Aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2011:
Mit dem ehemaligen Kieler Sportrecht-Professor Martin
Nolte sprach Gerhard Müller.
- Kieler Nachrichten:
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Herr Nolte, vor Ihrer Haustür beginnt das Verfahren gegen
Uwe Schwenker und
Noka Serdarusic.
Wie interessant ist das für Sie?
- Martin Nolte:
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Hochinteressant! Weil sich der Prozess um einen Sachverhalt
dreht, der - wenn man ihn als gegeben unterstellt - die Integrität,
d.h. Unbeeinflussbarkeit des sportlichen Wettbewerbs berührt.
Ähnliche Gefährdungslagen gibt es beim Doping und auch beim
Wettbetrug.
- Kieler Nachrichten:
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Ist die Aufarbeitung einer möglichen Schiedsrichter-Bestechung
nicht eine eigene Aufgabe der sportlichen Gerichtsbarkeit?
- Martin Nolte:
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Nein, die Vorwürfe greifen über die Sportsphäre weit hinaus.
- Kieler Nachrichten:
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Die Kieler Staatsanwaltschaft will versuchen, den beiden Angeklagten
zudem den Tatbestand des Betrugs nachzuweisen. Greift der Paragraph
263 des Strafgesetzbuchs überhaupt bei eventuellem Sportbetrug?
- Martin Nolte:
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Dafür muss eine Täuschung ursächlich sein für einen Vermögensschaden.
Das muss bewiesen werden, und ich habe große Zweifel, dass dies der
Staatsanwaltschaft gelingt. Von weiteren Tatbestandsvoraussetzungen
ganz zu schweigen.
- Kieler Nachrichten:
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Die SG Flensburg-Handewitt will das Urteil abwarten und gegebenenfalls
vom THW Schadenersatz fordern. Hielten Sie eine solche zivilrechtliche
Klage für aussichtsreich?
- Martin Nolte:
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Im Falle einer entsprechenden Verurteilung wäre das durchaus denkbar.
Das Zivilgericht könnte in diesem Fall auf den bewiesenen Fakten des
Strafgerichts aufbauen.
- Kieler Nachrichten:
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Würde dem THW zudem die Aberkennung des Champions-League-Titels drohen?
- Martin Nolte:
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Selbst wenn es zu einer Verurteilung der Angeklagten käme, halte ich
die Aberkennung des Titels für eher unwahrscheinlich, aber auch nicht
ausgeschlossen. Das Strafverfahren richtet sich gegen
Schwenker und Serdarusic.
Und nicht gegen den THW Kiel als Mannschaft, deren Titel dann in
Rede stünde. Hinzu kommt: Das Finale liegt mittlerweile vier Jahre
zurück. Je länger ein eventuelles Unrecht zurückliegt, desto geringer
ist die Wahrscheinlichkeit, dieses Unrecht noch einmal zu korrigieren.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2011)