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10.06.2014 Bundesliga

Zebra-Journal: Hitchcock wäre Zebra-Fan gewesen

Historisch: THW Kiel lag nach einem irren Saisonfinale zwei Tore vor den Löwen

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 07.06.2014:

Die Kieler Nachrichten lassen die vergangene Bundesliga-Saison mit ihrer "Last-Minute-Meisterschaft" für den THW noch einmal Revue passieren:

24. August

THW Kiel - Bergischer HC: 34:24 (16:10)
Angetrieben von einem überragenden Christian Zeitz startete der THW Kiel mit einem 34:24 (16:10)-Heimsieg gegen den Bergischen HC in die neue Saison. Zahlen, die auf den ersten Blick nicht überraschten. Doch im weiteren Saisonverlauf wurde deutlich, zu welchen außergewöhnlichen Leistungen der Aufsteiger in der Lage sein sollte. In Kiel hatte das Team um Ex-Zebra Viktor Szilagyi ("Phasenweise waren wir auf Augenhöhe, aber von einem Punktgewinn waren wir weit weg.") allerdings keine Chance. Trotz wiederholter Überzahl konnten die Löwen aus dem Bergischen Land einen zwischenzeitlichen Acht-Tore-Rückstand nur in ein achtbares 22:18 (45.) verkürzen, doch am Ende ging dem BHC die Kraft aus. Das Torhütergespann Johan Sjöstrand und Andreas Palicka feierte einen guten Einstand, die Neuzugänge Rasmus Lauge (3) und Wael "Willi" Jallouz (1) warfen ihre ersten Tore - ein Auftakt nach Maß.

2. September

TV Emsdetten - THW Kiel: 25:40 (12:18)
Zweites Spiel gegen einen Aufsteiger, zweiter Sieg. Diesmal gewann der THW Kiel beim TV Emsdetten deutlich mit 40:25 (18:12). 7000 Karten hätten die Gastgeber verkaufen können, doch die winzige Emshalle, erstmals Schauplatz für ein Heimspiel des Bundesliga-Novizen, bietet nur 2300 Fans Platz. Die Mannschaft von Gennadij Chalepo konnte den Beweis der Erstligatauglichkeit nicht erbringen, die Fans schon. Sie feierten die Besiegten auch noch Minuten nach der demütigenden Niederlage, an deren Höhe Andreas Palicka maßgeblichen Anteil hatte. Der Schwede ließ sich nach 44 Minuten entkräftet auswechseln, bis dahin hatte er 18 Bälle pariert. "Meine Lungenflügel fühlten sich an wie Nüsse", sagte Palicka, der unter den Folgen einer Erkältung litt.

7. September

HSV Hamburg - THW Kiel: 26:32 (14:16)
Die Konkurrenz hatte gehofft, dass der THW nach dem Abschied seiner vier Weltstars endlich menschliche Züge zeigen würde, doch am dritten Spieltag war davon wenig zu sehen. Die Zebras gewannen beim HSV Handball, einem der Top-Konkurrenten um den Titel, souverän 32:26 (16:14). Den Hamburgern steckte noch die Teilnahme am Super Globe in Katar in den Beinen, und sie hatten mit der Niederlage beim Aufsteiger Bergischer HC (27:34) den Saisonauftakt verpatzt. Zudem war klar, dass der 19-Mann-Kader noch in der Findungsphase stecken würde. Die Chance war groß, die mit 11.500 Zuschauern überraschenderweise nicht ausverkaufte O2-World zu stürmen. Eine schwierige Aufgabe blieb es trotzdem, hatte der HSV sich doch unter anderem mit dem spanischen Weltmeister Joan Canellas, dem Flensburger Petar Djordjic und dem deutschen Nationalspieler Adrian Pfahl verstärkt. In der 48. Minute (23:23) deutete wenig auf den Coup hin, der den 54. Geburtstag von Alfred Gislason abrunden sollte. Zumal sich mit Rasmus Lauge, von seinem dänischen Landsmann Hans Lindberg gefoult, Mittelmann Nummer zwei verabschieden musste. Aron Palmarsson war nur als Zuschauer mitgereist. Nach dem Lauge-Aus schickte Gislason mit Patrick Wiencek den zweiten Kreisläufer ins Feld - die Not-Sieben, die sich auf Andreas Palicka verlassen konnte, brach schließlich den Widerstand der Hamburger, die ihre hohe Fehlerquote nicht in den Griff bekamen. Die Kieler feierten, beim 0:4-Punkte-HSV begann eine Diskussion um den Trainer, die Martin Schwalb als "unverschämt" empfand.

11. September

THW Kiel - VfL Gummersbach: 31:30 (14:20)
Beim 31:30 (14:20)-Heimsieg gegen den VfL Gummersbach wurde deutlich, dass diese Saison in der bewegten Geschichte des THW Kiel doch eine besondere werden könnte. Drei Siege, sechs Punkte, wer sich nicht näher mit dem "THW 2013" beschäftigte, musste glauben, es werde eine dieser Spielzeiten, die mit einer Meisterfeier auf dem Rathausplatz enden. 15:23 (37.) lagen die Zebras zurück, die Fehlerquote war katastrophal, die Körperspannung auch - doch die Fans gaben nicht auf, trieben die Hausherren, in deren Reihen Aron Palmarsson ein gutes Comeback gab, zu einem berauschenden Finale. Für die Schlüsselszene sorgte "Goggi" Sigurdsson, der bei dem Acht-Tore-Rückstand einen Gegenstoß abfing, das 15:24 verhinderte. "Das hätten wir nicht mehr aufgeholt", sagte Alfred Gislason, der nach dem Drama genauso erschöpft wirkte wie seine Spieler. Angetrieben von Filip Jicha, der seine sechs Tore in der letzten Viertelstunde erzielte, drehten die Kieler den Spieß um. Zum Helden wurde der siebenmalige Torschütze Marko Vujin, der die Seinen in den letzten Sekunden per Siebenmeter erlöste.

14. September

ThSV Eisenach - THW Kiel: 23:29 (12:16)
Der THW Kiel konnte sich beim 29:23 (16:12)-Auswärtssieg gegen den ThSV Eisenach auf seine stabile Deckung und den starken Torhüter Johan Sjöstrand verlassen. Der Schwede wehrte in der mit 3200 Zuschauern ausverkauften Werner-Assmann-Halle 21 Bälle ab, zu viele, um den wackeren Aufsteiger von einer Überraschung träumen zu lassen. "Das Publikum war super", lobte Sjöstrand. "Es war einfach geil, hier zu spielen." Die Zebras mussten erneut auf Aron Palmarsson (Knieschmerzen) verzichten, auch Rasmus Lauge (Schulterprellung) konnte nur mit halber Kraft mitwirken, der Däne verteidigte, passte, aber hart werfen konnte er nicht. Die Eisenacher wehrten sich nach Kräften, die Kieler improvisierten viel, so musste Linksaußen "Goggi" Sigurdsson phasenweise als Mittelmann aushelfen. "Wir mussten alles geben", fasste Kapitän Filip Jicha 60 intensive Minuten in zwei Sätzen zusammen. "Aber wir hatten das Spiel immer im Griff."

18. September

THW Kiel - HSG Wetzlar: 26:25 (11:14)
Beim 26:25 (11:14)-Sieg gegen die HSG Wetzlar wurde endgültig deutlich, dass die Heimspiele des THW Kiel in dieser Saison zunächst einmal nach einem anderen Strickmuster verlaufen würden. Die Mittelhessen, die mit Ivano Balic und Jose Hombrados (beide Atletico Madrid) kurzfristig zwei Weltstars verpflichtet hatten, reisten zwar ohne sechs Stammspieler an, doch Sekunden vor dem Abpfiff nahm der erste Punktverlust des Rekordmeisters Gestalt an. Die Zebras hatten in einem zerfahrenen Spiel mit 9:14 (28.) zurückgelegen, sich auf der Zielgeraden einen Drei-Tore-Vorsprung erarbeitet und ihn wieder verspielt. Es stand 25:25, es waren noch 23 Sekunden zu spielen. Dann rettete einmal mehr Filip Jicha, der sein achtes Tor mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h in die Maschen knallte, seine Mannschaft und die Fans.

25. September

THW Kiel - MT Melsungen: 32:29 (13:12)
Gummersbach, Wetzlar, diesmal die MT Melsungen - auch die Hessen hatten ihre Chance, die Arena zu stürmen. Es war ihnen bereits in der vergangenen Saison gelungen (29:25): Das Team von Michael Roth beendete damals überraschend die 101:1-Punkte-Serie der Zebras. Bis zum 20:20 (42.) waren die Gäste auf Augenhöhe, dann setzte sich der THW, der in Marko Vujin (9) seinen besten Werfer hatte, vorentscheidend auf 26:21 ab. Die Melsunger verkürzten in der letzten Minute zwar noch einmal auf 29:31, doch dann sah "Goggi" Sigurdsson in der offenen Manndeckung eine Lücke, bediente Kiels Besten, den Serben Vujin - Tor. Als Johan Sjöstrand anschließend doppelt gegen Philipp Müller und den Ex-Kieler Daniel Kubes parierte, kannte die Freude in der Halle keine Grenzen mehr. "Die Fans haben uns sehr geholfen", lobte Christian Zeitz das Publikum, das sich in den Wochen des Umbruchs als verlässliche Größe erweisen sollte.

5. Oktober

THW Kiel - GWD Minden: 34:25 (19:11)
Es geht auch leicht: Hatten die Kieler zuletzt in eigener Halle Zittersiege gefeiert, kehrte beim 34:25 (19:11)-Erfolg gegen GWD Minden die Leichtigkeit zurück. Garant des Sieges war Johan Sjöstrand, der 19 Bälle parierte, 13 in der ersten Halbzeit, in der die Zebras den Grundstein für den achten Saisonsieg legten. Ein starkes Spiel lieferte auch Patrick Wiencek ab, der für Rene Toft Hansen (Rippenprellung) in der Start-Sieben stand. Über den Kreisläufer liefen fast alle Angriffe. Entweder traf der deutsche Nationalspieler selbst (4), oder er arbeitete Siebenmeter (5) heraus. "Die erste Halbzeit hat mir richtig gut gefallen", sagte Alfred Gislason. Weniger Grund zur Freude hatte sein Kollege Goran Perkovac, der seine Mannschaft intensiv auf dieses Kreisläuferspiel vorbereitet hatte. "Und dann bekommen wir vor der Pause zehn Tore allein von der Linie", sagte der Kroate, der zuletzt die Nationalmannschaft der Schweiz trainiert hatte. "Für einen Bundesligisten geht das gar nicht. Das war für den THW ein Trainingsspiel." Für Minden war es die zwölfte Niederlage gegen den Rekordmeister in Folge.

9. Oktober

SC Magdeburg - THW Kiel: 34:31 (16:13)
Beim SC Magdeburg endete der Überflug mit einer 31:34-Niederlage. Dabei waren die Rahmenbedingungen günstig gewesen. Der zehnmalige DDR-Meister musste sechs Stammspieler ersetzen, mit Michael Haaß und Marko Bezjak fehlten beide Mittelmänner, mit Kjell Landsberg der Abwehrchef. In der Start-Sieben standen mit Max Janke und Bert Hartfiel zwei Spieler, die sonst im "Youngster"-Team in der 3. Liga aktiv sind. Trainer Frank Carstens hatte sogar Bennet Wiegert reaktiviert. Der Jugendkoordinator hatte seine Karriere im Sommer beendet. Ganz anders die Situation beim THW, in dessen Start-Sieben erstmals wieder Aron Palmarsson stand. Die Gäste führten erwartungsgemäß mit 8:6, als mit Torhüter Dario Quenstedt der Matchwinner ins Spiel kam.

Ein weiterer war der neunmalige Torschütze Stefan Kneer, den die Kieler Deckung nicht in den Griff bekam. Die Schwarz-Weißen verteidigten zu passiv, die Hausherren übertrieben dagegen die Härte in der Abwehrarbeit. "Das war der Schlüssel zum Erfolg", sagte Quenstedt. "Ich weiß nicht, wie oft der Mannschaftsarzt vom THW auf dem Feld gewesen ist." Ein Spruch, der nicht nur Alfred Gislason in Rage bringen sollte.

16. Oktober

THW Kiel - HBW Balingen-Weilstetten: 35:24 (20:12)
Ohne Aron Palmarsson (Knieschmerzen) und Patrick Wiencek (Zerrung) besiegten die Kieler in eigener Halle HBW Balingen-Weilstetten souverän mit 35:24 (20:12). Am Ende hatte Alfred Gislason sogar noch die Zeit für eine nette Geste: Er wechselte Tjark Müller aus der "Zweiten" ein. Der 20-Jährige hatte am Wochenende zuvor die Champions-League-Reise nach Porto mitgemacht, doch mitspielen durfte der Bankkaufmann nicht - die Partie gegen den portugiesischen Meister war zu knapp, für Experimente gab es keinen Spielraum. Gegen Balingen war das anders. "Das wünscht sich jeder, der seit seiner Jugend beim THW spielt", bedankte sich Müller. "Ein Traum!" Die Gäste, die ein paar Tage zuvor eine demütigende 18:31-Heimniederlage gegen Wetzlar kassiert hatten, standen noch sichtlich unter dem Eindruck des Erlebten. Mutlos ergaben sich die Schützlinge von Rolf Brack ("Der THW hat uns gnadenlos ausgespielt.") in Kiel ihrem Schicksal. Sogar das Einwechseln eines siebten Feldspielers, ein Brack-Trick, erwies sich gegen den THW als Eigentor.

27. Oktober

FA Göppingen - THW Kiel: 31:35 (15:18)
Mit einer souveränen Leistung entführte der THW Kiel beide Punkte aus der "Hölle Süd" von FA Göppingen (35:31/18:15). Wer hätte das gedacht? Im Jahr zuvor waren die Zebras hier chancenlos gewesen. Zudem hatten sich die Schwaben, die kurz zuvor den HSV Handball in eigener Halle aus dem DHB-Pokal geworfen hatten, mit Rückkehrer Michael Kraus verstärkt. Die Kieler konnten wieder auf Patrick Wiencek zurückgreifen, zudem hatte sich Rasmus Lauge von seiner Grippe erholt. Vor 5600 Zuschauern entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem Christian Zeitz nach dem Seitenwechsel die Rolle des Regisseurs übernahm. Die Vorentscheidung fiel, als die Zebras nach Zeitstrafen für Zeitz und Filip Jicha in doppelter Unterzahl eine 26:24-Führung verteidigten. Wer mit der Wende gerechnet hatte, wurde enttäuscht, die folgenden Tore erzielten Marko Vujin und "Goggi" Sigurdsson, zudem lieferte Andreas Palicka eine Klasseleistung ab.

6. November

THW Kiel - Rhein-Neckar-Löwen: 31:28 (14:13)
Vor dem Spitzenspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen standen die Vorzeichen nicht sonderlich günstig für den THW. Rasmus Lauge hatte sich in einem Test-spiel der dänischen Nationalmannschaft gegen Kroatien in Oslo das hintere Kreuzband überdehnt - acht Wochen Pause. Zudem stand hinter Aron Palmarsson ein Fragezeichen. Kiel ohne zwei seiner Rückraumspieler gegen die Mannheimer? Palmarsson gab im Abschlusstraining grünes Licht, stand in der Start-Sieben und hatte maßgeblichen Anteil an dem 31:28 (14:13)-Sieg gegen die Badener. "Er hat ein Weltklasse-Spiel gemacht", lobte Trainer Alfred Gislason den Mittelmann. Bis zur 48. Minute begegneten sich beide Teams auf Augenhöhe, in einer rassigen Begegnung stand es 22:22. Dann schlossen die Kieler die Lücken am Kreis, liefen einen Gegenstoß nach dem anderen, warfen die nächsten sieben Tore - für den Knockout brauchte der Rekordmeister nur neun Minuten. In der Deckung lieferten Rene Toft Hansen und Patrick Wiencek ihre Feuertaufe als Mittelblock ab, zudem lief Kapitän Filip Jicha zu großer Form auf. Mit einer 29:22-Führung im Rücken traten die Hausherren auf die Bremse, die Mannheimer verkürzten, ohne noch einmal für echte Unruhe sorgen zu können. "Hut ab vor dem, was hier momentan passiert", zeigte sich Löwen-Manager Thorsten Storm als fairer Verlierer.

10. November

TSV Hannover-Burgdorf - THW Kiel: 24:30 (10:15)
Vier Tage nach der Löwen-Gala nahm der THW Kiel eine weitere Hürde: Das Team von Alfred Gislason siegte in der SwissLife-Hall mit 30:24 (15:10) gegen die TSV Hannover-Burgdorf. Knapp 4200 Zuschauer waren dabei, die Arena erstmals in der Saison ausverkauft. Den Ton gaben zunächst die Kieler an - auf den Rängen sangen die 200 mitgereisten Fans, auf dem Feld sah es lange nach einem Debakel für die Niedersachsen aus. Sie mussten mehr als elf Minuten auf ihr erstes Tor warten. Als sie trafen, führten die Kieler bereits mit 4:0. Fünf Minuten vor der Pause lagen sie sogar acht Tore in Führung (14:7), das Spiel schien entschieden. Andreas Palicka (20 Paraden) hielt überragend, die Abwehr stand erneut stabil. "Wir haben in der Deckung inzwischen die richtige Härte gefunden", sagte Palicka. "Patrick tut uns im Mittelblock gut." Die Kieler führten zwar hoch, die Fehlerquote war aber im ersten Durchgang bereits beachtlich gewesen. Weil diese nicht geringer wurde, die Niedersachsen aber besser, war die Führung in der 47. Minute auf ein Törchen geschrumpft (21:20). Ein Weckruf für die Zebras, die nun eine Phase zu fassen bekamen, die stark an den Knockout gegen die Löwen erinnerte. Gestützt auf den überragenden Palicka warfen die Gäste sechs Tore in Folge - das Aus für die Niedersachsen. "Palicka hat uns den Zahn gezogen", brachte TSV-Manager Benjamin Chatton den Spielverlauf auf den Punkt. Die Kieler gewannen die Punkte 23 und 24, von ihrem Trainer gab es noch ein kleines Extra: zwei freie Tage.

24. November

SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 34:30 (21:14)
Mit der verdienten 30:34 (14:21)-Niederlage bei der SG Flensburg-Handewitt gaben die Zebras die Tabellenführung ab. In der seit Wochen ausverkauften Flens-Arena hielten die Gäste im 73. Derby lediglich bis zur elften Minute mit. Sie lagen 6:5 in Führung, als Patrick Wiencek mit einem Gegenstoß an Mattias Andersson scheiterte. Der SG-Torhüter, bis dahin kein Faktor, nutzte diese Parade als Weckruf, hielt im weiteren Spielverlauf noch 17 Bälle - der Ex-Kieler war ein Grund, warum die Flensburger, die zuletzt vor zwei Jahren ein Heimspiel in der Liga verloren hatten, in den eigenen vier Wänden eine Macht blieben. Ein anderer war die Schwäche der Kieler, die sich im Angriff lediglich auf Filip Jicha und Marko Vujin (warfen gemeinsam 19 Tore) verlassen konnten. Außerdem hielt das Gespann Andreas Palicka/Johan Sjöstrand bis zur Pause nur vier Bälle - zu wenig. Die Kieler sollten anschließend mit den Schiedsrichtern (Fabian Baumgart/Sascha Wild) hadern. "Sie haben bis zur elften Minute gepfiffen", sagte Trainer Alfred Gislason. "Anschließend pfiffen bis zur Pause nur noch die Zuschauer." Ähnlich äußerte sich Kapitän Jicha. "Um hier zu gewinnen, hätten wir eine Spitzenleistung gebraucht. Aber auch eine Spitzenleitung." Beide räumten allerdings ein, dass die Niederlage eine verdiente gewesen sei. "Wir ärgern uns jetzt darüber, dass wir die Liga wieder spannend gemacht haben", sagte Jicha. "Und dann schauen wir wieder nach vorne." So geschah es...

27. November

THW Kiel - TuS N-Lübbecke: 37:30 (22:16)
Drei Tage nach der schmerzhaften Flensburg-Niederlage feierten die Kieler ein Erfolgserlebnis der leichteren Art: In eigener Halle besiegten sie den chancenlosen TuS N-Lübbecke mit 37:30 (22:16). Bereits nach elf Minuten hatten die ersatzgeschwächten Gäste, die lediglich mit neun Feldspielern angereist waren, die Punkte abgegeben. Die Kieler führten 10:4, feierten nach einer einseitigen Partie den 19. Sieg in Folge gegen die Ostwestfalen, die zuletzt im September 1978 (14:14) einen Punkt in Kiel holten. Damals war "Goggi" Sigurdsson, als 34-Jähriger der Oldie im THW-Team, noch gar nicht geboren. Bemerkenswert: Fynn Ranke, im Alltag beim Zweitligisten TSV Altenholz angesiedelt, absolvierte seine ersten Bundesligaminuten. Der Kreisläufer nutzte den Einsatz und warf das 37. Tor für den Rekordmeister.

8. Dezember

Füchse Berlin - THW Kiel: 29:33 (12:18)
Das Auswärtsspiel Nummer eins nach der Flensburg-Pleite geriet zur Demonstration der Stärke: In der mit 10.000 Zuschauern ausverkauften Max-Schmeling-Halle spielten die Zebras 45 Minuten lang Handball aus dem Lehrbuch, führten mit 24:15 gegen die Füchse Berlin, die mit einer guten Moral lediglich die Höhe der 29:33-Niederlage in Grenzen halten konnten. "Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft", lobte Alfred Gislason. "Im Angriff haben wir in der ersten Halbzeit die beste Saisonleistung gezeigt."

Die Berliner hatten ihren Fuchsbau erstmals mit einer Zusatztribüne ausgerüstet, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit war gekommen, Manager Bob Hanning ("Hier bin ich zu Hause.") hatte seinen Vertrag um fünf Jahre verlängert - der Rahmen stimmte, um die Kieler zu besiegen. Aber der Gegner war zu stark. "Wir waren nicht schlecht", sagte Berlin-Trainer Dagur Sigurdsson: "Aber der THW war einfach besser." Was noch? Andreas Palicka warf sein erstes Bundesligator (23:15/39.), als die Berliner in ihrer Verzweiflung mit sieben Feldspielern stürmten.

14. Dezember

Bergischer HC - THW Kiel: 25:31 (13:15)
Spiel eins nach dem Pokal-Aus gegen die Rhein-Neckar Löwen: In der Wuppertaler Unihalle bat Neuling Bergischer HC die müden Kieler zum Tanz, knapp 3200 schauten auf den ausverkauften Rängen zu. "Der BHC ist der stärkste Aufsteiger seit vielen Jahren", hatte Alfred Gislason seine Mannschaft vor dem Team um den Ex-Kieler Viktor Szilagyi gewarnt. Tatsächlich wehrten sich die Schützlinge des erst 34-jährigen Trainers Sebastian Hinze bis zur 42. Minute (17:18) wacker. Dann zogen die Gäste, die in Andreas Palicka (18 Paraden) ihren besten Spieler hatten, aber davon. "Eine Mannschaft wie Kiel können wir nur schlagen, wenn sie uns eine Chance gibt", sagte der neunmalige Torschütze Szilagyi. "Das hat sie aber nicht." Was die Oberbergischen zu bieten haben, musste bereits der Champions-League-Sieger HSV Handball erfahren: Im ersten Heimspiel hatte der BHC die Hanseaten mit 34:27 besiegt.

18. Dezember

THW Kiel - TBV Lemgo: 38:25 (17:13)
Mit einem 38:25 (17:13)-Sieg gegen den TBV Lemgo kehrte der THW Kiel als Herbstmeister an die Tabellenspitze zurück. In einem kurzweiligen Spiel wurden Johan Sjöstrand und "Goggi" Sigurdsson zu Kieler Helden. "Sjöstrand hat gefühlt 50 Bälle gehalten", lobte TBV-Trainer Niels Pfannenschmidt den famosen Schweden. So viele Paraden waren es zwar nicht, die der Nationaltorhüter zeigte, aber jeder zweite Wurf aus dem Feld fand in Sjöstrand sein Stoppschild. Ein Ausrufezeichen setzte auch Sigurdsson, dem in einer Phase Kurioses gelang, in dem die Ostwestfalen mit sieben Feldspielern anrannten. Der Isländer schnappte sich einen Pass von Benjamin Herth, der als Kempatrick für Florian Kehrmann gedacht war und warf den Ball ins leere Tor der Gäste. Herth hetzte ihm noch hinterher, landete aber nach einer finalen Grätsche mit dem Ball im Netz. Das Tor zum 20:13 für den THW Kiel dürfte Geschichte geschrieben haben: Als erster Kempatreffer aus mehr als 30 Metern Torentfernung.

21. Dezember

THW Kiel - TV Emsdetten: 35:28 (18:15)
Ein Arbeitssieg für den THW Kiel: Aufsteiger TV Emsdetten verkaufte sich bei der 28:35 (15:18)-Niederlage gut, eine echte Chance hatte das Team von Kapitän Stefan Thünemann ("Für Spiele wie diese sind wir aufgestiegen.") aber nicht. Mit einem 4:0-Lauf nach der Pause stellten die Zebras, die in Marko Vujin (12/7) ihren besten Werfer hatten, die Weichen frühzeitig auf Sieg. Mit rot-weißen Zipfelmützen auf den Köpfen wünschten die Spieler den Fans anschließend entspannte Weihnachtsfeiertage. Kapitän Filip Jicha schnappte sich das Mikrofon, um in der Tradition seines Vorgängers Marcus Ahlm zu den Zuschauern zu sprechen. "Wir sehen uns in fünf Tagen wieder. Und dann schlagen wir den HSV." Gesagt, getan.

26. Dezember

THW Kiel - HSV Hamburg: 35:24 (19:12)
Der berauschende 35:24 (19:12)-Heimsieg gegen den HSV Handball wurde vom Herzinfarkt eines Zuschauers überschattet. Die Kieler führten 5:2, als das Spitzenspiel für zwölf Minuten unterbrochen wurde. So lange hatte es gedauert, bis Spielleiter Uwe Stemberg die Nachricht erreichte, dass im vierten Rang ein 55-jähriger THW-Fan mit dem Leben rang. Glück für ihn, dass in unmittelbarer Nähe Ärzte gesessen hatten, die ihn sofort reanimierten. Der Zuschauer wurde in ein Krankenhaus gebracht, die Partie fortgesetzt - mit zwei ungleichen Rivalen. "Wir haben einen rundum gebrauchten Tag erwischt", fasste HSV-Trainer Martin Schwalb die zweite Saisonniederlage gegen den THW zusammen. Kurz zuvor hatten die Hanseaten noch die Rhein-Neckar Löwen mit 38:25 demontiert, doch gegen die Zebras waren sie chancenlos. Auch, weil Johan Sjöstrand einen starken Auftritt ablieferte. "Das war mein bislang bestes Spiel in der Kieler Arena", sagte der Schwede, der 23 Bälle parierte. In der zweiten Halbzeit ließ er sieben Minuten lang keinen HSV-Treffer zu, der THW, der auf "Goggi" Sigurdsson (Wadenzerrung) verzichten musste, nutzte diese Phase zur Vorentscheidung.

4. Februar 2014

VfL Gummersbach - THW Kiel: 24:29 (14:15)
Nach 40-tägiger EM-Pause gelang dem THW Kiel ein guter Start ins Jahr 2014. Was keineswegs selbstverständlich war, hatte Gastgeber VfL Gummersbach doch seine letzten drei Pflichtspiele im Jahr 2014 gewonnen. Die Schwalbe-Arena, neue Heimat des zwölfmaligen Meisters, war schon Wochen zuvor mit mehr als 4000 Zuschauern ausverkauft gewesen, der Rahmen für das Duell der beiden einzigen noch in der Liga verbliebenen Gründungsmitglieder hätte kaum besser sein können. Dank einer starken Phase nach Wiederanpfiff der zweiten Halbzeit, in der sie (24:18/ 51.) nur vier Treffer zuließen, siegten die Zebras letztlich souverän mit 29:24 (15:14). Ein Vater des Erfolges war Torhüter Johan Sjöstrand, der 19 Bälle parierte. "Wir wussten nicht, wo wir stehen", sagte ein sichtlich erleichterter Alfred Gislason. "Diese Ungewissheit hat uns gequält." Einige Spieler seien, so Gislason, "extrem kaputt" von der Europameisterschaft in Dänemark (12. bis 26. Januar) zurückgekehrt.

12. Februar

THW Kiel - ThSV Eisenach: 30:21 (13:11)
Nach mühsamen Beginn gewann der THW Kiel auch sein erstes Liga-Heimspiel nach dem erfolgreichen Kehraus gegen den HSV Hamburg (35:24) 48 Tage zuvor. Aufsteiger ThSV Eisenach startete mutig, führte auch dank der Paraden von Rene Villadsen nach zehn Minuten mit 6:3. Für die Kieler hatte bis dahin nur Marko Vujin getroffen. Alfred Gislason bat die Seinen zügig zur Auszeit, stellte die verschlafen wirkende Deckung auf die offensive 3:2:1-Variante um - der richtige Schachzug. Die Thüringer wirkten zunehmend hilflos. Bis zur 36. Minute (16:13 für Kiel) hielten die Gäste mit, dann mussten sie eine Viertelstunde lang auf den nächsten Treffer warten. Als er schließlich fiel, war der THW auf 25:13 enteilt.

23. Februar

HSG Wetzlar - THW Kiel: 24:35 (12:17)
Das hatte sich der THW Kiel schwerer vorgestellt: Bei der HSG Wetzlar, die im Hinspiel nur knapp eine Sensation verpasst hatte, gewann der Rekordmeister deutlich mit 35:24 (17:12). Den Hessen fehlte ihr genialer Spielmacher Ivano Balic (Rückenbeschwerden), doch das war nur ein Grund, warum das Team von Kai Wandschneider in der mit 4400 Zuschauern ausverkauften Rittal-Arena chancenlos war. Die Kieler konnten sich auf ihre offensive Deckung verlassen, in der Filip Jicha als Spitze einen guten Job machte. Rasmus Lauge, der die Europameisterschaft in seiner Heimat aufgrund einer Kreuzbandverletzung verpasst hatte, hatte als Spielgestalter die Fäden fest in der Hand, und am Kreis glänzte der sechsfache Torschütze Patrick Wiencek. Der Hüne wurde sogar vom Gegner gelobt. "Er ist ein sehr guter Mann für die Nationalmannschaft", lobte Jens Tiedtke, Kreisläufer wie Wiencek. Christian Sprenger und Dominik Klein hatten ihre Kollegen nicht nach Wetzlar begleitet - aus unterschiedlichen Gründen: Der Rechtsaußen pausierte aufgrund eines Innenbandanrisses, der Linksaußen, weil er in der Nacht zuvor erstmals Vater (Colin Marcel) geworden war.

1. März

MT Melsungen - THW Kiel: 30:29 (15:13)
Wieder die MT Melsungen: Im Dezember 2012 hatte das Team mit einem 29:25-Sieg in Kiel die Rekordserie des THW (101:1 Punkte) beendet, diesmal stoppten sie den Höhenflug des Tabellenführers, der zuvor neun Liga-Spiele in Serie gewonnen hatte, in eigener Halle mit 30:29 (15:13). Während mehr als 4000 Zuschauer ihre MT feierten, als hätte sie gerade die Meisterschaft gewonnen, mussten die Kieler neben der dritten Saisonniederlage noch einen weiteren Schock verdauen: Ohne Einwirkung eines Gegners zog sich Rasmus Lauge in der 44. Minute einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu - das Saison-Aus. "Wenn es nach solch einer Diagnose überhaupt eine gute Nachricht gibt, dann die, dass das zuvor verletzte hintere Kreuzband nicht geschädigt wurde", sagte Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker.

Worte, die den 22-Jährigen tatsächlich trösteten. "Im ersten Moment habe ich gedacht, es wäre meine Schuld gewesen, weil ich zu früh angefangen habe", sagte Lauge. "Aber die Ärzte haben mir bescheinigt, dass ich alles richtig gemacht habe." Lauge saß bereits in der Kabine, als auf dem Feld ein kurioses Spiel seinen Fortgang nahm. Die Hausherren, die in Torhüter Mikael Appelgren (20 Paraden) den besten Spieler des Abends in ihren Reihen hatten, führten nach 40 Minuten mit 23:18. Doch dann rafften sich die Gäste auf, verteidigten mit großer Leidenschaft und wendeten das Blatt. Beim 27:27 (56.) gelang Aron Palmarsson der erste Ausgleich nach 46 Spielminuten. Dann brachte Dominik Klein den THW in Führung, und der achtfache Torschütze Michael Allendorf kassierte eine Zeitstrafe - Kiel führte in Überzahl, was sollte noch passieren? Zwei "Gurkentore" (Gislason) von Patrick Fahlgren und Malte Schröder. "Ich habe noch nicht realisiert, dass wir verloren haben", brachte ein fassungsloser Rene Toft Hansen die Stimmung im Lager der Besiegten auf den Punkt. "Wir führen, machen aber das Spiel nicht fertig. Schei..."

9. März

GWD Minden - THW Kiel: 22:32 (8:13)
Eine Woche nach der Melsungen-Niederlage boten die Kieler beim 32:22 (13:8)-Sieg über GWD Minden wieder eine sehr konzentrierte Leistung. Die Gastgeber hatten in eigener Halle seit knapp fünf Monaten kein Spiel mehr verloren, ganz chancenlos hatte Trainer Goran Perkovac sein Team auch im Duell mit den Zebras nicht gesehen. "Warum sollten wir nicht ungeschlagen bleiben?" Der Beginn war zerfahren, erst nach fünf Minuten landete erstmals ein Ball im Tor, doch mit zunehmender Spieldauer fanden die Gäste ihren Rhythmus, führten nach 37 Minuten vorentscheidend 16:10. Für die Westfalen eine gewohnte Situation, von den 24 vergangenen Spielen gegen den THW hatten sie 23 verloren.

16. März

THW Kiel - SC Magdeburg: 27:27 (11:15)
Der SC Magdeburg blieb auch im zweiten Anlauf für die Kieler unbesiegbar. In eigener Halle kamen sie nicht über ein 27:27 (11:15) hinaus. Im Hinspiel hatte eine Magdeburger Rumpftruppe den Kielern ihre erste Bundesliga-Niederlage der Saison zugefügt. In Kiel traten sie nahezu vollständig, dafür aber nicht weniger kampfeslustig an. "Der SCM hat sich sehr schlau angestellt. Genau an der Grenze, die von den Schiedsrichtern erlaubt wurde, haben sie uns verprügelt", konstatierte THW-Kapitän Filip Jicha. Als erster Kieler war nach nur vier Minuten Johan Sjöstrand ausgeknockt. Nach einem Kopftreffer von Robert Weber musste er mit Gehirnerschütterung ins Krankenhaus. Währenddessen mühten sich seine Kollegen vergeblich ins Spiel zu finden. Ab der sechsten Minute führten die Gäste, ließen sich auch vom zwischenzeitlichen Ausgleich (7:7/16.) nicht beirren, sondern bauten ihren Vorsprung kurz vor der Pause auf sechs Tore aus. Nach Wiederanpfiff setzten die Kieler zu einer ihrer berüchtigten Aufholjagden an. Besonders Marko Vujin schärfte sein Visier, warf sieben seiner acht Tore in Hälfte zwei. So dauerte es auch nur sieben Minuten, bis er zum 17:17 ausglich. Jedoch erwies sich Dario Quenstedt im Tor des SCM zu oft als Stoppschild, hielt seine Farben auch im Spiel, als der THW beim Stand von 27:26 kurz vor Schluss alles hätte klarmachen können. Stattdessen erkämpfte Gäste-Kreisläufer Bartosz Jurecki einen Strafwurf. Weber traf zum Ausgleich und SCM-Talent Maciej Gebala verhinderte mit seiner einzigen Aktion Kiels schnelle Mitte. Dafür sah er zwar Rot, da aber gleichzeitig die Zeit abgelaufen war, konnten seine Kollegen einen Punkt in Kiel bejubeln. "Wir haben schlecht gespielt, die Müdigkeit darf aber keine Ausrede sein. Wir müssen den Kopf freibekommen und wieder mit Spaß spielen", sagte "Goggi" Sigurdsson.

23. März

HBW Balingen-Weilstetten - THW Kiel: 25:28 (14:14)
Mit dem achten seiner neun Tore stellte Marko Vujin erst in der heißen Schlussphase die Weichen auf Sieg: In seiner mit 2440 Zuschauern ausverkauften Sparkassen-Arena war HBW Balingen-Weilstetten bis zum Ende ein Gegner auf Augenhöhe gewesen. Das Team von Markus Gaugisch hatte zwischenzeitlich sogar mit 20:17 (38.) geführt, doch dann rafften sich die Zebras, gestützt auf die Paraden des bis dato glücklosen Andreas Palicka, noch einmal auf. "Als die vielen Gegenstöße kamen, habe auch ich den Faden verloren", sagte er. Der Schwede parierte aber nach seiner erneuten Einwechslung innerhalb weniger Minuten sechs Bälle, darunter einen Siebenmeter des sechsmaligen Torschützen Christoph Theuerkauf - in der 42. Minute hatte der THW Kiel, der schließlich mit 28:25 (14:14) siegen sollte, zum 20:20 ausgeglichen. Auf Augenhöhe näherten sich die beiden Mannschaften, die sich einen erbitterten Kampf lieferten, der Ziellinie. Kurz davor fasste sich Vujin ein Herz und traf aus zehn Metern - die Entscheidung. Selten waren die Balinger, die zuvor achtmal in Folge gegen den THW verloren hatten, eine so hohe Hürde für die Kieler gewesen. "Um sie zu schlagen, hätten wir 60 Minuten auf Top-Level spielen müssen", sagte Gaugisch, "aber das haben wir nicht durchgehalten."

26. März

THW Kiel - FA Göppingen: 31:20 (17:8)
Die Leistungen des THW Kiel waren zuletzt schwankend gewesen, FA Göppingen schien nach dem Rauswurf von Trainer Velimir Petkovic wieder im Aufwind zu sein - die Bundesliga blickte gespannt nach Kiel, doch das Warten auf den Wachwechsel an der Tabellenspitze war vergeblich. Die Zebras siegten 31:20 (17:8) und führten die Schwaben, die 3:2 in Führung gegangen waren, regelrecht vor. Andreas Palicka parierte 23 Bälle, sechs Kieler warfen mindestens vier Tore, der Gastgeber präsentierte sich seinen Fans wie aus einem Guss. Palicka, der ohne seine Kollegen Johan Sjöstrand (Gehirnerschütterung) auskommen musste, beendete die erste Halbzeit mit 13 Paraden und einer Quote von 62 Prozent, die beeindruckende Palicka-Show wurde zu einem Alptraum für die Gäste.

16. April

Rhein-Neckar-Löwen - THW Kiel: 29:26 (14:12)
Sie hatten zweieinhalb Wochen Pause gehabt, der Gegner im Pokal-Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt (26:30) einen Rückschlag erlitten: Die Rahmenbedingungen vor dem Spitzenspiel zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem THW Kiel sprachen vor 13.200 Zuschauern in der ausverkauften SAP-Arena für die Zebras. Doch sie, die zuvor fünf Ligaspiele in Serie gegen die Badener gewonnen hatten, waren chancenlos und verloren die Tabellenführung an die Löwen, die 29:26 (14:12) siegten. Hätte das famos aufspielende Team von Gudmundur Gudmundsson, das phasenweise mit acht Toren führte, nicht am Ende seinen Schwung verloren, wäre sogar eine Demütigung des Meisters möglich gewesen. "Für unsere neue Mannschaft war das eine Prüfung", sagte Kapitän Filip Jicha, "diesmal sind wir durchgefallen, jetzt geht es darum, wieder aufzustehen." Die Gastgeber, nun um die Tordifferenz (plus 23) besser als der punktgleiche THW (49:9), konnten sich auf ihre starke Deckung verlassen, hinter der Niklas Landin zu großer Form auflief. "Für die Löwen stellt sich nun die neue Aufgabe, die Meisterschaft auch ins Ziel zu tragen", sagte Jicha, der ankündigte, auf diesem Weg ein aufmerksamer Begleiter sein zu wollen. "Wir geben nicht auf. Aber wenn sie es schaffen, haben sie es auch verdient." Die Löwen feierten ihren 12. Liga-Sieg in Serie, in eigener Halle schraubten sie ihre Saisonbilanz auf 30:0 Punkte hoch. An diesem 29. Spieltag sah es so aus, als würden die Löwen erstmals Meister werden.

30. April

THW Kiel - TSV Hannover-Burgdorf: 37:20 (16:12)
Unmittelbar nach der 26:29-Niederlage bei den Löwen hatten die Kieler sich in der Kabine darauf eingeschworen, die Tordifferenz zum Tabellenführer in den letzten fünf Saisonspielen aufzuholen. "So können wir noch zu Helden werden", sagte Linksaußen Dominik Klein nach dem 37:20 (16:12)-Kantersieg gegen die TSV Hannover-Burgdorf. Die Zebras nutzten die Gunst der Stunde, reiste der Gast doch ohne fünf Stammkräfte nach Kiel. In der ersten Halbzeit setzten sich die Zebras, mit Blick auf die Anzeigetafeln, noch zu sehr unter Druck, doch nach Wiederanpfiff hatten sie offenbar die richtige Mischung gefunden: Mit einem 10:1-Lauf setzten sich die Hausherren, die in Johan Sjöstrand (Erfolgsquote 58 Prozent) einen großen Rückhalt hatten, von 18:14 (36.) auf 28:15 (47.) ab - die Niedersachen waren geknackt. Trainer Christopher Nordmeyer nahm die Niederlage gelassen. "Wir haben auch gegen die Löwen so hoch verloren, müssen uns also keine Vorwürfe anhören."

4. Mai

TBV Lemgo - THW Kiel: 24:46 (9:25)
Vorwürfe? Davon gab es nach der 24:46 (9:25)-Niederlage des TBV Lemgo gegen den Rekordmeister viele. Von Manipulation war die Rede, von Schiebung. Auch die Löwen taten sich schwer damit, den bis dato höchsten Auswärtssieg in der Bundesliga-Geschichte zu akzeptieren. "Ich habe meinen Augen nicht getraut", sagte Trainer Gudmundur Gumundsson, der am Bildschirm erlebte, wie die junge TBV-Mannschaft eine Lehrstunde gegen einen THW erlebte, der auch noch das 40. Tor feierte, als wäre es das letzte in einem Champions-League-Endspiel gewesen. Ein derartig hoher Sieg war zuvor nur einer Mannschaft gelungen - dem THW Kiel am 10. März 2004 in Minden (47:25). Die Besiegten reagierten erbost auf die Vorwürfe, den Kielern einen solchen Sieg geschenkt zu haben. "Wenn es nicht um die Tordifferenz gehen würde", schrieb Kreisläufer Hendrik Pekeler, einziger Lemgoer mit Normalform, anschließend bei Facebook, "wäre es das Normalste der Welt, gegen Kiel so hoch zu verlieren." Man müsse vielmehr dem THW für dessen Leistung Respekt zollen, so der 22-Jährige weiter. Ihre sei dagegen nicht bundesligatauglich gewesen. "Das tut mir für unsere Fans leid." Das Team von Niels Pfannenschmidt scheiterte am THW, der einen Blitzstart (4:0/4.) erwischte, aber auch an den Rahmenbedingungen. Erstmals in der Saison war der TBV ins Gerry-Weber-Stadion in Halle umgezogen, 8500 Zuschauern waren gekommen, das Fernsehen auch. Ein Umfeld, in dem die junge Truppe schnell die Nerven verlor. Die Löwen antworteten eine Woche später meisterlich: Der ThSV Eisenach, dem die HBL zur Auflage gemacht hatte, zwei Heimspiele in Coburg auszutragen, war in der fremden Umgebung völlig chancenlos, zudem fehlten fünf Stammspieler. Am Ende bejubelten die Löwen einen 42:19-Sieg, höher hat noch kein Gast in der Geschichte der Bundesliga gewonnen.

11. Mai

THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 33:25 (15:12)
Die Voraussetzungen waren denkbar schlecht, trotzdem besiegte der THW Kiel die SG Flensburg-Handewitt im 73. Nord-Derby verdient mit 33:25 (15:12). Acht Tore! Hätte eine höhere Instanz Alfred Gislason vor dem Anpfiff einen Sieg mit einem Treffer Differenz angeboten, der THW-Trainer hätte ihn sofort akzeptiert.

Filip Jicha stellte sich trotz seines Außenbandanrisses in den Dienst der Mannschaft. Springen konnte der Tscheche nicht, aber kämpfen. Noch am Vorabend des Spiels hatte er Physiotherapeut Uwe Brandenburg in dessen Privathaus in Kronshagen besucht, "Casey" verließ ein Gartenfest, um noch einmal Hand an den linken Knöchel zu legen. Doch bereits nach zwei Minuten war die Freude über das Mitwirken von Jicha verflogen - Aron Palmarsson knickte um und kehrte nicht zurück. Mit einer Bänderdehnung verfolgte er das Spiel im Presseraum in den Katakomben der Arena. Seine Kollegen bewiesen einmal mehr großen Charakter, als sie die SG Flensburg-Handewitt so deutlich besiegten, dass der Abstand auf die Löwen schließlich nur noch acht Tore betrug. Mit einem großartigen Johan Sjöstrand im Tor und einer Deckung, die mit unglaublicher Leidenschaft kämpfte, legten die Gastgeber das Fundament für den zehnten Heimsieg in Serie gegen die SG, die sie im direkten Duell auch aus dem Rennen um Platz zwei warfen - die Kieler hatten sich damit einmal mehr für die Champions League qualifiziert. "Im Moment hält man immer den Atem an, wenn jemand länger liegen bleibt", sagte Dominik Klein, der als einer von vier Mittelleuten im Improvisationstheater auf der Bühne erschien. "Aber wir haben ein klares Ziel und wollen unser Ding durchziehen." Nach 53 Minuten schienen die Gastgeber noch einmal ins Wanken zu geraten, die Gäste hatten aus ihrer Sicht auf 23:26 verkürzt. Doch dann zogen sich Jim Gottfridsson und Jacob Heinl nahezu zeitgleich Zwei-Minuten-Strafen zu. In doppelter Überzahl trafen die Kieler dreimal, die Party konnte beginnen. "Die Nummer eins im Land sind wir", sangen die THW-Fans. Für wen das Land an den Grenzen Schleswig-Holsteins endet, der hatte Recht. Wer die gesamte Republik im Sinn hatte, nicht ganz. Den THW trennten nach dem Derby-Sieg noch acht Tore von den Rhein-Neckar Löwen.

18. Mai

TuS N-Lübbecke - THW Kiel: 21:35 (11:15)
Acht hinter den Löwen, drei Tage später waren es wieder 21: Die Badener fertigten die MT Melsungen in eigener Halle mit 41:28 ab, der THW Kiel stand in seinem letzten Auswärtsspiel beim TuS N-Lübbecke mächtig unter Druck. Zumal Filip Jicha und Aron Palmarsson noch nicht wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte waren. Die Ostwestfalen, die sich kurz zuvor mit einer Acht-Tore-Niederlage (27:35) gegen den Tabellenletzten TV Emsdetten blamiert hatten, wollten sich im letzten Heimspiel der Saison mit Anstand von den Fans verabschieden. Bis zur Pause (11:15) hielt das Team von Dirk Beuchler, gestützt auf die Paraden des starken Nikola Blazicko, noch mit. Doch nach Wiederanpfiff ließen die Hausherren zunehmend die Köpfe hängen. Sie resignierten angesichts der Entschlossenheit der Kieler, die am Ende einen 35:21-Sieg feiern konnten - der Abstand auf die Löwen betrug vor dem letzten Spieltag nur noch sieben Tore. Bester Werfer der Gäste war "Goggi" Sigurdsson, der mit seinem neunten Tor unmittelbar vor dem Abpfiff den Kantersieg perfekt machte, es war der 20. in Folge gegen den TuS.

24. Mai

THW Kiel - Füchse Berlin: 37:23 (17:8)
"Goggi" Sigurdsson war 17 Jahre alt, als er, im fernen Island, im Fernsehen ein Handballspiel in der Ostseehalle schaute. "Mein Freund war Kreisläufer, und er verehrte Klaus-Dieter Petersen", erzählte er, und die über 10.000 Fans in der Arena jubelten, denn auch sie huldigten Petersen, der zwischen 1993 und 2005 hier spielte, als Legende. "Dass ich irgendwann seine Rückennummer neun würde tragen können, war für mich unvorstellbar", sagte Sigurdsson und dankte. "Diesen Moment werde ich für immer in meinem Herzen tragen." Seine Rede war das Angemessenste nach diesem irrsinnigen letzten Spieltag. Weil sie zwischen den Zeilen, als alle nach Worten rangen, das geschichtliche Moment noch unterstrich. Die historische Größe der letzten zehn Minuten, in denen der THW tatsächlich noch im Fernduell an den punktgleichen Rhein-Neckar Löwen vorbeizogen war. Nach dem furiosen 37:23 (17:8)-Sieg gegen die Füchse Berlin, einem Triumph der puren Leidenschaft, waren sie am Ende zwei Tore besser als die Löwen, die 40:35 (21:19) in Gummersbach siegten. "Das ist historisch", konnte auch Alfred Gislason sein Glück nicht fassen. Zwei Treffer nach 34 Spielen, in denen beide Teams über 1100 Tore erzielt hatten - eine solche Millimeterentscheidung gab es noch nie. "Ich weiß nicht, ob ich weinen oder feiern soll", sagte Filip Jicha, der erneut überragend war und sein Team mit elf Treffern mitgerissen hatte. "Es war wirklich eine unglaubliche Saison." Unermesslich ist der Schmerz bei den Löwen, weil sie an den letzten fünf Spieltagen einen großen Vorsprung von 23 Toren verspielten, den sie sich mit dem 29:26-Heimsieg gegen den THW herausgeworfen hatten. Bis zum Finale in Gummersbach waren die Löwen souverän aufgetreten, hatten die Gegner ähnlich dominiert wie die Konkurrenten aus Kiel. Aber selbst 34:0 Punkte in der Rückrunde halfen nichts. Weil sie im Moment der Entscheidung ihre Abwehrarbeit einstellten. 35 Gegentore in Gummersbach: Das ist schlicht nicht meisterwürdig. Den Löwen passierte also das, was im Fußball Bayer Leverkusen im Mai 2000 in Unterhaching fassungslos erlebte - ein kollektiver Blackout zum Schluss kostete nach grandioser Saison den scheinbar sichere ersten Meistertitel. "Mal wieder Kiel", sagte Löwen-Manager Thorsten Storm mit konsternierter Miene. An diese letzten acht Minuten, dieses Trauma von Gummersbach, werden sie noch Jahre denken.

Storm sagte hinterher, dass die Gummersbacher gekämpft haben, als ginge es für sie um den Titel. Und auch der Meister würdigte den Spirit der Oberbergischen um den ehemaligen THW-Profi Christoph Schindler. "Sie haben großartig gekämpft", sagte THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt. Damit revanchierte sich der VfL für die Schützenhilfe des THW aus dem letzten Jahr, als er mit einem Sieg in Großwallstadt den Abstieg des Altmeisters verhindert hatte.

Spruch des Tages

"Das ist nur hier möglich. Wenn die Kieler etwas wollen, dann passiert das auch."

Laurence Omeyer, die mit ihrem Mann Thierry das Berlin-Spiel live miterlebte.

SpO, § 44: Die Entscheidungsspiele

Der kuriosen Saison entging nur knapp eine historische Pointe: Wären die Rhein-Neckar Löwen und der THW Kiel nach dem 34. Spieltag punkt- und torgleich gewesen, hätte sie um zwei Entscheidungsspiele verlängert werden müssen. Es war knapp: Am Ende lagen die Zebras nur zwei Tore vor den punktgleichen Löwen (59:9).

Paragraf 44 der Spielordnung (SpO) sieht in solchen Fällen ein direktes Duell mit Hin- und Rückspiel um den Titel vor. Ob eine Mannschaft mehr Tore erzielt hat, ist ebenso nicht relevant wie der direkte Vergleich. Das Heimrecht für die Entscheidungsspiele wäre ausgelost worden, eine Verlängerung im Rückspiel schließen die Regeln der Handball-Bundesliga (HBL) aus. Würde sich auch nach dem Abpfiff des zweiten Spiels kein Sieger finden, wäre die Meisterschaft im Siebenmeterwerfen entschieden worden. Die Spiele hätten laut Reglement spätestens bis zum 30. Juni 2014 ausgetragen werden müssen. Es wäre für die HBL eine echte Herausforderung geworden, diese beiden Termine zu finden. Schließlich spielte der THW eine Woche nach dem letzten Saisonspiel schon im "Final4" der Champions League, am 7./8. und 14./15. Juni stehen für viele Nationalspieler die Play-Offs für die WM in Katar an. Da heißt es unter anderem schon wieder Filip Jicha (Tschechien) gegen Marko Vujin (Serbien), nicht mehr Jicha und Vujin gegen die Löwen.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 07.06.2014)


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