21.12.2011 | Verein |
Die Serdarusic-Verteidiger werfen der Staatsanwaltschaft zudem vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass die Beklagten bestochen haben könnten, um so einen fairen Ablauf des Final-Rückspiels zu gewährleisten. Quasi eine Bestechung im positiven Sinne. Schwenker und Serdarusic als die letzten Edelmänner im EHF-Sumpf?
In diesem Rahmen würde sich das Fax, in dem Schwenker am 28. Februar 2003 vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen Ljubljana die Kontaktdaten der beiden Schiedsrichter-Paare an "Dear Nenad" Volarevic "as promised" schickte, wie folgt erklären lassen: Obwohl der Kroate, in dem die Staatsanwaltschaft einen Geldboten vermutet, ihre Telefonnummern vor den Spielen am 2. und 9. März erhielt, kam er zu spät, um die Unparteiischen noch gegen eine Manipulation des Gegners absichern zu können. Der THW unterlag nach einem 33:33 in Slowenien überraschend im Rückspiel mit 26:28.
Serdarusic gab anschließend auf der Pressekonferenz den ungarischen Gebrüdern Kekes eine Mitschuld. "Ich fühle mich von ihnen verschaukelt", sagte er damals. "Ihre Leistung macht mich nachdenklich." Die Verantwortlichen des THW Kiel, so die Theorie der Serdarusic-Verteidigung, wären in der Vergangenheit daran verzweifelt, dass der Verein die Champions League trotz der wiederholten Versuche nicht gewinnen konnte, obwohl die Mannschaft über die entsprechende Qualität verfügt hätte. Der mangelnde Erfolg soll in erster Linie dadurch begründet gewesen sein, dass Schiedsrichter bestochen würden.
Hierfür soll es mittlerweile Beweise geben. Eine Manipulation zu Gunsten des THW Kiel sei nie im Interesse der Verantwortlichen des Rekordmeisters gewesen. Sie wären damit zufrieden gewesen, wenn die Schiedsrichter ihrer Rolle als Unparteiische gerecht geworden wären. Außerdem sei der Tatbestand der Untreue haltlos, schließlich wären, wenn überhaupt, die gängigen Preise dafür bezahlt worden, um sich davor zu schützen, dass die polnischen Final-Schiedsrichter vom Gegner bestochen werden. Um so eine neutrale Leitung des Rückspiels zu gewährleisten, das der THW am 29. April 2007 mit 29:27 gewann (Hinspiel 28:28). Deshalb sei dem THW kein Schaden entstanden.
Untreue läge auch deshalb nicht vor, weil der THW durch den erstmaligen Sieg in der Champions League keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe. Zwar habe der Sieger von der EHF 160 000 Euro mehr Prämien erhalten als der Besiegte, die SG Flensburg. Da aber an Spieler (rund 180 000 Euro) und Trainer (30 000 Euro) Prämien ausgeschüttet worden seien, die den Beteiligten nur im Erfolgsfall zugestanden hätten, habe der THW keinen Gewinn durch den Sieg erzielt. Im Gegenteil.
Da, in der Logik der Staatsanwaltschaft, für den Finalerfolg auch die 92 000 Euro für die polnischen Schiedsrichter berücksichtigt hätten werden müssen, habe der Sieg ein Minus von rund 140 000 Euro zur Folge gehabt. Die Verteidigung stellt sich die Frage, warum die Anklage behaupten kann, dass die Motivation Bereicherung gewesen sein soll. Hat sich die Staatsanwaltschaft verrechnet?
In ihrer Schutzschrift betont die Verteidigung, dass das 72 Seiten umfassende Papier keineswegs als Schuldgeständnis zu verstehen sei. Es solle aber deutlich machen, dass die Vorwürfe (Betrug und Untreue) auch dann nicht den Tatbestand einer Straftat erfüllen würden, wenn die Final-Schiedsrichter tatsächlich durch die Beklagten bestochen gewesen sein sollten.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 21.12.2011)
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