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11.02.2012 Bundesliga

Zebra-Journal: Im Rekordtempo durch die Liga

THW spielte beste Hinrunde aller Zeiten

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2012:

Mit dem 28:25-Sieg gegen den VfL Gummersbach stellte der THW Kiel am 2. Weihnachtsfeiertag 2011 in Köln einen neuen Startrekord für die Handball-Bundesliga auf. 36:0 Punkte aus 18 Spielen - das gab es noch nie. Daniel Stephan, der TV-Experte von Sport1, hatte schon vor dem Spiel gewusst, dass die von ihm als Regisseur des alten Rekordhalters TBV Lemgo mitgestaltete Marke von 34:0 fallen würde. "Den Rekord bin ich los", sagte er, "das lässt sich dieser THW nicht mehr nehmen."
Stephans Worte drücken aus, was den Kieler Handball-Überfliegern im bisherigen Saisonverlauf an Respekt entgegengebracht wird. So rief Füchse-Manager Bob Hanning den 16-maligen Rekordmeister schon nach dem dritten Spieltag als neuen deutschen Meister aus. Fünf Punkte hat Spitzenreiter Kiel in der Bundesligatabelle zwischen sich und den ersten Verfolger, Füchse Berlin, gelegt. Meister Hamburg verabschiedete sich bereits bei Halbzeit mit acht Punkten Rückstand als Tabellendritter aus dem Titelrennen. Auch im DHB-Pokalwettbewerb steht der THW nach dem 39:28-Triumph in Berlin nur noch einen Schritt vor dem Final Four. Die Champions-League-Vorrunde führen die "Zebras" an, obwohl sie gegen Montpellier (23:24) und Leon (28:28) die einzigen Saison-Punkte liegen ließen.

Werden in Kiel Trainer oder Spieler auf diese Bilanz angesprochen, antworten sie höflich, lassen aber keinen Zweifel daran, dass diese sie nicht interessiert. "In der Kabine haben wir darüber noch nie gesprochen", sagt Filip Jicha. Nicht Serien und Zahlen sind Jicha & Co wichtig, es sind die Titel, die zählen. Und die 17. Meisterschaft streben die Kieler derzeit in beeindruckender Manier an. Ihre Dominanz hat auch eine Ursache darin, dass mit Kim Andersson und Daniel Narcisse zwei Ausnahmekönner, die in der vergangenen Saison verletzungsbedingt kaum eine Rolle gespielt hatten, wieder auf der Höhe ihrer Schaffenskraft sind. Ein weiterer Grund ist das Sommer-Trainingslager auf La Reunion, jener Insel im Indischen Ozean, auf der Narcisse geboren wurde. Sie stürzten sich dort auf Mountainbikes steinige Abhänge hinab, flogen in Helikoptern durch schmale Täler und durch-wanderten beeindruckende Landschaften - der Teamgeist bekam im Vulkan-Paradies seine letzten Inspirationen.

Obwohl die Kieler im April zum siebten Mal den DHB-Pokal gewonnen hatten, haben sie die vergangene Saison als eine verlorene verbucht. Sie waren im Viertelfinale der Champions League an Barcelona gescheitert, in der Liga Zweiter geworden - für das THW-Selbstverständnis eine enttäuschende Bilanz. Deshalb arbeiteten die "Zebras" noch härter daran, wieder dort zu stehen, wo sie sich selbst sehen - ganz oben.

Am 4. Mai 2011 verloren sie beim SC Magdeburg mit 24:30, es sollte die letzte Niederlage gegen die nationale Konkurrenz sein. Seitdem hat das Gislason-Team in Test-, Freundschafts- und Pflichtspielen 50 Siege gefeiert und nur zweimal (Leon, Montpellier) nicht gewonnen. Zahlen, die den Glauben an die eigene Stärke so festigten, dass es in kritischen Situationen kein Wanken mehr gibt. "Wir wissen, dass wir in den letzten zehn Minuten jedes Team knacken können", sagt stellvertretend Kim Andersson, der mit seinen Kollegen zuletzt nur 15 Tage benötigte, um die Festungen in Magdeburg, Flensburg, Montpellier und Berlin zu stürmen, außerdem Meister Hamburg in eigener Halle zu besiegen. Die von Gislason taktisch und physisch hervorragend eingestellte Mannschaft, die zwei Deckungssysteme im Schlaf beherrscht, hat zudem weiter an Varianten gewonnen. Als mit Marcus Ahlm der einzige Weltklasse-Kreisläufer im Kader pausieren musste, tauchte Jicha an dessen Arbeitsplatz auf. Und spielte, als hätte er nie etwas anderes gemacht. "Ich habe meinen Rückraumspielern erklärt, dass sie alle am Kreis aushelfen müssen", sagt Gislason, der mit seiner Mannschaft offenbar eine weitere Entwicklungsstufe erreichen will. Eine, auf der neben dem Personal auch die Positionen verschwimmen: Die doppelte Rotation, und diese findet, zum Entsetzen der Konkurrenz, im Express-Tempo statt.

Auf den Spuren der Rekordjagd

Die beste THW-Hinrundenserie der Vereinshistorie im Zeitraffer

Die Hinrunde in der Handball-Bundesliga ist absolviert, der erste Rückrundenspieltag vor der EM-Pause ebenfalls erledigt. Am 12. Februar startet der THW mit einem Heimspiel gegen Aufsteiger TV Hüttenberg in die zweite, entscheidende Punktspielphase. Mit fünf Zählern Vorsprung auf den Zweiten, Füchse Berlin - und mit einer makellos reinen Punkteweste. Das hat es noch nie gegeben in der deutschen Handball-Eliteklasse. Wie die Rekordjagd Gestalt annahm, zeigt der Rückblick auf diese beispiellose THW-Siegesserie.

4. September 2011

THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 35:21 (16:7)
Am ersten Spieltag deutete sich bereits an, welches Format der THW Kiel in der neuen Saison haben würde. Im Derby überrannten die "Zebras" die SG Flensburg-Handewitt mit 35:21 (16:7) - so deutlich wie noch nie in der langen Geschichte der beiden Traditionsclubs. Kim Andersson ("An manchen Tagen gelingt einfach alles") warf nicht nur 13 Tore, der Schwede leitete auch zahlreiche Treffer der Kollegen ein. Unfassbar sein erfolgreicher Stemmwurf aus 13 Metern Torentfernung, als das von den Schiedsrichtern angezeigte Passivspiel ihn zur Aktion zwang.

Überragend auch Torhüter Thierry Omeyer, der einige Tage zuvor seinen Wechsel nach Montpellier bekannt gegeben hatte. "Jetzt ist mein Kopf wieder frei", sagte der Franzose, der 22 Bälle parierte. "In den kommenden zwei Jahren bin ich durch und durch Kieler."

Der THW hatte an diesem Gala-Tag auf Henrik Lundström (Zerrung) und Christian Zeitz (Schulterprobleme) verzichtet, am Ende fehlte sogar Marcus Ahlm, der mit einem Krampf im Oberschenkel ausgewechselt werden musste. Den Express konnten diese Ausfälle aber nicht stoppen. 1. Spieltag und der THW bereits an der Spitze.

10. September 2011

TV Hüttenberg - THW Kiel: 20:38 (6:19)
Feiertag für den TV Hüttenberg. Zwar musste der Neuling für das Heimspiel gegen den THW in die Sporthalle GießenOst umziehen, weil die eigene Arena noch den Bundesliga-Bedürfnissen angepasst werden musste. Doch die rund 2500 Zuschauer feierten den Gastgeber trotz der 20:38 (6:19)-Niederlage. "Wir sind eine Studentengruppe", sagte TV-Rechtsaußen Florian Billek. "Das wird von den Zuschauern honoriert." Mit Torhüter Milos Putera steht nur ein Profi im Kader des erst 33-jährigen Trainers Jan Gorr, dem mit Abwehrchef Tomasz Jezewski und Mittelmann Florian Laudt zwei seiner wichtigsten Spieler verletzungsbedingt fehlten.

Nach einem 4:3-Start des Aufsteigers, der zuletzt vor 26 Jahren im Oberhaus gespielt hatte, nahm die Partie den gewohnten Verlauf. Die Gäste warfen von den folgenden 18 Toren 16 und führten zur Pause bereits mit 19:6.

Nach wochenlangen Problemen mit seinen Achillessehnen gab Filip Jicha sein Debüt in der Start-Sieben. "Ich habe mir gesagt, dass mein Körper diese Pause offensichtlich braucht", sagte der Tscheche. "Ich musste lernen, das auszuhalten. Wie eine Grippe." In den ersten zehn Minuten stand er noch völlig neben sich, als er in der 21. Minute einen zweiten Anlauf nahm, warf er sechs Tore. Beste Werfer waren Momir Ilic (9/3) und Tobias Reichmann (7).

14. September 2011

THW Kiel - FA Göppingen: 28:20 (16:9)
Für FA Göppingen enden die Spiele gegen den THW Kiel in der Regel mit einer Niederlage, das war am dritten Spieltag nicht anders. Das 20:28 (9:16) in der Arena des Tabellenführers war die 16. Schlappe in Folge. Obwohl der THW mit Zeitz (Schulter) und Christian Sprenger (Oberschenkelzerrung) auf zwei Linkshänder verzichten musste, war er jederzeit Herr der Lage.

Die Schwaben hielten nur in den ersten zehn Minuten (4:4) mit, dann verzweifelten sie an Omeyer und der immer besser funktionierenden 3:2:1-Deckung. Was war noch? Beim Stand von 14:8 für die Gastgeber nahm Trainer Alfred Gislason erstmals in der Saison eine Auszeit, gegen Flensburg und Hüttenberg hatte er darauf verzichtet. Was noch? Während der THW durch die Liga rauschte hatte der HSV Hamburg seine Auswärtsspiele in Berlin und Mannheim verloren, lag mit 2:4 Punkten bereits deutlich hinter den "Zebras" zurück Diese kommentierten mit Understatement. Linksaußen Dominik Klein nannte die HSV-Ergebnisse ein "Randthema", Gislason warnte davor, sich zu früh darüber zu freuen, das Auftaktprogramm des Meisters sei schließlich ein schweres. Das stimmte. Der HSV gewann anschließend 19 Pflichtspiele in Folge.

18. September 2011

THW Kiel - Bergischer HC: 34:18 (14:9)
Viertes Spiel, vierter Sieg. Der Bergische HC war bei der 18:34 (9:14)-Niederlage in Kiel erwartungsgemäß chancenlos. Gäste-Trainer HaDe Schmitz zeigte sich anschließend voll des Lobes über den Auftritt der Gastgeber. "Es ist eine Freude, dem THW zuzusehen. Das ist wunderbarer Handball", sagte das 64-jährige Handball-Urgestein.

In den Reihen der Kieler hatte Zeitz den härtesten Job. In Jeans saß der Linkshänder, den nach seinem Fahrradsturz auf La Reunion weiter Probleme in der rechten Schulter behinderten, auf der Bank und führte die Statistiken für seinen Trainer. Zwischen der zweiten und 15. Minute musste er zumindest kein Auge auf Andersson haben, der nach einem Schlag auf die Unterlippe in der Kabine mit vier Stichen genäht wurde. Als der Schwede wieder mitwirken konnte, tat er es mit Wucht, warf neun Tore und war damit trotz Kurzarbeit erfolgreichster Schütze der "Zebras".

Der Tabellenführer hatte kurzfristig auf Spielmacher Aron Palmarsson verzichten müssen, der sich beim Aussteigen aus seinem Auto einen Hexenschuss zugezogen hatte. Für den jungen Isländer sprangen andere in die Bresche. Beispielsweise Filip Jicha, der nach seiner langen Verletzungspause immer besser in Tritt kam. Oder Torhüter Andreas Palicka, der beginnen durfte und das Vertrauen mit 18 Paraden belohnte. In den Reihen der Gäste gab Junioren-Nationalspieler Hendrik Pekeler eine gute Figur ab. Der Kreisläufer war einst in Kiel ausgemustert worden, weil ihm die Disziplin eines Profisportlers gefehlt hatte. Die Vater-Figur Schmitz, so sieht es aus, hat ihm den richtigen Weg aufgezeigt.

24. September 2011

Rhein-Neckar-Löwen - THW Kiel: 27:30 (16:18)
Auch die Rhein-Neckar Löwen konnten den THW-Express nicht stoppen. In einer dramatischen Partie siegten die Kieler in der mit 9500 Zuschauern nicht ausverkauften SAP-Arena in Mannheim mit 30:27 (18:16) und setzten das erste Ausrufezeichen in der noch jungen Saison. "Das war ein Schlüsselspiel", sagte Gislason. "Aber die Liga hat so viele gute Mannschaften, das war nur ein kleiner Schritt."

Es waren letztlich viele Schritte von Omeyer, die den Gipfel entschieden. Bei einer 24:22-Führung fing der Franzose einen Pass des Löwen-Torhüters Henning Fritz ab und dribbelte damit bis zum Torkreis der Gastgeber, um dann doch auf Daniel Narcisse abzuspielen. Während der Landsmann zum 25:22 traf, wollte Ober-Löwe Uwe Gensheimer den Kieler auf dem Rückweg stoppen und kassierte dafür eine Zeitstrafe, für die er wenig Verständnis hatte. "Er war in unserer Hälfte und irgendwo muss ich mich ja auch aufhalten dürfen."

Ohne den bis dato überragen-den Linksaußen kassierten die Badener weitere Treffer und hatten bei einem Zwischenstand von 23:27 (53.) endgültig verloren. Ob er überlegt hätte, selbst zu werfen? "Klar", sagte Omeyer. "Aber dann wäre ich nicht mehr rechtzeitig in meinem Tor gewesen." Er hätte sich nach dem Pass gleich umgedreht und erst durch den Pfiff des Unparteiischen mitbekommen, dass Narcisse tatsächlich getroffen hatte.

28. September 2011

THW Kiel - TSV Hannover-Burgdorf: 34:19 (14:8)
Mit dem 34:19 (14:8) Heimsieg gegen die TSV Hannover-Burgdorf nahm das Errechnen von Rekorden seinen Anfang. Da FA Göppingen überraschend die Füchse Berlin geschlagen hatte, waren die Kieler am sechsten Spieltag der einzige Bundesligist ohne Minuspunkt. Zudem waren sie zuletzt in der Saison 1997/98 derartig flott in eine Saison gestartet.

Die Niedersachsen, die kurz zuvor die Rhein-Neckar Löwen besiegt hatten, gaben ein erschreckendes Bild ab. Eines, das Trainer Christopher Nordmeyer nicht beschönigen wollte. "Das Spiel wäre vermutlich genauso ausgegangen, wenn wir gut gespielt hätten." So spielte an diesem Abend nur eine Mannschaft - der THW. Das Gislason-Team zeigte nach der Pause phasenweise Zauber-Handball und wurde dafür mit "La-Ola" der begeisterten Zuschauer belohnt.

Ein Höhepunkt in der einseitigen Partie war das Comeback von Zeitz, der sich mit einem 117 Kilometer schnellen Unterarm-wurf gleich prächtig einführte. Was noch? Gislason verzichtete einmal mehr darauf, eine Auszeit zu nehmen. Der THW kassierte einmal mehr keine Strafzeit. Ein blütenweißer Sieg. Einer, den Milutin Dragicevic allerdings nur als Zuschauer erlebte. Nach der Rückkehr von Zeitz war er erstmals der 15. Mann, in der Liga sind aber nur 14 spielberechtigt. Deshalb musste der Serbe, von dem sich der THW trennen will, erstmals hinter dem Tor sitzen.

5. Oktober 2011

HBW Balingen-Weilstetten - THW Kiel: 21:31 (11:17)
Der THW in Balingen, da war doch was? Am 23. Dezember 2009 hatten die Kieler in der Sparkassen-Arena der HBW Balingen-Weilstetten mit 37:39 verloren und dem Team von Dr. Rolf Brack ("Ein Jahrhundertsieg") eine Sternstunde beschert. Eine weitere wollten sie allerdings nicht gewähren, die Hausherren, die zudem fünf Stammkräfte ersetzen mussten, waren bei der 21:31 (11:17)-Niederlage chancenlos.

"Der Bayern-München-Effekt hat Kiel erreicht", erkannte Brack. "Nach dem Verlust des Titels sind die Spieler noch heißer, noch teamorientierter." In der 47. Minute kamen die Gast-geber, die zwischenzeitlich mit acht Toren zurückgelegen hat-ten, noch einmal auf 20:23 he-ran. Doch Kiel antwortete mit vier Toren in Folge. Gislason, der sich über 15 technische Fehler ("Ich kann mich nicht erinnern, wann es jemals so viele gewesen sind") ärgerte, lieferte auch noch den Satz des Tages. "Am meisten freut sich unser Sportausrüster adidas, denn wegen der aggressiven Balinger Deckung benötigen wir immer einen neuen Satz Trikots." 14:0 Punkte nach sieben Spielen. Ein Sieg fehlte noch, um den alten vereinsinternen Startrekord (15:1) zu verbessern.

12. Oktober 2011

TV Großwallstadt - THW Kiel: 25:32 (8:18)
Der Auftritt beim TV Großwallstadt war der erste nach der bitteren Heimniederlage in der Champions League gegen Montpellier HB (23:24). Der ersten Niederlage seit dem 4. Mai, damals unterlagen die "Zebras" in der Bundesliga beim SC Magdeburg (24:30). "Wir wollten heute zeigen, dass wir eine Siegermannschaft sind", sagte Kapitän Ahlm nach einem kuriosen 32:25-Sieg, der bereits zur Halbzeit (18:8) unter Dach und Fach gebracht war. "Das ist uns einigermaßen gelungen".

Einigermaßen. In der 34. Minute führten die Gäste mit 20:8. Torhüter Thierry Omeyer, der 53 Prozent der Würfe gehalten hatte, setzte sich auf die Bank - sein Arbeitstag schien beendet. Doch die Franken kämpften sich zurück und hatten in der 48. Minute (21:25) wieder Sichtkontakt zu den Gästen.

Omeyer, der sich wieder einwechseln ließ, und der zehnfache Torschütze Filip Jicha waren dann die Motoren, die den THW-Express wieder auf Fahrt brachten. Maßgeblichen Anteil hatte auch Momir Ilic, der wegen einer Fußverletzung nur das Feld betrat, wenn es galt Strafwürfe zu verwandeln. Der Serbe gab sich dabei keine Blöße: Sieben Würfe, sieben Tore.

19. Oktober 2011

THW Kiel - MT Melsungen: 28:23 (14:14)
Im späteren Saisonverlauf sollten die Flügel der MT Melsungen gestutzt werden. Die Hessen landeten vor der Winterpause im Mittelfeld der Tabelle. Doch an diesem Spieltag spielte das Team von Michael Roth noch an der Tabellenspitze mit, zählte zu den positiven Überraschungen der Saison. Entsprechend selbstbewusst traten die Gäste in der Arena der Kieler an, hielten bis zum 19:19 (45.) mit.

Dass es am Ende keine böse Überraschung für die Gislason-Schützlinge gab, lag einmal mehr an Omeyer. Der Franzose schnappte sich einen Heber des MT-Linksaußen Michael Allendorf und riss beide Arme in die Höhe. Eine Jubelpose, die auch die entschlummernden Fans weckte. Neben Omeyer setzte nun Zeitz die Glanzlichter. Der Linkshänder traf zum 20:19, bereitete das 22. Tor (Jicha) mit einem "Steal" vor und machte mit einem herrlichen Dreher (25:20/54.) die Vorentscheidung perfekt. Für die Gäste gab es zwar keine Punkte, aber viel Lob. "Es macht Spaß, Melsungen spielen zu sehen", sagte Gislason.

30. Oktober 2011

Füchse Berlin - THW Kiel: 32:33 (17:17)
Den 33:32 (17:17)-Erfolg bei den Füchsen Berlin hatte der THW zu einem nicht unwesentlichen Teil Daniel Narcisse zu verdanken. "Bitter", sagte Füchse-Kapitän Torsten Laen. "Da hat Jicha einen schlechten Tag und dann macht uns Narcisse fertig." Zur 7:3-Führung der Gäste steuerte er vier Tore und ein unglaubliches Rückhand-Anspiel auf Ahlm bei.

Als der Franzose mit seinem neunten Tor schließlich zum 33:28 (55.) traf, schien der zehnte Saisonsieg perfekt zu sein. Doch der starke Silvio Heinevetter hatte andere Pläne, parierte nun Bälle am Fließband. Als Jicha zehn Sekunden vor dem Abpfiff am deutschen Nationaltorhüter scheiterte, lagen die Kieler nur noch mit einem Tor in Führung. Doch der Fuchs Sven-Sören Christophersen konnte einen Pass von Heinevetter nicht fangen, flog mit dem Ball über die Seitenlinie - aus. Kiel siegte glücklich, aber letztlich verdient. Anschließend trennten sich die Wege der "Zebras", die sich in eine zehntägige Länderspielpause verabschiedeten.

9. November 2011

TuS N-Lübbecke - THW Kiel: 22:32 (9:18)
Die Merkur-Arena in Lübbecke erlebte an diesem Abend eine große Show des Rekordmeisters. Hier sollte später der HSV Hamburg zwei wichtige Punkte im Meisterrennen verlieren, der THW dagegen war bei seinem 32:22 (18:9) zwei Nummern zu groß für den TuS N-Lübbecke. Ein überraschendes Ergebnis, hatten die "Zebras" doch zuletzt immer große Probleme in der hitzigen Atmosphäre der TuS-Arena gehabt.

Doch diesmal spielten sie wie aus einem Guss auf, standen in der Deckung wie eine Wand. Einer der Väter des Erfolges hieß Jicha, der seine sieben Tore alle in der ersten Halbzeit erzielte. "Dieser Auftritt war THW-würdig", sagte TuS-Trainer Markus Baur, dessen Team nicht in der Lage war, der Partie im zweiten Durchgang noch einmal eine Wende zu geben. "Wir haben zu ängstlich gespielt", sagte Rückraumspieler Arne Niemeyer. "Wenn man mit Angst spielt, kann man gegen Kiel gar nichts erreichen."

Einmal mehr zeigte Ilic seine Nervenstärke. Zwar zwickte weiter die Ferse des Serben, so dass er lediglich zu den Strafwürfen das Feld betrat. Eiskalt traf er fünfmal. Von 38 Strafwürfen, die er im bisherigen Saisonverlauf geworfen hatte, verfehlte nur einer sein Ziel - eine stolze Bilanz. Auf der Tribüne saß die komplette Mannschaft des TBV Lemgo - der nächste THW-Gegner.

12. November 2011

THW Kiel - TBV Lemgo: 35:26 (16:10)
Der 35:26 (16:10)-Heimsieg gegen den TBV Lemgo geriet zur Nebensache. Am Vorabend waren die Schiedsrichter Bernd und Reiner Methe bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Ein Schock für die Handball-Welt. Einer, der es den Aktiven unmöglich machte, schnell auf Alltag umzuschalten. "Nach der Schweigeminute kam niemand richtig ins Spiel", fasste Kim Andersson die Stimmungslage zusammen. "Der Tod der Schiedsrichter hat uns total geschockt."

Als die Gastgeber langsam Fahrt aufnahmen, verletzte sich Marcus Ahlm. Der Kreisläufer war bei einer Abwehraktion mit dem Ex-Kieler Sebastian Preiß zusammengestoßen und wurde ausgewechselt. Da Gislason zu diesem Zeitpunkt bereits Henrik Lundström als 14. Spieler gemeldet hatte, konnte er den zweiten Kreisläufer, Milutin Dragicevic, nicht mehr einsetzen. So kam Daniel Kubes zu einem denkwürdigen Einsatz. Der Abwehrspezialist warf als Kreisläufer fünf Tore, so viele wie noch nie in Diensten des THW. Weil Kubes seine Pausen brauchte, gab schließlich auch Jicha ein eher unfreiwilliges Debüt am Kreis. Damals konnte keiner absehen, welche Rolle der Tscheche am Kreis noch einmal spielen sollte. Zum Spiel. Das fasste TBV-Manager Fynn Holpert in einem Satz zusammen. "Wer als junger Spieler in einer solchen Halle gegen einen solchen Gegner spielen darf, muss sich zerreißen. Das hat gefehlt."

16. November 2011

HSG Wetzlar - THW Kiel: 24:28 (11:13)
Für den 13. Saisonsieg mussten die Kieler hart arbeiten. Ohne Andersson (Hodenprellung) und Ahlm, dessen Knieverletzung sich als Innenbandanriss herausgestellt hatte, rettete sich der THW beim 28:24 (13:11)-Auswärtssieg gegen die HSG Wetzlar mit letzter Kraft über die Ziellinie. In der 52. Minute lagen die Gäste le- diglich mit einem Tor vorne (23:22), dann traf Jicha doppelt und stellte die Weichen.

"Gegen Lübbecke und Lemgo haben wir phasenweise sehr gut gespielt", sagte Rechtsaußen Christian Sprenger, mit sechs Treffern zweitbester Werfer hinter Jicha (9). "Heute ist uns das nicht so gut gelungen." Am Kreis bekam Dragicevic seine Chance, doch der Serbe, zuletzt ohne jede Spielpraxis, suchte vergeblich die Eingangstür. Auch Kubes konnte die Lücke nicht schließen, die Ahlm hinterlassen hatte. Der Schwede sollte noch weitere drei Wochen ausfallen. In Wetzlar wurde deutlich, dass er nicht zu ersetzen ist. Jedenfalls schien es so.

29. November 2011

SC Magdeburg - THW Kiel: 26:33 (13:12)
Der SC Magdeburg war der letzte Stolperstein der Kieler in der Bundesliga gewesen. Am 4. Mai hatten sie in der ehemaligen Bördeland-Halle mit 24:30 verloren. Weil Sportler abergläubisch sind, änderte Gislason die Rituale. Gewöhnlich nächtigt der Rekordmeister in Magdeburg im "Maritim", diesmal war er in das "Haus der Athleten" in den Stadtpark umgezogen. Lange sah es so aus, als würde der Bettenwechsel nicht viel ändern. Nach 37 Minuten führte das Team von Frank Carstens mit 16:15, dann fiel die Hallenuhr aus. Die Partie wurde minutenlang unterbrochen, der THW wirkte angeschlagen.

"Nach der Unterbrechung kamen wir viel besser rein", sagte Gislason, der den SC Magdeburg einst zur Meisterschaft und zum Triumph in der Champions League geführt hatte. "Vielen Dank für die Panne." Tatsächlich war der Isländer gar nicht glücklich über die Pause, schließlich gab sie den Gegnern die Möglichkeit, in der Tempo-Hatz noch ein- mal Luft zu holen. Das war nicht geplant.

Also griff Gislason zu Plan B: Jicha, dem im Rückraum wenig gelungen war, rückte an den Kreis. Für Omeyer kam Andreas Palicka und für Kim Andersson der letztlich neunfache Torschütze Zeitz - drei Asse, die stechen sollten. Als die Uhr in Magdeburg wieder tickte, hatte der THW eine 26:20-Führung herausgeworfen. Die Entscheidung, der 14. Sieg in Folge.

7. Dezember 2011

SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 27:32 (12:14)
Bei der SG Flensburg-Handewitt feierten die "Zebras" den elften Derby-Sieg in Serie. Drei Tage zuvor hatten sie in der Champions League bei Montpellier HB gesiegt (34:31), von Müdigkeit war in der mit 6300 Zuschauern ausverkauften Campus-Halle aber nichts zu spüren. Die Gäste lagen schnell mit 0:3 zurück, die "Hölle Nord" kochte, doch die Kieler zeigten keine Nerven. Auch nicht, als Marcus Ahlm in der 35. Minute nach seiner dritten Zeitstrafe das Feld räumen musste. Mit Jicha hatte sich mannschaftsintern längst Ersatz herauskristallisiert.

Der Tscheche warf zwölf Tore, beendete die Hoffnungen der Hausherren, die im 50. Bundesliga-Duell mit den Kielern einmal mehr das Nachsehen hatten. Da der HSV beim TuS N-Lübbecke mit 31:32 verlor, bauten die "Zebras" ihren Vorsprung aus. "Das war unser bestes Spiel seit Wochen", freute sich Gislason nach dem Coup. Der besiegte Kollege Ljubomir Vranjes erklärte die Kieler anschließend zum Meister. "Wenn sie alle gesund bleiben, werden sie nicht mehr zu stoppen sein."

11. Dezember 2011

THW Kiel - HSV Hamburg: 30:25 (15:12)
Der Terminplan meinte es nicht gut mit dem THW Kiel, dem seit Wochen im Drei-Tages-Rhythmus Gegner der härtesten Sorte aufgetischt wurden. Diesmal war der Meister zu Gast in Kiel, der HSV Hamburg. Nach 22 Minuten (12:6) sah es so aus, als würden die Hamburger kräftig unter die Räder geraten. Das Team von Per Carlen wirkte angesichts der stabilen THW-Deckung ratlos, traf in der 24. Minute erstmals aus dem Rückraum.

Letztlich waren es aber die vielen Kieler Fehler, die den HSV im Spiel beließen. Obwohl Hans Lindberg vier Siebenmeter verwerfen durfte, ohne von Carlen daran gehindert zu werden, drehte der Meister das Spiel, führte in der 40. Minute gar mit 19:18. Doch mehr sollte den Hamburgern nicht gelingen. Bei einem Zwischenstand von 25:25 (52.) schloss Thierry Omeyer sein Tor bis zum Schlusspfiff ab. Acht Minuten, die die "Zebras" für fünf Tore nutzten. "Als es kritisch wurde, hat die Mannschaft gezeigt, dass sie einen guten Charakter hat", sagte Momir Ilic, mit zehn Toren bester Werfer im Gipfeltreffen. Für gute Laune sorgte auch Rechtsaußen Sprenger, der listig einen Freiwurf direkt verwandelte, als HSV-Torhüter Johannes Bitter noch mit seinen Vorderleuten diskutierte, und der Kasten verwaist war. Mit dem Sieg baute der THW seinen Vorsprung auf den HSV auf acht Punkte aus. Zum Titel wollte HSV-Präsident Martin Schwalb allerdings nicht gratulieren. "Ich habe noch nie gehört, dass eine Meisterschaft schon im Dezember entschieden worden ist."

21. Dezember 2011

THW Kiel - Eintracht Hildesheim: 31:22 (20:12)
Startrekord eingestellt. Mit dem 31:22 (20:12)-Heimsieg gegen Eintracht Hildesheim egalisierte der THW den Startrekord des TBV Lemgo. Die Ostwestfalen verloren in ihrer Meistersaison 2002/2003 das Spiel Nummer 18 beim SC Magdeburg, den damals Gislason trainierte. Trainer in Lemgo war seinerzeit Volker Mudrow, der nun in Hildesheim die Kommandos gibt. Sollte sich Geschichte wiederholen, dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen? Nein. Der Aufsteiger war chancenlos. Auch, weil Andreas Palicka, der 21 Bälle parierte, einen guten Tag erwischte. Der junge Schwede durfte von Beginn an mitwirken und zahlte das in ihn gesetzte Vertrauen zurück. Stark auch Momir Ilic, der zehn Tore warf.

Das Hildesheim-Spiel war in doppelter Hinsicht eine Premiere: Gislason trug erstmals im Amt eine Brille. "In Flensburg habe ich zum ersten Mal nicht mehr erkennen können, wann unsere Zeitstrafen enden", sagte der Isländer. "Die Zahlen auf der Anzeigetafel waren zu klein. Und in Kiel sind sie nicht größer. Ich bin jetzt offiziell alt geworden." Den Durchblick behielt er trotzdem, was gegen den biederen Gast allerdings auch keine unmenschliche Aufgabe war. Und der Startrekord? "Ich kann das Gerede nicht mehr hören", sagte Gislason. "Wenn meine Spieler jetzt immer nur vom Rekord hören, können sie schnell den Blick für das Wesentliche verlieren."

26. Dezember 2011

VfL Gummersbach - THW Kiel: 25:28 (11:11)
Als der THW mit dem 28:25 (11:11) über den VfL Gummersbach in der Kölner Lanxess Arena seinen historischen Startrekord perfekt gemacht hatte, verneigte sich sogar die Konkurrenz ehrfurchtsvoll vor dem übermächtigen Rekordmeister. "Kiel hat eine Ausnahmemannschaft", lobte Manager Bob Hanning von den Füchsen Berlin. Der THW bot beim Sieg über Gummersbach zwar keinen Zauber-Handball, doch erneut zeigte die Mannschaft, dass sie sich während eines Spiels steigern kann und in der entscheidenden Phase - mit viel Selbstbewusstsein ausgestattet - die Nerven behält. Herausragend wieder einmal Thierry Omeyer, der sein Team vor allem in der ersten Halbzeit vor einem höheren Rückstand bewahrte, und Filip Jicha. Der ehemalige Welthandballer fand nach chaotischem THW-Start (drei Tore in 15 Minuten) als erster Angreifer seine Form zurück, traf danach insgesamt elfmal.

Nach dem glanzlosen Arbeitssieg tanzten die THW-Spieler im Kreis, Alfred Gislason klatschte jeden seiner Schützlinge ab. In der Halbzeit war der Isländer allerdings laut geworden. "Richtig los ging es erst nach der Pause, als der Trainer eine entsprechende Ansprache gehalten hat", erklärte Dominik Klein. Trotzdem wäre es am Ende fast noch ein Krimi geworden, als der VfL nach einer Kieler Sechs-Tore-Führung zwei Minuten vor dem Abpfiff auf zwei Tore verkürzte. Dann patzte Gummersbachs Adrian Pfahl. Den Fehler bestrafte Filip Jicha mit einem Tempogegenstoß und der Entscheidung. Nach dem letzten Kraftakt des Handball-Jahres 2011 dankte Trainer Alfred Gislason seinem Team ausdrücklich "für diese super Leistungen in der Hinrunde", verabschiedete sich anschließend mit einem tiefen Seufzer in den kurzen Urlaub. "Ich fahre jetzt in mein Haus in der Nähe von Magdeburg, will nur noch meine Ruhe und schalte auch mein Handy aus."

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2012)


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