erstaunlichsten Tage in die Vereinsgeschichte eingehen. Lange Zeit sah der FC Barcelona wie der sichere Sieger des ersten Final4-Finales aus, am Ende jubelten die Kieler ausgelassen über den größten Triumph im europäischen Vereinshandball. Danke Thierry Omeyer, danke Andreas Palicka, danke Peter Gentzel, danke Börge Lund, danke Kim Andersson, danke danke Henrik Lundström, danke Igor Anic, danke Christian Sprenger, danke Marcus Ahlm, danke Tobias Reichmann, danke Christian Zeitz, danke Aron Palmarsson, danke Daniel Narcisse, danke Momir Ilic, danke Dominik Klein, danke Filip Jicha und danke Alfred Gislason!

(Christian Robohm)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Auch der verletzte Kim Andersson kannte kein Halten mehr.
Klicken Sie zum Vergrößern! Auch der verletzte Kim Andersson kannte kein Halten mehr.
Ich bin sehr, sehr stolz und zufrieden - aber ich brauche ein paar Tage, um das alles zu begreifen. Wir haben zuerst wie die schlechtere Mannschaft ausgesehen. Wir haben uns in der Abwehr nicht gut bewegt und waren auch im Angriff zu lahm. 20 Minuten vor Schluss lagen wir mit fünf Toren zurück, da hatten wir nichts mehr zu verlieren. Ich habe es mit frischen Leuten versucht, mit Lund und Anic. Das hat funktioniert. Wir hatten von da an mehr Druck im Spiel und konnten auch von Barcelonas Fehlern profitieren.

Ich habe mich aber während der Siegerehrung kaum gefreut, weil ich nur an die Situation von Barcelona denken musste. Vor einem Jahr gegen Ciudad Real ist es mir genauso ergangen, das ist sehr bitter, ein solches Spiel zu verlieren. Ein Riesenkompliment an Barca und den Trainer - diese Mannschaft hat sich super entwickelt. Wir werden uns hoffentlich nächstes Jahr im EHF FINAL4 wiedersehen.

Bei diesem Turnier war die Organisation super, und wir haben uns über eine unglaublich schöne Stimmung gefreut. Wir haben natürlich davon profitiert, dass die Halle auf unserer Seite war. Aus meiner Sicht war dieses Event perfekt. Ich hoffe, es wird immer hier in Köln bleiben. Es gibt nicht annähernd einen Austragungsort auf neutralem Boden wie diesen hier. Es wäre nur besser, wenn noch mehr Leute aus Spanien mitkommen würden.

Unglaublich! Nach 45 Minuten sahen wir wie der klare Verlierer aus, haben uns dann aber wieder unglaublich in das Spiel hereingekämpft und letztendlich verdient gewonnen. Wir haben monatelang auf dieses Spiel hingearbeitet, die Jungs haben super trainiert, alles gegeben und gerade jetzt, wo wir in einer schwierigen Phase mit Verletzungen waren, noch einmal eine Schippe drauf gelegt.

Am Ende stand die Deckung super, Titi war überragend, daher sind wir verdienter CL-Sieger.

Jetzt müssen wir uns auf Balingen konzentrieren, ein unangenehmer Gegner und danach kommt unser schwerstes Saisonspiel in Großwallstadt.

Barcelonas Trainer Xavi Pascual:
Gratulation an Kiel zu diesem Sieg und Gratulation an die EHF für dieses großartige Event und die Organisation. Es war ein sehr gutes Spiel. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt und sind in der zweiten Hälfte gut mit der Kieler 5-1-Deckung gegen Rutenka zurechtgekommen. Aber wir haben Fehler beim Abschluss gemacht, Kiel hatte am Ende die besseren Shooter.

Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Dieses Turnierwochenende war ein großer Erfolg. Klar hatte Kiel Heimvorteil, 19000 Leute helfen eine Menge, das soll aber keine Entschuldigung sein. Omeyer hat uns getötet.

THW-Torhüter Thierry Omeyer:
Der Triumphator mit dem Pokal: Thierry Omeyer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der Triumphator mit dem Pokal: Thierry Omeyer.
Es war ein großes Spiel mit großartiger Atmosphäre. In der ersten Halbzeit haben wir nicht sehr gut gespielt, aber mit den Fans im Rücken waren wir am Ende sehr stark und haben gewonnen. Es ist großartig, das erste EHF FINAL4 gewonnen zu haben! 20.000 Menschen in der Halle an zwei Tagen - das war für alle Spieler ein Riesenerlebnis. Für die Situation nach dem Finale möchte ich mich entschuldigen. Es waren viel Adrenalin und Druck im Spiel.
Barca-Torhüter David Barrufet:
Gratulation an den THW Kiel und an die EHF. Es war ein Finale gegen ein großes Team. Wir haben sehr gut gespielt, aber Kiel war am Ende besser. Ich muss meinem Team auch für die gute Arbeit der ganzen Saison gratulieren. Ich hoffe, Barca gewinnt die EHF Champions League nächstes Jahr. Für mich war es das letzte Spiel meiner Karriere, ich kann leide nicht mehr dabei sein.

Alle Meisterschaften in Deutschland haben eine grandiose Atmosphäre. Ich würde mir wünschen, dass eines Tages alle wichtigen Spiele hier stattfinden, aber das ist ja nicht möglich.

THW-Toptorschütze Filip Jicha:
Wie wir das noch geschafft haben, weiß ich nicht. Ich war in der zweiten Halbzeit so platt, aber die anderern haben es super gemacht. Hier ist eine unglaubliche Stimmung, ich gehe feiern!

Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Es war eine unglaubliche Atmosphäre. Eine, die man als Sportler nie vergisst. Eine, die es uns ermöglicht hat, Champions-League-Sieger zu werden.

THW-Linksaußen Dominik Klein:
Ich habe keine Worte, ich kann es noch gar nicht verstehen, dass wir das Spiel noch gedreht haben. Die komplette Bank hat Positives beigetragen, jeder der von der Bank kam, hat alles richtig gemacht.

Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Ich bin in Köln immer noch ungeschlagen. Es ist ein gutes Gefühl, hier zu spielen. Wir haben Unglaubliches geleistet. Jeder gibt Vollgas, bis nicht mehr kann. Jetzt habe ich Rückenschmerzen vom Pokalschleppen, und mir fehlt die Kraft zum Reden. Wer den Pokal anfassen will, soll zum Flughafen kommen. Vielleicht bekommen wir schon ein Autokorso von Hamburg nach Kiel hin.

THW-Ehrenspielführer Stefan Lövgren:
Unglaublich, was hier abgegangen ist, ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen. War für eine Mannschaft, was für ein Spiel!

Jetzt hört hoffentlich endlich das dumme Gerade auf, dass der oder der nicht zu ersetzen sei. Diese Mannschaft hat es allen bewiesen und verdient gewonnen! Zwischenzeitlich sah ich beim THW ein wenig Müdigkeit, aber als sie zwei, drei Tore wettgemacht hatten und die Halle kam, haben die Zebras wieder Energie getankt.

THW-Geschäftsführer Uli Derad gegenüber den KN:
Eine unglaubliche Leistung. Wir haben immer daran geglaubt, dass wir es noch schaffen können. Barcelona war ausgeruhter, viele Spieler waren zudem bei der EM nicht dabei. Aber mit einer unglaublichen Energie- und Willensleistung haben wir es geschafft. Auch dank Omeyer, der am Ende einfach alles gehalten hat.

 


Champions League, Finale: 30.05.10, So., 18.00: THW Kiel - FC Barcelona (ESP): 36:34 (17:20)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-12., 20.-60., 19 Paraden) Palicka (1 Siebenmeter, 0 Paraden), Gentzel (12.-20. und 2 Siebenmeter, 2 Paraden); Lund (1), Andersson (n.e.), Lundström (3), Anic (2), Sprenger (2), Ahlm (1), Reichmann, Zeitz (6), Palmarsson, Narcisse (4), Ilic (1/1), Klein (5), Jicha (11/2); Trainer: Gislason
Logo Leon FC Barcelona (ESP Flagge ESP):
Saric (1.-13., 46.-57., 2 Paraden), Barrufet (13.-46., 57.-60., 10 Paraden); Nöddesbo (6), Garcia (13/9), Tomas (4), Garabaya (1), Sarmiento (1), Romero (2), Nagy (1), Jernemyr, Rutenka (4), Boldsen, Hansen (1), Rocas, Oneto, Igropulo (1); Trainer: Pascual
Schiedsrichter:
Per Olesen / Lars Ejby Pedersen (Dänemark)
Zeitstrafen:
THW: 3 (Ahlm (10.), Lund (29.), Zeitz (37.));
Barcelona: 3 (Jernemyr (7.), Nagy (10.), Garabaya (23.))
Siebenmeter:
THW: 4/3 (Jicha vorbei (49.));
Barcelona: 10/9 (Gentzel hält Garcia (58.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:3 (5.), 2:4, 4:5, 4:7 (10.), 5:8, 6:9 (12.), 7:10, 8:11, 9:12 (16.), 10:13 (18.), 10:15 (20.), 11:16, 13:16 (24.), 14:17, 16:19 (27.), 17:20;
2. Hz.: 18:20, 18:21 (35.), 18:23 (38.), 19:25 (41.), 21:25 (43.), 24:26 (47.), 24:27, 25:28 (48.), 27:29 (49.), 30:29 (52.), 30:30, 33:30 (56.), 33:32 (57.), 34:32, 34:33 (59.), 35:34 (60.), 36:34.
Zuschauer:
19.374 (LANXESS arena, Köln)
Spielgrafik:
Spielgrafik
Spielberichtsbogen:
Offizieller Spielberichtsbogen der EHF

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010:

Triumph wahrer Champions

Sportliche Wiederauferstehung beim 36:34 gegen Barcelona - THW zum zweiten Mal auf dem Handball-Gipfelt
Bierdusche für den Trainer: Ausgelassen feierten die Zebras in der Kabine ihren Triumph.
Klicken Sie zum Vergrößern! Bierdusche für den Trainer: Ausgelassen feierten die Zebras in der Kabine ihren Triumph.
Köln. Sechs Tore Rückstand, die Beine schwer, die Köpfe leer - der THW Kiel stand gestern Abend im Champions-League-Finale am Abgrund. Doch mit einer unglaublichen Energieleistung rissen die "Zebras" gegen den FC Barcelona eine bereits entschiedene Partie aus dem Feuer, siegten nach 19:25-Rückstand mit 36:34 und gewannen zum zweiten Mal den größten Cup, den eine Vereinsmannschaft gewinnen kann.

Während die Kieler sich nach dem Abpfiff in den Armen lagen, blieb Filip Jicha im Torkreis liegen. Völlig ausgepumpt, überglücklich. Er war das Symbol für diese unglaubliche Aufholjagd gewesen. 119 Tore hatte der Tscheche in dieser Champions-League-Saison geworfen. 119! So viel wie kein anderer. Gegen den FC Barcelona warf er elf, obwohl die Akkus längst dunkelrot leuchteten. 29:27 (49.) stand es für die Katalanen, als Jicha zum Siebenmeterpunkt schritt. In diesem Wettbewerb hatte er bislang mit unglaublicher Sicherheit vollstreckt, eine Quote jenseits der 90 Prozent. Doch diesen setzte er neben den Kasten, die fehlende Kraft hatte ihm die Konzentration geraubt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team von Alfred Gislason ("wir waren wie tot") aber längst seine Ketten gesprengt. Mit einem Geniestreich hatte Gislason die Spanier ausgehebelt, den kräftigen Kreisläufer Igor Anic als Manndecker für den riesigen Siarhei Rutenka ins Feuer geworfen. "Er hat uns vorher richtig weh getan", meinte ein überglücklicher Anic, dem Champagner aus den Haaren tropfte. "Ich habe um mich herum nichts mehr mitbekommen, nur auf seine Füße geschaut." Rutenka, so der Auftrag, sollte ihn nicht überrennen. Der Star des sechsfachen Champions, gerade für eine Million Euro von Ciudad Real ausgelöst, sollte entnervt ausgewechselt werden. "Diese Position habe ich noch nie gespielt", meinte Anic. Schließlich sei er nicht gerade der Schnellste. "Ich glaube aber, dass ich es ganz gut gemacht habe."

Siegerfoto auf Socken: Teil eins der großen Champions-League-Party stieg bereits in der Kabine.
Klicken Sie zum Vergrößern! Siegerfoto auf Socken: Teil eins der großen Champions-League-Party stieg bereits in der Kabine.
Der Franzose war ein Mosaiksteinchen in einer Mannschaft, die eigentlich keine Chance mehr hatte, nach 2007 zum zweiten Mal den Cup zu gewinnen. Barcelona hatte sich tags zuvor beim Halbfinalsieg gegen die langsamen Russen geschont, der THW sich an Ciudad zerrieben. Die Spanier hatten zudem die breitere Bank, Weltklasse löste die Weltklasse ab.

Doch sie brauchten zu lange, um auf Anic eine Antwort zu finden. Als sie die hatten, war es die falsche. "Auf die 4:2-Deckung waren wir vorbereitet", meinte ein überglücklicher Gislason, der an der Seitenlinie tausend kleine Tode starb. "Allerdings hatten wir damit gerechnet, dass Ciudad sie spielen würde."

Kiel hatte eine Antwort auf die offensive Deckung, aber auch eine auf den famosen Linksaußen Juan Garcia. Der dreizehnfache Torschütze hatte bereits neun Siebenmeter verwandelt, als Gislason noch einmal Peter Gentzel brachte. Thierry Omeyer, der in der zweiten Halbzeit eine außerirdische Leistung ablieferte, und Andreas Palicka hatten sich vergeblich an dem flinken Wuschelkopf versucht. Also Gentzel. Kiel führte 34:32 (58.), als Garcia zum zehnten Siebenmeter antrat. "Ich war total leer im Kopf und habe mich auf meine Intuition verlassen", sagte Gentzel. "Und das war wohl gut so." Der 41-Jährige parierte mit den Händen, die Arena erreichte einen Lärmpegel, der an das WM-Finale im Februar 2007 zwischen Deutschland und Polen erinnerte.

Der große Moment: die Siegerehrung.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der große Moment: die Siegerehrung.
"Ich kann es noch gar nicht fassen", meinte der strahlende Schwede, der zum ersten Mal die Champions League gewann. "Deshalb bin ich nach Kiel gekommen. Ich bin so stolz darauf, ein Teil dieser Mannschaft zu sein."

Eine, die am Mittwoch Balingen-Weilstetten zum vorletzten Spiel in der Meisterschaftsserie erwartet. Ein Spiel, an das gestern wahrlich noch keiner dachte. "Wir feiern bis zum Abflug", gab Gislason als Parole aus. Also bis heute Vormittag um zehn, dann fliegen die Kieler nach Hamburg.

(von Wolf Paarmann und Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010)


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