01.10.2011 | Verein |
Damals, das war vor nun bald drei Jahren. Da kann das Erinnerungsvermögen schon mal leiden, auch wenn es um zwei für den Verlauf der Manipulations-Affäre entscheidende Termine geht und für spannende Tage dazwischen: den Abend des 1. Februar 2009, als Schwenker Nielsen die Bestechung bestätigt haben soll, und den 11. Februar, als Nielsen mit Löwen-Manager Thorsten Storm und dem Anwalt Christian Wiegert Herrn und Frau Serdarusic in Kiel aufsuchte.
Wenn der Arbeit von Anwälten eine klare Strategie zugrunde liegt, dann bezieht sich diese gestern darauf, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu diskreditieren. Gewisse Erfolge sind unverkennbar. Wann Nielsen erstmals von den Vorwürfen erfahren hat, bleibt ebenso offen wie die Frage, warum er in Serdarusic' Haus ein so spektakuläres Beweisstück wie die Selbstanzeige des kroatischen Geldboten Nenad Volarevic an die polnischen Finalschiedsrichter von 2007 nicht selbst in Augenschein genommen haben will. Dabei existiert von Thorsten Storm eine Aussage, das von Serdarusic präsentierte Dokument sei "von allen gesehen worden".
In diesem ominösen Papier bezichtigt Volarevic nur Schwenker der Manipulation, nicht aber Serdarusic. Dieser wies seine Frau Mirjana nach diesem Abend an, das Schriftstück zu verbrennen. Dessen Original, aufgesetzt von einem Berliner Anwalt, wurde bei einer Durchsuchung in dessen Kanzlei nicht gefunden. Laut Schwenkers Anwalt Michael Gubitz könnte es sich bei dieser Selbstanzeige um eine Fälschung handeln, mit der Serdarusic den verzweifelten Versuch unternahm, seinen im Juli 2009 beginnenden und mit monatlich 17 000 Euro netto dotierten Vertrag mit den Löwen zu retten.
Sollte dies so gewesen sein, dann ist dies gründlich misslungen. Für Jesper Nielsen war nach diesem Abend jedenfalls klar, dass Serdarusic, da zumindest Mitwisser, als Löwen-Trainer untragbar sein würde. Damit war auch der am 14. Januar 2009 geschlossene Vorvertrag mit THW-Star Nikola Karabatic nur noch Makulatur. In dieser Vereinbarung, die Schwenkers Verteidigung gestern aus den Akten zog, war mit dem Franzosen eine Zusammenarbeit ab 1. Juli 2009 vereinbart worden, obwohl dieser noch bis 30. Juni 2012 beim THW unter Vertrag stand. Die Mannheimer offerierten ihm ein Netto-Monatsgehalt von 30 000 Euro und zusätzliche 165 000 Euro pro Jahr als Werbeträger von Nielsens Unternehmen Pandora. Für die Verteidigung ergibt sich daraus ein Zusammenhang mit Serdarusic' Äußerung im Dezember 2008, er habe gegen den THW etwas in der Hand, um Karabatic ablösefrei schon im Sommer 2009 zu bekommen. Sollten die Löwen Schwenker und den THW tatsächlich mit den Manipulationsgerüchten erpresst haben?
"Ich habe als Verteidiger gelernt, nicht frühzeitig zu euphorisch zu sein, aber heute erfuhren wir so viele Widersprüche, da kann ich nur verwundert sein, dass eine Anklage überhaupt erfolgt ist", lautete eine Schlussfolgerung von Michael Gubitz. In einem zentralen Punkt steht die Widerlegung von Nielsen jedoch noch aus: Hat Schwenker ihm gegenüber am 1. Februar 2009 in Zagreb tatsächlich Bestechungen eingeräumt? Als nächster Zeuge wird am Donnerstag der frühere THW-Gesellschafter Hubertus Grote dazu seine Version erzählen.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2011)
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