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22.04.2013 Verein

Kieler Nachrichten: THW ist kein Königreich mehr

Aufsichtsratschef Vater hält nichts von Schwenkers Ambitionen, zu den "Zebras" zurückkehren zu können

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.04.2013:

Kiel. Der THW Kiel hat sich nach der Offensive seines Ex-Managers Uwe Schwenker nicht aus der Reserve locken lassen. Mit den Worten "Der Inhalt hat mich nicht überrascht, der Zeitpunkt schon" reagierte Aufsichtsrats-Chef Klaus-Hinrich Vater gestern auf ein Interview, das Schwenker der "Bild am Sonntag" gegeben hatte: "Eine eigenwillige Liebeserklärung."
Darin hatte Schwenker die Verantwortlichen des deutschen Handballmeisters stark kritisiert und seine Rückkehr angeboten. "Die Führung vom THW hat mich fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel", sagte der 54-Jährige, der das Amt des Geschäftsführers am 7. April 2009 niedergelegt, es aber bis Saisonende am 30. Juni 2009 ausgeübt hatte. Vier Wochen zuvor war öffentlich geworden, dass er und Ex-Trainer Noka Serdarusic das Champions-League-Finale 2007 durch Schiedsrichterbestechung manipuliert haben sollen. Von diesem Verdacht waren beide im Januar 2012 freigesprochen worden. Auch im Revisionsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegenüber dem THW Kiel war Schwenker vor zwölf Tagen entlastet worden, ehe das Urteil am vergangenen Donnerstag rechtskräftig wurde.

Gestern, drei Tage danach, erschien das doppelseitige Interview mit Schwenker. Auf dem Bild ist das Kieler Rathaus zu sehen, auf dem die "Zebras" für gewöhnlich ihre Meisterschaften mit den Fans feiern. Schwenker bestätigte in diesem Interview, was er vor kurzem auch den KN erzählt hatte: "Ich sollte damals mit meinem Rücktritt den Druck vom THW nehmen. Im Gegenzug ist mir zugesagt worden, dass ich zurückkehren könne, wenn sich nichts bei den Ermittlungen herausstellt." Gegenüber dieser Zeitung bezeichnete er seinen damaligen Verzicht auf eine schriftliche Bestätigung durch die Führung als "schweren Fehler". "Meinen Teil der Vereinbarung habe ich eingehalten. Jetzt muss man schauen, wie der THW sich verhält", sagte Schwenker. Wenn die Voraussetzungen stimmten, stünde er "auf jeden Fall" für eine Rückkehr bereit: "Ich liebe den Verein."

Unter der Führung versteht Schwenker jene fünf Gesellschafter, die damals über die Geschicke des Vereins entschieden haben. Darunter Georg Wegner, der nach eigener Aussage die entscheidende Kraft ("Es geschah auf meinen sanften Druck") gewesen sein will, die damals dafür sorgte, dass Schwenker von seinem Posten zurücktrat. Wegner, der im Gerichtsverfahren gegen Schwenker und Serdarusic als Zeuge vor dem Kieler Landgericht ausgesagt hatte, nannte "abenteuerliche Buchungen" als Begründung für den Rauswurf. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens fand die Staatsanwaltschaft heraus, dass Belege für 60 000 Euro fehlten, die Schwenker im Frühjahr 2008 in zwei Tranchen vom Vereinskonto abgehoben hatte, um sie als Darlehen an einen angeblich chronisch klammen Serdarusic auszuzahlen.

Verbucht wurden die Summen in der Bilanz beispielsweise unter der Rubrik "Schiedsrichter". Für die Staatsanwaltschaft der Beleg dafür, dass mit diesem Geld schwarze Kassen gefüllt wurden, die dazu dienten, Schiedsrichter zu bestechen. Beweisen konnte Oberstaatsanwalt Axel Goos diese Theorie nicht. Die Summe, die auch im Auflösungsvertrag mit Serdarusic und der Bilanz für das Geschäftsjahr 2008 fehlt, die jeweils von Schwenker unterschrieben wurden, hat Serdarusic nach Aufforderung der neuen THW-Bosse am 1. Dezember 2009 zurückbezahlt.

Knapp drei Monate zuvor hatte sich der Verein eine neue Struktur gegeben. Seitdem entscheidet ein ursprünglich fünfköpfiger Aufsichtsrat, von den ehemaligen Gesellschaftern verblieb nur Dieter Hein. Der Vorsitzende des Gesamtvereins, satzungsgemäßig Mitglied im Führungsgremium, hat sein Amt mittlerweile an Olaf Berner abgegeben. Vater, der Vorsitzende, schloss bereits im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit mit Schwenker aus, was dieser ihm nun zum Vorwurf macht. "Er hat die große Chance verpasst, sich gegen die unberechtigten Vorwürfe zu stellen." Stattdessen, so Schwenker, wären durch das Vater-Verhalten die "staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten befeuert worden". Dem Aufsichtsrat wirft er zudem vor, dass ihm von einem auf den anderen Tag der Zugang zum VIP-Raum verweigert worden sei. "Und das, obwohl dieser Raum meine Idee gewesen ist." Ein Vorwurf, den Vater bereits im November 2009 dementiert hatte. "Das ist frei erfunden. Uwe ist immer herzlich willkommen."

Ursprünglich saß auch Klaus Elwardt im Aufsichtsrat, doch der Bordesholmer sprang im Sommer 2011 für den erkrankten Schwenker-Nachfolger Uli Derad ein und ist seitdem einer der beiden Geschäftsführer. Elwardt kümmert sich um die sportlichen Belange, Stefan Adam, im Januar gekommen, um das Marketing. "Beide haben langfristige Verträge", sagte Vater. Sollte Schwenker die Hoffnung gehabt haben, den nach wie vor vakanten Posten im Aufsichtsrat übernehmen zu können, hat er nun Gewissheit, dass daraus nichts wird. "Der Kandidat ist gefunden", sagte Vater. "Er ist aber noch gebunden, weshalb wir damit erst im Sommer an die Öffentlichkeit gehen können." Außerdem wisse er, Vater, nichts von einer im April 2009 erfolgten Zusage der damaligen Club-Führung an Schwenker, als Manager zurückkehren zu können, und wenn, dann habe diese nur kurzfristig gegolten. Es hätten sich, so Vater, längst alle Gremien, und damit auch die großen Sponsoren, einvernehmlich entschieden, ohne Schwenker an der THW-Zukunft zu basteln.

Und in Anspielung auf einen Titel des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von 2009 ("Die Könige von Kiel") sagte Klaus-Hinrich Vater: "Der THW ist kein Königreich mehr."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.04.2013)


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