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14.03.2009 Bundesliga

KN-Abpfiff: Im Auge des Orkans ist der Star die Mannschaft

Aus den Kieler Nachrichten vom 14.03.2009:

Am vergangenen Sonnabend verdarb "Spiegel Online" allen, die sich in und um Kiel für Handball interessieren, das Wochenende. Und nicht nur denen. Auch Kieler Staatsanwälte kümmerten sich plötzlich nicht um Heim und Hund, sondern schwärmten nach dem Anfangsverdacht gegen THW-Manager Uwe Schwenker und Ex-Trainer Noka Serdarusic als Wahrheitsforscher aus. Protokoll einer Woche, die täglich nichts Alltägliches bot.
Sonnabend, 7. März:
Vor dem Holstein-Spiel um 14 Uhr gegen Altona macht die unfrohe Kunde die Runde. Die Fußball-Fans sind fassungslos. Abends, beim Ball des Sports, reagieren Promis ebenso. "Ist doch bekannt, dass die Schiris im Handball bestochen werden", sagt ein Ball-Gast, und er sagt das so, als könne der THW schon deshalb nichts Unrechtmäßiges gemacht haben. Das Jan-Ullrich-Syndrom. Der hat auf Doping-Verdächtigungen stets geantwortet, er habe keinen betrogen. Stimmt ja auch - wenn's alle machen.
Sonntag, 8. März:
Der komplette "Spiegel"-Beitrag macht bereits die Runde. Der Stil erstaunt regelmäßige Leser: viele Vorbehalte, viele Konjunktive, das ist nicht "Spiegel"-typisch. Gleichwohl, so etwas kann man sich komplett kaum ausdenken. Denkt sich wohl auch die Staatsanwaltschaft Kiel, deren Anfangsverdacht so groß ist, dass ein Richter bereits Hausdurchsuchungen genehmigt hat. Gefilzt wird unter anderem die THW-Geschäftsstelle. Der THW schickt Uwe Schwenker in Urlaub. Seltsames Signal.
Montag, 9. März:
Die Staatsanwaltschaft erklärt, was sie seit zwei Tagen macht: Gegen Schwenker wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, gegen Serdarusic wegen Beihilfe. Die Europäische Handball-Föderation erklärt, sie sei zutiefst besorgt. Die Handball-Bundesliga (HBL) erklärt, über das weitere Vorgehen gebe es unterschiedliche Auffassungen. Offensichtlich streiten sich Aufklärungs-Anhänger und Vertuschungs-Vertreter. Und am späten Abend erklärt der THW, einstimmig hinter Schwenker zu stehen.
Dienstag, 10. März:
Thorsten Storm, Manager der Rhein-Neckar Löwen, scheint sich zu fühlen wie ein Nestbeschmutzer: "Ich werde von überall angepisst, dass ich das Zugpferd der Liga schlachte. Was habe ich davon?" Löwen-Sponsor Jepser Nielsen wird seiner Rolle als "Chefankläger" gerecht. Er habe Kontoauszüge und Belege gesehen, die den THW belasten. Das beurteilt der THW ganz anders. Die Belege werden als belanglos eingestuft. Kapitän Stefan Lövgren meint: "Ich weiß nicht, was am Ende rauskommen kann." Ein Zwangsabstieg aus der Bundesliga wird es zumindest nicht sein. Ein solcher ist in den HBL-Statuten gar nicht vorgesehen.
Mittwoch, 11. März:
HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann sagt, die Wahrheit müsse auf den Tisch, auch wenn sie bitter sei. Hört sich nicht gut an für den THW. Aus Hamburg kommt die Kunde, HSV-Präsident Andreas Rudolph würde seine gegenüber der Staatsanwaltschaft getätigte Aussage jederzeit beeiden. Der Orkan scheint an Stärke zuzunehmen, doch in dessen Auge herrscht himmlische Ruhe. Schweigen bei den THW-Granden. Star ist ohnehin die Mannschaft und ihr Trainer Alfred Gislason. Souveräner Sieg in Wetzlar, Pokalendrunde erreicht.
Donnerstag, 12. März:
Die Behauptung des Kieler Oberstaatsanwalts Uwe Wick "Bei uns sind Profis am Werk" ist nicht zu widerlegen. Er will noch nicht einmal den örtlichen Medien einen Heimvorteil gewähren und verheimlicht konsequent, ob Thorsten Storm am Freitag in Kiel vernommen werden wird oder dort, wo das Leben zur Zeit angenehmer ist, auf Mauritius beispielsweise. In der Umkleidekabine einer Turnhalle einer Gemeinde unweit von Kiel ergibt die - zugegeben nicht repräsentative - Umfrage bei einem Handball-Landesligisten: Keiner mag alle Vorwürfe glauben, aber alle glauben, dass irgendetwas dran ist.
Freitag, der 13. (März):
Selbst an diesem Tag passiert lange nichts. Erst am Abend gewinnt die unrühmliche Geschichte an Brisanz durch die Nachricht, der THW habe durch Gesellschafter Georg Wegner nach einem Gespräch mit drei Kieler Staatsanwälten Strafantrag wegen "Verleumdung gegen Personen und Presseorgane" gestellt. Und die Brisanz wird noch gesteigert durch das Gerücht, es gäbe Beweise für den Geldfluss von Uwe Schwenker respektive des THW über Spielervermittler an Schiedsrichter. Ein Gerücht, wohlgemerkt, kein Fakt. Zuvor hatte Oberstaatsanwalt Manfred Schulze-Ziffer bereits das Wort zum Wort zum Sonnabend geliefert: "Der Ausgang ist völlig offen." Na, denn schönes Wochenende.

(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 14.03.2009)


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