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23.11.2011 Verein

Kieler Nachrichten: Leichen im Keller und eine Bombe in Kiel

Handball-Prozess: Storms getrübte Erinnerung

Aus den Kieler Nachrichten vom 23.11.2011:

Kiel. Wer glaubt, Gedächtnislücken entstünden erst im fortgeschrittenen Alter, der wurde gestern vor dem Kieler Landgericht eines Besseren belehrt. Im Prozess gegen Ex-THW-Manager Uwe Schwenker und den früheren Trainer Noka Serdarusic offenbarte der Zeuge Thorsten Storm große Erinnerungsprobleme.
Am elften Verhandlungstag stellt sich der 47 Jahre junge Manager des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen den Fragen der Verteidigung. Das mag in einem Strafprozess eine undankbare Aufgabe sein, für Storm scheint sie häufig aber sogar unlösbar. Der Standardsatz des ehemaligen Marketing-Mitarbeiters des THW Kiel lautete: "Daran kann ich mich nicht erinnern." Das beginnt mit der vergleichsweise noch harmlosen Frage von Serdarusics Verteidiger Marc Langrock, ob er, Storm, Schwenker gegenüber Serdarusic einmal als "Ratte" bezeichnet habe, und endet mit der Konfrontation des Zeugen mit einer Aussage seines Vaters Thomas. Doch dazu später.

Im Saal 232 geht es zunächst einmal um zwei Gespräche, die Thorsten Storm am 25. Januar 2009 und am 11. Februar 2009 im Hause Serdarusic in Russee geführt hat. Langrock möchte wissen, ob Serdarusic, der am 29. Dezember 2008 einen Vertrag mit den Löwen unterzeichnet hatte, der am 1. Juli 2009 in Kraft treten sollte, im ersten Gespräch von Löwen-Anwalt Christian Wiegert (Gettorf) darauf hingewiesen worden sei, dass seine Aussagen vertraulich behandelt werden würden. "Gespräche mit Anwälten", weiß Storm, "sind immer vertraulich."

Eine Belehrung Serdarusics über mögliche Folgen seiner Aussagen gab es auch am 11. Februar offenbar nicht. Zumindest kann Storm sich daran nicht erinnern. An diesem Abend empfing das Ehepaar Serdarusic in Russee zusätzlich zu Storm und Wiegert noch Löwen-Sponsor Jesper Nielsen. Für die Löwen ging es laut Storm darum, Beweise für oder gegen angeblich von Schwenker vorgenommene Spiel-Manipulationen präsentiert zu bekommen. Mirjana Serdarusic zeigte ihren Gästen damals unter anderem die Kopie einer angeblichen Selbstanzeige des Kroaten Nenad Volarevic, in der dieser sich bezichtigen soll, den polnischen Schiedsrichtern des Champions-League-Finales von 2007 zwischen Kiel und der SG Flensburg-Handewitt in Warschau das Bestechungsgeld überbracht zu haben. Da das Schriftstück von Mirjana Serdarusic nach diesem Gespräch verbrannt wurde und auch bei dem Berliner Anwalt Björn Sendke, auf dessen Briefpapier es verfasst wurde, nicht auffindbar war, scheint die Kammer den Verdacht zu hegen, dabei könne es sich um eine Fälschung handeln. Richter Matthias Wardeck will von Storm jedenfalls wissen, ob ein Löwen-Vertreter die Frage gestellt habe, ob das Schriftstück echt sei. "Ich glaube nicht", antwortet Storm.

Erinnern kann sich der Löwen-Manager auch nicht mehr daran, wann er zum ersten Mal von den Manipulationsvorwürfen erfahren hat. War es womöglich vor Serdarusics Vertragsunterzeichnung? Mühsam kann Schwenkers Anwalt Michael Gubitz Storm entlocken, dass es eher danach gewesen sei, so etwa Anfang oder Mitte Januar 2009. Allerdings hat Storm nach KN-Informationen einem Journalisten bereits am 23. Dezember 2008 gesagt: "In Kiel platzt bald eine Bombe."

Erinnern kann Storm sich immerhin, dass er den THW niemals mit den Manipulationsgerüchten versucht habe zu erpressen, um Nikola Karabatic im Sommer 2009 vorzeitig aus seinem Vertrag mit dem THW preisgünstig auslösen zu können. Doch dann hält Gubitz dem Zeugen eine Aussage seines Vaters vor. Darin schildert Thomas Storm: "Mein Sohn hat mir im Januar 2009 erklärt, dass der THW eine Leiche im Keller habe und Serdarusic ihm gesagt habe, die Löwen könnten Karabatic umsonst kriegen." Auch daran kann sich Storm jr. nicht erinnern: "Ich glaube nicht, dass ich das gesagt habe."

Gubitz hat anschließend keine weiteren Fragen mehr, während sein Kollege Langrock Widerspruch einlegt: Die Aussagen Storms zum 25. Januar und 11. Februar 2009 über die Gespräche im Hause Serdarusic verstießen gegen arbeitsrechtliche Grundsätze und dürften deshalb nicht in das Urteil einfließen. Ende einer spannenden Zeugenvernehmung.

(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 23.11.2011)


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