Aus den Kieler Nachrichten vom 23.03.2013:
Gehören Sie auch zu den Menschen, die allmählich
keinen Schnee mehr sehen können? Dann sind Sie eher
Fußballer als Sonnenstudiobesitzer. Die Kicker in
Schleswig-Holstein müssen auch an diesem Wochenende
wieder Däumchen oder einsame Runden drehen. Der
Winter will nicht weichen, was im Norden jedoch nicht
ungewöhnlich ist. Bei der letzten von dieser Zeitung
erstellten Statistik stellte sich heraus, dass der März
noch vor dem Februar der Monat mit den meisten
Spielabsagen ist. Zugegeben, die Ermittlung stammt aus
dem Jahr 2009, ist also schon ein bisschen alt,
wenngleich noch immer aktuell. Und womöglich werden
wir uns mit diesem leidigen Thema auch in zwölf Monaten
beschäftigen müssen, denn der Schleswig-Holsteinische
Fußballverband scheint sich an der Bauernweisheit
"Märzenschnee und Jungfernpracht dauern oft kaum über
Nacht" zu orientieren: Den Freiluftauftakt 2014 hat der
SHFV auf den 9. März terminiert. Die vor vier Jahren
von Verbandspräsident Hans-Ludwig Meyer favorisierte
Lösung - längere Winterpause dank mehr "Englischen
Wochen" im August - scheint eingefroren worden zu sein.
Vier Jahre alt ist mittlerweile auch der Vorwurf, der
THW Kiel habe Schiedsrichter bestochen und Champions-League-Siege
erkauft. Am 1. März 2009 brachten die Rhein-Neckar Löwen
diesen Stein ins Rollen. Daraus resultierte eine Prozess-Lawine,
die noch immer nicht Schnee von gestern ist. Der
Manipulations-Verdacht ist zwar längst Geschichte, aber aktuell
versucht gerade die 3. große Strafkammer des Kieler Landgerichts
herauszufinden, ob
Uwe Schwenker nicht
etwa doch ein untreuer Manager war. Wie das geschieht, ist
geeignet, die Meinung über die deutsche Justiz zu überdenken:
Erstens, ob diese Branche wirklich zu Recht über Überlastung
klagt, und zweitens, ob bedingungsloses Vertrauen in unser
Rechtssystem nicht ein wenig naiv ist. Dieses Revisionsverfahren,
wegen einer "lückenhaften Formulierung" im Urteil des am 26.
Januar 2012 beendeten ersten Prozesses vom Bundesgerichtshof
nach Kiel zurücküberwiesen, erscheint nicht nur
Schwenkers Anwalt Michael Gubitz
"völlig überflüssig". Man kann der Kammer zwar zugute halten,
dass sie besonders behutsam vorgeht, um die Gefahr eines weiteren
Revisionsantrags der Staatsanwaltschaft zu minimieren.
Doch warum der dritte Verhandlungstag am Mittwoch nur 38 Minuten
dauerte und dem Verlesen von Aktenauszügen gewidmet war, erschließt
sich ebensowenig wie Recherchemethoden und Fragestellungen von
Axel Goos. Im sportlichen Sinne besitzt der wiederholt für seine
Vorgehensweise gerügte Oberstaatsanwalt Kämpfer- und
Nehmerqualitäten. Seine beachtliche Beharrlichkeit lässt gleichwohl
die Vermutung reifen, die Staatsanwaltschaft habe gerade nichts
Sinnvolles zu tun. Da man das nicht glauben mag, muss es andere
gewichtige Gründe geben, diese Beweisaufnahme zäh wie Kaugummi zu
gestalten mit der nicht nachvollziehbaren Konsequenz, dass
Uwe Schwenker möglicherweise auf die
Rechtskraft des Urteils warten muss, bis dieser Winter wirklich
Schnee von gestern ist, weil der Sommer schon begonnen hat.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 21.03.2013)