Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 12.06.2010:
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Deutscher Meister 2010: der THW Kiel!
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Mit einem
27:24 (14:9)-Sieg beim TV Großwallstadt beendete der
THW Kiel am vergangenen Sonnabend die Saison als Meister. Ein lange steiniger Weg, der
im "Zebra-Journal" in seinen Etappen noch einmal gewürdigt wird.
Großer Umbruch, aber der THW Kiel feiert weiter
Selten hat ein Club seine Sportart so dominiert. Seit 1994 jubelte der
THW Kiel in 17 Jahren über 13 Meisterschaften. 2010 stehen die "Zebras"
schon wieder oben. Langweilig wird es für Fans und Spieler aber nie.
Auch 2010 war etwas Besonderes. Vor Saisonbeginn verabschiedete der Rekordmeister
drei Säulen. Stefan Lövgren,
Nikola Karabatic und Vid Kavticnik gingen,
neue Spieler kamen. Die Konkurrenz frohlockte, wollte den THW endlich ablösen.
Sogar ein genereller Wachwechsel wurde für möglich gehalten. Das Jahr ist vorüber,
und Kiels Handball-Fans feierten ausgelassener denn je. Nämlich die Meisterschaft Nummer
16, außerdem leuchtet auf den Trikots ein zweiter goldener Stern für den Gewinn der
Champions League. So könne sich der Wachwechsel gerne fortsetzen, witzelte Trainer
Alfred Gislason - und ging mit seinen Jungs feiern.
05. September 2009
Der THW feierte mit
dem überzeugenden 35:25 (19:16) in Kassel gegen MT Melsungen
den perfekten Start. Von Verunsicherung nach
der 28:25-Pleite kurz zuvor im Supercup gegen HSV Hamburg
keine Spur. "So habe ich mir das vorgestellt", sagte
Alfred Gislason.
"Die Vorbereitung mit unseren Neuzugängen ist optimal verlaufen." Mit
Thierry Omeyer im Rücken (23 Paraden) brauste der THW-Express
nach der Pause von 19:16 auf 25:16 (36.) davon. "Kiel hat uns unglaublich bestraft", meinte
Trainer Ryan Zinglersen. Positiv:
Daniel Narcisse, erst wenige Tage im Team,
setzte als Mittelmann Akzente und steuerte zwei Tore bei. "Aber ich brauche
Zeit und Selbstvertrauen - dann wird es noch besser."
08. September 2009
Bei der Löwenjagd auf "Zebras" entschied der THW das erste Gipfeltreffen
mit 36:29 (18:11) gegen die Rhein-Neckar Löwen für sich.
Nach furiosem Auftakt hatte der THW zur Halbzeit auf 18:11 vorgelegt, führte nach dem fünften Treffer von
Marcus Ahlm gar mit 26:17 (43.). Doch die Mannheimer ließen nie locker,
fünf Minuten später hatte Uwe Gensheimer die Gäste per Siebenmeter auf 28:24 herangeführt. Zum Glück
für Kiel fehlte aber auch den Löwen in dieser Phase der letzte Biss. Zwar hielt der unwiderstehliche
polnische "Wurfturm" Karol Bielecki seine Farben mit den Toren acht und neun weiter auf Tuchfühlung,
aber die Kieler wussten jetzt stets eine Antwort,
Henrik Lundström
machte mit einem Doppelpack alles klar. An guten Tagen müsse Bielecki nicht einmal über die Mittellinie gehen,
um zu treffen, scherzte "Löwe"
Gudjon Valur Sigurdsson. "Heute war so ein Tag."
Aber ein Bielecki war als Zebra-Jäger zu wenig...
20. September 2009
Der THW übernahm mit
einem 34:22 (16:10)-Erfolg beim TSV Dormagen wieder die Tabellenführung.
Im nicht ausverkauften Bayer-Sportcenter waren
Filip Jicha und
Christian Sprenger (beide fünf Tore) die besten Werfer.
"Wir hissen die Piratenflagge" - so hatte es vor 2880 Zuschauern aus den Boxen gedröhnt.
Doch die Gastgeber wirkten eher wie die unglückseligen Freibeuter aus Asterix & Obelix. Nach sechs Minuten
führten die Kieler 5:1, die Partie war entschieden. Ohne Kapitän
Florian Wisotzki
und die griechischen Nationalspieler Spyros Balomenos und Dinos Chantziaras (alle verletzt) fehlten drei Säulen.
Zu viel für einen Verein, der sich mit fünf Eigengewächsen gegen die Kieler Weltauswahl stemmte.
Gute Nachrichten gab es aus dem Hause
Narcisse. Seine Familie,
zuletzt Untermieter bei den
Omeyers, hatte in Russee eine Bleibe gefunden.
Als Mieter im Eigenheim von Kiels Ex-Trainer
Noka Serdarusic.
26. September 2009
Viertes Spiel, vierter Sieg - der "neue" THW erinnerte an den "alten". Allerdings nur in
einer starken zweiten Halbzeit, in der die "Zebras" den
Tdeutlichen 36:29 (13:14)-Sieg
gegen den lange gleichwertigen VfL Gummersbach perfekt machten. Immer am Rande des Zeitspiels spulten die von
Viktor Szilagyi intelligent gesteuerten Gäste ihr Programm routiniert ab. Die Kieler
hatten nach einer Viertelstunde vier Tore erzielt, ein historischer Wert in der Heimat des Tempohandballs.
In der Kabine wuchs bei den Gästen aber die Erkenntnis, dass der THW nun sein anderes Gesicht zeigen
würde. "Wir haben uns gewarnt, dass nun der THW-Express Fahrt aufnehmen würde", sagte
Szilagyi. "Als er kam, haben wir uns nicht gewehrt." In der 35. Minute
lag Kiel 15:16 zurück, sechs Minuten später 23:16 in Führung.
Gislason
hatte erneut mit
Narcisse auf der Mitte begonnen. "Er ist ein außergewöhnlicher
Spieler, einer wie Karabatic. Und der hat auch kaum auf der Bank gesessen", sagte
Gislason. "Ich muss mich um das Wohl der Mannschaft sorgen. Deshalb spielt
Daniel, er strahlt immer Gefahr aus."
30. September 2009
Zwei Punkte im Gepäck und die Tabellenfuhrung verteidigt:
Der THW Kiel gewann zwar bei GWD Minden mit 32:25 (12:13),
musste aber feststellen, dass Punkte nicht verschenkt werden. Minden war mit 2:6 Punkten nur mäßig gestartet,
hatte am Wochenende zuvor im Derby bei N-Lübbecke aber trotz eines Fünf-Tore-Rückstandes noch einen Punkt ergattert.
Getragen von dieser Euphorie startete das Team von Richard Ratka auch gegen Kiel. Rückhalt war die aggressive Abwehr,
die hinter sich mit
Nikolas Katsigiannis (21 Paraden) einen Torhüter wusste, der das Niveau von
Thierry Omeyer erreichte. Nach dem Seitenwechsel nahm Kiels Abwehr aber das Heft in die
Hand, die resultierenden Gegenstöße wurden von
Dominik Klein oder
Christian Sprenger sicher verwandelt, außerdem erwies sich
Filip Jicha von der Siebenmeterlinie als Eisblock, verwandelte viermal in Folge.
Die Vorentscheidung fiel zwischen der 43. und 51. Minute.
Peter Gentzel
"schluckte" die Siebenmeter von Just und Schmidt,
Omeyer
den von Just, und auf der anderen Seite schlössen die Kieler fast jeden Angriff ab. Beim 28:22 (51.) war alles klar.
07. Oktober 2009
Es war ein Unentschieden, aber es fühlte sich an wie eine Niederlage. Der THW Kiel musste
beim
27:27 (13:12) gegen den TBV Lemgo den ersten Punkt abgegeben, hatte in
der zweiten Halbzeit jedoch den Sieg vor Augen. Dass der Gastgeber ein 6:9 (19.) in ein 13:12
zur Pause drehte lag hauptsächlich an
Filip Jicha
und seinen vier Treffern innerhalb von nur vier Minuten. Lemgo machte viel aus seinen Möglichkeiten.
Kurios, dass Florian Kehrmann als Interims-Kreisläufer sechs Treffer erzielte. Furios, wie "Mimi"
Kraus elf Tore zauberte. Beachtlich, wie sehr der TBV nie aufhörte, an sich zu glauben. Auch nicht
beim 23:17 (43.) für den THW. Kraus behielt beim 27:27 (59.) die Nerven, und schließlich wuchtete
Momir Ilic seinen letzten Wurf in den Block. "Normalerweise hätte
Kiel gewinnen müssen", meinte Kehrmann. "Der THW wird aber auch mit dieser Mannschaft seinen Weg machen." Nach
399 Tagen gab Kiel in eigener Halle wieder einen Punkt ab.
14. Oktober 2009
Die Campushalle der SG Flensburg-Handewitt war einmal die "Auswärtshölle" für den THW, kalt
und ungastlich. Jetzt ist sie die "Kuschelhöhle".
Dem 37:29 vom Vorjahr ließ der Meister erneut einen Kantersieg folgen.
41:33 (21:17) stand es nach 60 rasanten Minuten. "Sie haben fantastisch gespielt",
lobte SG-Linksaußen Lars Christiansen. "Da war nichts zu machen." Mann des Abends war
Momir Ilic, der 13 Tore erzielte und sich diebisch "über mein tolles erstes Nordderby" freute. "Das war
ein wichtiger Sieg, aber es ist noch Luft nach oben da."
Ilic erzielte schon in der 40. Minute sein zehntes Tor, auch
Christian Sprenger hatte Spaß in seinem ersten Nordderby.
Der Neuzugang aus Magdeburg klaute Bälle, lief Tempogegenstöße und warf Tore aus dem Rückraum. Fünf
Minuten vor dem Ende, bei Sprengers gefühlvollem Heber zum 39:30, machten sich
viele SG-Fans auf den Heimweg. "Wir haben perfekt gespielt", freute sich Gislason.
Eine ungewöhnlich entspannte Atmosphäre zeichnete das 45. Bundesliga-Derby vor dem Anpfiff aus.
Als Ljubomir Vranjens, Flensburgs Sportlicher Leiter, Welthandballer Thierry Omeyer
mit Blumen ehrte, brandete ehrlicher Beifall auf - für einen Kieler: Das gab es noch nie.
25. Oktober 2009
Direkt nach der Demütigung in Kiel setzte sich der gerupfte Tabellenvierte FA Göppingen in den Bus
und fuhr neun lange Stunden durch die Nacht in die Heimat. Einsame Momente für die Schwaben,
die am falschen Tag auf einen THW trafen, der
beim 40:22 (20:12)-Sieg
berauschenden Sport bot. Sechs Siege in Folge hatten die Gäste mit aufrechtem Gang in die
Halle kommen lassen. Doch nach 60 lehrreichen Minuten schlichen sie verstört von der Platte. Sie waren
an einer überragenden 3:2:1-Deckung zerschellt, in der
Filip Jicha in der ersten
Viertelstunde den Wellenbrecher gegeben hatte. Zwar wurde der Tscheche, dem Schmerzen im linken Knöchel
bei jedem Wurf die Landung vermiesten, später ausgewechselt. Doch zu diesem Zeitpunkt war der hochgelobte
Rückraum der Gäste auf Bonsai-Format gestutzt. Vor dem Anpfiff war Welthandballer
Thierry Omeyer
von
Uli Derad geehrt worden. "Vielleicht sollten wir eine solche Ehrung vor jedem
Spiel machen", witzelte der THW-Manager. Als
Omeyer
den Blumenstrauß übernahm, erhoben sich die Fans. Sie erwiesen
"Titi"
diese Ehre noch einmal (44.), als er zwölf endlose Minuten kein Tor zugelassen hatte. Ein Fundament, auf dem
sich die Kollegen - besonders
Momir Ilic (13 Tore) - in einen Rausch spielten.
03. November 2009
Ein blaues Auge, zwei Punkte. Nach einer schwachen Leistung retteten die Kieler beim SC Magdeburg
einen
30:29 (15:14)-Sieg ins Ziel. "Wenn es am Ende eng ist, kann man
so ein Spiel auch verlieren", sagte
Thierry Omeyer, der beim Stand von 29:28 einen
Siebenmeter von Andreas Rojewski parierte. Wegen der Länderspielpause hatten sich die "Zebras" zuvor in
ganz Europa verteilt. Die erste Vorbereitung mit dem kompletten Team fand erst fünf Stunden vor der
Abfahrt statt. So war zunächst nichts zu sehen von der zerstörerischen Harmonie,
die die Kieler gegen Göppingen (40:22) ausgezeichnet hatte.
Kim Andersson,
Marcus Ahlm und
Christian Sprenger legten
zwar eine schnelle 3:0-Führung vor, auf die SCM-Coach Michael Biegler mit einer Rekord-Auszeit reagierte,
das Spiel bekam der THW in der ersten Halbzeit aber nie in den Griff. Auf dem Weg in die
Kabine begleitete
Alfred Gislason Linkshänder
Andersson
in der Rolle des schimpfenden Rohrspatzes. Der fünfte leichtsinnige Fehler des Schweden hatte ihn auf die
Palme gebracht. Die zweite Hälfte glich dann eher einem Ringkampf. So
blieb das Spiel eng,
Gislason brachte
Peter Gentzel,
der sich mit fünf Paraden bedankte, und Kiels Trainer bewies auch das richtige Händchen, als er
Thierry Omeyer drei Minuten vor dem
Abpfiff einwechselte. Den Rest zum glücklichen Sieg steuerte
Filip Jicha bei,
als er die letzte SCM-Führung durch Grafenhorst von 27:28 auf 29:28 drehte,
Andersson machte mit dem 30:28 alles klar - und zauberte wieder ein Lachen ins Gesicht seines Trainers.
10. November 2009
Gewankt hatten sie zuletzt, die "Zebras". Die Konkurrenz auf ein Stolpern gewartet.
Doch
beim souveränen 40:23 (18:13)-Sieg bei den Füchsen Berlin
stellte der Rekordmeister klar, wer die Nummer eins ist. Eine
sichere Deckung sollte die Basis bilden, auf der der THW die Punkte 18 und 19 einsammeln wollte.
Und das Konzept ging auf. Auch, weil
Thierry Omeyer außergewöhnlich hielt.
Erst in der 19. Minute (!) traf mit Bartolomiej Jaszka der erste Rückraumspieler.
Die individuelle Überlegenheit der THW-Asse, die munter rotierten, war zu deutlich. Besonders
Daniel Narcisse war nicht zu stoppen. Vor der Pause warf der Franzose
fünf herrliche Tore und setzte auch nach dem Wechsel auf dem rutschigen Parkett die ersten Stiche. Als dann
Peter Gentzel den Siebenmeter-König Konrad Wilczynski vom Thron stieß und der von einer
Knieprellung genesene
Aron Palmarsson auftrumpfte, giiig im Fuchsbau das Licht endgültig aus.
24. November 2009
Nach einer Demonstration der Stärke
siegten die "Zebras" bei der HSG Düsseldorf mit 33:20 (18:6)
und festigten ihre Tabellenführung. Dabei hatte sich die HSG viel vorgenommen, standen doch bereits Flensburg und
Lemgo im Burg-Wächter Castello am Rande einer Niederlage. Über 3000 Zuschauer waren gekommen, um die
Kieler Stars zu sehen, die auf den erkrankten
Filip Jicha verzichten mussten. Doch schon
bald war der Lautstärkepegel kaum noch messbar. Der HSG-Angriff prallte auf eine Abwehrwand, hinter der
Thierry Omeyer glänzte. Nach elf Minuten hatte der Franzose drei Siebenmeter gehalten, 13
Paraden standen nach 30 Minuten auf seinem Konto. "Wenn wir die Siebenmeter reinmachen,
bleiben wir dran, aber das hat uns schon zu Beginn die Luft geraubt", winkte Michael Hegemann (HSG)
enttäuscht ab. 18:6 leuchtete es zur Halbzeit auf der Anzeigentafel, eine Demütigung. Der schönste Pfiff
war für die Düsseldorfer diesmal der Schlusspfiff.
29. November 2009
Nicht wenige THW-Fans hatten ihre Dauerkarten verliehen. Was sollte gegen die HSG Wetzlar passieren? Aber:
Wer beim
32:25 (14:18)-Erfolg des Meisters nicht in der Arena gewesen war, hatte Kurioses verpasst.
Als die "Zebras" nach einer fürchterlichen ersten Halbzeit in die Kabine flüchteten, wurden sie von
Pfiffen begleitet. Dabei war Wetzlar im letzten Hemd angetreten. Abwehrchef Giorgios Chalkidis und Kreisläufer Gregor
Werum waren mit Verdacht auf Schweinegrippe abgereist. Der verletzte Sven-Sören Christophersen,
mit 69 Toren bis dato drittbester Werfer der Liga, gar nicht angereist. Doch die offensive Deckung mit
Filip Jicha als Spitze war löchrig wie ein Sieb. Deshalb hielt
Thierry Omeyer bis zur Pause nur zwei Bälle - eine historische Quote. Die
Kieler öffneten Linksaußen Michael Allendorf die Tür, der sieben seiner neun Tore im ersten Durchgang erzielte.
Aus der Kabine kam dann aber eine Kieler Mannschaft, die keinen Zweifel daran ließ, dass dies kein Tag werden würde,
an dem Serien enden. 32 Bundesligaspiele in Folge waren sie zu Hause ungeschlagen geblieben, gegen Wetzlar hatten sie
13 Mal in Folge gewonnen. Die Deckung, umgestellt auf die sattelfeste 6:0-Variante, verwandelte sich nun
in Kombination mit
Omeyer in eine Wand. Den Mittelhessen sollten nur noch sieben Tore gelingen....
05. Dezember 2009
Mit
einem 32:28 (16:14)-Sieg beim TuS N-Lübbecke verteidigte Kiel
die Tabellenführung. Ein Spiel, das zwei Sieger hatte: Denn auch der Aufsteiger war glücklich
darüber, nur knapp verloren zu haben. Eine Situation, die in der mit 3300 Zuschauern ausverkauften
Kreissporthalle zu einer bizarren Schlussphase führte. Mit stehenden Ovationen feierten die Fans jedes Tor
des TuS, der einen Sieben-Tore-Rückstand verkürzte, weil die "Zebras" nach einem starken Start in
die zweite Halbzeit die Zügel schleifen ließen und
Alfred Gislason in den
letzten zehn Minuten auf Rotation setzte. So gab er
Aron Palmarsson, der schon
vor der Pause keine Struktur ins Spiel bringen konnte, eine zweite Chance. Doch der 19-jährige
Isländer agierte zu eigensinnig. "Er hat zum ersten Mal wie ein Jugendlicher gespielt", ärgerte
sich auch
Gislason. "Das war ein Schritt zurück." Lübbecke konnte den zwölften
Saisonsieg der Kieler aber nicht gefährden. Darum ging es den Ostwestfalen auch nie. Nur gegen den Erzrivalen Minden und den THW
wird die Arena mit zusätzlichen Sitzreihen ausgestattet. Die Zuschauer klebten so förmlich an der
Linie, erlebten einen verbissen geführten Kampf aus nächster Nähe mit. Zudem wurde wenige Minuten
nach dem Anpfiff durchgegeben, dass Minden verloren hatte. Für die TuS-Anhänger war der Tag gerettet. Der THW
bezahlte den Sieg mit der Verletzung von
Daniel Narcisse,
der sich den kleinen Finger der Wurfhand brach und vier Wochen ausfiel.
12. Dezember 2009
Aufsteiger TSV Hannover-Burgdorf war
beim Kieler 41:22 (24:10)-Sieg
chancenlos. "Wir haben deutlich besser gespielt als zuletzt", meinte
Alfred Gislason.
Daniel Narcisse (Fingerbruch) fehlte,
Filip Jicha wurde nach langer Grippekrankheit geschont. Also war die Zeit für
Aron Palmarsson gekommen. Er stellte die Weltklasse-Leute mit großer
Selbstverständlichkeit auf und steuerte selbst fünf Tore bei. Das sei ein großartiges Gefühl gewesen,
Verantwortung tragen zu dürfen, sagte der Blondschopf, dem sein Trainer nach dessem schwachen Auftritt in
Lübbecke den Kopf gewaschen hatte. "Das hatte ich wohl verdient, da war ich nicht richtig bei der Sache."
Was noch?
Andreas Palicka feierte ein umjubeltes Comeback.
20. Dezember 2009
Der
Gipfel zwischen Kiel und dem HSV Hamburg (29:29 (16:17))
ließ keine Wünsche offen.
Torsten Jansen scheiterte 55 Sekunden vor dem Abpfiff an
Thierry Omeyer. 17 Sekunden vor dem Ende nahm sich
Kim Andersson ein Herz, aber der Schwede, bedrängt von Guillaume Gille,
verfehlte das Ziel. Gille kassierte eine Zeitstrafe, Kiel bekam eine zweite Chance. Beim finalen
Freiwurf blieb
Filip Jicha aber nur die Chance für einen relativ
harmlosen Wurf in die untere linke Torecke, Johannes Bitter wehrte ab. Vor allem an Bitter hatten die
Kieler sich die Zähne ausgebissen. So wie
Dominik Klein,
der viermal an dem langen Blondschopf gescheitert war. Als er nach einem Tempogegenstoß mit
ihm zusammenkrachte, rastete Bitter aus, Mitspieler mussten schlichten,
Klein
machte sich aus dem Staub. "Ich wollte lieber nicht sofort mit Jogi sprechen", sagte
Klein.
"Der hätte mir den Kopf abgebissen." Hinterher schlössen sie Frieden, genau wie alle anderen, die
mit Adrenalin bis zum Anschlag gefightet hatten.
23. Dezember 2009
Schwerer Rückschlag:
Der THW verlor mit 37:39 (18:18) bei HBW Balingen-Weilstetten.
Wie begossene Pudel schlichen die "Zebras" nach dieser Blamage, die in ganz Handball-Deutschland
für ein Erdbeben sorgte, in ihre Kabinen. "Das war beschämend", sagte
Filip Jicha.
"Weihnachten ist für mich gelaufen." Allerdings nicht für Balingen. "Ein Jahrtausendwunder ist das",
jubelte Linkshänder Dennis Wilke. 39 Tore gegen Kiel, das sei heller Wahnsinn, ergänzte Philip Müller.
"Dabei war die Marschroute gewesen, uns nicht abschlachten zu lassen." Extrem enttäuscht sei er, sagte
Alfred Gislason. "Ein verdienter Sieg, für uns ist das ganz, ganz bitter."
26. Dezember 2009
Vom "Tatort" Balingen war der THW zwar 800 Kilometer entfernt. Doch beim
31:26 (20:13)-Heimsieg gegen den TV Großwallstadt spielte diese
bittere Pleite noch mit. Nahezu teilnahmslos verfolgte das Publikum das Treiben auf dem Feld, das
auch lange wenig Erheiterndes zu bieten hatte. Zudem fiel
Marcus Ahlm (9./Oberschenkelzerrung)
früh aus. Den Kielern fehlte nach der Termin-Hatz (27 Pflichtspiele in 117 Tagen) die Frische,
den harmlosen Franken die Spieler. Mit Einar Holmgeirsson und
Steffen Weinhold fielen verletzungsbedingt beide Linkshänder im
Rückraum aus. Zudem gab der 64-fache Nationalspieler Jens Tiedtke (Rücken) nach wenigen Sekunden auf. Trotz
der Erleichterung über den ungefährdeten Erfolg gegen den TVG, der zuvor siebenmal in Folge nicht verloren hatte,
hielt sich die Freude in Grenzen. Balingen hatte die Festtage vermiest.
30. Dezember 2009
Die "Zebras" besiegten die stark ersatzgeschwächte MT Melsungen mit 32:18 (14:6).
Die Hessen hatten sich redlich bemüht, ein Gegner zu sein. Im Bus hatte Trainer Ryan Zinglersen
noch THW-Videos studieren lassen. Es half nichts. Um im zehnten Pflichtspiel gegen Kiel die zehnte Niederlage
zu verhindern, fehlte den Gästen, die auf sechs Leistungsträger verzichten mussten, das Personal. Mit
zunehmender Spieldauer fand die THW-Deckung zu einer Einheit zusammen, und
Thierry Omeyer ließ nach dem 5:4 (10.) 14 Minuten lang kein Feldtor zu.
Das ungleiche Ringen war schon zur Halbzeit entschieden. Und als sich der verletzte
Marcus Ahlm nach dem Abpfiff im Beisein der ganzen Mannschaft bei den Fans bedankte,
wurde es in der harten Männerwelt sentimental. Bevor der Abschied kam. Neun "Zebras" feierten bei
der
EM in Österreich aber ein Wiedersehen.
10. Februar 2010
Mit viel Moral zähmte der THW die Rhein-Necker-Löwen im eigenen Käfig. Die Entscheidung in einer
dramatischen Partie fiel in der letzten Minute. 22:22 stand es, als
Dominik Klein
dem jungen Patrick Groetzki den Ball aus der Hand fischte. Der letzte THW-Angriff endete mit einem Siebenmeter.
Filip Jicha, mit sieben Treffern erfolgreichster Schütze, war nur durch ein Foul zu
stoppen gewesen. Fünf Strafwürfe hatten die Kieler bereits verworfen. Wer würde den Mut haben?
Momir Ilic. Der Serbe verwandelte, und den Löwen blieb nur noch ein direkter Freiwurf.
Doch Siarhei Harbok knallte den Ball ins Gesicht von
Kim Andersson.
Eine Szene, die Tumulte auslöste. Keine bösen, aber während das Publikum "Schieber, Schieber" skandierte,
ging völlig unter, dass Kiel (34:4 Punkte) gewonnen und den HSV (33:3)
vorübergehend überholt hatte. Dass die Gastgeber nach einem Blitzstart der Kieler doch noch ins
Spiel fanden, verdankten sie einem Ex-Kieler.
Henning Fritz parierte bereits
vor der Pause elf Bälle, hielt Siebenmeter von
Henrik Lundstöm,
Jicha
und
Ilic. Immer wieder scheiterten die "Zebras" an ihm, der mit Trauerflor für
Oleg Velyky und Bärenruhe seinen Job verrichtete. Bis zur letzten Minute stand die von den Abwehrreihen dominierte
Partie auf der Kippe. Dann verlor Groetzki den Ball...
17. Februar 2010
Gegen einen TSV Dormagen, der nur Zweitliga-Format besaß, kamen die "Zebras" im Schongang
zu
einem 32:20 (16:10)-Heimsieg. Die Gäste mussten auf
Christoph Schindler
verzichten. Ihr bester Torschütze (109 Treffer) hatte sich zwei Tage zuvor dem VfL Gummersbach angeschlossen.
In der vergangenen Saison konnte der TSV als einziger Gast einen Punkt aus Kiel entführen. Die Gefahr,
dass sich Geschichte wiederholt, bestand nie. Nach zehn Minuten führten die Kieler mit 6:1
und das einseitige Treiben entwickelte sich zum Laufsteg für diejenigen, die einen neuen Arbeitgeber suchten.
So durfte
Börge Lund, der sich zwei Tage zuvor mit Vertretern der Löwen getroffen hatte,
Regie führen. Auch
Igor Anic durfte sich präsentieren. Der THW-Kreisläufer stand bereits
auf der Liste des VfL Gummersbach, der einen Nachfolger für Robert Gunnarsson (Neu-"Löwe") suchte.
In der zweiten Halbzeit kam auch
Christian Zeitz zum Einsatz. Im Schatten von
Kim Andersson fühlte er sich nicht mehr gebraucht. "Ich habe mit
Alfred darüber gesprochen, dass ich den Verein verlassen will." Einige unzufrieden, andere
im Tief - Dormagen kam zur rechten Zeit.
03. März 2010
Schlusslicht GWD Minden war
beim 19:32 in Kiel chancenlos.
Am 17. Dezember 1983 entführten die Ostwestfalen, damals noch als Grün-Weiß Dankersen,
zuletzt beide Punkte (14:12). Diesmal hatten beide Teams schon zur Halbzeit beim 17:11 mehr Treffer erzielt als
ihre Vorgänger. Einziger Halt im fragilen Gebilde der Gäste war Torhüter Svenn Erik Medhuus. Ohne
Chance blieb der Norweger - später auch
Nikolas Katsigiannis - bei den acht THW-Siebenmetern.
Momir Ilic, der zehn Tore erzielte, versenkte den Ball sechsmal,
Filip Jicha traf zweimal von der Strafwurf marke. Weil sich die Kieler bald
dem mageren Gäste-Niveau anpassten, pendelte die Partie sich auf niedrigem Niveau ein. Gut für Kiel,
dass
Thierry Omeyer (19 Paraden) in jedem Spiel brennt. "Es hört sich
doof an bei einem Sieg mit 13 Toren", grantelte
Alfred Gislason. "Aber ich bin alles andere als zufrieden."
10. März 2010
Mit einer eindrucksvollen Vorstellung besiegte Kiel den "Favoriten-Schreck"
VfL Gummersbach mit 29:22 (15:14). In der mit knapp
9000 Zuschauern gefüllten Lanxess-Arena stand der Bundesliga-Hit lange auf der Kippe,
doch in der letzten Viertelstunde zögen die "Zebras" davon. In einer leidenschaftlich kämpfenden Mannschaft ragten
Thierry Omeyer und
Filip Jicha heraus. Kiels Schlussmann
hielt 56 Prozent der Bälle, eine Weltklasse-Quote, und der Tscheche versenkte 13 Bälle im Tor von
Goran Stojanovic, der
beim Pokal-Aus der Kieler vor einem Monat (28:35)
noch der große THW-Albtraum gewesen war. VfL-Trainer Sead Hasanefendic hatte sich entschieden, auch den Kielern mit
der offensiven 3:3-Deckung zu begegnen, mit der er kurz zuvor den HSV geschockt hatte (39:31).
Doch das Konzept ging nicht auf. "Uns hat das Feuer gefehlt", meinte Hasanefendic. "Und im Angriff
haben wir mit zu viel Angst gespielt." Es wirkte, als hätte der VfL seine Ringerabteilung geschickt.
Mit dem Pausenpfiff war der VfL noch ebenbürtig, doch sie trafen mit ihrem Klammer-Handball nicht den Nerv
der Kieler. Immer wieder spielte das Team von
Alfred Gislason
("Wir haben heute alles besser gemacht als im Pokal") geschickt in die Lücken. Immer wieder landete
der Ball beim starken
Marcus Ahlm. Die Vorentscheidung fiel in der 45. Minute, als
Ahlm und
Kim Andersson
Zeitstrafen absitzen mussten, und der VfL in doppelter Überzahl den Zwei-Tore-Rückstand (17:19)
nicht verkürzen konnte. Wie es geht, zeigte
Jicha, der in den letzten zehn Minuten sechsmal traf.
14. März 2010
Vor dem Bundesliga-Klassiker wurde
Alfred Gislason als Trainer des Jahres geehrt. Danach hatte der
Anhang des Handballmeisters aber keinen Grund mehr zur Freude. Nach einer enttäuschenden Vorstellung
unterlagen die "Zebras" dem TBV Lemgo im Gerry-Weber-Stadion verdient mit 30:32 (14:14).
In der abgelaufenen Rekordsaison brachten die Ostwestfalen dem THW die einzige Niederlage (27:34) bei,
und in der Hinrunde beendeten die Lemgoer ebenfalls eine lange Kieler Siegesserie in eigener Halle (27:27).
Angstgegner? Das habe nichts mit Lemgo zu tun, sagte
Gislason.
"Wir haben zu schlecht gespielt." Dabei hatten die Kieler in der mit 10.250 Zuschauern gefüllten Tennis-Arena mit
9:3 (15.) geführt. Danach, so
Gislason, sei sein Team in einen kollektiven Tiefschlaf gefallen.
Der Bruch stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der Umstellung in Lemgos Abwehr, die statt 5:1 nun defensiv
6:0 deckte. Ganz stark trumpfte der durch eine Oberschenkelverletzung gehandicapte Michael Kraus (7 Tore) auf.
Kiels Gegenwehr hielt sich in Grenzen,
Thierry Omeyer fand keine Bindung,
Filip Jicha ging bei seinem Ex-Club leer aus. Und so schien die Partie
beim 28:21 (48.) entschieden. Ein Lattenkracher nach Tempogegenstoß von Florian Kehrmann sorgte dann aber für
einen Weckruf. Bei Lemgo ging nichts mehr und Kiel durfte nach dem Anschlusstreffer von
Dominik Klein zum 30:29 (56.) wieder hoffen. Als ausgerechnet Kiels zuverlässigster Spieler,
Christian Sprenger, den letzten Siebenmeter 32 Sekunden vor dem Abpfiff beim 32:30 am
Tor vorbeisetzte, stand der erneute Lemgoer Triumph fest.
24. März 2010
Die Antwort des THW Kiel auf den HSV-Sieg in Flensburg ließ nur 24 Stunden auf sich warten.
Das zweite Spitzenspiel in dieser Woche
gewannen die "Zebras" mit 32:22 (13:9) bei FA Göppingen.
Das Spiel des Tabellendritten gegen den Rekordmeister war seit Wochen mit 5600 Zuschauern ausverkauft
gewesen. FAG-Coach Velimir Petkovic ("Ich bin sehr enttäuscht, eine unserer schlechtesten Leistungen") vertraute
im Angriff vorerst seiner Deutschland-Fraktion mit den Nationalspielern Haaß, Kaufmann, Späth,
Oprea
und Schöne. Die aber biss sich an der großartig kämpfenden offensiven Kieler 3:2:1-Abwehr und an
Thierry Omeyer (23 Paraden) die Zähne aus. Der sonst so gefährliche Göppinger
Angriff brachte es bis zur 18. Minute auf
drei Tore. Auf der anderen Seite löste zunächst
Filip Jicha die Bremse.
Beim Seitenwechsel hatte der Tscheche schon sechsmal getroffen, dreimal von der Siebenmeterlinie.
Marcus Ahlm traf neben herausgeholten Strafwürfen selbst fünfmal und schaffte
Räume für den Rückraum. Zu Beginn der zweiten Halbzeit entzogen die Fans ihren Stars dann fast
vollends ihre Liebe und bejubelten stattdessen Kieler Tore.
31. März 2010
Der THW Kiel hatte in dieser Saison zwei Gesichter.
Beim 37:25 (14:14)-Heimsieg gegen den SC Magdeburg zeigten die "Zebras" beide.
Die erste Halbzeit lässt sich mit dem Wörtchen
"zäh "zusammenfassen. Der Tabellenzehnte bot im Rückraum Magerkost, hatte mit Kreisläufer Bartosz
Jurecki aber zumindest einen Weltklasse-Mann. Immer wieder landete der Ball beim Polen, auf dessen Konto in
der ersten Viertelstunde alle Tore gingen. In Zeitlupe bauten die Gäste ihre Angriffe auf, Schadensbegrenzung war
das bescheidene Ziel des SC, der nur einmal in Kiel gewinnen konnte. Damals,
im April 2003,
hieß der Trainer
Alfred Gislason, die besten Schützen Olafur Stefansson (11)
und Stefan Kretzschmar (5). Seitdem ist viel passiert.
Gislason
hat die Seiten gewechselt, Stefansson ist ein "Löwe" geworden und Kretzschmar ein Fernseh-Experte.
Doch diesmal sah es lange so aus, als könnten die "Gladiators" wieder die Festung des THW stürmen. Nach 35 Minuten
führte der SCM mit 18:17, das Publikum murrte,
Gislason tobte.
Auch ohne
Marcus Ahlm (Wadenzerrung), drehten die "Zebras" nun auf.
Auch, weil die keineswegs schlechten Unparteiischen Andreas und Marcus Pritschow die Fans erweckt hatten.
Nach Zeitstrafen gegen
Dominik Klein und
Daniel Narcisse
ersetzten die wütenden Fans die fehlenden Spieler. In dieser Hitze zündete der THW in doppelter Unterzahl den Turbo....
07. April 2010
In einem packenden Derby
besiegten die "Zebras" zum sechsten Mal in Folge eine starke SG Flensburg mit 29:23 (14:12).
Hamburg führte nun nur noch mit 49:5 zu 46:6 Punkten. Mit Geschenken hatte das dramatische Derby begonnen, das 64.
So feierte die Halle den SG-Linksaußen Lars Christiansen. Der 37-jährige Däne verlässt nach 14 Jahren die Bundesliga,
das ließ auch in Kiel kein Auge trocken. Der verletzte THW-Kapitän
Marcus Ahlm, in Jeans und T-Shirt auf der Bank, hatte ihm eine Flasche Champagner überreicht.
Schon in der ersten Viertelstunde deutete sich an, dass die Personaldecke der wackeren Flensburger zu kurz
sein würde. Zu mühsam musste sich das Team von Per Carlen jeden Treffer erarbeiten. Zwischen dem Treffer zum 5:2
von Oscar Carlen (9.) und dem 11:10 durch Lasse Boesen (27.) traf kein Rückraumspieler des Tabellendritten. Lediglich Christiansen,
der in der ersten Halbzeit fünf der zwölf SG-Treffer erzielte,
und Dan Beutler hielten die
kampfstarken Gäste im Spiel. Den Flensburgern, zerrieben an der famosen THW-Deckung um
Börge Lund, gingen nun die Kräfte aus. Doch die Waagschale kippte erst, als
Gislason noch einmal
Christian Zeitz
einwechselte. Diesmal hielt der Linkshänder sich an die Taktik, zudem explodierte
Daniel Narcisse. Im Duell mit Carlen setzte er sich energisch durch, traf
zum 22:17 und Carlen kassierte eine Zeitstrafe. Die Vorentscheidung war gefallen, zumal
Zeitz mit 118 Stundenkilometern (!) das 24:18 in die Maschen hämmerte.
Ein Rekord für Handbälle in der Kieler Arena.
21. April 2010
Spät kamen viele Zuschauer nach der Pause zurück auf ihre Plätze. Der THW Kiel hatte gegen
einen von Verletzungen dezimierten Gast ein klares 20:10 vorgelegt. Es konnte nur
noch um die Höhe des zu erwartenden Sieges gehen. Am Ende leuchtete auch das 35:26-Schlussresultat
auf der Anzeige. Der Weg dorthin aber war turbulent. Die Füchse Berlin waren ohne die Verletzten
Laen, Vatne, Bult und Heinevetter angetreten. Manager Bob Hanning stufte die Aufgabe gar demütig als
Lernspiel herab. Und so starteten seine Spieler auch. Die "Zebras", bei denen
Marcus Ahlm (Wadenverletzung) nur Zuschauer war, nutzten die Lücken gnadenlos.
Die Folge war das klare 20:10. Dann folgte die 36. Minute, die alles veränderte, die drohende
Langeweile aus der Halle katapultierte. Berlins Jaszka wälzte sich am Boden, und zur Überraschung
aller Zuschauer sah
Christian Zeitz die Rote Karte.
Es wurde geschubst, gemeckert, für Sekunden geriet die Partie aus den Fugen. Nichts
habe er gemacht, beteuerte der "Sünder" später. "Eine Rote Karte war das nicht.
Die Schiris haben mich seit drei Jahren auf dem Kieker." So dürfe man nicht Handball spielen,
schimpfte dagegen der Berliner Ivan Nincevic. "Ein Einzelner hat für Hektik gesorgt", bemerkte Hanning.
Drunter und drüber ging es in der Folge im Spiel der Kieler, der Vorsprung schrumpfte, und als Kubisztal
zum 26:23 (48.) traf, der Kieler Sieg in Gefahr geriet, wechselte
Alfred Gislason seine erste Sieben wieder ein.
Filip Jicha verbuchte fünf seiner neun Treffer in den letzten sieben Minuten und stellte
die Weichen auf Sieg. Zwei Wermutstropfen blieben:
Aron Palmarsson zog sich eine Oberschenkelzerrung
zu und für
Kim Andersson wurde die Sorge Gewissheit: Sein Knorpelschaden im Knie bedeutete
das vorzeitige Saisonende.
05. Mai 2010
Zwölf Minuten, zwölf Tore - die "Zebras" überrumpelten die HSG Düsseldorf (12:6/12.). Und das
in ungewohnter Formation:
Thierry Omeyer,
Marcus Ahlm,
Daniel Narcisse,
Christian Sprenger und
Filip Jicha saßen auf der Bank.
Eine Weltauswahl im Ruhemodus. "Und eine zweite Weltauswahl auf dem Feld", wie
Dominik Klein betonte. Die Weltauswahl II tat sich zumindest in
der Defensive schwer, gestattete den engagierten Gästen zu viele Freiräume. Es blieb also irgendwie eng
(17:14/24.) und irgendwie auch nicht. Youngster
Tobias "Lufthansa" Reichmann
warf fünf Tore - das schönste per Kempa-Trick zum 28:20 (38.).
Klein
setzte dagegen eher zum Tiefflug an, erzielte sechs seiner neun Tore per Tempogegenstoß.
Momir Ilic kam mit zunehmender Spieldauer in Wallung wie eine
Frachtmaschine - neun Tore. Stark auch
Christian Zeitz,
dem zuzusehen gehörig Spaß machte, wie bei seinem Tor von Linksaußen zum 36:25 (52.).
Zu den Klängen von ACDC ("T.N.T, I'm Dynamite"), der Soundtrack des Abends.
08. Mai 2010
Zwei Punkte gewonnen,
Filip Jicha verloren. Die
Gemütslage beim THW war nach
dem 38:26 (22:13)-Sieg bei der HSG Wetzlar
unentspannt. Neun seiner elf Tore warf
Jicha in der ersten Halbzeit,
in der die "Zebras" wie aus einem Guss auf spielten. Nach der Pause warf er seine
Bundesligatore 169 und 170, dann streikte die rechte Wade. "Bis zum Hamburg-Spiel ist
die Saison für mich gelaufen", meinte der 28-Jährige, der erstmals als THW-Angestellter sieben
Siebenmeter ohne Fehlwurf verwandelt hatte. Typisch
Jicha,
dass er das Lob gleich an
Peter Gentzel durchreichte.
"Wir werfen nach dem Training immer noch ein paar Siebenmeter gegen ihn", sagte
Jicha. "Und er erklärt uns, wo für ihn als Torhüter die Schwierigkeiten liegen."
Dass der 41-Jährige auch die Praxis noch beherrscht, zeigte er in der mit knapp 4200 Zuschauern gefüllten
Rittal-Arena. Er parierte einen Strafwurf des starken Sven-Sören Christophersen, der gegen
Gentzel erst im Nachwurf eines seiner elf Tore erzielen konnte. Das geschah
in der 37. Minute, es stand 15:23. "Ich bin sehr enttäuscht, dass
Filip
sich verletzt hat. Er ist für mich der Spieler der Saison", meinte ein betroffener
Alfred Gislason. "Wir werden Tag und Nacht daran arbeiten, dass er für das Hamburg-Spiel fit wird."
11. Mai 2010
Der
Arbeitssieg (34:26 (18:17)) gegen den TuS N-Lübbecke bewahrte
den "Zebras" die Titelchance. Es war jedoch auch einer, in dem Rückraum-Ass
Momir Ilic (23.) mit einer Kreuzbanddehnung ausfallen sollte. In der ersten
Halbzeit war der Serbe mit seinen sechs Treffern zwischen dem 7:6 (13.) und 14:13 (23.)
so etwas wie der Hahn in einem Haufen aufgescheuchter Hühner. "In der ersten Halbzeit haben wir
in der Abwehr total geschlafen", resümierte THW-Rechtsaußen
Christian Sprenger.
Börge Lunds eiskaltes 23:19 (40.), das 1000. Saisontor, markierte den ersten
Vier-Tore-Vorsprung. Gegen die 4:2-Deckung, die TuS-Trainer Patrik Liljestrand jetzt anordnete,
spielten die "Zebras" fortan Handball-Schach. Und als die Begegnung nach drei schönen Toren
des eingewechselten
Tobias Reichmann zum 32:25 (55.) entschieden
war, hatte sich die Quälerei gelohnt. "Jedes Spiel ist momentan ein Endspiel für uns", sagte
Sprenger. "Das zehrt an den Kräften."
14. Mai 2010
Mit
einem mühsamen 32:25 (15:15)-Sieg beim TSV Hannover-Burgdorf
übernahm der THW Kiel mit 56:6 Punkten die Tabellenführung. Für eine Nacht. Nüchterne Zahlen, die
sich die "Zebras" in einem Nervenspiel hart verdienen mussten. Nach 23 Sekunden hatte
Daniel Narcisse in der mit 4400 Zuschauern ausverkauften AWD-Hall zum 1:0
getroffen. Ein Auftakt nach Maß, der ein Strohfeuer blieb. In der 18. Minute führten die
Hannoveraner 11:7, und die Meisterschaft, sie schien sich in Niedersachsen zu entscheiden. Mit großer Leidenschaft bot
das Team von Frank Carstens ("wir haben angstfrei gespielt") dem Favoriten die Stirn. In der Abwehr viel zu
brav, im Angriff ein Fehlerfestival - im THW-Dress erreichte bis zur Pause keiner Normalform. Etwas besser
wurde es erst, als Kiel die Deckung auf die offensive 3:2:1-Variante (20.) umstellte und das
Duo Henrik Lundström/
Aron Palmarsson traf. Als
Christian Sprenger sich einen Fehlpass schnappte und
Lundström
zum 22:19 auf die Reise schickte, lag das
Gislason-Team erstmals mit drei Toren vorne.
Sekunden später sorgte
Sprenger für das 23:19, dann parierte
Peter Gentzel einen Siebenmeter von Lars Lehnhoff,
Zeitz, von einer Magen-Darm-Grippe geplagt, traf erst zum 24:19,
dann zum 25:19, die Vorentscheidung gegen ermattete Hausherren war gefallen. Auch ohne
Filip Jicha, der trotz Wadenzerrung mitgereist war, um die Siebenmeter zu
verwandeln. Der Lohn? Drei freie Tage.
22. Mai 2010
Das Gipfeltreffen in der mit 13.296 Zuschauern ausverkauften o2-World war beste Werbung für den Handball.
Ein Krimi voller Emotionen. Einer, der nach
dem hochverdienten 33:31 (15:14)-Sieg der bärenstarken "Zebras" gegen den HSV Hamburg
der Bundesliga einen neuen Tabellenführer bescherte. Egal, wen
Alfred Gislason
in das hitzige Ringen warf, er war sofort zur Stelle. Während in den Reihen der Hamburger der zehnfache Torschütze Hans
Lindberg und der von HSV-Trainer Martin Schwalb zu spät eingewechselte Domagoj
Duvnjak den Karren allein ziehen mussten, glänzte auf Kieler Seite das Kollektiv. Eines, aus dem keiner abfiel.
Eines, aus dem
Christian Zeitz herausragte. Nach einer durchwachsenen Saison hatten ihm viele
eine solche Weltklasse-Leistung nicht mehr zugetraut. Symptomatisch für seinen Willen war das Tor
zum 32:29 (58.), als die Hamburg ger bereits auf Manndeckung umgestellt hatten. Er umkurvte erst
Duvnjak,
dann
Torsten Jansen, stolperte, warf und traf. "
Alfred hat mich
in der letzten Woche im Training permanent beleidigt", sagte
Zeitz.
"Das hat mich sehr motiviert." Den Schlüssel zum Erfolg sah er in der 3:2:1-Deckung, die
der THW perfekt praktiziert hatte. "Das hat Hamburg wohl überrascht." Als Kiel zwei Minuten vor
dem Abpfiff mit 29:26 führte, brachte Schwalb Pascal Hens als siebten Feldspieler. Im gelben Laibchen traf der
Nationalspieler aber nicht besser, scheiterte am Pfosten, und
Christian Sprenger
warf den Ball geistesgegenwärtig ins verwaiste Tor. Der Rest war Kieler Jubel.
02. Juni 2010
Im letzten Heimspiel
feierten die Kieler einen glatten 32:21 (19:9)-Sieg gegen HBW Balingen-Weilstetten
und nahmen Revanche für die
bittere 37:39-Pleite im Hinspiel am 23. Dezember.
Die Hausherren hatten diesmal besonderen Spaß bei der Arbeit: HBW-Trainer Rolf Brack wechselte dreimal seinen
Torhüter aus, um mit einem siebten Feldspieler angreifen zu können. Der THW ließ eben jenen
Benjamin Herth werfen, so dass er stets zu spät die Bank erreichte. Diese "Wurffalle" bescherte
Kiel drei leichte Tore und
Thierry Omeyer sein erstes im 135. Bundesligaspiel. Angeblich
soll der HBW-Betreuer das Laibchen absichtlich in der Kabine gelassen haben, damit Brack die
Taktik nach der Pause nicht wiederholen konnte. Am Ende flössen dann noch Tränen -
Daniel Wessig,
Börge Lund,
Igor Anic und
Peter Gentzel wurden verabschiedet.
05. Juni 2010
Beim TV Großwallstadt machte der THW die 16. Meisterschaft perfekt. Obwohl die Franken schnell mit
4:0 in Führung gingen, verloren die Kieler nicht die Nerven. Auch der verletzte
Momir Ilic
nicht, der mitgereist war, um die Siebenmeter zu verwandeln - er traf bei acht Versuchen siebenmal.
Mit einem müden
Filip Jicha als Spitze hatte sich die arbeitsintensive
3:2:1-Deckung zunächst als falsche Wahl erwiesen. Als die "Zebras" auf die 6:0-Variante umstellten,
verloren die Hausherren ihren Schwung. Am Ende durften aber auch sie jubeln. Nach der
24:27 (9:14)-Niederlage hatten sie sich mit einem Tor Vorsprung auf die Füchse aus Berlin den
letzten Europapokal-Platz gesichert. Die Saison verabschiedete sich aus Aschaffenburg also mit einem fröhlichen Bild -
zwei Mannschaften, Sieger und Besiegte, tanzten nach dem Abpfiff vor Freude.
Fans standen sich die Füße platt
Fußball-Rekordmeister Bayern München feierte die Übergabe der Meisterschale am letzten Spieltag in der
Ferne vor überwiegend fremden Anhängern in Berlin. Auch die besten Handballer Deutschlands mussten reisen.
Handball-Rekordmeister THW verteidigte in Aschaffenburg den Titel, immerhin waren über 200 Unentwegte
mitgereist, aber in Kiel standen sich über 25.000 Menschen stundenlang die Füße platt, um auf ihre Helden zu warten.
Die Party startete so erst gegen 23 Uhr. Anderen Titelaspiranten wie dem HSV oder Flensburg wäre es
genauso ergangen, auch sie hatten zum Kehraus Auswärtsspiele. Also nachgefragt bei Spielleiter Uwe
Stemberg aus Osnabrück. Er wolle allen 18 Vereinen gerecht werden, "wir können nicht nur die
Spitzenclubs zufriedenstellen, sonst mussten alle kleinen Vereine am letzten Spieltag immer auswärts antreten", erklärt
der Spielplangestalter. Der Schlüssel, der den Plan bestimme, lege fest, dass eine Mannschaft,
die mit einem Heimspiel beginne, auch mit einem Heimspiel aus der Saison rausgehe. "Ich bemühe mich, jedes
Jahr zu wechseln." Ein Blick auf den Rahmenspielplan der kommenden Saison bestätigt Stemberg. Kiel startet
am 29. August zu Hause gegen Aufsteiger Friesenheim in die Saison. Demnach beendet der THW die kommende
Spielzeit ebenfalls mit einem Heimspiel.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 12.06.2010)