18.03.2009 | Handball international |
Der THW Kiel, gegen dessen Geschäftsführer Uwe Schenker die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, nahm mit Genugtuung eine erste Untersuchung des Europäischen Verbandes EHF zum Final-Rückspiel der Champions League 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt zur Kenntnis. "Die Analyse liefert eine abgestimmte Ausführung des Spiels mit einer klaren Linie in den Entscheidungen. Diese wurde beständig während des gesamten Spiels gehalten", heißt es in einer EHF-Mitteilung. Ab der 46. Minute seien sogar leichte Vorteile für die Gäste aus Flensburg zu erkennen gewesen. "Dieses Ergebnis ist alles andere als überraschend für uns. Es bestätigt nur, was wir gesagt haben", hieß es in einer offiziellen THW-Stellungnahme. Die EHF mit Sitz in Wien hatte den früheren Schiedsrichter und Regelexperten des Weltverbandes IHF, Roland Bürgi, mit einer Videoanalyse beauftragt. Zudem gebe es bei sämtlichen Europacup-Spielen des THW seit 2000 zunächst keine Anzeichen für Manipulation, da ein sehr ausgeglichenes Bild bei den Schiedsrichter-Nominierungen vorliege. 53 Gespanne aus 27 Ländern hätten die insgesamt 83 Kieler Spiele geleitet. Der Kieler Staatsanwalt Uwe Wick stellte gestern erneut klar: "Wir gehen allen Spuren nach." In dieser Woche sei, so Wick, jedoch noch nicht mit einem "Endergebnis" zu rechnen.
Im Kampf gegen die Krise wollen DHB und HBL die am Montag beschlossene Befragung aller Bundesliga-Schiedsrichter der vergangenen drei Jahre innerhalb der nächsten 14 Tage durchführen. Auch die Europäische Handball-Föderation fahndet jetzt nach versuchter Bestechung von Schiedsrichtern. Gestern verschickte der Verband parallel zum DHB an alle Unparteiischen und Delegierten aus den vergangenen vier Jahren Fragebögen. Laut EHF-Generalsekretär werden dadurch rund 4000 Spiele überprüft, an denen 300 Schiedsrichter und 150 Delegierte beteiligt waren.
HBL-Präsident Witte kündigte indes an: "Wenn wir dabei nicht weiterkommen, wird auf alle Fälle ein Ombudsmann eingesetzt." Dieser solle mit dem Handball gar nichts zu tun haben und Schiedsrichtern als Anlaufstelle dienen, falls sie mit Bestechungsversuchen in Verbindung kommen oder gekommen sind. Zunächst werde man auf externe Hilfe verzichten. Stattdessen werde zumindest den A-Lizenz-Schiedsrichtern in Schulungen der richtige Umgang bei Manipulationsversuchen aufgezeigt. "Ich kann nicht sagen, ob wir das Patentrezept gefunden haben. Wir haben Maßnahmen ergriffen, die schlüssig waren", so Witte.
Konkrete Vorschläge zur Vorbeugung von Korruption machte auch die Group Club Handball, der Zusammenschluss von 16 europäischen Topklubs, darunter auch der THW Kiel. Demnach solle die Schiri-Betreuung komplett aus dem EHF-System gelöst und in einem eigenen Büro organisiert werden. Der Kontakt zu den Vereinen müsse untersagt werden. Der Weltverband IHF forderte indes Erklärungen von Lemme und Ullrich an. "Die beschuldigten Schiedsrichter, die zum IHF-Kader gehören, werden aufgefordert, eine Stellungnahme zu den Geschehnissen abzugeben", schreibt der Verband auf seiner Internetseite. Man sei zutiefst besorgt über die Medienberichte über mögliche Schiedsrichterbestechungen und verschobene Spiele im Europapokal. Die IHF behalte sich vor, gegebenenfalls selbst zu reagieren.
(aus den Kieler Nachrichten vom 18.03.2009)
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