![Der THW Kiel ist Champions-League-Sieger 2010! Der THW Kiel ist Champions-League-Sieger 2010!](10053001.jpg) |
Der THW Kiel ist Champions-League-Sieger 2010!
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Der THW Kiel ist zum zweiten Mal nach 2007 Champions-League-Sieger! In einem unglaublichen Finale,
in dem die Zebras bis zehn Minuten vor Schluss immer in Rückstand lagen, besiegten
die Kieler dank eines unfassbaren
Thierry Omeyer in der zweiten Halbzeit, des
elffachen Torschützen
Filip Jicha
und einer insgesamt tollen Mannschaftsleistung den FC Barcelona mit 36:34 (17:20). Zwischenzeitlich
hatte der THW bereits mit sechs Toren in Rückstand gelegen - am Ende
sicherten sich die Zebras den Eintrag in die Geschichtsbücher und die neue
futuristische Trophäe.
Nichts hatte 45 Minuten lang darauf hingedeutet, dass die Schwarz-Weißen am Ende eines aufregenden
Tages im Konfettiregen auf der Bühne stehen würden. Der THW vertraute von Beginn an auf die Mannschaft,
die gestern den Titelverteidiger Ciudad Real mit
29:27 (12:15) entthront hatte.
Doch so richtig in die Partie wollten die Zebras nicht finden. In der Abwehr haderte man mit zu wenig
![Probleme hatte die THW-Defensive auch mit Jesper Nöddesbo, der sechs Tore erzielte. Probleme hatte die THW-Defensive auch mit Jesper Nöddesbo, der sechs Tore erzielte.](10053105.jpg) |
Probleme hatte die THW-Defensive auch mit Jesper Nöddesbo, der sechs Tore erzielte.
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Aggressivität und einigen strittigen Schiedsrichterentscheidungen, im Angriff produzierten
die Zebras viel zu viele Fehler. Und auch die Torhüter kamen überhaupt nicht in die Partie. Die Folge:
Der sichere Siebenmeter- und Gegenstoßschütze Garcia und der
wild ackernde Rutenka machten mit der Kieler Defensive, was sie wollten. Die Katalanen setzen sich nach
zehn Minuten erstmals mit drei Toren ab, erhöhten diesen Vorsprung mit drei schnellen Toren zwischen
der 18. und 20. Minute sogar auf fünf Treffer. Der THW hingegen wirkte ratlos in der Offensive - lediglich
Filip Jicha fand mit seiner unnachahmlichen Art immer wieder Lücken im
Barcelona-Deckungsverband. Gut nur, dass die Kieler in Überzahl mit Toren durch
Ahlm,
Klein und
Sprenger sowie einen
Jicha-Hammer
noch vor der Pause den Rückstand auf ein erträgliches Maß schrumpfen ließen. Mit 17:20 wurden
die Seiten gewechselt.
![Ausdruck unbändigen Siegeswillens: Dominik Klein erzielte fünf Tore. Ausdruck unbändigen Siegeswillens: Dominik Klein erzielte fünf Tore.](10053002.jpg) |
Ausdruck unbändigen Siegeswillens: Dominik Klein erzielte fünf Tore.
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Mit dem Willen, die Partie noch zu drehen, kehrten die Zebras aus den Kabinen zurück. Vor allem
Thierry Omeyer schien einen großen Schluck aus der Selbstbewusstseins-Pulle
genommen zu haben, der französische Weltklasse-Keeper kam wie verwandelt wieder auf die Platte. Reihenweise
entschärfte er nun die Würfe der katalanischen Angreifen - indes: Seine Vorderleute vermochten
die Steilvorlage ihres Schlussmannes nicht zu verwerten. Ausgerechnet
Filip Jicha
schloss übermotiviert einige Male zu früh ab, aber auch
Zeitz und
Palmarsson
machten mit ihren Fahrkarten die vielen tausend THW-Fans im Publikum nicht glücklicher. Immer dann,
wenn der THW dichter an den FC Barcelona heranzurücken schien, vereitelten technische Fehler oder
David Barrufet in seinem letzten Spiel seiner Karriere die
Aufholjagd. Schlimmer noch: Nach
Kleins 18:20 in Unterzahl
zogen die Katalanen durch zwei Siebenmeter und einen Gegenstoß von Garcia wieder auf 23:18 davon (38.),
nach Nöddesbos 24:19 (40.) zog
Gislason die grüne Auszeit-Karte. Die Schwarz-Weißen
schienen den Glauben an die eigene Stärke verloren zu haben - mit hängenden Köpfen
schlichen die Zebras an die Seitenlinie.
![Die Härte der katalanischen Abwehr bekam nicht nur Daniel Narcisse zu spüren. Die Härte der katalanischen Abwehr bekam nicht nur Daniel Narcisse zu spüren.](10053007.jpg) |
Die Härte der katalanischen Abwehr bekam nicht nur Daniel Narcisse zu spüren.
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Gislason griff nun ganz tief in die
Taktikkiste, brachte für den nahezu abgemeldeten
Marcus Ahlm
Igor Anic mit der Aufgabe, in der Defensive den Wirkungsgrad des
linken spanischen Rückraums einzuengen. Auf Außen setzte
Gislason
auf
Lundström, der den guten
Klein ersetzte.
Und im Rückraum durfte fortan auch
Börge Lund ein wenig Ruhe ins Spiel
bringen. Alles Maßnahmen, die zwar nicht sofort, aber doch langsam griffen. Spätestens als
der immer stärker werdende
Zeitz, der das Scharfschuss-Visier justierende
Daniel Narcisse und nicht zuletzt
Lundström,
der eine
Omeyer-Parade an der Mittellinie kurz vor dem Aus aufkratzte
und sicher verwandelte, den THW Kiel beim 22:25 wieder in Reichweite gebracht hatten,
wurde das Publikum zum zusätzlichen Feldspieler. Unermüdlich peitschten die rund 20.000
Fans den THW nach vorn - der musste trotz eines immer stärker werdenden
Omeyer
aber erneut Rückschläge verkraften: Immer wieder konterten die Katalanen die Kieler Anschlussversuche,
das Champions-League-Finale glich nun einem offenen Scheibenschießen. Sieben Tore fielen allein
in der 47., 48. und 49. Minute, an deren Ende der FC Barcelona noch immer mit 29:27 führte.
![Der große Moment: Marcus Ahlm reckt den riesigen Pokal in die Höhe. Der große Moment: Marcus Ahlm reckt den riesigen Pokal in die Höhe.](10053104.jpg) |
Der große Moment: Marcus Ahlm reckt den riesigen Pokal in die Höhe.
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Aber der THW Kiel war längst wieder drin in dieser Partie, die von
Omeyer
initiierte Aufholjagd hatte längst wieder das Titel-Feuer in den Zebras geweckt. Nun wurde gefightet,
nun wurde kein Ball mehr verloren gegeben. Barcelona - das offenbar schon einen Gang zurück geschaltet
hatte - geriet in Bedrängnis. Als dann
Anic ein Traumanspiel von
Zeitz versenkte, stand die Halle Kopf. Einem Tollhaus glich sie wenig später,
als
Zeitz nach einem Foulspiel den fälligen Freiwurf reaktionsschnell
ohne Barcelona-Gegenwehr in den Kasten drosch - der Ausgleich in der 52. Minute setzte
weitere Kräfte frei - daran änderte auch die Auszeit von Barca-Trainer Xavi Pascual nichts.
Lundström verwandelte einen Tempogegenstoß zur ersten Kieler
Führung des Spiels (50.), den Sarmiento mit dem 30:30 konterte. Dann aber regierten nur noch
Omeyer
und der THW die Lanxess arena: Die Paraden des Kieler Keepers machten den FC nervös, der sich nun
seinerseits technische Fehler erlaubte. Die Konsequenz:
Ilic verwandelte
einen Siebenmeter,
Narcisse klaute sich in der Abwehr einen Ball und
ließ sich bis zum 32:30 nicht mehr stoppen,
Omeyer entschärfte einen
Romero-Wurf, und
Zeitz ließ die THW-Fans von den Sitzen springen: Beim 33:30
war die nach dem Spielverlauf zu klassifizierende Sensation für den THW zum Greifen nahe. Doch noch
waren vier Minuten zu spielen - und die sollten verdammt lang werden.
Der überragende Garcia brachte Barcelona mit zwei Toren wieder heran,
Jicha
erzielte mit seinem neunten Tor das 34:32 - im Gegenzug verursachte der Tscheche einen Siebenmeter.
Peter Gentzel stellte sich in der 58. Minute dem zuvor neunmal von der Siebenmeterlinie
erfolgreichen Garcia entgegen, wartete lange und tauchte zur richtigen Zeit ab:
Gehalten! Doch noch war lange nicht Schluss: Tomas verkürzte auf 33:34,
Narcisse
sorgte wieder für die Zwei-Tore-Führung, doch Romeros wuchtiger Wurf zum 34:35 ließ Barcelona
wieder hoffen. Der THW aber ließ sich nun nicht mehr beirren:
Jicha
tankte sich durch die Defensive und drosch den Ball zum 36:34 ins Tor - der Rest war zunächst kein
Jubel. Die aufgestauten Emotionen brachen sich ihren Bann, wild wurde nach dem Schlusspfiff
geschubst und geschimpft. Einige Minuten dauerte es, bis sich die Gemüter beruhigt hatten -
dann griff das allgemeine Wohlsein lautstark um sich in der Lanxess arena. Spätestens, als Ex-Kapitän
Stefan Lövgren die neue Trophäe an den EHF-Generalsekretär Michael Wiederer und
den EHF-Präsidenten Tor Lian überreicht hatte, näherten sich die Feierlichkeiten ihrem ersten
Höhepunkt: um kurz nach 20 Uhr reckte
Ahlm die Trophäe in die Höhe - der Rest
war Konfetti, Jubel, Sektdusche und Gesang.
Der 30. Mai 2010 wird also als einer der erstaunlichsten Tage in die Vereinsgeschichte eingehen. Lange Zeit
sah der FC Barcelona wie der sichere Sieger des ersten Final4-Finales aus, am Ende jubelten die Kieler
ausgelassen über den größten Triumph im europäischen Vereinshandball. Danke Thierry Omeyer,
danke Andreas Palicka, danke Peter Gentzel, danke
Börge Lund, danke Kim Andersson, danke
danke Henrik Lundström, danke Igor Anic, danke
Christian Sprenger, danke Marcus Ahlm,
danke Tobias Reichmann, danke Christian Zeitz,
danke Aron Palmarsson, danke Daniel Narcisse,
danke Momir Ilic, danke Dominik Klein,
danke Filip Jicha und danke Alfred Gislason!
(Christian Robohm)
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Ich bin sehr, sehr stolz und zufrieden - aber ich brauche ein paar Tage,
um das alles zu begreifen. Wir haben
zuerst wie die schlechtere Mannschaft ausgesehen.
Wir haben uns in der Abwehr nicht gut bewegt
und waren auch im Angriff zu lahm. 20 Minuten
vor Schluss lagen wir mit fünf Toren zurück,
da hatten wir nichts mehr zu verlieren. Ich habe
es mit frischen Leuten versucht, mit Lund und
Anic. Das hat funktioniert.
Wir hatten von da an mehr Druck im Spiel und konnten
auch von Barcelonas Fehlern profitieren.
Ich habe mich aber während der Siegerehrung kaum gefreut, weil
ich nur an die Situation von Barcelona denken musste.
Vor einem Jahr gegen Ciudad Real ist es mir genauso ergangen,
das ist sehr bitter, ein solches Spiel zu verlieren.
Ein Riesenkompliment an Barca und den Trainer - diese
Mannschaft hat sich super entwickelt. Wir werden
uns hoffentlich nächstes Jahr im EHF FINAL4 wiedersehen.
Bei diesem Turnier war die Organisation super, und wir haben
uns über eine unglaublich schöne Stimmung gefreut. Wir
haben natürlich davon profitiert, dass die Halle auf
unserer Seite war. Aus meiner Sicht war dieses Event
perfekt. Ich hoffe, es wird immer hier in Köln bleiben.
Es gibt nicht annähernd einen Austragungsort auf neutralem
Boden wie diesen hier. Es wäre nur besser, wenn noch
mehr Leute aus Spanien mitkommen würden.
Unglaublich! Nach 45 Minuten sahen wir wie der klare Verlierer aus, haben uns dann
aber wieder unglaublich in das Spiel hereingekämpft und letztendlich verdient gewonnen.
Wir haben monatelang auf dieses Spiel hingearbeitet, die Jungs haben super trainiert,
alles gegeben und gerade jetzt, wo wir in einer schwierigen Phase mit Verletzungen waren,
noch einmal eine Schippe drauf gelegt.
Am Ende stand die Deckung super, Titi
war überragend, daher sind wir verdienter CL-Sieger.
Jetzt müssen wir uns auf Balingen konzentrieren, ein unangenehmer Gegner und danach kommt
unser schwerstes Saisonspiel in Großwallstadt.
Barcelonas Trainer Xavi Pascual:
Gratulation an Kiel zu diesem Sieg und Gratulation an die
EHF für dieses großartige Event und die Organisation.
Es war ein sehr gutes Spiel. Wir haben in der ersten
Halbzeit sehr gut gespielt und sind in der zweiten
Hälfte gut mit der Kieler 5-1-Deckung gegen Rutenka
zurechtgekommen. Aber wir haben Fehler beim Abschluss
gemacht, Kiel hatte am Ende die besseren Shooter.
Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Dieses Turnierwochenende war ein großer Erfolg.
Klar hatte Kiel Heimvorteil, 19000 Leute helfen eine
Menge, das soll aber keine Entschuldigung sein. Omeyer
hat uns getötet.
Es war ein großes Spiel mit großartiger Atmosphäre. In
der ersten Halbzeit haben wir nicht sehr gut gespielt,
aber mit den Fans im Rücken waren wir am Ende sehr
stark und haben gewonnen. Es ist großartig, das erste
EHF FINAL4 gewonnen zu haben! 20.000 Menschen in
der Halle an zwei Tagen - das war für alle Spieler ein
Riesenerlebnis. Für die Situation nach dem Finale
möchte ich mich entschuldigen. Es waren viel Adrenalin
und Druck im Spiel.
Barca-Torhüter David Barrufet:
Gratulation an den THW Kiel und an die EHF. Es war ein
Finale gegen ein großes Team. Wir haben sehr gut gespielt,
aber Kiel war am Ende besser. Ich muss meinem Team auch
für die gute Arbeit der ganzen Saison gratulieren. Ich hoffe, Barca
gewinnt die EHF Champions League nächstes Jahr.
Für mich war es das letzte Spiel meiner Karriere,
ich kann leide nicht mehr dabei sein.
Alle Meisterschaften in Deutschland haben eine grandiose Atmosphäre.
Ich würde mir wünschen, dass eines Tages alle wichtigen
Spiele hier stattfinden, aber das ist ja nicht möglich.
Wie wir das noch geschafft haben, weiß ich nicht. Ich war in der zweiten Halbzeit so platt, aber
die anderern haben es super gemacht.
Hier ist eine unglaubliche Stimmung, ich gehe feiern!
Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Es war eine unglaubliche Atmosphäre. Eine, die man als
Sportler nie vergisst. Eine, die es uns ermöglicht hat,
Champions-League-Sieger zu werden.
Ich habe keine Worte, ich kann es noch gar nicht verstehen, dass wir das Spiel noch
gedreht haben. Die komplette Bank hat Positives beigetragen, jeder der von der Bank
kam, hat alles richtig gemacht.
Gegenüber den Kieler Nachrichten:
Ich bin in Köln immer noch ungeschlagen.
Es ist ein gutes Gefühl, hier zu spielen. Wir
haben Unglaubliches geleistet. Jeder gibt Vollgas, bis
nicht mehr kann. Jetzt habe ich Rückenschmerzen vom
Pokalschleppen, und mir fehlt die Kraft zum Reden.
Wer den Pokal anfassen will, soll zum Flughafen kommen.
Vielleicht bekommen wir schon ein Autokorso von
Hamburg nach Kiel hin.
Unglaublich, was hier abgegangen ist, ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen.
War für eine Mannschaft, was für ein Spiel!
Jetzt hört hoffentlich endlich das dumme Gerade auf, dass der oder der nicht zu ersetzen sei.
Diese Mannschaft hat es allen bewiesen und verdient gewonnen!
Zwischenzeitlich sah ich beim THW ein wenig Müdigkeit, aber als sie zwei, drei Tore
wettgemacht hatten und die Halle kam, haben die Zebras wieder Energie getankt.
THW-Geschäftsführer Uli Derad gegenüber den KN:
Eine unglaubliche Leistung. Wir haben immer daran geglaubt,
dass wir es noch schaffen können. Barcelona
war ausgeruhter, viele Spieler waren zudem bei der EM
nicht dabei. Aber mit einer unglaublichen Energie- und
Willensleistung haben wir es geschafft. Auch dank Omeyer,
der am Ende einfach alles gehalten hat.
THW Kiel:-
Omeyer (1.-12., 20.-60., 19 Paraden)
Palicka (1 Siebenmeter, 0 Paraden),
Gentzel (12.-20. und 2 Siebenmeter, 2 Paraden);
Lund (1),
Andersson (n.e.),
Lundström (3),
Anic (2),
Sprenger (2),
Ahlm (1),
Reichmann,
Zeitz (6),
Palmarsson,
Narcisse (4),
Ilic (1/1),
Klein (5),
Jicha (11/2);
Trainer: Gislason
FC Barcelona (ESP
):-
Saric (1.-13., 46.-57., 2 Paraden),
Barrufet (13.-46., 57.-60., 10 Paraden);
Nöddesbo (6),
Garcia (13/9),
Tomas (4),
Garabaya (1),
Sarmiento (1),
Romero (2),
Nagy (1),
Jernemyr,
Rutenka (4),
Boldsen,
Hansen (1),
Rocas,
Oneto,
Igropulo (1);
Trainer: Pascual
- Schiedsrichter:
-
Per Olesen / Lars Ejby Pedersen (Dänemark)
- Zeitstrafen:
-
THW: 3 (Ahlm (10.), Lund (29.), Zeitz (37.));
Barcelona: 3 (Jernemyr (7.), Nagy (10.), Garabaya (23.))
- Siebenmeter:
-
THW: 4/3 (Jicha vorbei (49.));
Barcelona: 10/9 (Gentzel hält Garcia (58.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1, 1:3 (5.), 2:4, 4:5, 4:7 (10.), 5:8, 6:9 (12.), 7:10, 8:11,
9:12 (16.), 10:13 (18.), 10:15 (20.), 11:16, 13:16 (24.), 14:17, 16:19 (27.), 17:20;
2. Hz.: 18:20, 18:21 (35.), 18:23 (38.), 19:25 (41.), 21:25 (43.), 24:26 (47.),
24:27, 25:28 (48.), 27:29 (49.), 30:29 (52.), 30:30, 33:30 (56.), 33:32 (57.),
34:32, 34:33 (59.), 35:34 (60.), 36:34.
- Zuschauer:
-
19.374 (LANXESS arena, Köln)
- Spielgrafik:
-
- Spielberichtsbogen:
-
Offizieller Spielberichtsbogen der EHF
Aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010:
Triumph wahrer Champions
Sportliche Wiederauferstehung beim 36:34 gegen Barcelona - THW zum zweiten Mal auf dem Handball-Gipfelt
![Bierdusche für den Trainer: Ausgelassen feierten die Zebras in der Kabine ihren Triumph. Bierdusche für den Trainer: Ausgelassen feierten die Zebras in der Kabine ihren Triumph.](10053101.jpg) |
Bierdusche für den Trainer: Ausgelassen feierten die Zebras in der Kabine ihren Triumph.
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Köln. Sechs Tore Rückstand, die Beine schwer, die
Köpfe leer - der THW Kiel stand gestern Abend im
Champions-League-Finale am Abgrund. Doch mit einer
unglaublichen Energieleistung rissen die "Zebras"
gegen den FC Barcelona eine bereits entschiedene
Partie aus dem Feuer, siegten nach 19:25-Rückstand
mit 36:34 und gewannen zum zweiten Mal den größten
Cup, den eine Vereinsmannschaft gewinnen kann.
Während die Kieler sich nach dem Abpfiff in den Armen lagen,
blieb Filip Jicha im Torkreis
liegen. Völlig ausgepumpt, überglücklich. Er war
das Symbol für diese unglaubliche Aufholjagd gewesen.
119 Tore hatte der Tscheche in dieser Champions-League-Saison geworfen.
119! So viel wie kein anderer. Gegen den FC Barcelona warf er elf, obwohl die Akkus
längst dunkelrot leuchteten. 29:27 (49.) stand es für die Katalanen,
als Jicha zum Siebenmeterpunkt schritt. In
diesem Wettbewerb hatte er bislang mit unglaublicher Sicherheit
vollstreckt, eine Quote jenseits der 90 Prozent.
Doch diesen setzte er neben den Kasten, die fehlende
Kraft hatte ihm die Konzentration
geraubt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team von Alfred Gislason
("wir waren wie tot") aber längst seine Ketten gesprengt.
Mit einem Geniestreich hatte Gislason die
Spanier ausgehebelt, den kräftigen Kreisläufer Igor Anic
als Manndecker für den riesigen Siarhei Rutenka ins
Feuer geworfen. "Er hat uns vorher richtig weh getan",
meinte ein überglücklicher Anic, dem Champagner aus
den Haaren tropfte. "Ich habe um mich herum nichts mehr
mitbekommen, nur auf seine Füße geschaut." Rutenka, so
der Auftrag, sollte ihn nicht überrennen. Der Star des
sechsfachen Champions, gerade für eine Million Euro von
Ciudad Real ausgelöst, sollte entnervt ausgewechselt werden.
"Diese Position habe ich noch nie gespielt", meinte
Anic. Schließlich sei er nicht gerade der Schnellste. "Ich
glaube aber, dass ich es ganz gut gemacht habe."
![Siegerfoto auf Socken: Teil eins der großen Champions-League-Party stieg bereits in der Kabine. Siegerfoto auf Socken: Teil eins der großen Champions-League-Party stieg bereits in der Kabine.](10053102.jpg) |
Siegerfoto auf Socken: Teil eins der großen Champions-League-Party stieg bereits in der
Kabine.
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Der Franzose war ein Mosaiksteinchen in einer Mannschaft,
die eigentlich keine Chance mehr hatte, nach
2007
zum zweiten Mal den Cup zu gewinnen. Barcelona hatte
sich tags zuvor beim
Halbfinalsieg gegen die langsamen Russen
geschont, der THW sich an Ciudad zerrieben. Die
Spanier hatten zudem die breitere Bank, Weltklasse löste
die Weltklasse ab.
Doch sie brauchten zu lange, um auf Anic eine Antwort
zu finden. Als sie die hatten, war es die falsche. "Auf die
4:2-Deckung waren wir vorbereitet", meinte ein überglücklicher
Gislason, der an
der Seitenlinie tausend kleine Tode starb. "Allerdings hatten
wir damit gerechnet, dass Ciudad sie spielen würde."
Kiel hatte eine Antwort auf die offensive Deckung, aber
auch eine auf den famosen Linksaußen Juan Garcia. Der
dreizehnfache Torschütze hatte bereits neun Siebenmeter
verwandelt, als Gislason noch einmal
Peter Gentzel
brachte. Thierry Omeyer, der
in der zweiten Halbzeit eine außerirdische Leistung ablieferte,
und Andreas Palicka hatten sich vergeblich an dem
flinken Wuschelkopf versucht.
Also Gentzel. Kiel
führte 34:32 (58.), als Garcia zum zehnten Siebenmeter antrat.
"Ich war total leer im Kopf und habe mich auf meine
Intuition verlassen", sagte Gentzel. "Und das war wohl
gut so." Der 41-Jährige parierte mit den Händen, die
Arena erreichte einen Lärmpegel, der an das WM-Finale im Februar
2007 zwischen Deutschland und Polen erinnerte.
![Der große Moment: die Siegerehrung. Der große Moment: die Siegerehrung.](10053006.jpg) |
Der große Moment: die Siegerehrung.
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"Ich kann es noch gar nicht fassen", meinte
der strahlende Schwede, der zum ersten Mal
die Champions League gewann. "Deshalb bin
ich nach Kiel gekommen. Ich bin so stolz darauf, ein Teil dieser
Mannschaft zu sein."
Eine, die am Mittwoch
Balingen-Weilstetten zum vorletzten Spiel in der Meisterschaftsserie
erwartet. Ein Spiel, an das gestern wahrlich noch keiner
dachte. "Wir feiern bis zum Abflug", gab
Gislason als Parole aus.
Also bis heute Vormittag um zehn, dann fliegen
die Kieler nach Hamburg.
(von Wolf Paarmann und Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 31.05.2010)