01.12.2011 | Verein |
Knapp fünf Stunden lang schilderte der 51-Jährige bildreich seine Erinnerungen an zwei Daten, die für die Ermittlungen von entscheidender Bedeutung sind. Eines ist der 25. Januar 2009, an dem Thorsten Storm, Geschäftsführer des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen, ihn als Rechtsbeistand zum Haus des Ehepaares Serdarusic bat. Das andere ist der 11. Februar 2009, als Wiegert, Storm und Löwen-Gesellschafter Jesper Nielsen ebenfalls im Serdarusic-Haus in Russee angebliche Beweise für die Manipulation des Final-Spiels gegen die SG Flensburg vorgelegt wurden. Wiegert, der sich als enger Storm-Freund bezeichnete, verstand sich offenbar als warnender Zeigefinger für die Löwen. Er will immer wieder auf die "Gemengelage" hingewiesen haben, die durch die Verpflichtung von Serdarusic entstanden war.
Es wird schnell deutlich, dass Wiegert kein Handball-Experte ist. Durchgängig spricht er von "Herrn und Frau Seradusic" und lässt sich auch von seinem Buchstabendreher nicht dadurch abbringen, dass der Vorsitzende Richter Matthias Wardeck den Namen betont korrekt ausspricht. An den Namen des angeblichen Mittelsmannes Nenad Volarevic, der einem Final-Schiedsrichter in Warschau 45 000 Euro übergeben haben soll, könne er sich nur deshalb erinnern, weil er so ähnlich klingen würde wie der des Barockmalers Velazquez. Er sei schockiert gewesen, als am Abend des 11. Februar von den anderen Beteiligten über eine Parallelwelt berichtet wurde, in der es ein "etabliertes System" sei, Schiedsrichter zu bestechen. Es ginge, so Wiegert, offenbar nur darum, im Umgang mit ihnen das größere Geschick zu beweisen. Er bestätigte, dass er das angebliche Bekennerschreiben von Volarevic gesehen habe. Für ihn als Anwalt sei aber nur interessant gewesen, ob es sich um eine Urkunde gehandelt hätte. "Das war es definitiv nicht." Er könne sich zwar an eine Unterschrift auf der Faxkopie erinnern, aber ein Siegel hätte gefehlt.
Die Verteidigung wirft den Löwen-Verantwortlichen vor, das Wissen um die angebliche Manipulation benutzt zu haben, um die Kieler zu erpressen. Ziel soll gewesen sein, die langfristig gebundenen Nikola Karabatic und Vid Kavticnik kurzfristig auszulösen. Wiegert, der sie lediglich als einen "besonders wichtigen Spieler" (Karabatic) und "einen weiteren" erinnert, bestritt, dass in seinem Beisein jemals das Wort "Erpressung" gefallen sei. Wenn, dann hätte er sein Mandat sofort niedergelegt. Außerdem sei "Storm auch nicht der Typ dafür".
Es wäre für ihn zwar ein logisches Motiv dafür gewesen, dass die Eheleute "Seradusic" ihnen die angeblichen Beweise vorgelegt hätten. Aber das wäre nicht in einen Zusammenhang gebracht worden. So will der Rechtsanwalt aus Flintbek bis heute darüber rätseln, welchen Sinn es gehabt haben soll, Schwenker der Bestechung zu bezichtigen. "Hybris, Intrigen, Katharsis und eine Frau, die den Dolch reicht", sagte Wiegert, der sich zunehmend in die Rolle des Schöngeistes verliebte. "Das ist der Stoff, aus dem Tragödien sind." Eine Frau - damit ist Karin Schwenker gemeint, die mittlerweile geschiedene Ehefrau von Uwe Schwenker. Sie soll die belastenden Unterlagen gesammelt und ihrer Freundin Mirjana Serdarusic gegeben haben, weil sie, so Mirjana Serdarusic zu Wiegert, "Angst vor ihrem Mann" hatte.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 01.12.2011)
(01.12.2011) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |