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31.12.2011 Verein

Kieler Nachrichten: Abpfiff: Schwenkes Zukunft und Schwenkers Vergangenheit

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.12.2011:

Dass die Handball-Hauptstadt Kiel mit dem THW bundesweit positive Schlagzeilen (Sport!) produziert, ist Normalität. Neu ist, dass am Ende des Jahres auch die Fußballer im Scheinwerfer posieren: Holsteins großartige Erfolge im DFB-Pokal sorgten für Furore, dazu das Losglück mit Meister Dortmund - Kiel wird plötzlich auch überregional nicht mehr nur eindimensional wahrgenommen.
Das ist gut; und wenn nicht alles täuscht, wird es so weitergehen. Denn hinter Erfolgen stecken bekanntlich schlaue Konzepte, hervorgebracht durch kluge Köpfe. Nach unendlichen Jahren mit Irrtümern und Erfolglosigkeit haben die Verantwortlichen des Fußball-Clubs über den Tellerrand geschaut - und sich beim großen Bruder Handball Hilfe geholt. Seitdem der ehemalige THW-Nationalspieler Wolfgang Schwenke Holsteins Geschicke in der Geschäftsführung an der Seite von Fußball-Fachmann Andreas Bornemann lenkt, stehen die Ampeln auf Grün. Nicht nur im Pokal läuft der Ball rund, auch der rasche Aufstieg in Liga drei (und mehr) muss kein Traum bleiben.

Schwenke hat mit Beharrlichkeit und Kreativität viel bewirkt. Und ein Gerangel der beiden Vereine um Aufmerksamkeit und Fans ist nicht zu befürchten. Die Sportstadt Kiel verträgt beide. Kürzlich erst wollten 10 000 Menschen ein relativ unbedeutendes Handballspiel gegen Schlusslicht Hildesheim sehen, zeitgleich waren über 10 000 bei Holsteins Pokal-Coup über Mainz dabei.

Eine historische Saison zeichnet sich beim THW ab. "Die 36:0-Punkte-Mannschaft" titelte am Mittwoch die Süddeutsche, machte eine tiefe Verbeugung vor den besten "Zebras" der bisherigen Vereinsgeschichte. Dabei hätte Kiels Dominanz längst gebrochen sein müssen - wären die angeblichen Absichten der Konkurrenz vom HSV oder den Rhein-Neckar Löwen aufgegangen. Als die Lawine im Schiedsrichterbestechungs-Skandal losbrach, wurde sie kräftig aus diesen Richtungen befeuert. Ziel soll es gewesen sein, die Gunst der Stunden zu nutzen, um Manager Uwe Schwenker aus dem Amt zu befördern. Denn ohne Schwenker, so die Annahme, der bis dahin chancenlosen Konkurrenten, geriete der THW garantiert ins Trudeln.

Nun, der Plan mit Schwenker ging auf, Kiels ehemaliger Manager trat 2008 unter Druck zurück. Sonst aber blieb alles beim Alten: Auch mit ihrem neuen Führungsteam galoppierten die "Zebras" weiter von Titel zu Titel, jetzt schon im dritten Jahr. Derweil scheitern die Löwen regelmäßig an der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Hamburg feierte 2011 zwar die Meisterschaft - auch weil das Verletzungspech Dauergast in Kiel war - aktuell herrscht aber das Chaos an der Elbe. Die Titelverteidigung ist nach vier Niederlagen schon bei Halbzeit verspielt, Trainer Per Carlen wurde am Donnerstag an die Luft gesetzt.

"Wir können uns nur selber schlagen", erklärte kürzlich THW-Linksaußen Dominik Klein. Wohl wahr, aber das gilt nicht allein für die Mannschaft mit ihren Spielen in der Rückrunde. Kleins Zitat bekäme vor allem auch Gültigkeit für das Umfeld. Eisern hält sich das Gerücht, dass Uwe Schwenker, vorausgesetzt, er würde am 26. Januar im Prozess vor dem Kieler Landgericht freigesprochen werden, wieder in ein führendes Amt beim THW zurückstreben. Würde das Wirklichkeit werden, stünde der Club vor einem Selbstzerfleischungsprozess mit möglichen verheerenden Folgen. Die aktuelle Führung unter Aufsichtsrats-Chef Klaus-Hinrich Vater ist strikt gegen eine Rückkehr Schwenkers.

Grundsätzlich wäre gegen ein Bundesliga-Comeback Schwenkers kaum etwas einzuwenden. Mit eben der Ausnahme einer Rückkehr zum THW Kiel. Weil: Das berühmte G'schmäckle bleibt.

Alles hat seine Zeit, die von Wolfgang Schwenke bei Holstein Kiel ist gerade angebrochen, Schwenkers THW-Zeit dagegen (erfolgreiche) Vergangenheit. In seinen Adern fließe schwarz-weißes Blut, hat der 52-Jährige stets betont. Pocht Schwenkers Herz tatsächlich in der von ihm beschriebenen Intensität für "mein Lebenswerk" THW, dann sollte ihm ein Platz auf der Tribüne genug sein.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 31.12.2011)


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