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02.04.2009 Bundesliga

Kieler Nachrichten: Nichts wird mehr so sein, wie es war

Aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2009:

Kiel - Uwe Schwenker durchlebt unruhige Zeiten. Wie unruhig sie sind, ließ er gestern vor dem Bundesligaspiel in Göppingen durchblicken, als er selbst über seine Zukunft als Manager des THW Kiel spekulierte.
Vor dem THW-Spiel gegen Göppingen machte Schwenker im DSF entsprechende Andeutungen. "Wir müssen mal sehen, wie es in Kiel weitergeht", sagte er, der Druck sei immens, aber er spüre auch einen unheimlichen Rückhalt in der Stadt, in der er seit 30 Jahren lebe.

Die Korruptionsaffäre im Handball fokussiert sich vor allem auf den Manager. Gestern Abend tagten die THW-Verantwortlichen im Büro von Rechtsanwalt Dr. Wegner, der auch Gesellschafter (somit Vorgesetzter von Schwenker) ist. Diskussionsgrundlage waren die Akten der Staatsanwaltschaft. Zwei Tage vor dem angekündigten Termin des Kieler Oberstaatsanwaltes Uwe Wick erhielten die THW-Rechtsanwälte Einblick in die Aktenlage. Sie werden gesehen haben, was der Anklageapparat des Staates bisher gegen den Manager und seinen THW in Sachen Bestechung zusammengetragen hat. Gegen Schwenker wird wegen des Verdachts der Untreue, gegen den Ex-THW-Trainer Noka Serdarusic und zwei weitere Beschuldigte wegen Beihilfe zur Untreue ermittelt.

Ob es für eine Anklage reichen wird, steht laut Uwe Wick noch nicht fest. "Wir haben den Anfangsverdacht bejaht und befinden uns nun genau zwischen Anfangsverdacht und hinreichendem Tatverdacht, also mitten im Ermittlungsverfahren", sagt der Jurist.

Die Rechtsanwälte des THW hatten vor zehn Tagen angekündigt, dass nach Akteneinsicht alle notwendigen Schritte eingeleitet und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten. Was immer das heißen mag. Vielleicht geht es um den Job des Managers. Ob sich Schwenker vor dem Richter wird verantworten müssen, oder ob die Anklagepunkte dafür nicht ausreichen, ist unklar. Auf einen Zeitpunkt mochte sich Wick gestern nicht festlegen. Das könne sich hinziehen, denn "wir haben ein weiteres Rechtshilfeersuchen in Osteuropa erwirkt." Für welches Land, wollte der Oberstaatsanwalt nicht preisgeben. Zur Auswahl stehen: Russland, Polen, die Ukraine. Nicht nur aus dieser Region stammen zwielichtige Gestalten, die dem Handballsport dessen verbliebene Unschuld geraubt haben und ihn nun ins Koma legen. Fest steht, ob mit oder ohne Urteilsverkündung: In dieser Sportart wird nichts mehr so sein, wie es einmal war.

Zwei Jahre nach dem deutschen Gipfelsturm auf den Weltmeisterschaftsthron hat der Sport seine Glaubwürdigkeit verloren, er tritt auf Augenhöhe mit dem dopingverseuchten Radsport in die Pedale. Wie es dazu kam? Anfänge soll es schon in so genannten guten, alten Gummersbacher Zeiten gegeben haben. Andreas Thiel, ehemaliger VfL-Torhüter, heute Justiziar beim DHB, erzählte der "Welt": "Früher kamen Schiedsrichter aus Osteuropa mit einem kleinen Lada, der war leer, als sie in Gummersbach eintrafen, zurück war der vollgepackt bis unters Dach."

Heute, rund 30 Jahre später, liegt eine Gemengelage aus Verdächtigungen, Gerüchten und nachgewiesenen Betrügereien vor uns. Es fällt schwer, den Durchblick zu behalten. Täglich werden die verstörten Handball-Fans mit neuen Überraschungen konfrontiert.

Dass Andreas Rudolph, Präsident und Mäzen des HSV, die Gunst der Stunde nutzte, um bei einer peinlichen Selbstinszenierung "olle Kamellen" aufzufrischen, die er zwei Jahre vornehm zurückhielt (um nicht als Neider zu gelten...), ist nur eine unappetitliche Nebenerscheinung der Affäre.

Wie auch immer, Uwe Schwenker hockt in der Defensive, für ihn gilt natürlich weiter die Unschuldsvermutung. Skandale in der Wirtschaft oder gesellschaftlichen Gruppen enden meist mit einem oder mehreren Bauernopfern. Schwenker aber ist ein König in diesem Schachspiel. Wie es ausgehen wird, steht in den Sternen.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 02.04.2009)


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