Aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2011:
Es ist kein alltäglicher Prozess, der am kommenden Mittwoch
im Saal 232 des Kieler Landgerichts eröffnet wird. Ein
Handball-Prozess in der Handball-Hochburg Kiel, und auf der
Anklagebank sitzen die beiden schillernden Figuren, die rund
eineinhalb Jahrzehnte in trauter Zweisamkeit aus dem THW Kiel
den deutschen Handball-Rekordmeister geformt haben. Doch haben
Uwe Schwenker und
Noka Serdarusic wirklich den ersten
Champions-League-Titel der "Zebras" 2007 mit unlauteren Mitteln
erkauft?
Für die Beantwortung dieser Frage hat das Landgericht
Kachelmann-ähnliche Verhältnisse geschaffen. 21 Verhandlungstage
sind bis Februar 2012 terminiert. Die 5. Große Strafkammer will
die Anschuldigungen akribisch aufklären. Das ist das Gericht
nicht nur dem Handballsport schuldig, sondern auch dem THW, der
seit mehr als zwei Jahren mit dem Makel leben muss, seine
europäische Krönung womöglich mit faulen Tricks herbeigezaubert
zu haben. Klarheit benötigt auch
Uwe Schwenker,
denn seitdem die Manipulationsaffäre am 1. März 2009 bundesweit
für Schlagzeilen sorgte, ist der Ex-Manager im Gegensatz zu
Serdarusic auf dem Handball-Arbeitsmarkt
nicht mehr vermittelbar.
Schwenker versteht es im Gespräch
überzeugend, sämtliche Vorwürfe zu entkräften. Wie und ob ihm
beziehungsweise seinen Verteidigern dies nun vor dem Kadi gelingt,
wird spannend zu verfolgen sein. Das gilt ebenfalls für die Rolle,
die Serdarusic in diesem Fall gespielt
hat. Der seit seiner Entlassung 2008 als Schwenker-Feind
geltende Trainer hat sich nie zu den Vorwürfen geäußert und hat
auch nicht vor, sein Schweigen vor dem Landgericht zu beenden. Auch
der Aufmarsch von prominenten Zeugen und das Aufgebot an namhaften
Anwälten versprechen Spannung. Dass der renommierte Strafrechtler
Erich Samson als Verteidiger von Serdarusic wieder auf Staatsanwalt
Axel Goos trifft, mit dem er bereits 2007 im Prozess gegen
Ex-Mobilcom-Chef Gerhard Schmid die Klingen kreuzte, könnte dem
Verfahren zudem eine gewisse Würze geben.
Und spannend könnte nach einem etwaigen Freispruch werden,
ob die Schwenker-Sympathisanten
beim THW einflussreich genug sind, um dessen Comeback gegen seine Gegner
durchzusetzen.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2011)