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18.06.2010 Champions League

Zebra-Journal: Nur "Barca" schlug den THW

Vierzehn Siege: Auf dem Weg zum Champions-League-Titel kassierten die Kieler nur eine Niederlage

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.05.2010:

Champions-League-Sieger 2010: THW Kiel
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In einem damatischen Viertelfinale gegen die Rhein-Neckar Löwen qualifizierte sich der THW Kiel für das "Final4". In der Vorrunde hatten die "Zebras" nach fünf Siegen erstmals zu Hause gegen den FC Barcelona verloren, am Ende aber doch den Gruppensieg perfekt gemacht.

4. Oktober 2009

1. Spieltag: THW Kiel - Ademar Leon: 35:32 (17:15)
Der Aufgalopp war ein schwerer. Beim Heimsieg gegen Leon erarbeiteten sich die "Zebras" in der 22. Minute ihre erste Führung. Neuzugang Daniel Narcisse fehlte wegen einer Oberschenkelzerrung, Börge Lund übernahm die Rolle des Spielmachers. In der Pause stellte Alfred Gislason um, verwandelte Christian Zeitz in einen Rechtsaußen, drückte Filip Jicha den Taktstock in die Hand.

Der Tscheche und Kim Andersson, mit acht Toren bester Werfer, erzielten die ersten sechs Kieler Tore nach dem Seitenwechsel. Doch die kampfstarken Spanier ließen nicht nach, vor allem der Kroate Buntic (8 Tore) hielt Leon, in der heimischen Liga Asobal mit 4:6 Punkten katastrophal gestartet, im Spiel. So führte Kiel in der 56. Minute nur knapp (32:30). Trotz eines Peter Gentzel, der Siebenmeter von Stranovsky und Krivoshlykov parierte. Andersson entschied die Partie schließlich mit einem wuchtigen Tor zum 33:30. Zu einem Zeitpunkt, als die Unparteiischen passives Spiel angezeigt hatten. Jicha, überragender Akteur der zweiten Halbzeit, ließ mit dem 34:30 endgültig die Luft raus.

"In der Abwehr waren wir zu freundlich", meinte Lund. "In der Champions League darf man härter zur Sache gehen." Einen bitteren Auftritt hatte Aron Palmarsson, der eingewechselt wurde, als die Uhr 57 Minuten und 53 Sekunden anzeigte. Acht Sekunden später kassierte er eine Zeitstrafe (58:01). Zwei Sekunden zu viel, um wieder eingewechselt zu werden.

11. Oktober 2009

2. Spieltag: FC Barcelona - THW Kiel: 27:30 (17:20)
Ohne Daniel Narcisse stürmten die Kieler die mit nur 4500 Zuschauern gefüllte "Palau Blaugrana". Börge Lund konnte aufgrund einer Daumenverletzung nur in der Abwehr eingesetzt werden. Der FC Barcelona verzichtete auf den Ex-Kieler Demetrio Lozano, im Weltklasse-Kader hatte der Spanier keinen Platz, obwohl im Europapokal 16 Spieler aufgeboten werden dürfen.

Die erste Halbzeit lieferte einen Lehrfilm für die Rubrik "Tempohandball", die Tore fielen teilweise im Sekundentakt. Nach der Pause spielten sich mit Thierry Omeyer, gerade zum Welthandballer gekürt, und David Barrufet die Torhüter in den Vordergrund. So gelang den Kielern zwischen der 32. und 43. Minute nur ein Tor, eine Phase, in der die Katalanen ausglichen (22:22). Letztlich konnten die "Zebras" sich bei Omeyer (21 Paraden) bedanken, der im zweiten Durchgang alle vier Siebenmeter der Hausherren parierte und in der Schlussphase bei einem Gegenstoß von Igropulo verhinderte, dass "Barca" auf 27:29 verkürzen konnte.

"Barcelona beschäftigt sich wie wir mit einem personellen Umbruch, das hat man gemerkt", meinte Alfred Gislason. "Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass "Barca" ins Final Four einziehen wird." Er sollte Recht behalten...

17. Oktober 2009

3. Spieltag: Vardar Skopje - THW Kiel: 23:33 (12:14)
"Vardar erwartet die Aliens" - so hatte die größte Zeitung Skopjes getitelt. Doch in der ersten Halbzeit wirkten die "Zebras" sehr menschlich. Vor 5000 heißblütigen Fans in der nagelneuen "Boris-Trajkovski-Halle" fanden sie das Gaspedal nicht. Drei Tage nach dem schweren Derby gegen Flensburg (41:33) wirkten die Kieler müde, zudem saßen Filip Jicha und Marcus Ahlm zunächst nur auf der Bank. Für Thierry Omeyer, der wegen leichter Adduktorenprobleme geschont wurde, kam Peter Gentzel zum Einsatz. Die Regie übernahm Daniel Narcisse, der seine Oberschenkelzerrung auskuriert hatte.

Gegen die offensive Deckung des siebenfachen mazedonischen Meisters taten sich die Kieler schwer, zudem verwarfen sie vor der Pause zwei Siebenmeter, scheiterten fünfmal an Pfosten oder Latte. Bis zur 40. Minute (20:19 für Kiel) hielt Vardar mit, dann drehte der THW auf. Jicha (4), Ahlm und Christian Sprenger warfen nun sechs Tore in Folge, die Partie war entschieden. Das merkten auch die Fans, die sich "Komiti" nennen. So wie die Widerstandskämpfer, die sich einst gegen die Herrschaft der Türken gewehrt hatten. Zwar war neben dem Mitführen von Hunden auch das von Waffen ausdrücklich verboten, manche Sequenzen der außergewöhnlichen Geräuschkulisse erinnerten aber an Schüsse. Laut, hitzig, aber fair - am Ende applaudierten die "Komiti" auch dem THW.

7. November 2009

4. Spieltag: KIF Kolding - THW Kiel: 31:31 (13:13)
Beim dänischen Meister gab der THW den ersten Punkt ab. Die Länderspielpause hatte der neuformierten Kieler Mannschaft den Rhythmus genommen, trotzdem sahen die Gäste in einer dramatischen Partie in den letzten Sekunden wie Sieger aus. Doch Daniel Narcisse scheiterte zweimal an Torhüter Ole Erevik. Die ausverkaufte Kolding-Hallen entpuppte sich schnell als Hexenkessel, die Fans standen wie ein Mann hinter dem Team von Ingemar Linnell, das kurz vor dem Abpfiff noch 30:28 geführt hatte. Linksaußen Boris Schnuchel traf gar zum 31:28, doch er hatte bei seinem Flug durch den Kreis zuvor den Boden berührt. Im Gegenzug traf Kim Andersson, der eine Halbzeit lang zusehen durfte, wie sich Christian Zeitz (8 Tore) den Frust seines Reservistendaseins von der Seele gespielt hatte. Schnuchel narrte anschließend die brüchige THW-Deckung, scheiterte aber am Pfosten, Narcisse glich zum 30:30 aus. Zehnmal hatten die Rot-Weißen gegen deutsche Teams gespielt, zehnmal verloren - diesmal sah alles anders aus. Das 31:30 durch Narcisse glich Kasper Sondergaard aus, anschließend scheiterte der Linkshänder am Pfosten und Narcisse in Überzahl an Erevik. Ein gerechtes Resultat, das sich die Dänen mit großer Leidenschaft erkämpft hatten. Ohne Abwehrchef Anders Oechsler, der nach der dritten Zeitstrafe in der 42. Minute die Rote Karte gesehen hatte. Ohne Mittelmann Lukas Karlsson, der sich bei einem Zusammenprall mit Filip Jicha den Mittelfinger der rechten Hand brach. "Ich bin enttäuscht" fasste Christian Zeitz die Stimmungslage zusammen. "Mit meiner Leistung bin ich einverstanden, freuen kann ich mich nicht."

Kiel war ohne Andreas Palicka, Tobias Reichmann (Reha), Börge Lund (Sehnenabriss im Daumen) und Aron Palmarsson angetreten, der sich bei einem Zusammenprall mit Igor Anic tags zuvor im Training eine schwere Knieprellung zugezogen hatte. Während die Dänen den Punkt wie einen Sieg feierten, rechnete ein erboster Alfred Gislason mit der Länderspielpause seiner Nationalspieler ab: "Das ist ein völliges Desaster. Narcisse und Ilic sind total platt zurück gekommen." Für die EM im Januar, so Gislason, wären diese Lehrgänge ohne Wert.

15. November 2009

5. Spieltag: THW Kiel - Amicita Zürich: 42:24 (18:12)
Der Meister der Schweiz kam nicht über die Rolle eines Sparringspartners hinaus. Die Gäste, die mit Heiko Grimm und Jan-Hendrik Behrends zwei ehemalige deutsche Nationalspieler in ihren Reihen hatten, waren nur um Schadensbegrenzung bemüht. Das gelang in der ersten Halbzeit, weil die "Zebras" beste Chancen vergaben. Alfred Gislason wechselte nach der Pause mit Thierry Omeyer, Aron Palmarsson, Kim Andersson, Henrik Lundström und Filip Jicha fünf "Neue" ein. Später kam Igor Anic für Marcus Ahlm. Und wie: Der Franzose erarbeitete vier Siebenmeter, warf fünf Tore. Während den Gästen die Luft ausging, gewannen die Kieler Lust am Spiel, die begeisterten Fans feierten mit "La-Ola-Wellen". "Nach der Pause haben sie uns einfach überrannt", meinte Behrends. "Wenn Kiel erst einmal in Fahrt ist, dann passiert das, was uns passiert ist." Was bleibt als Trost? Drei Wochen zuvor verlor FA Göppingen, damals Liga-Dritter mit 22:40 in Kiel. 40 minus 22 = 42 minus 24.

21. November 2009

6. Spieltag: Amicitia Zürich - THW Kiel: 26:34 (12:19)
Ausnahmezustand in der Schweiz: Erstmals nach 22 Jahren war die Saalsporthalle in Zürich wieder ausverkauft. Gegen den FC Barcelona waren nur 1300 Zuschauer gekommen, das Gastspiel der "Zebras" fand vor 2700 Zuschauern statt.

Die Kieler mussten in Zürich auf Filip Jicha (Grippe) verzichten, dafür war Börge Lund fünf Wochen nach seinem Sehnenabriss im Daumen wieder dabei. Bester Werfer in einem unterhaltsamen Spiel wurde Henrik Lundström (11/3). Als Kiel mit einem 19:12 in die Kabine entschwand, hatte der Linksaußen (9) fast die Hälfte der THW-Treffer erzielt. Im zweiten Durchgang stand bereits Schonung an. So führte Lund Regie, und an seiner Seite bildeten Aron Palmarsson und Christian Zeitz ein Trio, das in dieser Form noch nicht zusammengespielt hatte. Mit dem ungefährdeten Sieg qualifizierte sich der THW vorzeitig für das Achtelfinale.

"So eine Atmosphäre erlebt man selten", meinte Marcus Ahlm, der mit seinen Kollegen sehr warmherzig empfangen worden war.

14. Februar 2010

7. Spieltag: THW Kiel - FC Barcelona: 30:32 (15:17)
Die Tage nach der EM in Österreich waren dunkel. Eine Woche nach dem bitteren Pokal-Aus in Gummersbach unterlagen die Kieler in eigener Halle erstmals dem FC Barcelona. Im direkten Vergleich lag der THW, nach dem Drei-Tore-Sieg im Hinspiel, zwar noch vor den Katalanen. Doch der Punktverlust in Kolding bedeutete zu diesem Zeitpunkt, dass der THW den Gruppensieg verspielt hatte. "Das ist sehr bitter", ärgerte sich der zehnfache Torschütze Filip Jicha. "Wir haben heute unglaubliche Dummheiten gemacht." Mit großer Leidenschaft hatten die Hausherren einen 26:30 (55.)-Rückstand verkürzt, Momir Ilic hätte sogar ausgleichen können. Doch der Serbe knallte den Ball auf den Bauch von Torhüter Danjil Saric. In dem Ärger ging die große Show von Aron Palmarsson unter. Der junge Isländer warf sieben Tore, glänzte mit frechen Anspielen und einer wachen Vorstellung in der Deckung.

"Für uns ist es etwas ganz Besonderes, in der Kathedrale des Handball zu gewinnen", freute sich dagegen FC-Trainer Xavier Pascual. "Dieser Sieg hat für uns eine riesige Bedeutung."

21. Februar 2010

8. Spieltag: Ademar Leon - THW Kiel: 30:35 (17:18)
Erste Heimniederlage gegen Barcelona, erster Sieg in Leon. Im Hexenkessel "Palacio Municipal" war Peter Gentzel der Matchwinner. Der Schwede wurde in der 26. Minute eingewechselt und trieb mit 16 Paraden die Spanier zur Verzweiflung. In seiner Zeit bei Santander und Granollers hatte er sich den Respekt der Gegner erarbeitet. "Einige hatten mich noch nicht vergessen", meinte der 41-Jährige, der gerne in Spanien spielt. "Diese Atmosphäre liegt mir."

Bevor Gentzel kam, hatte der THW eine souveräne Führung verspielt und Thierry Omeyer mit einer brüchigen Abwehr entnervt. "Wir haben ihn im Stich gelassen", meinte Jicha. Mit Gentzel, einer Abwehr, die nach der Pause den Namen verdiente, und Momir Ilic, der sich in einen Spielrausch steigerte, ließ der THW nur noch einmal einen Ausgleich (19:19/33.) zu, der Rest war eine sehr souveräne Show. "Damit haben wir Barcelona unter Druck gesetzt", meinte ein zufriedener Alfred Gislason. Was er nicht wusste: Das noch ausstehende Heimspiel gegen Barcelona sollte das Team aus Kastilien widerstandslos abgeben.

27. Februar 2010

9. Spieltag: THW Kiel - KIF Kolding: 38:23 (20:10)
Kolding, da war doch was? Stimmt. Im November 2009 gelang den Dänen im Hinspiel ein 31:31. In eigener Halle hatten sie gekämpft wie die Löwen und dem THW, so sah es damals aus, den Gruppensieg verbaut. Doch mit der Truppe, die an diesem Tag das Rückspiel mit 15 Toren Differenz verlor, hatten die Koldinger von einst nur die Nummern gemein. Sicher, mit Anders Oechsler hatte sich der Abwehrchef kurzfristig mit Bauchschmerzen abgemeldet. Ein Handicap auch, dass Linksaußen Boris Schnuchel mit Verdacht auf Handbruch ausgewechselt werden musste. Eine Erklärung für Leblosigkeit waren diese Personalien aber nicht. Im Spaziergang machte der THW auch ohne Daniel Narcisse, der mit Knieproblemen von der Europameisterschaft zurück gekehrt war, vorzeitig Platz zwei in der Gruppe perfekt.

Randnotizen: Erstens: Momir Ilic verwandelte nicht nur vier Siebenmeter souverän, sondern benötigte für seine fünf weiteren Tore nur fünf Versuche. Zweitens: Auf dem Rückweg zum Tor klatschte Kim Andersson einmal freudestrahlend mit den Fans in der ersten Reihe ab. Freude pur. Drittens: Als Börge Lund nicht wusste, wohin er den Ball abspielen sollte, zog er aus ungünstiger Position ab und traf durch die Beine von KIF-Torhüter Ole Erevik zum 28:14. Ein Tag, an dem alles klappen sollte. "Wir haben schon nach zehn Minuten gemerkt, dass wir heute keine Chance haben", meinte Bo Spellerberg (KIF).

7. März 2010

10. Spieltag: THW Kiel - Vardar Skopje: 39:23 (19:13)
Damit hatte in Kiel keiner mehr gerechnet: Durch den Sieg gegen Skopje konnte der THW am letzten Spieltag den FC Barcelona doch noch von der Tabellenspitze verdrängen. Warum? Kolding hatte tags zuvor den Spaniern einen Punkt abgerungen (25:25). Ein Feiertag wurde es auch, weil Daniel Narcisse erstmals seit dem 5. Dezember wieder mitspielen konnte. Im Tor glänzte Andreas Palicka, der nach seiner monatelangen Verletzungspause erstmals in der Champions League von Beginn an mitwirken durfte, mit 16 Paraden. Die meisten Tore warfen Christian Sprenger und Igor Anic (jeweils 6).

"Ich bedanke mich bei Kolding. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet", meinte Alfred Gislason, der zuvor zum "Trainer des Jahres" gekürt worden war. "Das Spiel habe ich nicht gesehen, direkt danach aber aus allen Richtungen SMS bekommen." Als mögliche Gegner im Achtelfinale erwarteten den THW nun Constanta aus Rumänien, Velenje (Slowenien) oder der FC Kopenhagen. Die Dänen wurden als schwerstes Los eingestuft. Es galt, Kopenhagen aus dem Weg zu gehen. Das gelang nicht...

28. März 2010

1. Achtelfinale: FC Kopenhagen - THW Kiel: 31:33 (13:16)
Nach dem Sieg hielt sich die Freude beim Rekordmeister in Grenzen. Leichtfertig hatten die Kieler am Ende einen Sieben-Tore-Vorsprung verspielt und vor dem Rückspiel für unnötige Spannung gesorgt. Mehr als 600 THW-Fans hatten in der nicht ausverkauften Farum-Arena, Ausweichquartier des FC Kopenhagen in der Champions League, für Heimspiel-Atmosphäre gesorgt. Der FC, in der Gunst der dänischen Fans sowieso nicht besonders hoch angesiedelt, hatte durch seine jüngere Vergangenheit weiteren Kredit verspielt. Die finanzielle Schieflage der Betreibergesellschaft des Gesamtvereins, die angeblich 20 Millionen Euro Schulden angehäuft haben sollte, hatte die Zukunft der Handballer längst besiegelt. Der FC sollte dank der Millionen des dänischen Unternehmers Jesper Nielsen mit dem designierten Aufsteiger Albertslund Glostrup (AG) zur AG Kopenhagen fusionieren. Daran hatte beim FC nicht jeder Interesse. Auch Ex-Zebra Martin Boquist nicht. "Ich spiele mit Herz, das schlägt aber nicht für die AG."

Trotzdem waren die Dänen in der Lage, sich auf den Sport zu konzentrieren. Auch der hohe Rückstand entmutigte sie nicht. Und als der THW in der letzten Viertelstunde auf Rotation setzte, holten die Gastgeber auf. "Das lässt uns eine kleine Chance für das Rückspiel", meinte Boquist. Kiel musste auf Aron Palmarsson (Knöchelprobleme) verzichten. Zudem wurde Kim Andersson wegen seiner Knieschmerzen geschont. "Es fühlt sich an, als hätte mir einer ein Messer ins Knie gerammt", meinte der Schwede, der noch nicht ahnte, dass ihn eine Knieoperation und das vorzeitige Saisonende erwartete. So blieb es an Filip Jicha hängen, nach einem an ihm verursachten Foul per Strafwurf Sekunden vor dem Abpfiff zumindest einen Zwei-Tore-Vorsprung zu retten. Der Tscheche riss zwar die Arme hoch, die große Enttäuschung konnte sein 13. Treffer aber nicht vertreiben. "Wir fühlten uns am Ende zu sicher. Jetzt müssen wir sehr aufpassen, sonst erreicht Kopenhagen die nächste Runde." Blumen, die Erlend Marmelund (FC) mit Gelächter quittierte. Dem Norweger war klar, dass die Lässigkeit des Gegners dieses schmeichelhafte Ergebnis ermöglicht hatte. "Viertelfinale? Keine Chance, das ist für uns eine Mission impossible."

4. April 2010

2. Achtelfinale: THW Kiel - FC Kopenhagen: 29:23 (13:12)
Der in Finanznot geratene FC, Meister 2008 und Pokalsieger 2010, absolvierte in Kiel das letzte Europapokal-Spiel seiner Geschichte. Ein trauriges Kapitel, aber eines, das einen würdigen Rahmen erhielt. So wurden die Ex-Kieler Pelle Linders, Steinar Ege und Martin Boquist von den THW-Fans sehr herzlich empfangen.

Aber auch in sportlicher Hinsicht sollte es ein bemerkenswertes Abschiedsspiel werden. Die Halle - 10.000 Kieler, 50 Dänen - war zwar von Beginn fest in den Händen der Hausherren. Doch auf dem Feld sah das Kräfteverhältnis lange anders aus. Eigentlich wollte Alfred Gislason seinen Kreisläufer Marcus Ahlm schonen, den eine Verhärtung in der linken Wade plagte. Doch nach zehn Minuten musste er den Plan ändern. Die Dänen führten 7:4, dem THW gelang nichts. Thierry Omeyer ohne Bindung, die 6:0-Deckung zu passiv, der Angriff ratlos. "Ich kannte das Risiko", sagte Gislason, der seine Befürchtungen bestätigt sah, als Ahlm (28.) mit einer Zerrung vom Feld humpelte. "Er hat sich für die Mannschaft geopfert", meinte Gislason, der die THW-Viertelstunde mit Ahlm als wegweisend bezeichnete. "Mit ihm bekam unser Spiel Struktur." Ahlm zögerte keine Sekunde, als er das Zeichen erhielt. "Ich bin kein 20-Jähriger mehr und wusste, worauf ich mich einlasse. Ich will immer alles dafür tun, damit die Mannschaft Erfolg hat", meinte der 31-Jährige. "Oft genug hat es geklappt, diesmal nicht." Nach einer Viertelstunde stellte Gislason auch auf eine offensivere Abwehr um, seine Spieler hatten ihm zu passiv gewirkt. "Das geht bei der 3:2:1-Deckung gar nicht. Hier sind alle gezwungen, zu agieren." Der Sieg gegen die Dänen war auch ein Befreiungsschlag für Daniel Narcisse, der nach einer bislang unglücklichen Saison mit sieben Toren großen Anteil daran hatte, dass die Schlussphase zu einem Schaulaufen geriet.

25. April 2010

1. Viertelfinale: Rhein-Neckar Löwen - THW Kiel: 28:29 (13:15)
In der mit 13.200 Zuschauern ausverkauften SAP-Arena lieferte Thierry Omeyer eine große Show ab. Bis zur Pause hatte der Franzose schon 13 Bälle pariert, viele aus der Kategorie "unhaltbar". Ein denkwürdiges Spiel erlebte vor allem der junge Patrick Groetzki, der zwischen der 16. und 20. Minute viermal gescheitert war. "Das war entscheidend", meinte Löwen-Torwart Slawomir Szmal. "Unser Rechtsaußen hat Kiels Torhüter zur Weltklasse aufblühen lassen." Aber auch Routiniers wie Olafur Stefansson bissen sich an ihm die Zähne aus. Trotzdem hielten die Löwen gut mit, führten in der 41. Minute gar mit 21:20. Die Halle kochte, dem THW drohte Unheil. Karol Bielecki war nicht mehr zu packen, traf zehnmal. Aber auch diesmal war Filip Jicha zur Stelle. Sechs seiner acht Tore erzielte er in den letzten zehn Minuten. "Gewonnen ist nichts", warnte Marcus Ahlm. "Das war die erste Halbzeit."

Auf der Bank saß mit Raul Alonso ein neues Gesicht. Der gebürtige Spanier wirkt hauptamtlich als Trainer der 2. Mannschaft (Regionalliga). In Mannheim ersetzte er in der Champions League erstmals Ole Viken, Co-Trainer der Ligamannschaft, der sich beim Gewichtheben schwere Muskelverletzungen zugezogen hatte. Neben Viken fehlte auch Kim Andersson, der zwei Tage zuvor am Knie operiert worden war. Christian Zeitz, der in den Kopenhagen-Spielen im Angriff unglücklich gespielt hatte, konnte ihn diesmal gut ersetzen.

2. Mai 2010

2. Viertelfinale: THW Kiel - Rhein-Neckar Löwen: 31:30 (12:13)
Als kurz nach dem Schlusspfiff der Party-Kracher "Viva Colonia" aus den Lautsprechern dröhnte, stand die Sparkassen-Arena Kopf - Karneval in Kiel. Adrenalin pur hatte nicht nur alle Spieler beflügelt, auch die 10.250 Fans hatten alles gegeben. Noch Minuten nach dem Spiel feierten sie ihre "Helden", wollten die Arena nicht verlassen. Marcus Ahlm griff sich ein Mikrofon und dankte für die Unterstützung. "Schade, dass Ihr nicht alle mit nach Köln kommen könnt. Ihr wart ein geiles Publikum." Beeindruckt zeigte sich auch Torhüter Peter Gentzel. Alle Spieler seien extra noch einmal aus den Kabinen gekommen, um sich zu bedanken, sagte der 41-jährige Schwede. "Diese Stimmung war unglaublich."

Den Unterschied zwischen zwei nahezu gleichwertigen Teams machten in diesem Spiel auf hohem Niveau die größere Durchschlagskraft des Kieler Rückraumes und - wieder einmal - die schier unglaublichen Reflexe von Torhüter Thierry Omeyer aus. Als der Franzose den Wurf von Nationalspieler Michael Müller beim Stand von 30:28 aus nächster Nähe parierte, waren die Tickets für das Final4 gelöst. Die Löwen erwiesen sich als würdiger Viertelfinalgegner, waren mit dem Team, das im vergangenen Jahr mit 23:37 Toren aus der Halle geprügelt worden war, überhaupt nicht zu vergleichen. Vielleicht war es am Ende auch der etwas größere Wille im Kieler Team, der den Ausschlag gab. So auch der großartige Einsatz von Dominik Klein, der sich den Ball gegen zwei Kontrahenten im Hechtsprung sicherte und Daniel Narcisse mit dem vorentscheidenden Konter zum 29:27 auf die Reise schickte. Er sei stolz auf diese Mannschaft, resümierte Alfred Gislason, gezeichnet von 60 Minuten schwerstem Einsatz an der Seitenlinie. "Ich freue mich riesig auf Köln."

(aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.05.2010)

29. Mai 2010

Halbfinale: Ciudad Real - THW Kiel: 27:29 (15:12)
Viele Experten sprachen vom "vorweggenommenen Finale", da sich mit Ciudad Real und dem THW Kiel bereits in der Vorschlussrunde die Endspielkontrahenten der vergangenen beiden Jahre gegenüberstanden. Beim ersten "EHFFinal4" in der Kölner LANXESS-arena entfachten rund 10.000 THW-Fans eine wahre Heimspiel-Atmosphäre für die "Zebras" - eine Stimmung, die die Kieler trotz des Ausfalls von Kim Andersson und trotz des kaum spielfähigen Momir Ilic zu weiteren Höchstleistungen trieb.

Dennoch sah es lange Zeit so aus, als würde die spanische Startruppe auch im dritten Duell in Folge den längeren Atem haben: 20:16 führte Ciudad Real nach 38 Minuten, ehe der THW den Turbo zündete. Unterstützt durch einen aufdrehenden Thierry Omeyer egalisierten Ahlm, Sprenger, Klein und Narcisse den Spielstand binnen vier Minuten und ließen sich auch trotz vieler Unterzahlsituationen nicht mehr abschütteln. Einmal mehr war es der unermüdliche Filip Jicha sowie "Mister 100 Prozent" Christian Sprenger, die wichtige Treffer setzten. Die tschechische Tormaschine fehlte den Kielern indes in der Schlussphase, als Ciudad Real noch einmal die Chance zum Ausgleich bekam. Doch Omeyer hielt den letzten Wurf von Entrerrios, auf der Gegenseite machte Aron Palmarsson mit einem Slalomlauf gegen eine offensive Deckung endgültig alles klar.

(Sascha Krokowski)

30. Mai 2010

Endspiel: THW Kiel - FC Barcelona: 36:34 (17:20)
Im Finale kam es somit zum dritten Duell dieser Saison mit dem FC Barcelona, der beim mühelosen 34:27-Erfolg gegen das russische Überraschungsteam Chehovski Medvedi Moskau am Vortag Kräfte sparen konnte. Und diese Reserven schienen zunächst den Ausschlag zugunsten der Katalanen zu geben. Denn nach einer rasanten ersten Halbzeit, in der beide Mannschaften mit offenem Visier, ohne erkennenswerte Gegenwehr in der Deckung und ohne nennenswerte Torwart-Aktionen ein Feuerwerk abbrannten, führte Barcelona mit 20:17. Die Kieler waren nach Wiederanpfiff zwar gewillt, den Rückstand zu verkürzen. Doch so gut die Abwehr nun funktionierte, so stark Thierry Omeyer nun plötzlich auftrumpfte - im Angriff lief wenig zusammen. Fehlwürfe und technische Fehler häuften sich und luden die Spanier zum Kontern ein. Selbst Filip Jicha erlebte einige rabenschwarze Momente. Als der dänische Kreisläufer Jesper Nöddesbö nach 40 Minuten das 24:19 für "Barca" markierte, schien der THW Kiel einmal mehr auf der Zielgeraden gestrauchelt zu sein.

Doch Alfred Gislason zog nun seine letzten Trumpfkarten: Mit Lundström für den keineswegs schlechten Dominik Klein, Börge Lund und Igor Anic, der in der Abwehr als Sonderbewacher für Rutenka abgestellt wurde, starteten die "Zebras" eine unvorstellbare Aufholjagd. Nach drei Treffern in Folge von 19:25 auf 22:25 (43.) stand auch das Publikum wieder vollkommen hinter den Kielern, die bereits nach 51 Spielminuten den Ausgleich zum 29:29 schafften und wenig später erstmals in Führung gingen. Bis zum zweiten Erfolg in der Champions League war es aber noch ein langer, steiniger Weg, da Barcelona sich nach einem 30:33-Rückstand noch einmal zurückkämpfte. Aber nur so konnte sich auch Peter Gentzel noch in die Kieler Heldengeschichte eintragen: Zwei Minuten vor Schluss parierte der Schwede einen Strafwurf des zuvor neunmal von der Siebenmeterlinie erfolgreichen Garcia, wenig später setzte der wiedererstarkte Filip Jicha den Schlusspunkt - der Rest war Konfetti, Jubel, Sektdusche und Gesang.

(Sascha Krokowski)


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