14.01.2011 | Verein |
Am 11. Februar 2009 empfangen Herr und Frau Serdarusic in ihrem Kieler Domizil drei Herren der Rhein-Neckar Löwen, jenem Verein, der den Trainer an diesem Tag mit einem Dreijahresvertrag ausstattet. Bei diesem vierstündigen Treffen, so stellen es Löwen-Manager Thorsten Storm, der Gesellschafter Jesper Nielsen und Rechtsanwalt Christian Wiegert dar, soll Serdarusic (was dieser bestreitet) detailliert berichtet haben, wie der THW seit 2000 Spiele in der Champions League verschoben habe, auch das Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt.
Der 11. Februar darf im Nachhinein also als Beginn der Manipulationsaffäre betrachtet werden. Die Löwen informieren jedenfalls die Deutsche Handball-Liga, und am 1. März 2009 wird der scheinbare Skandal publik. Sechs Wochen später tritt der schwer beschuldigte Schwenker als THW-Geschäftsführer zurück, und zwei Monate darauf erneuern die "Zebras" ihre Führungsriege. Zu diesem Zeitpunkt prüft die Kieler Staatsanwaltschaft schon intensiv die Betrugsvorwürfe. Am 29. Januar 2010 erhebt die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage gegen Schwenker (Betrug und Untreue) sowie Serdarusic (Beihilfe zur Untreue), gestern eröffnet das Kieler Landgericht schließlich das Verfahren.
Den Vorwurf des Betrugs und der Untreue sieht die 5. Große Strafkammer nicht als gegeben an, nun geht es um gemeinschaftlich begangene Bestechung. Es gibt Juristen, die den entsprechenden Paragraphen 299 des Strafgesetzbuchs für diesen Fall als ungeeignet erachten. Auch, weil die Europäische Handball-Föderation (EHF) als Veranstalter der Champions League sich bislang nicht als Geschädigte zu erkennen gegeben hat. Im Gegenteil: Die EHF hat das Finale intensiv auf mögliche Fehlpfiffe der angeblich bestochenen polnischen Schiedsrichter Miroslav Baum und Marek Goralczyk untersucht und keine Verdachtsmomente gefunden. Der Kieler Oberstaatsanwalt Manfred Schulze-Ziffer meint: "Das Landgericht betritt mit der Berufung auf Paragraph 299 Neuland." THW-Anwalt Gerald Goecke sieht das nicht anders.
Ob das Verfahren auf dünnem Boden basiert oder Schwenker und Serdarusic ein dickes Ende droht, ist ungewiss. In der Erklärung der Strafkammer steht: "Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Eröffnungsentscheidung keine Schuld oder Unschuld der Angeklagten enthält." Sollte sich eine Manipulation, die Schwenker vehement bestreitet, beweisen lassen, würde dem THW die Aberkennung des Titels durch die EHF drohen - und möglicherweise Schadenersatzansprüche des Final-Verlierers Flensburg-Handewitt.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 14.01.2011)
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