11.06.2012 | Bundesliga |
Triple 2012! |
Kim Andersson ("An manchen Tagen gelingt alles") warf nicht nur 13 Tore, der Schwede bereitete auch zahlreiche Treffer vor. Unfassbar sein erfolgreicher Stemmwurf aus 13 Metern Torentfernung, als das angezeigte Passivspiel ihn zur Aktion zwang. Überragend auch Thierry Omeyer, der einige Tage zuvor seinen Wechsel nach Montpellier bekannt gegeben hatte. "Jetzt ist mein Kopf wieder frei", sagte der Franzose, der 22 Bälle parierte. "In den kommenden zwei Jahren bin ich aber noch durch und durch Kieler."
Der THW hatte an diesem Gala-Tag auf Henrik Lundström (Zerrung) und Christian Zeitz (Schulterprobleme) verzichtet, am Ende fehlte sogar Marcus Ahlm, der sich einen Krampf im Oberschenkel einhandelte.
Hüttenberg - THW: 20:38. |
Mit Torhüter Milos Putera steht nur ein Profi im Kader des erst 33-jährigen Trainers Jan Gorr, dem mit Abwehrchef Tomasz Jezewski und Mittelmann Florian Laudt zwei Säulen verletzungsbedingt fehlten. Nach einem 4:3-Start des Aufsteigers, der zuletzt vor 26 Jahren im Oberhaus gespielt hatte, nahm die Partie den gewohnten Verlauf. Die Gäste warfen von den folgenden 18 Toren 16 und führten zur Pause 19:6.
Nach wochenlangen Problemen mit seinen Achillessehnen gab Filip Jicha sein Debüt in der Start-Sieben. "Ich habe mir gesagt, dass mein Körper diese Pause offensichtlich braucht", sagte der Tscheche. "Ich musste lernen, das auszuhalten. Wie eine Grippe." In den ersten zehn Minuten stand er völlig neben sich, als er ab der 21. Minute einen zweiten Anlauf nahm, warf er sechs Tore. Beste Werfer waren Momir Ilic (9/3) und Tobias Reichmann (7).
THW - Göppingen: 28:20. |
Die Schwaben hielten nur in den ersten zehn Minuten (4:4) mit, dann verzweifelten sie an Omeyer und der immer besser funktionierenden 3:2:1-Deckung. Was noch? Beim Stand von 14:8 für die Gastgeber nahm Trainer Alfred Gislason erstmals in der Saison eine Auszeit. Und? Während der THW durch die Liga rauschte hatte der HSV in Berlin und Mannheim verloren, lag mit 2:4 Punkten bereits deutlich hinter den "Zebras" zurück. Linksaußen Dominik Klein nannte die HSV-Ergebnisse ein "Randthema", Gislason warnte, sich zu früh darüber zu freuen, das Auftaktprogramm des Meisters sei schließlich ein schweres. Das stimmte. Der HSV gewann anschließend 19 Pflichtspiele in Folge.
THW - Bergischer HC: 34:18. |
Der Tabellenführer hatte kurzfristig auf Aron Palmarsson verzichten müssen, der sich beim Aussteigen aus seinem Auto einen Hexenschuss zugezogen hatte. Für ihn sprangen andere in die Bresche. Beispielsweise Filip Jicha, der nach seiner langen Verletzungspause immer besser in Tritt kam. Oder Andreas Palicka (18 Paraden). In den Reihen der Gäste gab Junioren-Nationalspieler Hendrik Pekeler eine gute Figur ab. Der Kreisläufer war einst in Kiel ausgemustert worden, weil ihm die Disziplin eines Profisportlers gefehlt hatte. Die Vater-Figur Schmitz, so sieht es aus, hat ihm den richtigen Weg aufgezeigt.
Löwen - THW: 27:30. |
Es waren letztlich viele Schritte von Thierry Omeyer, die den Gipfel entschieden. Bei einer 24:22-Führung fing der Franzose einen Pass des Löwen-Torhüters Henning Fritz ab und dribbelte bis zum Torkreis der Gastgeber, um dann doch auf Daniel Narcisse abzuspielen. Während der Landsmann zum 25:22 traf, wollte Ober-Löwe Uwe Gensheimer den Kieler auf dem Rückweg stoppen und kassierte dafür eine Zeitstrafe, für die er wenig Verständnis hatte. "Er war in unserer Hälfte und irgendwo muss ich mich ja auch aufhalten dürfen, oder?"
Ohne ihn kassierten die Badener weitere Treffer und hatten bei einem Zwischenstand von 23:27 (53.) endgültig verloren. Ob er überlegt hätte, selbst zu werfen? "Klar", sagte Omeyer. "Aber dann wäre ich nicht mehr rechtzeitig im Tor gewesen." Er hätte sich gleich umgedreht und erst durch den Pfiff des Unparteiischen mitbekommen, dass Narcisse getroffen hatte.
THW - Hannover: 34:19. |
Die Niedersachsen, die kurz zuvor die Löwen besiegt hatten, gaben ein erschreckendes Bild ab. Eines, das Trainer Christopher Nordmeyer nicht beschönigen wollte. "Das Spiel wäre vermutlich genauso ausgegangen, wenn wir gut gespielt hätten." So spielte an diesem Abend nur eine Mannschaft - der THW. Das Gislason-Team zeigte nach der Pause phasenweise Zauber-Handball und wurde mit "La-Ola" belohnt.
Ein Höhepunkt war das Comeback von Christian Zeitz, der sich mit einem 117 Kilometer schnellen Unterarmwurf prächtig einführte. Was noch? Gislason verzichtete einmal mehr auf eine Auszeit. Der THW kassierte einmal mehr keine Strafzeit. Ein blütenweißer Sieg. Einer, den Milutin Dragicevic als Zuschauer erlebte. Nach der Rückkehr von Zeitz war er erstmals der 15. Mann, in der Liga sind aber nur 14 spielberechtigt.
Balingen - THW: 21:31. |
"Der Bayern-München- Effekt hat Kiel erreicht", erkannte Brack. "Nach dem Verlust des Titels sind die Spieler noch heißer, noch teamorientierter." In der 47. Minute kamen die Gastgeber, die zwischenzeitlich mit acht Toren zurückgelegen hatten, noch einmal auf 20:23 heran. Doch Kiel antwortete mit vier Toren in Folge. Gislason, der sich über 15 technische Fehler ("Ich kann mich nicht erinnern, wann es jemals so viele gewesen sind") ärgerte, lieferte auch den Satz des Tages. "Am meisten freut sich unser Sportausrüster adidas, denn wegen der aggressiven Balinger Deckung benötigen wir immer einen neuen Satz Trikots." 14:0 Punkte nach sieben Spielen. Ein Sieg fehlte noch, um den alten vereinsinternen Startrekord (15:1) zu verbessern.
Großwallstadt - THW: 25:32. |
Einigermaßen. In der 34. Minute führten die Gäste 20:8, Thierry Omeyer, der 53 Prozent der Würfe gehalten hatte, setzte sich auf die Bank - sein Arbeitstag schien beendet. Doch die Franken kämpften und hatten in der 48. Minute (21:25) wieder Sichtkontakt. Omeyer und der zehnfache Torschütze Filip Jicha waren schließlich die Motoren, die den THW-Express wieder in Fahrt brachten. Maßgeblichen Anteil hatte auch Momir Ilic, der wegen einer Fußverletzung das Feld nur bei Strafwürfen betrat: Sieben Würfe, sieben Tore.
THW - Melsungen: 28:23. |
Dass es keine böse Überraschung gab, lag einmal mehr an Thierry Omeyer. Der Franzose schnappte sich einen Heber von Michael Allendorf und riss beide Arme in die Höhe. Eine Jubelpose, die auch die entschlummernden Fans weckte. Neben Omeyer setzte nun Christian Zeitz die Glanzlichter. Der Linkshänder traf zum 20:19, bereitete das 22. Tor (Jicha) mit einem "Steal" vor und machte mit einem herrlichen Dreher (25:20/54.) alles klar. Für die Gäste gab es keine Punkte, aber Lob. "Es macht Spaß, Melsungen spielen zu sehen", sagte Gislason.
Berlin - THW: 32:33. |
Als der Franzose mit seinem neunten Tor zum 33:28 (55.) traf, schien der zehnte Saisonsieg perfekt zu sein. Doch der starke Silvio Heinevetter parierte nun Bälle am Fließband. Als Jicha zehn Sekunden vor dem Abpfiff an ihm scheiterte, lagen die Kieler nur noch mit einem Tor in Führung. Doch Sven-Sören Christophersen flog mit einem Heinevetter-Pass über die Seitenlinie - das Aus. Kiel siegte glücklich, aber letztlich verdient. Anschließend trennten sich die Wege der "Zebras", die sich in eine zehntägige Länderspielpause verabschiedeten.
Lübbecke - THW: 22:32. |
"Wir haben zu ängstlich gespielt", sagte TuS-Rückraumspieler Arne Niemeyer. "Wenn man mit Angst spielt, kann man gegen Kiel nichts erreichen." Einmal mehr zeigte Ilic seine Nervenstärke. Zwar zwickte weiter die Ferse des Serben, so dass er nur zu den Strafwürfen das Feld betrat. Eiskalt traf er fünfmal. Von 38 Strafwürfen, die er im bisherigen Verlauf der Bundesligasaison geworfen hatte, verfehlte nur einer sein Ziel. Auf der Tribüne saß die komplette Mannschaft des TBV Lemgo - der nächste Gegner.
THW - Lemgo: 35:26. |
Zum Spiel? Das fasste TBV-Manager Fynn Holpert so zusammen: "Wer als junger Spieler in einer solchen Halle gegen einen solchen Gegner spielen darf, muss sich zerreißen. Das hat gefehlt."
Wetzlar - THW: 24:28. |
"Gegen Lübbecke und Lemgo haben wir phasenweise sehr gut gespielt", sagte Christian Sprenger (6), zweitbester Werfer hinter Jicha (9). "Heute ist uns das nicht so gut gelungen." Am Kreis bekam Milutin Dragicevic seine Chance, doch der Serbe, zuletzt ohne Spielpraxis, suchte vergeblich die Eingangstür. Auch Daniel Kubes konnte die Lücke nicht schließen, die Ahlm hinterlassen hatte. Der Schwede sollte noch weitere drei Wochen ausfallen. In Wetzlar schien es so, als wäre sein Fehlen nicht zu kompensieren.
Magdeburg - THW: 26:33. |
Lange sah es so aus, als würde der Bettenwechsel nicht viel ändern. Nach 37 Minuten führte das Team von Frank Carstens 16:15, dann fiel die Hallenuhr aus. Die Partie wurde minutenlang unterbrochen, der THW wirkte angeschlagen. "Nach der Unterbrechung kamen wir viel besser rein", sagte Gislason. "Vielen Dank für die Panne." Tatsächlich war der Isländer gar nicht glücklich über die Pause, schließlich gab sie den Gegnern die Möglichkeit, in der Tempo-Hatz Luft zu holen. Das war nicht geplant. Also griff Gislason zu Plan B: Filip Jicha, dem im Rückraum wenig gelungen war, rückte an den Kreis. Für Thiery Omeyer kam Andreas Palicka und für Kim Andersson der letztlich neunfache Torschütze Christian Zeitz - drei Asse, die stechen sollten. Als die Uhr wieder tickte, führte der THW bereits mit 26:20. Die Entscheidung. Der 14. Sieg in Folge.
Flensburg - THW: 27:32. |
Die Gäste lagen schnell mit 0:3 zurück, die "Hölle Nord" kochte, doch die Kieler zeigten keine Nerven. Auch nicht, als Marcus Ahlm (3. Zeitstrafe/35.) das Feld räumen musste. Mit Filip Jicha, der zwölf Tore warf, hatte sich längst Ersatz gefunden. Da der HSV in Lübbecke mit 31:32 verlor, bauten die "Zebras" ihren Vorsprung aus. "Das war unser bestes Spiel seit Wochen", freute sich Alfred Gislason. Der besiegte Kollege Ljubomir Vranjes erklärte die Kieler zum Meister. "Wenn sie alle gesund bleiben, sind sie nicht zu stoppen."
THW - Hamburg: 30:25. |
Letztlich waren es aber die vielen Kieler Fehler, die den HSV im Spiel beließen. Obwohl Hans Lindberg vier Siebenmeter verwerfen durfte, ohne von Carlen daran gehindert zu werden, drehte der Meister das Spiel, führte gar mit 19:18 (40.). Doch bei einem Zwischenstand von 25:25 (52.) schloss Thierry Omeyer sein Tor ab. Acht Minuten, die die "Zebras" für fünf Tore nutzten.
"Als es kritisch wurde, hat die Mannschaft gezeigt, dass sie einen guten Charakter hat", sagte Momir Ilic, mit zehn Toren bester Werfer im Gipfeltreffen. Für gute Laune sorgte auch Christian Sprenger, der einen Freiwurf listig direkt verwandelte, als Johannes Bitter noch mit seinen Vorderleuten diskutierte, und der HSV-Kasten verwaist war.
Mit dem Sieg baute der THW seinen Vorsprung auf den HSV auf acht Punkte aus. Zum Titel wollte HSV-Präsident Martin Schwalb noch nicht gratulieren. "Ich habe noch nie gehört, dass eine Meisterschaft schon im Dezember entschieden worden ist."
THW - Hildesheim: 31:22. |
Sollte sich Geschichte mit umgekehrten Vorzeichen wiederholen? Nein. Der Aufsteiger war chancenlos. Auch, weil Andreas Palicka 21 Bälle parierte. Der Schwede durfte von Beginn an mitwirken und zahlte das Vertrauen zurück. Stark auch Momir Ilic, der zehn Tore warf.
Nach der Verletzung von Marcus Ahlm warf Filip Jicha seine Tore erstmals vom Kreis und wurde in Magdeburg zum Matchwinner.
Das Hildesheim-Spiel war in doppelter Hinsicht eine Premiere: Gislason trug erstmals im Amt eine Brille. "In Flensburg habe ich zum ersten Mal nicht mehr erkennen können, wann unsere Zeitstrafen enden", sagte der Isländer. "Die Zahlen auf der Anzeigetafel waren zu klein. Und in Kiel sind sie nicht größer. Ich bin jetzt offiziell alt geworden." Den Durchblick behielt er trotzdem, was gegen den biederen Gast auch keine unmenschliche Aufgabe war. Und der Startrekord? "Ich kann das Gerede nicht mehr hören", sagte Gislason. "Wenn meine Spieler jetzt immer nur vom Rekord hören, können sie schnell den Blick für das Wesentliche verlieren."
Gummersbach - THW: 25:28. |
Trotzdem wäre es am Ende fast noch ein Krimi geworden, als der VfL nach einer Kieler Sechs-Tore-Führung zwei Minuten vor dem Abpfiff auf zwei Tore verkürzte. Dann patzte Adrian Pfahl und den Fehler bestrafte Jicha mit einem Tempogegenstoß. Nach dem letzten Kraftakt des Jahres dankte Gislason seinem Team ausdrücklich für die "super Leistungen in der Hinrunde", verabschiedete sich mit einem tiefen Seufzer in den Kurzulaub. "Ich fahre jetzt in mein Haus bei Magdeburg und schalte mein Handy aus."
THW - Hüttenberg: 31:20. |
Weil mit Aron Palmarsson und Filip Jicha zwei Mittelmänner verletzungsbedingt ausfielen, durfte sich Dominik Klein als Regisseur versuchen, Palmarsson als Assistent von Alfred Gislason die Statistiken führen.
Einen Blitzstart legte Christian Zeitz hin, der zur 8:3-Führung fünf Tore und eine Vorlage beisteuerte. Die unterlegenen Hessen strahlten auch noch nach dem Abpfiff. "Als wir im Sommer aufgestiegen sind, war mein erster Gedanke, dass wir jetzt in der Sparkassen-Arena spielen dürfen", sagte Stefan Lex. "Heute ging der Traum in Erfüllung."
Bergischer HC - THW: 21:34. |
Beim THW gab Filip Jicha, der in den ersten elf Minuten alle Tore (4) der "Zebras" warf, sein Comeback. Die "Löwen", 2006 durch eine Fusion der Traditionsclubs SG Solingen und LTV Wuppertal entstanden, hatten kurz zuvor in Hannover gewonnen und waren mit Rückenwind in dieses ungleiche Duell gestartet, in dem Thierry Omeyer für Entzücken auf den Rängen sorgte, als er wie ein Quarterbacks die Bälle zentimetergenau über die Gegner hinweg in die Hände seiner Mitspieler warf.
THW - Löwen: 33:25. |
Einen Sahnetag erwischte Filip Jicha, der bei elf Versuchen zehn Treffer erzielte. Hinter einer starken Deckung schwang sich Thierry Omeyer zu einer Weltklasse-Leistung auf. Eine, die besonders bei Karol Bielecki Wirkung zeigte. Als der Pole traf, führte Kiel 26:17 (46.) und Bielecki, inzwischen von den THW-Fans bemitleidet, bekam Applaus. Die Reise hatte für die Löwen von Beginn an unter keinem guten Stern gestanden. Weil das Flughafenpersonal in Frankfurt streikte, waren sie mit dem Bus angereist. Und dann fiel im Hotel der Strom aus, so dass Gudmundur Gudmundsson ("Kiel ist in einer anderen Liga") mit seinem Team bei Kerzenlicht frühstückte. Die Löwen waren das letzte deutsche Team gewesen, das die Kieler Festung stürmen konnte. Es geschah am 6. April 2011 (33:31). Es wiederholte sich nicht.
Hannover - THW: 24:43. |
Die Niedersachsen hatten kurz zuvor im Pokal-Viertelfinale einen brauchbaren Gegner abgegeben, doch in der Liga waren sie nur ein Trainingspartner. Die größte Hürde hatten die Gäste schon vor dem Anpfiff genommen. Kurz hinter dem Elbtunnel war die Benzinleitung des Busses gerissen, und der THW-Tross musste eine Stunde auf ein Ersatzfahrzeug warten. Es fehlte Tobias Reichmann, der sich im Pokalspiel eine Knochenabsplitterung am Unterarm zugezogen hatte. Einen großartigen Abend erwischte Thierry Omeyer, der bei seiner Auswechslung eine Quote von 56 Prozent vorweisen konnte. Weil Berlin (30:30 gegen Göppingen) und Hamburg (26:26 in Hüttenberg) Federn ließen, vergrößerte der THW sein Polster auf acht bzw. neun Punkte.
THW - Balingen: 35:21. |
Was noch? Held des Abends wurde Jannick Boldt, der für die verletzten Rechtsaußen Christian Sprenger und Tobias Reichmann nachgerückt war. Der A-Jugendliche warf zwei Tore und wurde gefeiert.
THW - Großwallstadt: 28:15. |
Nach einer Viertelstunde lag das Team von Peter David, das dem Zeitspiel eine neue Dimension der Langsamkeit verlieh, 2:9 zurück. In den ersten acht Minuten hatten die Gastgeber nur 60 Sekunden lang den Ball, nutzten diese Zeit aber für drei Tore. Die TVG-Quote: Sieben Minuten, ein Tor.
Filip Jicha kugelte sich den Zeigefinger der rechten Hand aus, justierte ihn mit Tape am Mittelfinger und kehrte auf das Feld zurück. Nötig wäre es nicht gewesen, die Überlegenheit der "Zebras" war zu deutlich. Saisonübergreifend hatten sie nun 27 Spiele gewonnen. Das war bislang nur einem Team gelungen - dem THW in der Saison 2008/2009. "Die Abwehr der Kieler ist Perfektion pur", lobte TVG-Trainer David. "In dieser Verfassung, die der THW hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie noch einen Punkt abgeben werden."
Melsungen - THW: 19:27. |
4100 Zuschauer waren auf das Messegelände in Kassel gepilgert, der Saisonrekord hatte zuvor bei 3000 gelegen. Für gute Stimmung sorgte Katja Friedenberg, die seit ihrem Auftritt bei "Voice of Germany" einem Millionenpublikum bekannt ist. Sie sang "Mercy" - Gnade. Doch die konnten die Melsunger nicht erwarten, der THW wollte seine Serie auf 50:0 Punkte ausbauen. Und nicht nur das. Mit dem 15. Auswärtssieg in Folge brach das Gislason-Team einen weiteren Rekord. Eine solche Serie war nur zweimal einem Bundesligisten gelungen - dem THW.
THW - Berlin: 36:28. |
Es wurde auch für Silvio Heinevetter ein denkwürdiger Abend. Der Nationaltorhüter ließ sich nach zehn Minuten entnervt für Petr Stochl auswechseln. Der Tscheche erwischte einen Traumstart, hielt drei Bälle innerhalb von fünf Sekunden, konnte den THW-Express aber nur bis zur 36. Minute aufhalten. Anschließend bauten die Kieler ihren Drei-Tore-Vorsprung (22:19) kontinuierlich aus. Aus einem starken Team ragte Kim Andersson heraus, dem einmal gar fünf Tore in Folge gelangen. "Ein solches Spiel macht es uns immer schwerer, ihn gehen zu lassen", sagte Manager Klaus Elwardt. Die AG Kopenhagen, bei der Andersson einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben hatte, wollte ihn in diesen Tagen bereits zur kommenden Saison aus seinem Vertrag auslösen.
Lemgo - THW: 25:31. |
In der letzten Viertelstunde legte der eingewechselte Andreas Palicka mit seinen Paraden den Grundstein dafür, dass sich die Kieler von 22:22 auf 28:22 (54.) absetzen konnten. Nach dem Abpfiff sollte Mait Patrail, dreifacher Torschütze für den TBV und seit einigen Jahren im Fokus des Rekordmeisters, sagen, dass er von einer Zukunft im THW-Trikot träumen würde. Tatsächlich unterschrieb der Este in Doha (Katar), weil der TBV, der von seinen Leistungen wenig angetan war, ihn vor die Tür setzte.
Göppingen - THW: 23:33. |
"Ich werde mit der Mannschaft heute ein Bier trinken", sagte Alfred Gislason. "Aber wir feiern nicht, dafür haben wir keine Zeit." Auf die Frage, ob die makellose Saison möglich sei, antwortete Gislason, dass jeder Handballer davon träumen würde. "Vor einem halben Jahr hätte ich nicht gedacht, dass wir den heute noch träumen dürfen." Ähnlich wie andere Trainerkollegen zog auch Velimir Petkovic seinen Hut. "Was der THW spielt, ist nicht zu fassen. Da stehen selbst Fachleute vor einem Rätsel."
THW - Magdeburg: 32:27. |
Für den unrühmlichen Höhepunkt sorgte Bennet Wiegert, der 13 Sekunden vor dem Abpfiff bei einem Gegenstoß Thierry Omeyer den Ball an den Kopf knallte. Der erregte Franzose konnte von seinen geistesgegenwärtigen Kollegen daran gehindert werden, sich auf den Magdeburger zu stürzen. Alfred Gislason nahm trotz des klaren Spielstandes eine Auszeit, um die Gemüter zu beruhigen. Er fürchtete, dass sein Torhüter die Fassung verlieren und für die Pokal-Endrunde gesperrt werden würde. Während seine Spieler sich Bier aus großen Gläsern in den Nacken kippen und im Konfettiregen tanzten, verschwand Gislason mit den Worten "morgen um zehn Uhr ist wieder Training" in der Kabine. Letztlich ließ er das morgendliche Auslaufen auf Bitten der Spieler dann doch ausfallen.
Hamburg - THW: 34:38. |
Die Hausherren, die auf die verletzten Johannes Bitter, Bertrand Gille und Oscar Carlen verzichten mussten, waren chancenlos und kassierte die erste Heimniederlage in der Bundesliga seit zwei Jahren. Vor allem Kim Andersson (11 Tore) und Momir Ilic waren in diesem Spiel, das zu einer ungewöhnlichen Uhrzeit (13.10 Uhr) angepfiffen worden war, nicht zu halten. "Vorher habe ich noch gerätselt, wen ich aufstellen soll", sagte Alfred Gislason. "Und dann liefert meine Mannschaft ein solch überragendes Spiel ab. Ich bin sehr stolz auf die Jungs." Die Null, so der THW-Trainer, sei für ihn nur ein Randthema gewesen. Spätestens nach dem Erfolg gegen den Ex-Meister wollte aber auch der Isländer die "weiße Weste" wahren.
THW - Wetzlar: 33:27. |
"Ich habe einige unruhige Nächte hinter mir", sagte Reichmann, der sogar in der Start-Sieben stand, weil Christian Sprenger pausieren sollte. Das Team von Kai Wandschneider, der zwei Leistungsträger geschont und drei A-Jugendliche mitgenommen hatte, wehrte sich wacker. Doch als in der 43. Minute Thierry Omeyer, Filip Jicha, Kim Andersson, Daniel Narcisse und Sprenger eingewechselt wurden, gaben die Gäste auf. "Als Kiels erste Garde kam, war das Spiel schnell entschieden", sagte HSG-Rechtsaußen Peter Jungwirth.
THW - Lübbecke: 27:24. |
Hildesheim - THW: 24:35. |
THW - Gummersbach: 39:29. |
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 11.06.2012)
(11.06.2012) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |